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 am:   23.02.16

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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B u c h -   u n d   M e d i e n b e s p r e c h u n g e n

 

Auf der Seite "Vereinszeitschrift-Inhalte", die laufend aktualisiert wird, haben wir Links zu den entsprechenden Wanderberichten und Buchbesprechungen gesetzt.

 

 Inhaltsverzeichnis:      Du mußt Wandern!

                                    •  Mehrtagestouren im Westen Deutschlands

                                    •  "Und immer wieder: GR 10"

                                    •  Der Weg ist das Ziel: mit dem GR 5 über die Alpen

                                    •  ViaSpluga: Durch Kulturen wandern

                                    •  Wandern in Kreta

                                    •  Rezension der Zeitschrift: „Caminar. Senderismo i naturaleza“

                                      Wandern „auf hohem Niveau“ – Erfahrungen vom neuen Rheinsteig

                                      Cinque Terre / Ligurische Küste -  Die Riviera von Genua bis La Spezia

                                    •  Neue deutsche Wanderführer für England

                                    •  Auf Österreichs Großen Wegen – Die neuen Wanderführer der Sektion "Weitwanderer" des OeAV

                                      Buchbesprechung und Wanderbericht zum Rothaarsteig

                                      Wandern auf dem GR 7 in Spanien

                                      Man sieht nur, was man weiß: Werner Bätzings GTA-Führer neu erschienen

                                      Das besondere Buch: Berlin - Moskau zu Fuß

                                    •  Zweimal "Österreichischer Weitwanderweg 02"

                                    •  Bätzing / Kleider: Die Seealpen

                                    •  Walter Töpner: Wege der Jakobspilger - Band 1

                                    •  Die beiden neuen Führerbände zum hochalpinen Teil des "Zentralalpenweges"

                                    •  Ludwig Graßler: Traumpfad München - Prag

                                    •  Österreichischer Weitwanderweg 04 (Voralpiner Weitwanderweg)

                                    •  Wilde Wege, stille Dörfer - Wanderungen in den Abruzzen

                                    •  Österreichischer Weitwanderweg 07 - Ostösterreichischer Grenzlandweg

                                    •  Veltliner Fußreisen - Zwischen Bündner Pässen und Bergamasker Alpen

                                    •  Franziskaner Wanderweg

                                    •  Der Franziskusweg von La Verna über Gubbio und Assisi bis Rieti

                                    •  Auf dem "fränkischen Weg" nach Rom

                                    •  Griechenland:  E4 Peloponnes

                                    •  Wanderführer - frisch ausgepackt und vorgestellt

                                    •  Österreichischer Weitwanderweg 05 - Vom Waldviertler Hochland zu den Windischen Büheln

                                    •  Wanderungen durch die Vogesen - 6 Rundtouren durch Nord-, Mittel- und Hochvogesen

                                      Das Puschlav

                                    •  "Leichtes Gepäck" - Wandern und Trekking in Deutschland und in der Welt

                                      Mein Pilgerweg nach Rom - Via Francigena

                                      Das Mädchen, das gehen wollte

                                      Alles zu Fuß - ein Reiselesebuch von Freddy Langer

                                      Zwischen Lago Maggiore und Comer See

                                      Pilgerwege und kein Ende in Sicht

                                      "Hinauf ins Rätikon"

                                      Marmor, Meer und Maultierpfade

                                      Vom Wandern - Neue Wege zu einer alten Kunst

                                      Über die Alpen

                                      Das neue Wandern - Unterwegs auf der Suche nach Glück

                                      Warum wandern wir? - "Kleines Finale"

                                      Die Ligurischen Alpen

                                      Wandern auf dem Evliya Çelebi Weg - Zu Fuß oder zu Pferd durch Nordwestanatolien

                                      Franziskusweg - Impressionen einer Pilgerreise

                                      Schwabenkinder-Wege - Kultur-(Wander-)Führer für Oberschwaben und Vorarlberg

                                      Wege ohne Ende: Touristiker "verpflastern" Deutschland mit Wanderwegen

                                      Der Remstal Höhenweg

                                      Vogesen-Durchquerung

 

 

Du mußt wandern !

 

Manuel Andrack wandert ohne Stock und Hut im deutschen Mittelgebirge

 

 

Mir persönlich geht es mit Wanderbüchern häufig so: ich sehe eine Neuerscheinung, die beschriebene Region ist mir aus irgendeinem Grund sympathisch, das Buch ist nett aufgemacht, also kaufen. Daheim dann Entspannungsbild: aaah, heute abend nehm' ich mir den neuen Führer vor, blättere, plane und laß mich animieren. Abends schließlich mittlere Enttäuschung. Natürlich bietet das Buch inhaltlich auch das, was vorne auf dem Deckel steht, aber rechte Freude will nicht aufkommen. Und das liegt in der Regel an folgenden Fehlern:

 

1.    Die beschriebene Wanderstrecke ist so minutiös geschildert, als sei der Benutzer seiner Sinne irgendwie nicht mächtig. Die meist elend trocken zu lesende Ausführlichkeit verhindert außerdem das Aufkommen jeglichen Pfadfindertriumphs, auf der Karte, wie draußen.

 

2.    Wandererbuchautoren nehmen sich und ihr Freizeitvergnügen zu ernst. Es fehlt das lachende Auge für die beim Recherchieren erlebten Skurilitäten am Weg. Meine Sinne erholen sich besser, wenn ich erfahre, daß Apfelwein im Hunsrück und Saarland Viez heißt  und in der Pfalz ein Schoppen Wein tatsächlich ein Halbliterglas bedeutet.

 

3.    Wanderbücher sind oft für Puristen gedacht und gemacht. Menschen, die vor einer Tour den Rucksackinhalt einzeln abwiegen. Gut, ich habe auch schon mal den Stiel der Zahnbürste abgesägt, damit das Ding in meinen Mini – Kulturbeutel paßte, aber oft wird am Falschen gespart. Bücher z.B. Wie man eine mehrtägige Wanderung ohne „was zum Lesen“ bewältigt, gerade als Alleingeher, bleibt mir schleierhaft. Und sei es, daß eben der Wanderführer zugleich Lesebuch ist (Rotpunktverlag).

