Von der West-Tatra zur Zipser Region

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Auf Fernwanderwegen von Heidelberg nach Budapest

Endlich war es wieder soweit. Die Fortsetzung unseres Weitwanderweges von Eisenach nach Budapest. Früh am Morgen startete die Kerntruppe Wolfgang, Harald, Eugen, Klaus und Felix per Flughafenzubringer vom Heidelberger Hbf. zum Frankfurter Flughafen. Verstärkt wurden wir dieses Jahr zusätzlich durch unseren Jüngsten in der Wandergruppe, Dirk. Ziel waren diesmal die höchsten Berggipfel der Slowakei, die Hohe Tatra und die Zips. Mit „Flyniki“ flogen wir dann weiter nach Wien, wo wir nach 1,5 Std. sicher landeten. Von Wien aus fuhren wir mit einem Kleinbus, gesteuert von einem „waschechten“ Wiener, weiter nach Bratislava.

Auf der 65 km langen Strecke, vorbei an Sonnenblumen- und Maisfeldern, lernten wir durch unseren Fahrer sehr schnell etwas „Wienerisch“, den Wiener Dialekt. Eine junge Frau wendete nämlich ungefähr 150 m vor uns verbotenerweise ihr Fahrzeug auf der Schnellstraße. Dadurch waren alle Fahrer in beide Richtungen gezwungen, stark zu bremsen bzw. sogar anzuhalten. Besonders unser Fahrer geriet in Rage und als er am Auto der Frau vorbei fuhr, rief er ihr höchst erregt zu: „Bist du deppert, du Sauen!“

Über die Ufobrücke, vorbei an Burg und Dom, erreichten wir kurz darauf den Hauptbahnhof der slowakischen Hauptstadt. Hier besorgten wir uns slowakische Kronen und Proviant für die Weiterreise mit dem Zug nach Liptovský Mikuláš (Liptauer St. Nikolaus). Dankbar waren wir wieder über die reservierten Plätze, denn der Zug war wie gewohnt sehr voll. Auf der Bahnstrecke kamen wir an uns von früheren Wanderungen sehr bekannten Orten vorbei, z. B. die Sulower Felsen und Strečno mit den zwei Burgen. Auch fuhren wir lange Zeit die Váh (Waag) entlang. Erinnerungen an unsere Floßfahrt wurden wach. Am späten Nachmittag war kurz hinter dem Liptauer Stausee Liptovský Mikuláš (Liptauer St. Nikolaus) erreicht. Mit zwei Taxis fuhren wir dann in das uns vom Vorjahr, etwa 6 km außerhalb der Stadt, bekannte Horsky hotel Mních (Berghotel Mönch). Die ruhige Lage des Hotels am Waldrand mit der frischen sauberen Luft waren eine Wohltat im Gegensatz zu der stickigen Schwüle nachmittags in Bratislava und Umgebung.

Freitag 17.08.07 Liptovský Mikuláš → Podbanské

Wildbäche, der „Olymp“ der Slowakei und ein schwedisches Buffet.

Der Tag begann mit einem Geburtstagsständchen für unseren Wanderkameraden Dirk. Damit er bei zukünftigen Wandertouren nicht verloren geht, erhielt er als Geburtstagsgeschenk eine Wandermütze mit eingesticktem Namen.

Heute stand der erste größere Fitnesstest für unsere Gruppe bevor. Gut 6,5 Std. straffes Wandern waren bei bedecktem, aber trockenem Wetter auf einer Höhe von 850 – 950 m zu bewältigen. Überwiegend marschierten wir auf ebenen breiten Waldwegen durch Tannen und Fichten.

Kurz hinter dem Hotel Mních beginnt ab Rázcestie na Tokárinách die Tatranská magistrála, ein etwa 70 km langer zusammenhängender Wanderweg, der an den Südhängen der Tatra entlangführt. Er verbindet alle wichtigen Orte von Podbanské bis Tatranská Kotlina in der Belianske Tatry (Belaer Tatra).

Streckenweise oder in mehreren Tagesetappen kann dieser Tatraabschnitt erwandert werden. Immer wieder kommt man an Berghütten vorbei, in denen man nächtigen kann. Im Winter sind allerdings einige Streckenabschnitte wegen Lawinengefahr geschlossen.

Neben der Tatra Magistrale stellt die touristische Nutzung, zum Teil seit mehr als 200 Jahren, ein weiteres Bindeglied zwischen den Tatragemeinden dar. Die Menschen erkannten sehr rasch neben der Alm- und Forstwirtschaft den Fremdenverkehr als neue Erwerbsquelle. Sehr lobenswert sind auch die vielen Naturschutzzonen und Reservate, allen voran der große Tatra Nationalpark.

Die Západné Tatry (West Tatra), Vysoké Tatry (Hohe Tatra) und die Belianske Tatry (Belaer Tatra) bilden zusammen die Tatra, wobei 80 % des Gebirges in der Slowakei liegen und 20 % in Polen.

An diesem Tag begegneten wir nur wenigen anderen Wanderern. Als kleine Höhepunkte erwies sich die Überquerung von rauschenden Wildbächen. Es ist ein überwältigendes Gefühl auf der Mitte einer Holzbrücke über einem schäumenden Bach zu stehen. Man spürt die gewaltige Kraft des Wassers, das sich mit Felsen, Baumstämmen und Steinen einen unaufhörlichen Kampf liefert. Mehrere Gasthäuser gibt es entlang dieser Teilstrecke der Tatra Magistrale, wo eingekehrt werden kann. Planmäßig erreichten wir gegen Abend den kleinen Ort Podbanské. Der Name bedeutet „unter den Gruben“.

Köhler produzierten in früheren Zeiten hier Holzkohle zum Verhütten der Erze. Goldfunde erwiesen sich als nicht ergiebig. Ab Podbanské beginnt die Vysoké Tatry (Hohe Tatra). Über dem Ort wacht der sagenumwobene Kriváň (2.494 m). Der Kriváň (Krümmling) wurde bei den Slowaken zu einem heiligen Berg, dem „Olymp“ der slowakischen Berge. Er wurde ein mythischer Ort national Gesinnter in der Mitte des 19. Jhs. Jährlich findet auch heute noch im August eine nationale Wallfahrt auf den „Krümmling“ statt. Auf Wanderwegen unterschiedlichster Art kann man sich ihm nähern.

Wir übernachteten etwas außerhalb im Hotel „Kriváň“. Es war voll belegt. Vor allem Familien mit Kindern scheinen hier häufig zu übernachten. Wir lernten eine Familie aus dem Vogtland kennen. Die Mutter erzählte uns, sie seien in den Sommerferien immer hier und hätten über ITS gebucht. Unterkunft und Verpflegung seien sehr günstig und die Hotelküche genieße einen guten Ruf. Das umfangreiche schwedische Buffet am Abend ließ etwas später auch nichts zu wünschen übrig.

Samstag 18.08.07 Podbanské → Štrbské Pleso (Tschirmer See)

"Das Kreuz mit dem Kreuzʺ, Meeresaugen und Heideröslein

In der Nacht hatte es stark geregnet, sogar mit Blitz und Donner. Bäume, Büsche, Wege, Bänke, alles war noch nass von den nächtlichen Schauern. Nebelfetzen hingen in der Luft. Fernsicht war unter diesen Umständen nicht möglich. 4,5 Stunden mussten heute auf Schusters Rappen zurückgelegt werden. Zunächst ging es durch den Ort, über eine Schnellstraße und einen schönen Gebirgsbach, an Häusern mit schmucken Vorgärten vorbei, aufwärts. Jetzt waren wir von der West-Tatra in die Hohen Tatra gelangt. Unsere Stimmung wurde jedoch etwas getrübt, da Eugen, unser fast Siebzigjähriger, über heftige Bandscheibenbeschwerden klagte und mit dem Bus zum heutigen Tagesziel fuhr.

Immer wieder kamen wir an Waldflächen vorbei, die an den 19. November 2004 erinnerten. Ca. 40 % aller Bäume auf der slowakischen Seite der Hohen Tatra wurde an diesem Tag durch einen Orkan umgeworfen, der mit 200 km/h südlich der Hohen Tatra entlang zog. Viele aufgearbeitete Stämme lagen noch am Wegesrand. Durch die ungewollte „Abhol-zung“ drohen nun nach Regenfällen und Schneeschmelzen Überschwemmungen und Erd-rutsche. Größte Bedeutung kommt deshalb so genannten Pionierpflanzen zu. Mit seinen leuchtend rosa bis purpurroten Blüten fielen hier besonders die schmalblättrigen Weidenröschen auf. Auf den entstandenen Lichtungen hatte sich diese 50-150 Zentimeter große Pflanze aus der Familie der Nachtkerzengewächse schnell großflächig ausgebreitet. Die Wurzelsprossen gelten als wichtiger Bodenbefestiger.