 

Manuel Andrack, der seit Januar wieder in der ARD zu sehen ist, hat die vergangene Dreh- und Sendepause genutzt, um wandern zu gehen. Eifel, Sächsische Schweiz, Hunsrück, Rothaarsteig, Hermannsweg, Goetheweg sind Ziele, die er in seinem 170 Gramm leichten KiWi Taschenbuch beschreibt, das vor kurzem erschienen ist. (3-462-03488-x, € 8,90 ). Er wandert mit seinem Vater, mit Freunden, mit seinen Kindern. Und er berichtet,was zu erleben ist: Einheimische, die keine Ahnung vom Fernwanderweg haben, obwohl eine Markierung direkt am eigenen Zaunpfosten prangt; Gastwirte, die trotz Ruhetag zu Essen und Trinken hereinbitten; landschaftliche Höhe- und witterungsbedingte Tiefpunkte.

 

Eigentlich schildert Herr Andrack schlichtweg das, was beim Wandern durchs Land zu sehen und erleben ist. Die Besonderheit des vorgelegten Bandes besteht in der Beobachtungsauswahl, die Andrack zum Besten gibt. Als bekennender Mittelgebirgswanderer habe ich mindestens vier mal laut ausgerufen: Heißa, genauso ist es, zum Kuckuck ! Klappentexte und Verlagswerbeleute reden bei Andracks Stil übrigens gerne von gebrochener Ironie und noch nie ist so über das Wandern geschrieben worden. Naja, das Buch soll sich ja verkaufen und tut es sicher allein durch die Popularität des Autors, mit der er souverän umgeht: sie spielt schlicht keine Rolle. Das Buch ist nicht Herrn Schmidt gewidmet, sondern Andracks Familie.

 

Warum also dieses Buch kaufen und vielleicht sogar lesen ?

 

1.        Die Erwartungen, die der Kauf auslöst, werden aufs Beste erfüllt: Entspannung pur.

 

2.        Als Wanderer merkt man recht bald: der weiß, von was er redet.

 

3.        Tatsächlich fühlt man sich ermuntert, bisher unbekannte Regionen zu erwandern

           (Böhmische Schweiz! Nein, nicht deutsche)

 

4.        Wunderbares Geschenk !

 

Von Tilman Kleinheins

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 16 - April 2005

 

 

Mehrtagestouren im Westen Deutschlands

 

Peter Meyer Verlag schließt Lücke im Wanderführersektor

 

 

Um es vorweg zu nehmen: ich bin begeistert von dem Wanderbuch, das Rolf und Waike Weber im Peter Meyer Verlag herausgebracht haben. Woher die Euphorie ? Aus der Sicht des Buchhändlers befriedigt der Band die im Laden häufig geäußerte Nachfrage: „Wir suchen Tips ( oder einen Führer ), um mal zwei, drei Tage wandern zu gehen“. Wenn es auch zwei bis sechs Tage sein dürfen, gibt es zur Zeit quasi keine Alternative auf dem Buchmarkt. Nur das alleine kann´s natürlich nicht sein. Also schlagen wir auf und schauen hinein, was die Wander – Webers serviert haben.

 

Eifel – Pfälzerwald –Schwarzwald – Elsaß

 

Insgesamt neun Touren werden vorgeschlagen. Vorab findet ( der vielleicht unerfahrene ) Mehrtages – Wanderer unter der Rubrik „Vorbereitung & Praktisches“ angenehm Undogmatisches zum Thema Ausrüstung, Packen, Gehzeit und –technik. Undogmatisch, weil eher „Kann“ – Lösungen vorgeschlagen werden. Wer auch mit 25 kg auf dem Rücken beschwerdefrei unterwegs sein kann, nur zu !

 

Wer gerne dem GPS Richtungspfeil hinterherläuft, kann dies - dank angegebener Positionsdaten für die wichtigsten Tagesziele - tun, wird aber wenig von der Landschaft mitbekommen (Vorsicht: dogmatische Wanderstrumpfmeinung !) Also: jedem Tierchen sein Plaisierchen.

 

Eine der neun vorgestellten Touren soll nun auf den Prüfstand: Aufbau, Infogehalt, Wahl der Strecke. Die Kaiserstuhl – Tour ! Sie ist zwar nur zwei Tage lang – mehr ginge auch nur mit Mühe – berührt aber die meisten sehenswerten Wanderorte des Vulkans in der Rheinebene. Zwei Seiten fundierte Einleitung über Fauna, Flora, Wein und Erdgeschichte: wo wandert man überhaupt. Als langjähriger Kaiserstuhlanwohner fand ich alles korrekt, wobei dem Bedauern über die größte Erdbewegung im Rahmen der Flurbereinigung der 70er Jahre (Terrassierung der Weinberge) aus naturräumlicher und biologischer Sicht, die Erleichterung der nicht einfachen Arbeit im Weinberg entgegengestellt werden kann. Endlich war im begrenzten Maß der Einsatz von Maschinen möglich (Siehe auch: „der Holder“). Für reichlich Diskussionsstoff hat die Flurbereinigung damals freilich geführt. 30 Jahre später gibt es immer weniger Kaiserstühler, die die ursprüngliche Landschaftsform noch mit eigenen Augen gesehen haben. Aber: lassen Sie sich bitte nicht vom Wandern im Kaiserstuhl abhalten. Denn die Autoren haben Recht, der Nord - Süd – Weg übers Gebirge ist einer der schönsten dort. Die berührten Zwischenziele (bei geöffneter Katharinenkapelle unbedingt in den kleinen Glockenturm aufsteigen: herrliche Rundsicht !) sind zum Teil einmalig in Deutschland, wie z.B. die Trockenwiesen zwischen Schelinger Höhe und Vogelsang – Paß. Genießen Sie dort eine Sonnenrast mit Ausblick auf Vogesen und die Burgundische Pforte, dem Tor nach Frankreich. Streckenwahl also tadellos. Infogehalt ebenfalls. Der Wanderer erhält gleich zu Beginn des Tourenvorschlages Kurzinfos: wie lange, welche Etappenziele, Anfahrt, Abfahrt, Unterkunft. Es ist also sofort möglich zu entscheiden: ja, kommt in Frage oder eben nicht.