Nach zwei Stunden Wanderung war das erste Etappenziel, Tri studničky (Drei Brünnlein) 1.141 m hoch, erreicht. Ab hier waren auch sehr viele andere Wanderer unterwegs. Überwiegend waren es junge Leute, die jetzt im August zum „Nationalheiligtum“, dem Kriváň, unterwegs waren. Bis zum Jamské pleso (1.448 m) musste dann noch ein Höhenunterschied von 300 Metern, teilweise recht steil, bewältigt werden. Danach marschierten wir noch eine Stunde abwärts bis Štrbské Pleso (Tschirmer See) (1.346 m). Hier am See mit herrlichem Blick auf die Bergspitzen der Hohen Tatra wurden 1960 Szenen des DEFA-Indianerfilms „Chingachgook die große Schlange“ gedreht. Der schöne Bergsee lässt sich auf einem bequemen Promenadenweg umrunden. Seit Ende des 19. Jhdt. ist Štrbské Pleso Luftkurort. Er verfügt über Kurhäuser und große Hotels. Hier hat auch die seit 1912 von Poprad verkehrende elektrische Tatrabahn ihre Endstation. Skilifte und Loipen sowie zwei große Sprungschanzen, die 1970 und 1989 für Weltmeisterschaften genutzt wurden, lassen im Winter keine Langeweile aufkommen.

Bei unserer Ankunft am See waren viele Kurgäste und Besucher auf dem Promenadenweg unterwegs und genossen den schönen Blick auf den dunkelblauen See. Bänke luden zum Verweilen ein. Die Tatraseen sind sehr tief, manche bis zu 40 m. Die große Tiefe und der meist fehlende Zu- und Abfluss führten zu der volkstümlichen Vorstellung, dass sie über eine unterirdische Verbindung zu den Weltmeeren verfügten. Man nannte sie daher „morské oko“, was Meeresauge bedeutet. Etwa 100 solcher Bergseen gibt es im slowakischen Teil der Tatra.

Nach ungefähr einem Kilometer weiter, an einem Sportplatz, Andenkenläden und Tennisplätzen vorbei, erreichten wir dann das Hotel FIS, wo wir uns für zwei Nächte einquartierten. Abends besuchten wir dann 500 m entfernt eine zum Hotel gehörende Koliba. Kolibas erinnern an den Räuberhauptmann Jánošík und sind Holzblockhäuser. Auch das Inventar besteht aus Holz. An den Wänden hingen Fujaras (slowakische Hirtenflöten), Valaška (Streitäxte – die Bewaffnung Jánošíks) sowie Dreschflegel. Auch das Konterfei des ehemaligen Räubers und heutigen Nationalhelden hing, vom Aussehen ähnlich wie Hans Albers, auf modern getrimmt, an der Hüttenwand. Eine Gruppe Roma mühte sich, mit ihrer Musik, Stimmung unter die Gäste zu bringen. Bei deftigem Essen, Kapustnica (Krautsuppe mit Bratwurstscheiben), Šopský šalát (Tomaten-Paprika-Zwiebel-Schafskäsesalat), Guláš mit Nudeln sowie zum Nachtisch Palacinky (süße Pfannkuchen) wurde es ein gemütlicher Abend. Die Zigeunermusiker spielten uns zuliebe später sogar am Tisch das deutsche Volkslied „Oh Heideröslein“.

Sonntag 19.08.07 Rundweg: Štrbské Pleso → Predné Solisko → Štrbské Pleso

Landschaftspanorama, Touristenrummel und ein Riesenhaxen

Bei traumhaft schönem Wetter fuhren wir mit der Seilbahn zum Vorgipfel des 2.120 m hohen Solisko hinauf. „Raus auf den Berg“ war auch bei vielen anderen die heutige Devise. Vor allem viele Familien nutzten das herrliche Wetter für einen Ausflug in die Natur. Auch Eugens „Stoßdämpferschmerzen“ waren wieder so weit abgeklungen, dass er wieder mit dabei war. Von der Bergstation der Seilbahn Chata pod Soliskom, 1.840 m hoch, war noch ein einstündiger schweißtreibender Aufstieg über Felsen, Geröll und im unteren Bereich durch Knieholz zum Gipfel des Predné Solisko zu meistern.

Die Aussicht nach unten und auf die umliegenden Berge war atemberaubend. Gegenüber das West Tatragebirge, vor uns, rechts und links majestätisch gewaltig höchste Bergspitzen der Hohen Tatra: Satan (2.422 m), Rysy (Meeraugspitze) mit 2.503 m der höchste Berg Polens. Der Name ist abgeleitet aus der Goralensprache „porysovane“ = zerklüftet und der Kriváň mit 2.494 Metern der heilige Berg der Slowaken. Deutlich sah man seinen schiefen Gipfel.

Eine Legende erzählt, Gott habe einen Engel ausgeschickt, um die Welt an manchen Stellen mit besonderen Naturschönheiten zu versehen. Der göttliche Bote unterschätzte die Höhe des Gebirges, blieb mit dem Sack, der das wertvolle Gut enthielt, am Kriváň hängen, so dass er es an dieser Stelle ausschüttete – die Spitze des Gipfels blieb jedoch seit diesem Zusammenstoß schief. Vielleicht ist es gerade die „Unvollkommenheit“ des Berges, die die Menschen in besonderem Maße anzieht.

Auch unsere Wandergruppe will ihm eines Tages aufs Dach steigen. Es wäre sicherlich die Krönung auf der gesamten Wanderstrecke von Eisenach nach Budapest, den Olymp der Slowakei kennen zu lernen.

Auf dem 2.120 m hohen Predné Solisko genossen wir ca. 1,5 Stunden das Panorama. Schneefelder konnten wir keine entdecken. Steile Lawinenhänge und Felsabbrüche sorgten automatisch für größte Vorsicht beim Herumklettern im Gipfelbereich. Nach einem ausgiebigen Sonnenbad, was manche sogar oberkörperfrei genossen, stiegen wir wieder zur Hütte der Seilbahnbergstation Chata pod Soliskom hinunter. Mittlerweile war die Zahl der Gipfelbesucher so groß, dass wir an Felsengpässen warten mussten, um Langsamere zu überholen oder bergauf kletternde Gruppen vorbei zu lassen. Nach einer kleinen Rast in der Hütte, nur Eugen fuhr wieder mit der Bahn nach unten, wanderten wir einen schmalen Felsplattenpfad an Knieholz vorbei weiter abwärts. Wir kamen an Bergwiesen mit einem kleinen Bach vorbei, an dem viele Sonntagsausflügler Picknick machten. Zwei Ehepaare aus Sachsen erzählten uns, sie verbrächten jedes Jahr hier in Štrbské Pleso ihren Urlaub. Vorbei an Windbrüchen und Kahlflächen, wiederum mit Weidenröschen bewachsen, wohl noch Folgen des Orkans von 2004, erreichten wir wenig später wieder den Štrbské Pleso (Tschirmer See)

Abends besuchten wir wieder eine Koliba, dieses Mal direkt am Seeufer. Sie gehörte zu dem Hotel Patria. Ein Akkordeonspieler brachte sein gesamtes Repertoire an deutschen und österreichischen Volksliedern und Schlagern auch durch Gesang hervorragend zur Geltung. Gelegentlich stimmten wir sogar mit in die Lieder ein. Bei ausgezeichnetem Essen ließen wir den Abend harmonisch ausklingen. Dirk brachte uns noch sehr zum Lachen. Er hatte aus der Speisekarte Haxen mit Knödeln bestellt. Mit 3,5 kg Haxengewicht hatte er allerdings nicht gerechnet. Diese Portion konnte auch er nicht bewältigen. Überraschend sahen wir dann noch aus dem Fenster eine Hirschkuh, die auf dem Weg zum Trinken vom Wald zum See unterwegs war.