 

Zwischenüberschriften

 

Nach der oben genannten Einführung in die bewanderte Region folgt der Tourenvorschlag selbst. Klar gegliedert, benannte Wegmarkierungen sind farblich im Text besonders hervorgehoben, Zwischenziele fett gedruckt. Farbige Photos und ein unaufgeregtes klares Layout, z.B. Zwischenüberschriften, machen die Orientierung im Buch angenehm und einfach. Die Qualität des Buches zeigt sich ebenfalls im Verzicht auf minutiöseste Wegbeschreibungen, ohne jedoch irgendeinen Zweifel an der Wegführung aufkommen zu lassen. Weiteres Plus: die Wegbeschreibung ist lesbar, weil mit persönlichen Eindrücken und Informationen aller Art gespickt.

 

Also, wo liegen die Fehler? Zum einen bei mir selbst, der diesem Kleinod der Wanderliteratur völlig voreingenommen und befangen gegenübersteht. Zum anderen an der fehlenden Öffnungszeit vom wirklich sehr schön gelegenen Rasthaus Lenzenberg oberhalb von Ihringen: die Wirtsleut haben nur bis 19:00 Uhr geöffnet! Anmerkungen anderer Buchhändler, die ausgewählten Regionen seien halt sehr speziell, sei gesagt: es sind die schönsten (deutschen Mittelgebirge), von den Vogesen ganz zu schweigen.

 

Also: kaufen, nachlaufen, verschenken: Weber, Rolf und Waike: Mehrtageswanderungen im Westen Deutschlands, Peter Meyer Verlag, Frankfurt, 1. Auflage 2004, 190 Seiten, 190 Gramm, 3-89859-305-5, 12,95 €

 

PS: Um Mißverständissen vorzubeugen: weder vertreibe ich die Bücher des Peter Meyer Verlages, noch ist das Netzwerk Weitwandern irgendwie mit dem Verlag liiert.

 

Von Tilman Kleinheins

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 15 - Dezember 2004

 

 

"Und immer wieder: GR 10"

 

Diejenigen unter uns, welche das Vergnügen hatten, anlässlich der vorletzten Mitgliederversammlung in der Rhön, dem Diavortrag von Jürgen Hammer über seine Pyrenäen - Durchquerung auf dem GR 10, zuzuschauen und zu hören, können sich ein Bild von der Vielfältigkeit des knapp über 900 km langen Weges

machen.

 

Der dazu vor einiger Zeit erschienene Führer von Gert Trego, ist nun leider schon etwas in die Jahre gekommen, so dass der nicht des französischen mächtige Wanderer (Topo-Guides), nun wenigstens auf eine englischsprachige Neuerscheinung zurückgreifen kann, die im bekannten englischen Verlag Cicerone erschienen ist:

 

"The GR 10 Trail - Trough the French Pyrenees". Erwandert und beschreiben von Paul Lucia, bringt es das Buch mit 12 x 17,5 cm gerade noch Hosentaschenformat auf 304 Gramm. (im Vergleich der Trego-Band: 10,5 x 14,8 cm und 144 Gramm). Sehr praktisch: das Buch ist ein plastifiziertes soft cover und wiedersteht damit Regen, Nebel, Schnee. Auch das Papier ist wasserabweisend, deswegen das Gewicht. Es hat in Deutschland als Import keinen festen Ladenpreis und wird vom Handel unterschiedlich kalkuliert, mit 20 - 22 Euro ist zu rechnen.

 

Zum Inhalt: Von hinten her betrachtet fällt leider sofort ins Auge, dass ein Orts- und Namensregister fehlt, was schade ist und Trego im Gegensatz bestens bewerkstelligt hat. Wenn man weiterhin den direkten Vergleich anhand einer bestimmten Tages - Etappe vornimmt, stößt man schnell auf eine Grundfrage, die sich beim Machen von Fernwanderliteratur immer stellt: verzichte ich auf alles Anschauliche und schaffe mir im Gegenzug mehr Platz für Informationen oder lege ich den Band umgekehrt an, habe also Farbphotos, Höhendiagramme und Kartenskizzen. Wie Trego dazu stand, wissen wir und vergleicht man die beiden Bände rein vom Infogehalt her, schneidet er um Längen besser ab.

 

Die Recherche von Unterkünften samt Telefonnummern, Öffnungszeiten und anderer Hinweise lässt den Cicerone zurückfallen. Natürlich sind Angaben gemacht, allerdings sehr vereinfacht in dem Sinn, dass darauf hingewiesen wird, dass z.B. in dem Baskenort Sare eine Gite, ein Colonie des vacances und ein Campingplatz vorhanden sind, nicht aber oben erwähnte Informationen, die einen vor lästigen der-Weg-war-umsonst - Abstechern bewahren.

 

Interessanterweise differieren auch die angegeben Geh-Zeiten und Höhenunterschiede nicht unerheblich. Für die gleiche Etappe von Ste-Engrace nach Arette gibt der englische Band mit 1185 m Aufsteig 55 Meter mehr an, dafür werden dann aber nur 4,30 h benötigt (Trego: 4,55 h). Das mag am verschiedenen Schrittmaß der Autoren liegen und ist insgesamt vielleicht unerheblich. Aufschlussreich für die generelle Bewertung dieser Art Angaben in Wanderführern ist es allemal.

 

Gut gefällt bei Paul Lucias Buch andererseits, dass es keine Bleiwüste ist. Anschaulich und brauchbar sind z.B. die Höhendiagramme jeder Etappe, die auf einen Blick den Tagesrhythmus erkennen lassen. Wie schon in früheren Besprechungen erwähnt, so auch hier: die skizzenhaften Karten- oder Kärtchen sind für unterwegs unbrauchbar und damit überflüssig. Lesenswert sind dagegen, die vor die Wegbeschreibung gestellten Zusammenfassungen der Tagestouren.

 

Ein weiterer Vergleich sei gestattet: Trego verweist in seinem Band immer wieder auf alternative Routen, auf Gipfelbesteigungen oder auf Möglichkeiten für einige Zeit dem HRP (Haute Randonner Pyreneen) zu folgen. Beim Cicerone leider wenig davon, dafür aber viel fürs Auge, denn viele gut gelungene Farbphotos lockern den Text auf. Die Güte der Wegbescheibung ist schwierig zu beurteilen, sollte sie in Details unterschiedlich sein, ist das nicht weiter tragisch, wozu gibt es 1:25 000er IGN-Karten ?