Montag, 20.08.07 Štrbské Pleso (Tschirmer See) → Sliezsky dom (Schlesierhaus)

Das Sahnehäubchen der Tatranská magistrála, ein Kinderbett und ein Zimmer unter Wasser

Mini-Alpen wird die Hohe Tatra auch genannt, die Teil der Karpaten ist. Nahezu alle alpinen Landschaftsformen sind hier auf relativ kleinem Raum vorzufinden. Der Hauptkamm der Hohen Tatra erstreckt sich zwar nur bescheidene 26 km entlang, fällt aber kaum unter die 2.000 m-Marke. Immerhin 24 Gipfel überschreiten die 2.500 m-Grenze. Die höchste Erhebung ist die Gerlachovský štít (Gerlsdorfer Spitze) mit 2.655 m. Sie ist damit zugleich der höchste Berg der gesamten Karpaten. Bis auf 500 m sollten wir heute an diesen höchsten Gipfel heran kommen. Für uns stand nämlich die Wanderung auf den „Juwel“, dem schönsten Teil der Tatranská magistrála, bevor. Diese Teilstrecke ist ein Wandertraum und war für mich, neben der Tagesstrecke in der Mala Fatra auf den kleinen und großen Kriváň (ebenfalls wie in der Hohen Tatra Kriváň genannt) bisher das Beste auf der gesamten Tour nach Budapest.

Kurz nach neun Uhr marschierten wir bei schönem Wetter los. Verabschiedet wurden wir am Hotel FIS durch das Gezwitscher von einer großen Zahl Mehlschwalben, die an der Hausfassade unterhalb der Balkone und Fenster viele Lehmnester errichtet hatten und sich wohl schon auf den Flug in den Süden vorbereiteten. Zunächst ging es rasch aufwärts durch einen Tannenwald. Das ideale Wetter hatte auch viele andere Wanderer auf die Panoramastrecke gelockt. Darunter waren von der Ausrüstung und Kondition her absolute Profis. Obwohl wir recht zügig ausschritten, überholten uns doch manche Gruppen. Auch etliche Jogger waren unterwegs.

Nach einer Wegkreuzung führte uns ein ebener, teilweise terrassenförmiger Weg aus breiten Felsblöcken zum Horský Hotel pri Popradskom plesom, gelegen an dem grünlich schimmernden Popradské pleso (Poppersee). Die Aussicht hinunter auf die Nadelbäume im Tal, zum See und auf die umliegenden gewaltigen hohen Fels- und Zinnenspitzen war überwältigend. Ab ca. 1.500 m endet die Waldgrenze. Hell weißlich glitzernde kleine Wasserfälle rauschten nach unten. Felsgrate des Rysy (2.503 m), des Patria (2.203 m) und des Mengusovský štít (2.227 m) wirkten majestätisch und mächtig.

Vom See aus führte ein mit einer Stunde Gehzeit ausgeschilderter Serpentinenpfad sehr steil hinauf auf den 1.966 m hohen Sedlo pod Ostrvou. Es war die steilste und anstrengendste Wegstrecke unserer gesamten Sommertour 2007, aber auch mit die faszinierendste. Auf dem gesamten Steilhang waren unzählige Bergwanderer in Gruppen oder alleine unterwegs. Rasch hatten auch wir an Höhe gewonnen und es zeigte sich, dass unsere Truppe über eine gute Kondition verfügt. Allseitige Bewunderung und Bravorufe wurden einem etwa 70-jährigen bärtigen Mann zuteil, der den Aufstieg schnell hinauf joggte. 20 Minuten später lief er an uns schon wieder abwärts mit den Worten „super, super“ vorbei.

Nach einer Stunde schweißtreibendem Anstieg waren auch wir oben auf dem Sattel des Ostrvou, rasteten und genossen den Blick auf die grauen Felsgipfel und den weit unten liegenden Popradské pleso (Poppersee) mit dem Hotel. Auf der Wind abgewandten Seite des Berges schritten wir dann auf einem schönen künstlich angelegten Weg aus Felsplatten und –blöcken weiter aufwärts und dann längere Zeit eben. Es war sicher ein großer Aufwand und bedurfte schweren Gerätes, diesen Panoramaweg anzulegen. Aber es hatte sich gelohnt. Weit reichte der Blick in die Landschaft. Links oben waren die steilen Tatragipfel, rechts unten sah man größere Flächen mit Waldschäden, die durch den Orkan von 2004 verursacht wurden. Auch die Tatrabahn hörten und sahen wir außerhalb kleinerer Orte. Das Gehen auf den unebenen Felsplatten, teilweise mit Gesteinsbrocken übersät, erforderte allerdings größte Aufmerksamkeit. Leicht konnte man sich hier den Fuß vertreten. Beim Ausweichen vor anderen Wanderern rutschte ich z. B. von einer Platte ab und verstauchte mir leicht den Fuß. Hinter einem Abhang gelangten wir dann an einen im Uferbereich mit Felsbrocken und Geröll umsäumten Bergsee, dem – Batizovské pleso (1.804 m). Er liegt direkt am Fuß des höchsten Karpatengipfels, der Gerlachovský štít (Gerlsdorfer Spitze). Kleine Wasserfälle rauschten auch hier wieder von oben in den See.

Die steilen Felswände und Zinnen bildeten einen grandiosen Anblick. Das klare saubere Wasser des Gletschersees schmeckte ausgezeichnet. Es war allen sofort klar, an diesem schönen Ort musste man einfach eine Pause einlegen. Bald zogen jedoch dunkle Wolken über dem Gerlachovský štít auf und der Wind wurde stärker. Rasch wanderten wir weiter und befürchteten schon in ein Unwetter zu geraten. Nach einer Stunde hatten wir dann aber glücklicherweise trockenen Fußes unser Nachtquartier Chata Sliezsky dom (Schlesierhaus) erreicht. Die Berghütte (1.683 m) liegt herrlich gelegen an dem Velické pleso (Bergsee) inmitten des Bergmassivs der Gerlachovský štít und des Bradavica (2.476 m).

Auf einer hölzernen Aussichtsterrasse war der heiße Tee mit Slibowitz nach den Tagesanstrengungen eine Wohltat. Gleich zu Beginn des Abendessens zeigte sich, dass unsere Befürchtungen hinsichtlich des Wetters nicht unberechtigt waren. Es brach ein fürchterliches Unwetter mit Starkregen, Blitz, Donner und einem heftigen Sturm los. Wehe dem, der jetzt noch im Gebirge unterwegs war. Bei der Rückkehr auf unsere Zimmer fanden Harald und Klaus den halben Raum unter Wasser vor. Ein Fenster war vom Sturm aufgedrückt worden. Fast alle Fenster waren undicht, es zog und pfiff beängstigend. Viele Kleidungsstücke waren nass geworden und der Trockner lief die ganze Nacht im Bad.

Dirk und ich waren gezwungen, nebeneinander in einem großen Kinderbett zu schlafen, was allgemeine Heiterkeit auslöste. Trotzdem schliefen wir alle ausgezeichnet. Um 5:00 Uhr morgens sah ich aus dem Fenster eine Wandergruppe beim Abmarsch auf den höchsten Berg der Hohen Tatra, die Gerlsdorfer Spitze.

Dienstag 21.08.07 Sliezsky dom (Schlesier Haus) → Zámkovského chata (Zamkovsky Hütte)

Sherpas, Hüttenromantik und Matratzenlager

Frühmorgens, bei gutem Wetter vor dem Frühstück, machte ich einen Spaziergang um den Bergsee. Ein schmaler Pfad führte durch Krüppelkiefern (Knieholz) und über zahlreiche steil herunter stürzende Bächlein, die den See speisen.

Ganz hinten, gegenüber von der Berghütte, rauschte ein schmaler, aber starker Wasserfall. Winzig klein kommt man sich beim Anblick der schroffen und mächtigen Felsgrate und –wände rundherum vor. Aber man spürt auch die gewaltige Kraft. Ein Naturphänomen, das fasziniert. Die Lage der Schlesierhütte an dem See ist wirklich traumhaft. Das Gewitter von gestern Abend hatte aber auch gezeigt, welche Naturgewalten hier oben toben können.

Weiter ging es heute noch einmal auf einem schönen Teilstück der Tatranská magistrála. Anfangs marschierten wir längere Zeit durch Knieholz, links oben die Tatragipfel, rechts unten im Tal wieder zerstörte Waldgebiete und kleine Orte. 1 ½ Stunden war der felsige Bergpfad gut begehbar. Dann folgte ein 10-minütiger unangenehmer Fels- und Wiesenabhang, wurzelreich, nass und mit Steinbrocken übersät. Einige Familien kamen uns mit kleinen Kindern entgegen, denen die Strapazen noch bevorstanden. Im dichten Fichtenwald führte ein bequemer breiter Weg weiter leicht abwärts. Auf einer großen Bergwiese mit einem Skilift standen nach jeweils 30 m Höhenunterschied zahlreiche Borkenkäferfallen. Kurz darauf waren wir am Hrebienok (Kämmchen) (1.263 m) angelangt. 3-4 Restaurants erwarten hier den Besucher.

Auch heute war reger Ausflugsbetrieb. Die Standseilbahn brachte immer wieder neue Touristengruppen von Starý Smokovec herauf. Die Aussichtsterrassen der Lokale waren bei dem sonnigen Wetter sehr begehrt. Auch wir machten Mittagspause und genossen eine kleine Erfrischung. Große gelbe Roller, ohne Motor, konnten für die Abfahrt ins Tal nach Starý Smokovec gemietet werden. Jeder Fahrer erhielt eine Inline-Skater-Ausrüstung.

Auf einem gut markierten Waldweg wanderten wir inmitten einer wahren Völkerwanderung weiter zum Velký Studený potok (Großer Kalter Bach), der sich teilweise in schönen Wasserfällen durch das felsige schluchtenartige Gelände seinen Weg sucht. 10 Minuten später überquerten wir auf einer Holzbrücke einen weiteren sehr mächtigen Wasserfall (Obrovský). Gewandert wurde jetzt aufwärts auf unebenen aneinander gereihten Steinen und Felsen, was beim Gehen volle Konzentration erforderte. Bereits nach einer halben Stunde, um 14:00 Uhr, war dann schon unser Ziel, die Zamkovského chata (Zamkovsky Hütte) (1.475 m), erreicht.

Die Versorgung der Hütte erfolgt durch Sherpas (Bergträger). Schon unterwegs hatten wir einen jungen Mann mit einer großen Kiepe auf dem Rücken überholt. Selbst ein Bierfass, 63 kg Gesamtgewicht, wird auf diese Weise nach oben getragen. Sogar Sherpameisterschaften werden hier in der Slowakei durchgeführt.

Übernachtet wurde zu sechst in einem Raum auf Feldbetten, jeweils zwei übereinander. Die Unterkunft war voll belegt. Ganz oben kletterten sogar einige über eine Leiter in den Dachraum und übernachteten auf Matratzen. Selbst in der Gaststube hatten, wie ich am frühen Morgen feststellte, zwei „Sherpas“ übernachtet. Dusche und WC werden von allen gemeinsam benutzt. Sherpa-Kräutertee und Tatramelka-Kuchen sind die Spezialität der Küche. Um 22:00 Uhr herrschte Nachtruhe und nur mit Taschenlampen ging es nachts auf die Toilette.

Mittwoch 22.08.07 Zámkovského chata (Zamkovsky Hütte) → Ždiar (Morgenröthe)

Goralen und ein Ort, wo sich Fuchs und Hase gute Nacht sagen

Schon frühmorgens, während des Frühstücks, ab 8.00 Uhr, trafen die ersten Wanderer auf der Hütte ein. Die Zamkovského chata (Zamkovsky Hütte) ist ein idealer Ausgangspunkt für Bergausflüge, z. B. auf die Lomnický štít (Lomnitzer Spitze) (2.634 m).

Dieser zweithöchste Berg der Hohen Tatra war auch heute unser Ziel. Unsere Vorfreude auf das Bergpanorama in dieser Höhe verflog aber schnell. „Die Kabinenseilbahn fährt heute wegen zu starkem Wind nicht“, teilte uns die Hüttenwirtin nach telefonischer Anfrage bei der Bergbahnstation Skalnaté pleso (Steinbachsee) mit. Sehr enttäuscht beschlossen wir nach Tatranská Lomnica (Tatralomnitz), der Name leitet sich von dem zweithöchsten Berg der Tatra ab, abzusteigen. Beim Abwärtsgehen kamen wir wieder an den beiden vom Vortag bekannten Wasserfällen „Obrovský“ und „Velký Studený potok“ (Großer Kalter Bach) vorbei.

Bis hierher waren auch viele andere Wanderer unterwegs, im weiteren Verlauf der Strecke wurde es zusehends ruhiger. Zunächst begeisterten uns noch zwei weitere Wasserfälle mit großen Wasserbecken des Kalten Baches. Die mit Tannen- und Fichtennadeln bedeckten Wege sowie das sanfte Gefälle waren eine Erholung im Gegensatz zu den unebenen ansteigenden Felsplattenwegen der Vortage. Im dichtesten Walddickicht trafen wir zwei ältere Pilzsammler. An einem breiten Waldwirtschaftsweg, der von schweren Fahrzeugen tief ausgefahren war und in dem deshalb viele Regenwasserpfützen standen, sahen wir einen so genannten „Vollernter“ bei der Aufarbeitung von Sturmholz im Einsatz.

Mit dem Bus fuhren wir dann nach Ždiar (Morgenröthe) (896 m). Das Dorf liegt sehr abgelegen schon in der Belianske Tatry (Belaer Tatra). Es ist eine Goralengemeinde. Goralen sind vor allem im polnischen, aber auch im slowakischen Teil der Beskiden lebende Bergbauern, die sich ihr traditionelles Brauchtum zum Teil noch bewahrt haben. Nachdem wir in der Pension Jánošík Quartier bezogen hatten, machten wir einen Rundgang durch den Ort. Ždiar erstreckt sich 6 km lang. Es ist ein Hufendorf, d. h. die Häuser stehen fast nur rechts und links der Ortsstraße. Auffallend sind einige Holzblockhäuser, die durch Schnitzereien und Ornamentschmuck prächtig heraus geputzt sind. Die Fugen zwischen den Holzbalken sind farblich hervor gehoben. Rot, blau oder grün mit weißen Kreuzen und Strichen, die an Strickmuster erinnern. Glücklicherweise sind diese Holzhäuser heute denkmalgeschützt.

Der frühere DDR-Massentourismus soll hier viel Schaden angerichtet haben, da die Bewohner die alten Häuser durch moderne Massivhäuser ersetzten. Abends besuchten wir das schöne goralische Spezialitätenlokal „Goralska Ždiar“. Es ist eine Koliba (Holzblockhütte) mit Bildern vom bäuerlichen Leben der Bergbauern an den Holzwänden. Ein Besuch ist nicht nur wegen der guten regionalen Küche empfehlenswert.

Kurz nach 22:00 Uhr machten wir uns auf den Heimweg zu unserer Pension. Es war stockdunkel, keine Straßenlampe brannte mehr. Bürgersteige gibt es keine, sodass bei vorbei fahrenden Autos größte Vorsicht angebracht war. Einheimische, die uns begegneten, hatten deshalb Taschenlampen dabei. Auf Eugen und mich wartete noch eine weitere Überraschung. Die Rezeption war nicht mehr besetzt und unser Zimmerschlüssel war dort deponiert. Erst nach einer Stunde rettete uns eine junge Litauerin, ebenfalls ein Gast der Pension, aus der unangenehmen Lage. Sie hatte die Handynummer des Portiers.

Donnerstag 23.08.07 Ždiar (Morgenröthe) → Spišská Stará Ves (Zipser Altendorf)

Dorfpanorama, Heidelbeerteppiche, Sturm und ein Wellnesshotel

Leider war das kleine Bauernmuseum an diesem Morgen geschlossen und in den beiden Einkaufslädchen von Ždiar war weder Mineralwasser noch Obst für die sechsstündige Tageswanderung erhältlich. Bei bedecktem Himmel, aber ohne Regen, marschierten wir zunächst 2 km durch das Dorf. Dann begann ein lang gezogener einstündiger Aufstieg am Nordhang des Ortes in die Spišská Magura mit ihren berühmten „Heidelbeerteppichen“. Während des 300 m steilen Anstiegs bot sich ein traumhafter Blick auf Ždiar mit den großen umliegenden Bergwiesen und auf die beiden gegenüber liegenden Hausberge Havran (Rabenstein) (2.152 m) und Ždiarska vidla (Greiner) (2.142 m). Einzelne Kühe und Schafe, Kartoffelfelder sowie getrocknetes Heu, um Stangen aufgeschichtet, vervollständigten die malerische Kulisse.

Kurz vor der Bergkuppe Magurka (1.193 m) nahm uns dichter Fichtenwald auf. Oben ging es dann auf einem bequemen Waldweg weiter. Teilweise wurde der Weg zu einem schmalen Pfad. Rechts und links waren jetzt auch viele Heidelbeersträucher zu sehen, jedoch waren im Gegensatz zu den Jahren zuvor nur wenige der köstlichen Früchte zu sehen. Die Heidelbeerernte muss jedoch dieses Jahr so schlecht gewesen sein, dass wir in Hotels und Restaurants vergeblich Heidelbeeren als Nachtisch auf der Speisekarte suchten.