 

Insgesamt sei gesagt, dass der Fernwanderer bestimmt mit dem einen, wie mit dem anderen Band im Rucksack auf den Weg gehen kann und auch da ankommt, wo er möchte. Wünschenswert wäre ein Mix zwischen beiden, der nicht 200 Gramm übersteigt und damit die Quadratur des Kreises darstellte. Für Freunde des etwas persönlicher und subjektiver gehaltenen Schreibstils und einer angenehmeren Aufmachung sei der Cicerone - Band empfohlen, alle anderen sind mit dem Trego-Band besser bedient.

 

Bibliographische Angaben:

Lusia, Paul: The GR 10 Trail trough the French Pyrenees, Cicerone Verlag, 210 Seiten, c. 20,00 €, ISBN 1-85284-364-0, erhältlich oder bestellbar in besser sortierten Reise-Buchhandlungen.

 

Von Tilman Kleinheins

 

Erschienen in "Mitteilungsblatt" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 9 - Dezember 2002

 

 

Der Weg ist das Ziel: mit dem GR 5 über die Alpen

 

Deutschmann, Sven, Outdoor-HandbuchGR 5: Genfer See - Nizza,

Conrad Stein Verlag, 1. Aufl. 2001,160 S., ISBN 3-89392-507-4

 

 

Als Käufer und Benutzer von Streckenwanderführern fragt man sich bisweilen, wie es sein kann, daß ein Band, der 700 km Weg beschreibt nur 153 Seiten Umfang aufweist, während ein anderer, der sich mit 250 km Strecke befaßt, 280 Seiten und mehr benötigt. Es kann an der Wahl des Papiers liegen, ob Photos den Text anreichern, aber auch am Mitteilungsbedürfnis des Autors, weshalb dick nicht automatisch gut heißen muß. Der Stein Verlag ist mit seiner Reihe Der Weg ist das Ziel bekannt geworden für knapp gehaltene Führer. Bringen Sie den Benutzer aber auch gut ans Ziel ?

 

Das Inhaltsverzeichnis macht die Gewichtung deutlich: von 160 Seiten befassen sich nur gut die Hälfte direkt mit der Streckenbeschreibung. Besondere Hinweise bei möglichen Orientierungsproblemen, bei heiklen Wegstrecken oder Varianten, die dem Autor besser gefielen als die normale Wegführung sind hervorgehoben. Ansonsten tut er aber ganz recht, nicht jede Krümmung des Weges zu beschreiben: der GR 5 ist sehr gut markiert und wozu nimmt man schließlich Wanderkarten mit ? Sven Deutschmann unterteilt die französische Variante der GTA - und übrigens wesentlich ältere - in sechs längere Teiletappen. Diese wiederum sind mit allen möglichen Übernachtungs- und Einkehrhinweisen versehen, so daß der Wanderer individuelle Etappen laufen kann, der Führer schreibt keine vor. Zusätzlich sollen kleine Kartenskizzen zum Wegverlauf Orientierung bringen. Ich meine, daß getrost darauf verzichtet hätte werden können, zugunsten mehr regionalen Hintergrunds. Sicher sind die französischen Alpen nicht ganz so geschichtsträchtig wie das Elsaß, bieten aber doch genügend Stoff (Besiedlungsgeschichte, Vorstellung der Talschaften, heutige gesellschaftspolitische Situation etc), um dem Wanderer - am besten eingeklinkt im Kasten - mehr über die durchlaufenen Regionen wissen zu lassen. Man sieht oft nur, was man weiß. Positiv erwähnt seien die Angaben der Wegzeiten in beide Richtungen, neben der Telefonnummern der Unterkünfte auch deren Faxnummern, sowie sämtliche Einkaufsmöglichkeiten und deren Erreichbarkeit. Das schreibt ein erfahrener Geher.

 

Der vorangestellte praktische Teil bietet alles, was man zur Planung benötigt. Gut gefallen hat mir, daß er sich mit seiner Ausführlichkeit auch an Anfänger wendet (Packliste, Ernährung, Verhalten in den Bergen). Zusammengefaßt unter Reise‑ Infos A ‑ Z fehlt nichts wissenswertes. Lediglich die Informationen zum Kartenmaterial sind leicht irritierend: die angegebene „Serie orange“, also die Normalausgaben der französischen 1:50000er Karte (zumal ohne eingezeichnete Wanderwege) ist eine auslaufende Serie, welche vom IGN (Institut Geographique National) nicht mehr aufgelegt, noch aktualisiert wird. Die ferner genannten Karten des Verlags Didier Richard haben trotz besserer Kartenausschnitte eingeschränkte Lesbarkeit: die Schummerung an steilen Hängen ist mitunter so dunkel, daß man dort keine weiteren Eintragungen mehr erkennen kann. Ebenso bedauerlich: Didier Richard hat in der Regel Lieferschwierigkeiten bei vielen Blättern. Daß der Autor nicht mit dieser Serie unterwegs war, erkennt man an den fehlenden Angaben, welche Blätter benötigt werden. Uneingeschränkt zu empfehlen ist tatsächlich die „Serie bleu“, die touristischen 1:25000er Karten des IGN. Um nicht die genannten 20 Blätter mitnehmen zu müssen, empfehlen wir, die benötigte Strecke auszuschneiden und zusammenzukleben, so daß sich Gewicht und Umfang erheblich reduzieren.

 

Die Vorstellung der Französischen Nationalparks, Klima, Geologie, Fauna und Flora der durchwanderten Gebiete runden einen Führer ab, mit dem nicht nur eine Lücke auf dem deutschsprachigen Streckenführer - Markt geschlossen wurde, sondern durch leichte 144 Gramm Lebendgewicht und Seitentaschen - Format auch eine hohe Praktikabilität bescheinigt werden kann. Im Gesamtbild also ein Führer, mit dem man unterwegs gut aufgehoben ist.