Kurz nachdem wir eine durch Sturmholz entstandene große Lichtung erreichten, war kein Wanderzeichen mehr zu entdecken. Erst nach einer dreiviertel Stunde vergeblicher Suche nach dem richtigen Weg, hatte wieder einmal unser Wanderführer die richtige Spürnase. Die schweißtreibende Anstrengung mit weiten erfolglosen An- und Abstiegen zwang uns bald darauf zu einer ausgiebigen Mittagsrast am Wind abgewandten Waldrand. Weiter ging es dann auf einem fast baumlosen Hangsattel entlang. Hier hatte der Orkan von 2004 ganze Arbeit geleistet. Das Holz war schon abtransportiert, zahlreiche Baumstümpfe ragten aus den kahlen Abhängen links und rechts hervor. Eine Planierraupe schob Wurzelstümpfe zusammen. Ein heftiger Sturm hatte mittlerweile eingesetzt und es pfiff auf dem Höhenweg gewaltig. Kleine Baumgruppen, die noch standen, schwankten und bogen sich heftig um ihre Achsen. Belohnt wurden wir jedoch durch die hervorragende Fernsicht. Hinten sah man das Tatramassiv, vor uns die Zipser Magura mit Tälern und kleinen Orten, bis zum Trzy Korony (Dreikronenberg) in Polen reichte der Blick.

Nach einem kurzen Abstieg gelangten wir an eine Teerstraße mit Bushaltestelle und schon zehn Minuten später saßen wir im Bus nach Spišská Stará Ves (Zipser Altendorf). Dort gingen wir noch 1,5 km auf einer Teerstraße vom Busbahnhof bis zum außerhalb des Ortes gelegenen Hotel Eland. Hier erwartete uns ein gepflegtes gehobenes Ambiente. Zunächst nutzten wir das Hallenbad mit einem Warmwasserbecken und Warmwasserdüsen. Tennisplätze, Spielplätze und Holzhütten zum Übernachten stehen zur Verfügung.

Auf einer schönen Terrasse mit Rasen erhielten wir ein vorzügliches Abendessen. Junge Slowaken feierten an den Nachbartischen. Sie prosteten uns zu und auch wir genossen bei einem guten Glas Rotwein den Abend. Wer erhält welche Rechnung an unserem Tisch? Der Kellner wusste es jedenfalls nicht mehr, was allgemeine Heiterkeit auslöste. Spät nachts um 1:00 Uhr zwang uns dann noch ein heftiges Gewitter Wanderschuhe und Strümpfe ins Trockene zu holen.

Freitag 24.08.07 Pieninský Národný Park (Pieninen – Nationalpark)

Flößer, polnische Riviera und Kartäusermönche

Heißes und damit ideales Wetter für eine Floßfahrt. Kurz nach acht Uhr fuhr uns die Inhaberin des Hotels Eland mit einem Kleinbus zur Floßanlegestelle an den Dunajec (Dunajetz), etwas stromaufwärts von Červený Kláštor (Rotes Kloster).

Der Dunajec bildet ca. 17 km die Grenze zwischen der Slowakei und Polen. Genau in der Flussmitte verläuft die Grenze. An der Anlegestelle lagen 10 Flöße. Sie bestehen aus fünf schmalen, langen ausgehöhlten bootsähnlichen „Trögen“, die am Bug und am Heck mit Seilen verbunden werden und auf diese Weise das Floß bilden. Die slowakischen Flößer sind in einer goralischen Tracht mit bunt bestickter Weste und einem schwarzen Hut gekleidet. Sie benutzen keine Paddel, sondern Stangen zum Staken. Einer steht am Ruder am Heck und der andere vorne am Bug. Insgesamt sind 14-16 Personen auf dem Floß. Der Fluss ist etwa 40-70 cm tief, wobei sich flachere und tiefere sowie langsame und schnellere Wasserbereiche abwechseln. Ängstlichkeit ist fehl am Platze, zumal, wie sich schnell zeigen sollte, die Flößer ihr Handwerk verstehen. Schon als wir noch am Ufer standen, tauchten auf dem Fluss voll besetzte polnische Flöße auf. Rasch war auch durch zwei Busse die Zahl der Wartenden an unserem Abfahrtsplatz auf etwa 70 angewachsen. Gleich darauf erfolgten die Gruppeneinteilungen zu den Flößen.

Mit wenigem gekonnten Staken waren wir in der Flussmitte, wo das Floß von der Strömung mitgerissen wurde. Vor uns und hinter uns waren sowohl polnische als auch slowakische Flöße, erkennbar an den unterschiedlichen Trachten der Flößer. Während sich die Fahrgäste häufig zuwinkten und grüßten, fiel auf, dass zwischen den polnischen und slowakischen Flößern keine Worte oder Begrüßungsgesten gewechselt wurden.

Leider war die Führung auf unserem Floß nur auf Slowakisch. Schon nach 10 Minuten war Červený Kláštor erreicht. Auf der linken polnischen Seite sah man wenig später eine prunkvolle katholische Kirche. An beiden Ufern befinden sich Campingplätze, die vor allem auf polnischer Seite gut besucht waren. Wenig später waren besonders viele Badeurlauber am Ufer, im Wasser und auf einer Liegewiese. Unser Führer bezeichnete dieses Teilstück als die „polnische Riviera“. Einzelne Felsbrocken ragten in Ufernähe aus dem Wasser. Möwen lauerten hier auf Beute. Sogar einen Schwarzstorch konnten wir an einer Bacheinmündung entdecken. Anscheinend findet er hier noch ausreichende Lebensbedingungen vor.

Vor uns zeigten sich auf der polnischen Seite drei markante hohe Felsspitzen, die Tri Koruny (Drei Kronenberg) 982 m. Der Dunajec verlässt hier das flache Gelände und kurz darauf fließt er durch einen der größten Canyons in Mitteleuropa. Rechts und links bilden felsige Steilhänge das Ufer. Rechts verläuft jedoch noch neben dem Fluss eine Fahrstraße, auf der Radfahrer und Fußgänger unterwegs waren. Gruppen von Stockenten näherten sich beim Vorbeifahren den Flößen, um etwas Essbares zu ergattern. Gelegentlich geriet das Floß in schnelleres Wasser, Wasserspritzer und überschwappendes Wasser sorgten für Gaudi. Nach etwas mehr als 9 km erreichten wir die Anlegestelle in der Nähe des Ortes Lesnica. Direkt am Ufer befindet sich ein Wachhäuschen und zwei Grenzbeamte kontrollieren die Personalausweise von Grenzgängern. Eines nach dem anderen legten die slowakischen Flöße am Ufer an, die polnischen fuhren weiter abwärts nach Polen hinein.

Eine Gruppe Zweierkajaks erreichte jetzt auch ihr Ziel, wobei ein Kajak umkippte und die beiden Insassen durch das schadenfrohe Gelächter der Zuschauer doppelt bestraft waren.

Wer wollte, konnte jetzt auch mit bunten Pferdekutschen Richtung Lesnica weiterfahren. Kurz vor dem Ort erwarten den Touristen Feststimmung in Restaurants mit Spießbraten und Kesselgulasch am offenen Feuer und jede Menge Souvenirläden. Vier junge Musiker, in Goralen-Tracht gekleidet, heizten die Stimmung mit volkstümlicher Musik immer wieder an. Wir zogen es vor, dem Trubel zu entfliehen und aßen gemütlich in einer kleinen Gaststätte in Lesnica zu Mittag. Das sonnige 25 ° C warme Wetter war auch für den Rückweg, eine zweistündige Wanderung, ideal. Anfangs ging es steil hinauf auf einen bewaldeten Höhenrücken. Das schöne Wetter hatte auch zahlreiche andere Wanderer in die Natur gelockt. Leicht abwärts marschierten wir dann in einem Buchenwald weiter. Immer wieder gab es schöne Ausblicke, vor allem auch in den Dunajec-Canyon. Sogar die besetzten Flöße waren zu sehen. Über einen Serpentinenpfad gelangten wir dann an eine Fahrstraße und nach einem Kilometer war unser Ziel, das Červený Kláštor (Rote Kloster), das Kloster besitzt rote Ziegel, daher der Name, erreicht.

Jeder erhielt eine Informationsbroschüre auf Deutsch und die Besichtigung konnte beginnen. Das Kloster wurde 1320 von den Orden der Kartäuser gegründet. Gekleidet war man mit einer langen weißen Mönchskutte. Die Reformation und Spannungen in Ungarn nach der Niederlage gegen die Türken bei Mohács (1526) führten schrittweise zum Niedergang. 1567 erlosch das Leben im Kloster.

Mit dem Linienbus fuhren wir nach der Klosterbesichtigung ins Hotel Eland zurück. Hier genossen wir wieder das gehobene Ambiente und die Annehmlichkeiten des guten Hotels.

Samstag 25.08.07 Spišská Stará Ves (Zipser Altendorf) → Vyšné Ružbachy (Oberrauschenbach)

Versteckte Wildererpfade, ein 6-Kilometerschritt und Diskolärm die ganze Nacht

Auch heute war uns Petrus wieder hold. Warmes, trockenes Wetter mit guter Fernsicht. Beste Bedingungen für die bevorstehende geplante 6–stündige Wanderung. Nachdem wir uns mit Proviant versorgt hatten, fuhren wir mit dem Linienbus bis zum Magurské sedlo (949 m). An einem großen Holzkreuz machten wir ein Gruppenbild und liefen dann auf einem geteerten Weg ca. 40 Minuten abwärts. Es herrschte ausgezeichnete Fernsicht auf das waldreiche Umland. Am Sedlo Topo-recké angelangt, ging es gleich darauf etwa 30 Minuten einen verschlammten Pfad hinauf zum Kameniarka (935 m). Oben auf dem Sattel war weder rechts noch links, noch geradeaus ein Wanderzeichen zu entdecken. Wir entschieden uns für den Weg abwärts, mussten aber nach 1 km feststellen – da immer noch kein Wanderzeichen zu sehen war - dass wir uns verlaufen hatten. Wieder zurück, hinauf zum Berg, war die einzige sinnvolle Fortsetzung. Oben blieb die Suche nach allen Richtungen wiederum erfolglos. So blieb uns nur noch der Schlammpfad hinunter, den wir schon herauf gewandert waren.

Ziemlich weit unten führte ein schmaler Querweg nach links. Hier vermuteten wir jetzt die richtige Richtung. Bald trafen wir auf zwei Männer mit zwei Buben, die Holz abseits vom Weg auf einen alten russischen Lkw luden. Einer der Männer versuchte 10 Minuten lang, er sprach nur Slowakisch, uns den richtigen Weg zu erklären. Klar wurde nur, dass wir wieder zurück mussten. Erneut standen wir 20 Minuten später wieder auf dem Berg Kameniarka. Hier versuchten wir links unser Glück. Etwa zwei Kilometer kämpften wir uns im dichten Fichten- und Buchengebüsch voran. Keiner glaubte mehr an die Möglichkeit, den richtigen Weg zu finden. Da rief Harald auf einmal, er habe das blau-weiße Wanderzeichen wieder gefunden. Und tatsächlich von links unten führte der richtige Wanderpfad herauf. Wir hätten viel weiter unten links beim Aufstieg abbiegen müssen. 2 Std. waren wir auf den falschen Wegen unterwegs gewesen.

Auch die weiteren teilweise sehr engen und mit umgestürzten Bäumen versperrten Pfade erforderten alle Aufmerksamkeit. Trotzdem gönnten wir uns eine halbstündige Rast. Gut erholt marschierten wir weiter auf zugewachsenen Pfaden durch dichtestes Gebüsch und über Bergwiesen. Für Wilderer und Schmuggler ein sehr geeignetes Terrain. Mehrfach flüchteten Rehe vor uns. An einigen Abzweigungen fehlten wiederum die blau-weißen Wanderzeichen. Zeitaufwendiges Suchen war die Folge. Mitten im tiefsten Brombeergestrüpp erschreckten uns zwei Brombeersammlerinnen. Im ersten Moment dachte ich, ein Braunbär nähere sich. Zwei Eimer hatten sie bereits voll gesammelt.

An einer großen Wegkreuzung erwartete uns ein weiterer Schrecken. Noch 2,5 Std. zeigte ein Wegzeichen bis zu unserem Tagesziel Vyšné Ružbachy (Oberrauschenbach) an, und es war mittlerweile schon 16.30 Uhr. Automatisch beschleunigte jeder seinen Schritt. Sechs Kilometer in der Stunde sind bei uns durchaus möglich, wenn der Weg gut gekennzeichnet und eben ist oder abwärts führt. Dies war jetzt der Fall und nach einer Stunde war schon eine erhebliche Teilstrecke bewältigt. Schon nach einer weiteren dreiviertel Stunde sahen wir die ersten Häuser außerhalb von Ružbachy. Hier genossen wir nach den Tagesstrapazen - 8,5 Std. waren wir heute auf Schusters Rappen unterwegs - an einem Kiosk neben einem großen Schwimmbad ein frisches Bier. Ružbachy ist Kur- und Heilbad. Große Hotels mit gepflegten Parks erwarten den Kurgast. Übernachtet wurde im Hotel Travertin I im vierten Stock. Abends machten wir einen Bummel ins Dorf. Ein 23° warmer Kratersee zählt mit zu den Hauptattraktionen des Ortes.

Wir kehrten in eine Koliba (Holzblockhütte bewirtschaftet) ein. Vier junge Musiker (2 Geiger, 1 Akkordeon- und 1 Kontrabassspieler) spielten und sangen slowakische Volkslieder. Speziell für uns an unserem Tisch erklangen „Trink, trink Brüderlein trink …“ und „Kalinka“.

Nur mit Ohrenstöpseln von Dirk konnten wir dann später im Hotel einschlafen. Überlaute Technomusik aus einer nahen Freilicht-Diskothek war die ganze Nacht über zu hören. Der ganze Kurort wurde dadurch terrorisiert. Doch die Kurgäste waren sehr leidensfähig; am nächsten Morgen kurz vor 9 Uhr standen schon wieder Scharen übernächtigter Leidensgenossen vollzählig vor dem „Weißen Haus“ an, um das Frühstücksbuffet zu stürmen.

Sonntag 26.08.07 Vyšné Ružbachy (Oberrauschenbach) → Stará Ľubovňa (Alt-Lublau)

Versteckte Kronjuwelen, Plattenbauten und die Perle der Zips

Bereits 45 Minuten nach dem umfangreichen Frühstücksbuffet fuhren wir mit dem Bus ins 4 km entfernte Nižné Ružbachy (Unterrauschenbach). Vorbei an einer großen Kirche, der Gottesdienst war gerade zu Ende und zahlreiche Kirchenbesucher standen noch in Gruppen zusammen und musterten uns neugierig, marschierten wir zügig zum Ortsausgang. Ein kleines Stück ging es hier dann am Fluss Poprad entlang. Kurz darauf führte uns das rote Wanderzeichen über die Flussbrücke. Durch Wiesen und Felder erreichten wir nach 2 Kilometern Fichten- und Tannenwald. Hier liefen wir im Sechs-Kilometer-Schritt auf einer sanft ansteigenden Teerstraße hinauf zum 883 m hohen Kotník.

An dem Rundfunk- und Fernsehsendemast am Berg Kotník gönnten wir uns dann die erste Pause. Bei dem sonnigen Wetter erwies sich der jetzt ebenerdig verlaufende Kammweg als sehr bequem zu laufen und erinnerte an Touren im Odenwald. Immer wieder ergaben sich schöne Ausblicke auf Täler und Berge der Umgebung. Auch den verlockenden Brombeeren direkt am Wegesrand konnte keiner von uns widerstehen. Etwa eine halbe Stunde lang genossen wir immer wieder die köstlichen Früchte. Sie hingen so hoch am Strauch, dass sie von einem Fuchs nicht erreicht werden konnten. Der Fuchsbandwurm war daher nicht zu befürchten. Gelegentlich begegneten wir auch einheimischen Wanderern, die ebenfalls Brombeeren zu schätzen wussten. Hinter einer großen Wiese und einem einsamen Haus gelangten wir an eine große Wegkreuzung (Patria 868 m). 40 Minuten später bot sich uns vom Waldrand aus ein überwältigender Blick auf einen Talkessel mit der Stadt Stará Ľubovňa (Alt-Lublau) und auf die umliegenden Felder, Wiesen und Waldgebiete.

Direkt oberhalb der Stadt Stará Ľubovňa, uns gegenüber, war die gut erhaltene Burg Hrad Ľubovňa (1302 – 1308) auf einem Felsen über dem Fluss Poprad gelegen, zu sehen. Die Burg diente als Sicherung der nördlichen Grenze Ungarns. Der Ungarnkönig Sigismund von Luxemburg war finanziell in Schwierigkeiten und lieh sich 1412 Geld vom polnischen Herrscher Wladislaw II. Als Sicherheit wurden die Stadt und die Burg für 370 Jahre an Polen verpfändet. 1655-1667 waren in der Grenzfestung die polnischen Königsschätze (auch die Kronjuwelen) versteckt, da die Schweden Polen besetzt hielten.