 

Von Tilman Kleinheins

Erschienen in "Mitteilungsblatt" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 7 - September 2001

 

 

ViaSpluga: Durch Kulturen wandern

 

Warmer, Kurt: viaSpluga, Thusis - Chiavenna, Terra Grischuna Verlag,

2001, 3-7298-1131-2, 1. Aufl., 110 Seiten, 19,00 CHF

 

 

Zwei Pässe sind es am Graubündner Hinterrhein, die von Bedeutung sind: der San Bernardino und der Splügenpass. Während erstgenannter heute täglich tausende von Menschen über die Autobahn Richtung Süden transportiert, hat den Splügen ein anderes Schicksal ereilt: er ist für den Verkehr unwichtig geworden. Daß man sich seiner erinnert hat, ist Idealisten beiderseits der schweizerisch-italienischen Grenze zu verdanken, die bereits 1995 antraten, die regioViamala und die Comunitä

 

Montana Valchiavenna wieder enger miteinander zu verknüpfen. Die Idee eines zwar kurzen, aber echten Fernwanderwegs, die viaSpluga war geboren. Gemeinsam mit weiteren Trägern, ( Bündner Wanderwege, der KulturRaum ViaMala und andere Tourismusorganisationen ) gelang es dank großem Durchhaltevermögen, im Juli 2001 den Weg feierlich zu eröffnen. Parallel dazu erschien ein Wanderführer bei Terra Grischuna, den mir Rene Lehner, Technischer Direktor i.R. der Aargauer Wanderwege und Mitglied des Netzwerks Weitwandern zur Verfügung gestellt hat. Vielen Dank dafür.

 

Das seitentaschentaugliche, 138 Gramm leichte Buch untergliedert die 65 km lange Strecke in 5 Etappen. Schon beim ersten Durchschauen wird schnell deutlich: hier geht es nicht um die sportliche Leistung, sondern vielmehr darum, Wanderern eine Region, deren Menschen und Lebensbedingungen und deren Geschichte nahe zu bringen, gerade über Splügen hinweg. Jeder Etappenort wird ausführlich vorgestellt, bevor die Tagestouren, die niemanden überanstrengen sollten, beginnen. Wohltuend: die Wegbeschreibung an sich ist auf das Notwendige reduziert, und läßt genügend Platz für Informationen aller Art zur durchwanderten Region. Laufen, lesen, sehen. Zusätzlich erfährt der Wanderer mögliche Varianten zur Hauptroute oder lohnende Abstecher zu weiteren sehenswerten Dingen. Auffallend schön gestaltet auch die eingeklinkten Abrisse über besondere Höhepunkte jeder Etappe. Übersichtskarten zu jedem Tag und eine reiche Bebilderung runden diesen wichtigen Teil des Bändchens ab.

 

Im der Wegführung vorangestellten Teil findet der Leser neben der ausführlichen Geschichte des Splügen auch ein Zitat von Werner Bätzing, in dem er für den Ausbau historischer Verkehrsverbindungen als Wanderwege plädiert, um „Wandern mit Inhalt" zu ermöglichen. Ein Ziel dem sich das viaSpluga - Team eindeutig verschrieben hat. Ferner sind korrekte Angaben zu benötigten Wanderkarten zu finden. (K+F 1: 60000 Hinterrheintäler, die Blätter 257 T, 267 T und 277 der Schweizer Landeskarten sowie eine extra hergestellte 1: 40000er Karte viaSpluga

 

Begehbarkeit, Anreise, Verpflegung und Unterkunft ergänzen die praktischen Infos. Wobei zu den beiden letzten Punkten Adressen (auch internet !) und Telefonnummern angegeben werden. Sicher wäre eine direkte Auflistung der Übernachtungsmöglichkeiten für den Wanderer bequemer, die Angaben wären jedoch sehr kurzlebig und machten eine annähernd halbjährige Überarbeitung notwendig. Dieses Problem hat man umschifft.

 

Wir jedenfalls gratulieren allen Beteiligten zur erfolgreichen Umsetzung ihrer Idee und hoffen, ganz im Sinne unserer eigenen Vereinssatzung, daß sich viele Wanderer auf den Weg machen, um andere Menschen und deren Leben über Grenzen hinweg kennen und lieben zu lernen.

 

Von Tilman Kleinheins

Erschienen in "Mitteilungsblatt" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 7 - September 2001

 

 

Wandern in Kreta –

Lutz Heidemann bespricht einen Wanderführer zum Europäischen Fernwanderweg 4 auf Kreta (Trans- Kreta)

Ein Bericht aus Nr.19 von „Wege und Ziele“, der Zeitschrift von

 „Netzwerk Weitwandern e.V.“

 

Wandern in Kreta

 

Von Lutz Heidemann

 

Outdoor Wanderführer „Griechenland Trans Kreta E4“

 

Als gute Ergänzung zu meinem Bericht über Wandermöglichkeiten auf dem griechischen Festland folgt nun der Hinweis auf das Outdoor Handbuch 88 über den E4 in Kreta aus dem Conrad Stein Verlag. Es handelt sich um die zweite, im Jahr 2005 erschienene Auflage. Sie beruht auf Begehungen, die Dr. Sven Deutschmann im Sommer 2004 gemacht hat. Eine erste Auflage war 2000 erschienen und basierte auf Recherchen und Texten von Dagmar Wahlen und Rainer Lencer. Der Weg selbst ist wohl in den 1980er Jahren angelegt und an einigen Stellen neu trassiert worden. Aus der Übersichtsskizze der griechischen Weitwanderwege geht die großräumige Lage des E4 Kreta hervor. Inzwischen ist ein zweiter Sprung über das Meer vorgenommen worden und der E4 hat eine Fortsetzung in Zypern gefunden (siehe Kurzbericht in „Wege und Ziele“, Ausgabe 16, S. 36 - 37).