Eine halbe Stunde lang genossen wir die schöne Aussicht, bevor es abwärts über Wiesen und an Feldrändern entlang weiterging. Hinter einem kleinen Wald tauchten bald darauf „Chatas“ mit schön angelegten Gärten auf. Jeder Stadtbewohner hätte gerne eine und wer eine besitzt, flüchtet am Wochenende oder im Sommer dorthin.

Jetzt, am Rande der Stadt, bot sich aber auch ein wenig ästhetischer Anblick auf Plattenbauten. In der Slowakei sind sie ein gewohnter Anblick an der Peripherie der Städte. Um nach dem Zweiten Weltkrieg möglichst schnell Wohnraum zu schaffen, wurden in der damaligen Tschechoslowakei 92 % aller Staats- und Genossenschaftswohnungen in dieser äußerlich eintönigen Bauweise errichtet.

Nach einem Kilometer war die Plattenbausiedlung durchquert und wir gelangten in die Innenstadt mit relativ wenig Verkehr. In einem Eiscafé gönnten wir uns eine Portion Eis. Eine Kugel kostete 6 skr (18 cts) und war damit für uns sehr preiswert, aber dennoch geschmacklich sehr gut. In einem nahe gelegenen Park mit Bäumen, Bänken und einem großen Springbrunnen ruhten wir uns noch eine weitere Stunde aus. Zur vollen Stunde erklang von einem Kirchturm ein Glockenspiel.

20 Minuten dauerte später der Weitermarsch zur Bushaltestelle am Bahnhof. Der Bus war gerammelt voll und wir waren froh, als wir nach einer halben Stunde Fahrt am Poprader Bahnhof ausstiegen. Poprad (Deutschendorf) ist ein zentraler Verkehrsknotenpunkt. Neben der Eisenbahn fahren auch noch über 36 Busse von den Haltestellen des Busbahnhofs zu allen größeren Städten des Landes. Während unseres Aufenthalts am Busbahnhof sah ich zwei Romajungen Plastikflaschen aus den Müllkübeln sammeln.

Unser nächstes Fahrtziel war die Perle der Zips: Levoča (Leutschau), eine der unbestritten schönsten Städte der Zips und der Slowakei. Die heutige Kleinstadt bietet dem Besucher eine Vielzahl an kunsthistorischen Schätzen. Mittelpunkt der Stadt ist der Námestie Majstra Pavla (Meister-Paul-Platz), nach dem berühmtesten Künstler der Region benannt. Blickfang sind hier das Rathaus, die mächtige St. Jakobs-Kirche, die evangelische Kirche und ein kleiner Park. Eingerahmt wird der Platz von zahlreichen Adels- und Bürgerhäusern.

Montag 27.08.07 Levoča (Leutschau) und Spišský hrad (Zipser Burg)

Meister Paul und eine Burg wie aus dem Märchenland

Um 9 Uhr holte uns Frau Dana Palza am Hoteleingang zur Stadtführung ab. Levoča hat 17.000 Einwohner. Die Arbeitslosigkeit beträgt 19 %. 17 % der Bevölkerung sind Roma. Im 13. Jh. wurde die Stadt durch einen Mongoleneinfall zerstört. Danach besiedelten deutsche Kolonisten die Stadt und brachten sie durch Handel und Handwerk zum Blühen.

Die erste Attraktion des Rundgangs am Hauptplatz ist ein mittelalterlicher Schandkäfig. Frauen, die ohne männliche Begleitung nach 20 Uhr noch unterwegs waren, mussten für 24 Stunden in den Pranger und wurden dort zur Strafe zur Schau gestellt. Zusätzlich für diese Schande wurden die Delinquentinnen auch noch verhöhnt und angespuckt.

Unter Arkadenbögen, vorbei an einer Comenius-Gedenkstätte, gelangten wir ins Rathaus. Es ist ein Renaissancebau, der zwischen 1550 und 1615 errichtet wurde. Ein Museum zeigt Exponate zur Geschichte der Stadt, u. a. Rüstungen, Waffen, Folterinstrumente, alte Stadtkarten sowie keltische Funde. Im Sitzungssaal hängt ein Leuchter aus Bergkristallen, ein Geschenk der Stadt Venedig.

Ein großes Bild an der Wand zeigt die „Weiße Frau von Levoča“. Zu sehen ist eine Frau in einem weißen Kleid. Sie steht an einer Tür und öffnet gerade eine geheime Eingangstür der Stadt.

Juliana Korponay-Giczy lebte von 1680 bis 1714. 1709 war Levoča von kaiserlichen Truppen umstellt. Stefan Andrassy war Hauptmann der kaiserlichen Truppen und auch der Geliebte der verheirateten Adeligen Juliana. In der Nacht des 13. Februar 1710 soll sie den kaiserlichen Truppen in Levoča Einlass gewährt haben. Damit habe sie angeblich ihre Heimatstadt verraten. Am 25.09.1714 wurde sie auf kaiserlichen Befehl in Györ enthauptet. Vieles scheint jedoch an dieser Frauengeschichte bis heute zweifelhaft und widersprüchlich.

Nach dem Rathausbesuch führte uns Frau Palza in die gotische St. Jakobs-Kirche. Sie ist von hochrangiger Bedeutung im Bereich der sakralen Kunst. Der dreischiffige Bau mit Kreuzgewölbe sowie die Kapelle des hl. Georg errichtete man bis zum Jahr 1400. Der Turm ist neugotisch, da der ursprüngliche 1848 durch Brand vernichtet wurde. Die größte Sehenswürdigkeit im Inneren ist der Hauptaltar des hl. Jakob d. Ä. Mit einer Gesamthöhe von 18,62 m ist er der höchste gotische Altar auf der Welt. 1508-1517 wurde er von dem berühmten Holzschnitzer, Meister Paul aus Levoča angefertigt. Zentrale Figuren des Altars sind die 2,47 m große Gottesmutter mit Kind, der heilige Jakob 2,32 m und der hl. Johannes 2,30 m.

Anschließend zeigte uns Frau Palza noch einige schön renovierte, alte historische Gebäude am Hauptplatz. Investoren werden gesucht, um die alte wertvolle Bausubstanz wieder zur Geltung zu bringen.

Nach dem Stadtrundgang fuhren wir dann mit dem Bus nach Spišské Podhradie (Kirchdrauf) zur Spišský hrad (Zipser Burg).

Sie ist mit über vier Hektar eine der größten Burganlagen Europas. Seit 1993 ist sie Unesco-Weltkulturerbe. Auf einem lang gezogenen Travertinfelsen erhebt sie sich auf 634 m Höhe oberhalb eines Talkessels wie ein Riff aus der Brandung.

Der Weg zur Burg hinauf von Spišské Podhradie muss zu Fuß zurückgelegt werden. Bereits nach 20 Minuten waren wir oben. Am Eingangsportal hing ein Schild mit dem Hinweis, evtl. anzutreffende fliegende Ameisen seien ungefährlich. Wir bekamen aber keine zu Gesicht. Die äußere große Befestigungsmauer ist im unteren Teil der Burganlage über eine lange Strecke gut begehbar. In den Burggebäuden sind eine mittelalterliche Küche, Museumsräume mit keltischen Funden, Folterwerkzeugen und Waffen sowie eine Burgkapelle untergebracht. Vom Turm aus bietet sich ein traumhafter Ausblick auf das Zipser Umland. Andenkenläden, Kioske und eine kleine Gaststätte befinden sich in den Innenhöfen der Burg. Holzschnitzern kann man bei der Arbeit zusehen.

Bis in die jüngere Steinzeit konnten Archäologen eine Besiedlung der Burg nachweisen. 1209 war die Burg bereits politischer und kultureller Mittelpunkt der Zips. 1241 wurde ein Mongolenangriff abgewehrt. Bis 1464 gehörte sie dem jeweiligen Herrscher über Ungarn. Danach wechselten sich ungarische Adelsfamilien als Besitzer ab. Nach einem großen Brand 1780 begann sie zur Ruine zu zerfallen. Erst 1970 wurden größere Renovierungen durchgeführt.

Nach dem Abstieg von der Burg, wieder hinunter nach Spišské Podhradie, fuhren wir mit dem Bus über Poprad zum Ort Čingov im Slowakischen Paradies. Hier übernachteten wir in der „Penzión Lesnica“.