 

Eine erste Orientierung und Einstieg für die Routenplanung ist auch über Straßen-Karten möglich. Auf diese Weise kann man sich vielleicht bei Badeferien erst einmal an einen Tagesausflug auf dem E4 heranwagen und Wegebeschaffenheit und Markierungsdichte erkunden. Ich fand z.B. den Wegeverlauf auf der Generalkarte Kreta (MairDuMont). Bevor dieser Beitrag in unser Internet gestellt wird, werde ich mich informiert haben, ob auch in anderen in Deutschland erhältlichen Straßen- oder Freizeitkarten von Kreta der Verlauf des E4 eingetragen ist. Es gibt eine Karte des Harms-Verlages 1:100.000 mit Eintragungen des Weges, die allerdings teilweise nicht mehr aktuell sein sollen. In Griechenland gibt es vier Kreta-Blätter im Maßstab 1:50.000 vom Verlag Giorgis N. Petrakis. (Bestellungen Tel. und fax: 081/282630)

 

Der Führer fängt holprig an; die historische Einführung ist holzschnittartig bescheiden, dann doch lieber ganz weglassen. Später im Text macht Sven Deutschmann sehr gut auf historische Stätten am Weg aufmerksam. Auch Binsenweisheiten wie Schwierigkeiten einer Anreise mit dem Auto könnten schlicht weggelassen werden. Hinweise auf Geldwechselmöglichkeiten in Städten und Bergorten sind nach Einführung des Euro schlicht ärgerlich; hier fehlte ein kritisches Lektorat.

 

Wenn es dann an die Wegbeschreibungen geht, ist der Text sehr präzise; stellenweise wird der Leser und Wanderer von Markierungsstange zu Markierungsstange geleitet. Das scheint im Westteil der Route auch nötig zu sein. Ich kenne Kreta und den Weg nicht; ich kann mir aber einige Markierungsprobleme gut von Erfahrungen auf drei Wanderungen auf dem griechischen Festland vorstellen. Die Griechen haben sich auf gelb-schwarze Metallschilder und Stangen festgelegt. Ich habe Anastasios Rigas vergeblich auf meine besseren Erfahrungen mit Farbmarkierungen auf Steinen und Bäumen hingewiesen. Ich will nicht leugnen, daß bei

Grasmatten im Bergland Stangen besser geeignet sind. Inzwischen hat Sven Deutschmann vielfach gelb-schwarze Striche bzw. Farbpfeile oder rote Punkte beobachtet.

 

Deutschmann warnt Wanderer sehr eindringlich vor schwierigen oder schlecht markierten Abschnitten. „Über rutschiges Geröll muß ein Steilhang auf einem schmalen ungesicherten Felsband gequert werden. Hierzu ist unbedingt Trittsicherheit und Schwindelfreiheit erforderlich“. Deutschmann schildert auch Ausweichrouten und Varianten. Ein Einstieg im mittleren Teil ist gut möglich und bietet immer noch großartige Blicke. Der Ostteil der Tour ist insgesamt einfacher. Da werden ziemlich regelmäßig Dörfer durchquert, wo es auch schon Zimmerangebote gibt. Das Wandern auf Kreta hat sehr unterschiedliche Gesichter. Einmal muß Deutschmann ein Stück auf der Zufahrtsstraße zur Samaria-Schlucht benutzen, „... wo sich in der Hauptsaison bis zu 3.000 Wanderer herunterschieben.“

 

Eine zweite Auflage könnte ein Indiz sein, daß der Weg trotz der Schwierigkeiten gegangen wird, zumindest, daß er Wanderer beschäftigt. Deutschmann ist im Frühjahr mit dem Zelt unterwegs gewesen. So ist der Text durchzogen mit Hinweisen auf geeignete Zeltplätze. Nach seinen Erfahrungen müssen Wasser und Lebensmittel an bestimmten Etappen für ein und öfters auch für mehrere Tage mitgenommen werden. Die Wanderung ist eine Herausforderung. Man soll Wanderstiefel statt Wanderschuhe tragen. Im Frühjahr war es noch kalt. Deutschmann hat sich öfter Wasser aus noch liegengebliebenen Schnee bereitet. Das kann in anderen Jahreszeiten leichter sein. Wir waren im Oktober in der nahen Südtürkei mit Schlafsäcken ausreichend bedient.

 

Anmerkung 1: Man kann sich auch durch Kreta führen lassen, besser auf diese Weise als überhaupt nicht auf der Insel wandern. Ich fand auf der TourNatur als Anbieter den Veranstalter „Smile-Travel-Wanderreisen (Informationen unter: Wanderpaule@yahoo.gr), deren Repräsentant in Deutschland ist Harald Schwarzer, der damit wirbt, daß er seit 1979 Wanderführer sei; Kontakt: wanderharald@gmx.de. Aus einem Werbeblatt geht hervor, daß die Wanderzeit täglich etwa 3-4 Stunden dauere. Es sind dann eben auch Wanderferien...

 

Anmerkung 2: Anastasios Rigas schrieb mir im September 2002, daß bei der schwierigen Etappe von Soujia nach Agia Roumeli die Markierungen von einer Französin zerstört worden seien, deren Mann Bergführer sei und hoffte von Wanderern engagiert zu werden. Man hätte versucht, sie zu erwischen und anzuklagen, aber ohne Erfolg.

 

Anmerkung 3: Sven Deutschmann berichtet von ausgezeichneten Markierungen auf Teilstücken der Levka Ora, der weißen Berge, die Josef Schwemberger vorgenommen habe, der vor einiger Zeit die Kallergi-Hütte (Tel. 08210/ 33199) gekauft und renoviert hat und in der Saison betreibt.

 

Anmerkung 4: Sven Deutschmann berichtet, daß es ihm nicht gelungen sei, vor und nach der Wanderung einen Kontakt zu den Bergsteigerverbänden in Kreta herzustellen, um Erfahrungen zu bekommen und weiterzugeben. Das Lied können auch viele von unseren Mitgliedern von anderen Wandergebieten singen. Die Adressen der örtlichen Verbände, die er im Vorspann nennt, stimmen nicht mit denen überein, die mir A. Rigas 2002 nannte. Auch meine Mail-Adresse der Bergsteiger Verbandszentrale in Athen (EOOA) von 2002 ist nicht mehr aktuell. Von den Verbänden in Kreta kann ich als Anschrift bieten: eosrethymno@rethymnon.com

 

Ich würde mich freuen, wenn Vereinsmitglieder von ihren Kreta-Erfahrungen berichten würden. Wir werden sie hier veröffentlichen!

 

 

Caminar – eine Rezension einer Wanderzeitschrift

Georg Rückriem bespricht die neue spanische Wanderzeitschrift Caminar – Senderismo i naturalezza

Ein Bericht aus Nr.19 von „Wege und Ziele“, der Zeitschrift von „Netzwerk Weitwandern e.V.“

 

Rezension der Zeitschrift: „Caminar. Senderismo i naturaleza“

 

Von Georg Rückriem

 

Die Zeitschrift: „Caminar. Senderismo i naturaleza“, was man übersetzen kann mit “Wandern. Wandersport und Natur“ wird herausgegeben vom Verlag PRAMES aus Zaragoza. (ISSN: 1697-2112) Internet-Informationen über: www.caminar.net; www.prames.com; caminar@prames.com; Preis: 3,50 Euro für das Einzelheft zzgl. Versandkosten. Das Jahresabonnement beträgt 42 Euro für 12 Hefte zzgl. 17 Euro Versandkosten für alle Länder außerhalb von Spanien und Portugal.

 

Diese Zeitschrift wird mit einer eigenen Redaktion, einem 20köpfigen editorial board und mit der Unterstützung durch einen umfangreichen Mitarbeiterstab für jedes Einzelheft, also mit unerwartet großem Aufwand und hoher Professionalität in Layout und Design produziert. Sie ist seit Februar 2004 auf dem Markt und anscheinend in Spanien und wohl auch in Portugal konkurrenzlos. Das auf Kunstdruckpapier aufwendig gestylte 115-Seiten-Hochglanzprodukt erscheint monatlich, mit einem Doppelheft für Juli und August. Geographisch werden außer Spanien und Portugal auch die Wandergebiete auf den Balearen, Canaren und Azoren, gelegentlich aber auch Bereiche in Andorra und Grenzgebieten zwischen Spanien, Frankreich, Italien und der Schweiz abgedeckt.

 

Berichtet wird über die verschiedensten Formen des Wandersports: über Tageswanderungen (überwiegend) und längere Wanderungen, also über GR (Gran Recorridos = überregionale und transnationale Wanderwege), PR (Pequeños Recorridos = regionale Wanderwege in den verschiedenen Provinzen) und SL (Senderos locales = örtliche Wanderwege); aber auch über ganzjährig mögliche oder nur saisonale Wanderungen, Sommer- oder Winterwanderungen, Strecken- und Rundwanderungen, Landschafts- und Stadtwanderungen, in Einzelberichten oder thematischen Heften (z.B. „50 Wanderwege für Familien“).

 

Die Herausgeber bezwecken offensichtlich nicht so sehr detaillierte und differenzierte Führungen durch die jeweiligen Wanderrouten, als vielmehr eine Einführung in interessante und unbekannte Wandergebiete. Sie wollen bisher unkundige Menschen mit den Möglichkeiten und Anforderungen des Wanderns bekannt machen und Wanderer auf neue Gebiete hinweisen, und Basisinformationen vermitteln.

 

Dementsprechend enthält jeder Bericht über ein solches Gebiet eine Art Kurzreportage mit Informationen zu Klima, Geologie und Ökologie, Flora und Fauna, Kulturgeschichte, folkloristischen Besonderheiten, Gastronomie sowie lokalen Festen und Feiertagen, kombiniert mit sehr guten und motivierenden Fotos sowie ausführlicheren Darstellungen und Informationen über unterschiedliche Routen im jeweils ausgewählten Gebiet. Das betrifft im einzelnen für jede einzelne Route:

 

   stark schematisierte Karten (incl. Maßstabsangaben und Legende),

   Höhenprofile,

   Zeitangaben,

   Schwierigkeitsgrade (leicht, mittel und schwer),

   Empfehlungen zur bevorzugten Saison,

   praktische Hinweise (z.B. über die Versorgung mit Wasser, die notwendige

    Ausrüstung und die Verwendung von Stöcken usw.)

   Informationen über den Zugang per :

    o  Auto, mit Angaben über Straßen, Karten und Mietwagen-Adressen,

    o  Bus, mit Angaben über mögliche Bus-Agenturen, Adressen,

        Telefonnummern und Web-Adressen,

    o  Eisenbahn, mit Angaben über Strecken, Bahnstationen, Telefonnummern

        für Auskünfte,

    o  Flugzeug, mit Angaben über Flugplätze, Gesellschaften, Adressen und

        Telefonnummern bzw. Webadressen.

•  Informationen über Verpflegungsmöglichkeiten und Übernachtungen, mit

   Angaben von Adressen, Preisen, Telefonnummern und Webadressen,

  Informationen über Kartenmaterial und Wanderführer sowie Bezugsadressen,

  Informationen von allgemeinem Interesse im jeweiligen Gebiet (mit Adressen,

   Telefonnummern und Webadressen) von Stadtverwaltung, Polizei,

   Tourismusbüro, Bädern und Klöstern.

 

Allein die Aufgabe, diesen enormen Umfang an Informationen für die fünf bis sechs Wanderungen pro Heft zu besorgen, rechtfertigt bereits die Zahl der Mitarbeiter, wirft aber andererseits die Frage auf, wie viele Abonnenten die Zeitschrift haben muß, um diesen Aufwand zu bezahlen, wenn sie ohne Sponsoren oder staatliche Unterstützung auskommen will. Und dabei bleibt es nicht einmal bei den bisher beschriebenen Serviceleistungen.

 

Neben diesem Hauptschwerpunkt enthalten die Hefte zusätzlich Angaben zu folgenden Aspekten:

 

  wanderpädagogische bzw. wanderpolitische Glossen oder Leitartikel als

   Editorial,

•  Informationen von und über die offiziellen Wanderverbände bzw.