Dienstag 28.08. Slovenský raj (Slowakisches Paradies)

„Slowakisches Paradies“ und „himmlische“ Wanderwege

Das Karstgebiet, das sich südwestlich von Levoča und westlich von Spišská Nová Ves (Zipser Neudorf) erstreckt, nennen die Slowaken ihr Paradies und es wurde in den 90-er Jahren zum Nationalpark erklärt. Für die Nationalparks gelten strenge Vorschriften. Wer sie missachtet, muss mit Geldstrafen rechnen. Typisch für die geologische Formation des Karst sind schmale und steile Schluchten (rokliny), romantische bis wild plätschernde Wasserfälle und Höhlen. Beim Wandern auf den zahlreich vorhandenen markierten Wegen helfen Holzsteige und Stege – an Himmelsleitern erinnernd – kaskadenartig fallendes Gelände zu überwinden. Öfters steigt man hier an Wasserfällen hinauf. Idealer Ausgangspunkt für Ausflüge ins Slowakische Paradies ist Čingov (490 m), Stadtteil des 3 km südwestlich von Spišská Nová Ves gelegenen Ortes Smižany.

Für uns stand heute ein ca. 6 Stunden dauernder und einer der am häufigsten besuchten Trassenrundwanderwege auf dem Programm. Zehn Minuten ging es zunächst einen breiten, flachen Fichtenwaldweg entlang. Dann folgten wir der gelben Markierung zügig einem schmalen steileren Pfad immer im Wald hinauf.

Nach einer Stunde erreichten wir den Tomášovský výhľad (Thomasausblick). Auf einer steil abfallenden Felsterrasse in 687 m Höhe hat man eine herrliche Rundumsicht ins Tal des Flusses Hornád und hinauf bis zu den Gipfeln der Hohen Tatra. Der Blick schweift vor allem auf Wälder aus Kiefern, Tannen und Fichten. Am Hang gegenüber konnten wir eine große Höhle entdecken. Eine Hinweistafel informiert über die heimische Flora und Fauna. Orchidee, Küchenschelle, Wolf, Luchs, Jagdfalke und Sperber sind hier noch anzutreffen. Öfters hörten wir bei der heutigen Tour auch Schwarzspechte.

Vom Thomasausblick erfolgte dann der Abstieg zur Letanovský mlyn 513 m (Mühle). Zwei Romabuben wiesen uns auf slowakisch auf eine Gaststätte in der Nähe hin. Kurz darauf kam aus dichtem Gebüsch ihr Vater. Er hatte ein großes und schweres Holzbündel aus Haselnussstangen quer auf dem Rücken. Weiter marschierten wir über eine ca. 25 m lange Holzblechbrücke, die durch Ketten gesichert ist.

Wir hatten den Cañyon des Hornád-Durchbruchs erreicht. Der Fluss schlängelt sich mehrere Kilometer weit unter wild romantischen Felsformationen eng am Weg entlang durch die Schlucht. Am Beginn der Schlucht Klástorska roklina geht es weg vom Hornád einen durch Ketten, Seile, Steigeisen und Blechsteige gesicherten Pfad hinauf. Die Schlucht Klástorska roklina ist nur in einer Richtung – nämlich von unten nach oben - zu begehen. Gelegentlich überholten wir andere Wanderer. Gegenseitige Rücksichtnahme an gefährlichen Engstellen ist bei Bergwanderern selbstverständlich. Längere Zeit bergauf und bergab mit immer neuen körperlichen Anstrengungen, Springen, Rutschen, Ziehen, Klettern, Gleichgewicht halten, sorgten für höchsten Natur- und Wandergenuss. Bald folgte der Pfad einem Wildbachlauf steil aufwärts, gekennzeichnet durch eine grüne Markierung. Dreimal mussten innerhalb kurzer Zeit 15 m lange Eisenleitern in dem terrassenförmig ansteigenden Bachbett hinaufgeklettert werden.

Große abgestorbene Baumstämme lagen im Weg und ließen die Wassergewalt im Frühling nach der Schneeschmelze erahnen. Nachdem noch einige weitere kleinere Leitern bewältigt waren, gelangten wir auf eine Waldlichtung mit einer großen Bergwiese. Wir waren in Kláštorsko (770 m) angekommen.

Im Bergrestaurant herrschte reger Betrieb und wir aßen auf der hölzernen Aussichtsterrasse zu Mittag. Etwas entfernt sah man die Ruinen eines ehemaligen Kartäuserklosters, das um das Jahr 1305 entstanden war. 1543 wurde es zerstört, nachdem die Mönche es verlassen hatten.

Auf dem Weg zurück übernahm ein blaues Zeichen die Führung. Immer wieder gab es schöne Aussichtsstellen. Bergab ist man ein Drittel der Zeit schneller als bergauf. Dafür geht der Abstieg aber „mehr in die Knie“, wie wir Wanderer sagen. Schon eine weitere halbe Stunde später standen wir unten auf einer kleinen Stahlblech-Brücke über dem glasklaren Wasser des Hornád. Weiter liefen wir dann auf einem bequemen breiten Naturlehrpfad immer am Wasser entlang. Kurz darauf zeigte sich links oben wieder die Thomasfelsenterrasse. Winzig klein sahen die Leute darauf aus. Sehr angenehm empfanden wir die frische, kühle Luft hier unten im Tal. 20 Minuten danach kamen wir dann wieder in unserer „Penzión Lesnica“ an.

Damit war das eigentliche Wandern der Sommertour 2007 beendet, da in den restlichen beiden Tagen nur noch Besichtigungen in Bratislava und Wien bevorstanden.

Keinen einzigen Regentag hatte es dieses Jahr in der Slowakei gegeben. Petrus war uns in den Jahren zuvor weit weniger zugetan. Vor zwei Jahren hatten wir sogar die Sintflut erlebt und mussten vorzeitig nach Hause reisen.

Mittwoch 29.08. Fahrt nach Bratislava (Preßburg) und über Wien nach Heidelberg

Die Inhaberin unserer Pension fuhr uns morgens zum Bahnhof ins 3 km entfernte Spišská Nová Ves. Hier stiegen wir in einen Schnellzug der direkt nach Bratislava fuhr.

Nach einem kurzen Altstadtbummel fanden wir uns am Donauufer zur Abfahrt mit dem Katamaran nach Wien ein. 1,5 Stunden dauert die sehr empfehlenswerte Fahrt mit dem bis zu 65 km/h fahrenden Schnellboot. Etwas wehmütig nahmen wir Abschied von Bratislava. Die mächtige Burg, der Dom und die Altstadt zeigten sich noch einmal in ganzer Pracht.

Planmäßig landeten wir dann in Frankfurt/Main. Schon um 20:30 Uhr konnte ich meine Frau in Heidelberg in die Arme schließen.

Im Sommer 2008 war die Wandergruppe wieder auf versteckten Wolfs- und Bärenpfaden am E3-Weg in der Ostslowakei nahe der ukrainischen Grenze unterwegs. Den Bericht findet Ihr hier: Vom Dukla-Pass (Grenze zu Polen) bis Prešov (Preschau)

Fotos: Wolfgang Meluhn

Burg von BratislavaHorsky hotel Mních (Berghotel Mönch)Sicher stehen wir auf der Holzbrücke, unter uns der schäumende Bach.Schmalblättrige WeidenröschenDer Orkan 2004 hat deutliche Spuren hinterlassen.Das erste Etappenziel heute: Tri studničky (Drei Brünnlein), 1.141 m hoch.Abendessen in einer KolibaDer heilige Berg der Slowaken: der Kriváň mit 2.494 Metern.Abend am Štrbské Pleso (Tschirmer See)Zunächst geht es heute durch einen Tannenwald bergauf ...Hotel pri Popradskom plesom am Popradské pleso (Poppersee).Der höchste Karpatengipfel: der Gerlachovský štít (Gerlsdorfer Spitze)Chata Sliezsky dom (Schlesierhaus)Zamkovského chata (Zamkovsky Hütte), 1.475 mBergträger auf dem Weg zur Hütte„Velký Studený potok“ (Großer Kalter Bach)Floßanlegestelle an den Dunajec (Dunajetz),Floßfahrt auf dem DunajecTri Koruny (Drei Kronenberg), 982 mČervený Kláštor (Rote Kloster)Die WandergruppeHrad ĽubovňaMittelalterlicher Schandkäfig in Levoča (Leutschau)Hauptplatz von LevočaRathaus von Levoča (Leutschau)Spišský hrad in Levoča (Zipser Burg)Gelände der Zipser BurgMittelalterliche Küche in der BurgIm Slowakischen Paradies... zum Glück heute ohne Rucksack.Cañyon des Hornád-DurchbruchsAuf dem Weg nach Kláštorsko ...„Penzión Lesnica“
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