    Organisationen in den 17 Autonomen Regionen Spaniens,

•  Informationen über internationale Treffen oder Vereinbarungen zu

    tourismuspolitischen Fragen, über nationale oder regionale Veranstaltungen

    oder Ausbildungskurse der Verbände sowie über lokal veranstaltete

    Wanderungen oder Events der verschiedensten Vereine, Verbände und

    Organisationen,

   Aufrufe zur Unterstützung von Initiativen zur Einrichtung neuer Naturparks,

 •  Wanderpädagogische Aktionen wie z.B. die Einladung zum Wettbewerb

    „Ojo crítico“ (kritisches Auge) mit Bildern und Kommentaren zu sowohl

    „entwürdigenden wie positiven Effekten der Veränderung des ländlichen

    Raumes“,

   Interviews mit bekannten bzw. berühmten Aktivisten, Bergführern oder

    Bergsteigern,

   Berichte und Ankündigungen von spektakulären Großwanderungen,

   Tagesverzeichnisse der organisierten Wanderungen pro Monat mit Angaben

    zum Veranstalter, Adressen, Telefonnummern und Web-Adressen,

 •  Informationen über sanierte, neu markierte oder neu eröffnete Wanderwege

    bzw. Refugios, Leserbriefe, wie z.B. der beeindruckende dokumentarische

    Brief von Antonio Blanco aus Cordoba über den Kampf einer Gruppe von

    Wanderfreunden gegen die Sperrung der Wege für Wanderer in Andalusien

    (Nr. 14, 2005, 6),

   Wanderer-Feedbacks mit kritischen Meldungen z.B. über verfallende

    Markierungen oder häßliche Umweltverschandelungen auf den Wanderwegen,

 •  nützliche Wandertips und konkrete Hinweise zur Ausstattung für Anfänger

    oder interessante Einführungen z.B. in das widersprüchliche Verhältnis von

    Wandern und Fotografieren,

 •  Hinweise auf neu erschienene Karten, Wanderführer, regional orientierte

    Pflanzen- oder Pilzbücher usw.,

 •  Rezensionen,

 •  Berichte und kritische Einschätzungen zu technischen Neuerungen im Bereich

     von Wander- oder Kletterhilfen.

 

Trotz dieser nicht nur in ihrer Summe, sondern auch im einzelnen sehr nützlichen und sicherlich wünschenswerten Informationen könnte man aus der Sicht des an der praktischen Verwendung interessierten Wanderers durchaus kritisch reagieren. Das Format der Zeitschrift ist unhandlich. Die Hefte sind schwer. Das Hochglanzpapier ist regenempfindlich. Die einzelnen Beschreibungen können für den Gebrauch nicht herausgelöst werden. Die stark schematisierten Karten sind im Gelände eher unbrauchbar. Das Design ist oft geradezu contraproduktiv, so wenn z.B. der Wegverlauf in Form einer gelb punktierten Linie in eine Karte eingezeichnet ist, die die Höhen zwischen 500 und 1000 m generell in Gelb, d.h. in der gleichen Farbe, darstellt. Die Wegbeschreibungen sind äußerst knapp gehalten und in der Regel den geringen und dann noch schematisierten Informationen der Karten nicht zuzuordnen. Die wunderschönen Fotos wären wenigstens gelegentlich als Orientierungshilfe geeignet – wenn man sie denn mitnehmen könnte.

 

So berechtigt diese Kritik auch wäre, das Konzept dieser Zeitschrift scheint sie eher zu verfehlen, denn die für Wanderführer typische Form von gebrauchspraktischer Gestaltung und detaillierter Wegbeschreibung liegt offensichtlich gar nicht in der Absicht der Herausgeber. Schon die äußere Form macht das deutlich, und die Struktur der Inhalte bestätigt es Heft für Heft.

 

Die Zeitschrift soll offenbar nur auf Möglichkeiten hinweisen, Informationsquellen erschließen, Entscheidungskriterien liefern, Planungshilfen anbieten und Lust aufs Wandern und Ausprobieren machen. Für diesen Zweck nutzen die Herausgeber tatsächlich alle medialen Möglichkeiten. Wer sich also nach der Lektüre eines Heftes für ein besonderes Gebiet interessiert, erhält in diesem Heft praktisch alle Informationen und Entscheidungshilfen, die er braucht, um einen bestimmten Weg und eine passende Jahreszeit auszuwählen bzw. alle weiterführenden Informationen, um den Zugang, die Ausrüstung, die Unterkunft usw. detailliert zu planen. Die schematisierte Zeichnung wird ihm behilflich sein, den Wegverlauf der gewählten Wanderung in die Karte einzutragen, über deren Bezugsmöglichkeit er genau informiert wurde. Diese Karte bzw. den empfohlenen Wanderführer wird er dann tatsächlich mit sich führen, nicht aber das Heft, das ihn auf die Wanderung und auf die Existenz des Führers hingewiesen hat.

 

Darüber hinaus aber verfolgen die Herausgeber eine differenzierte pädagogisch-politische Absicht:

 

  Sie versuchen, eine Nation, deren neuer Mittelstand ohne Wandertradition zu sein scheint, auf das Sich-frei-Bewegen in der Landschaft einzustimmen und die entsprechenden Verhaltensweisen zu erziehen, die nicht nur für ausgewiesene Naturschutzgebiete, sondern generell zum Schutz von Landschaft, Flora und Fauna unabdingbar sind. Einige Titel der Editorials sprechen dies unmittelbar an: „Der Weg, eine Schule“1 [6/7 (2004), 14 (2005)], „Schützen wir die Umwelt!“ [17 (2005)], „Wie wandern durch geschützte Natur“ [18/19 (2005)], „Der Wandersport – eine Lebenskunst“ (15 (2005)].

 

Sie versuchen, die Vorstellung der freien Zugänglichkeit der Landschaft auch gegenüber den gerade in Spanien oft äußerst rigide eingestellten Privateigentümern zu verbreiten und selbstverständlich zu machen.

Sie bieten ein Kommunikationsforum, um in den zersplitterten 17 Autonomen Regionen Spaniens eine Vereinheitlichung oder wenigstens Vergleichbarkeit der politischen und administrativen Bedingungen für die Erhaltung und Förderung der überregionalen Wanderwege voranzutreiben.

 

Offensichtlich reagieren sie aber auch auf das speziell in Spanien besonders prekäre Problem, daß die Isolierung und Entvölkerung großer ländlicher Räume dringend auf die Förderung des Tourismus auch in Form einer Intensivierung der Wanderbewegung auf lokaler Ebene angewiesen ist, eben dieses aber ohne die entsprechenden notwendigen Verhaltensnormen einer angemessenen Umweltbegegnung sehr schnell zur Zerstörung eben derjenigen Werte führt, die den Tourismus anreizen und die Infrastruktur fördern sollen. Wandern ist nicht längst nicht mehr die individuelle Form der Selbstfindung oder Selbstverwirklichung, sondern umworbene Form der Freizeit- und Wochenendveranstaltung Vieler. Der Wandersport ist „bevorzugte Zerstreuung von Millionen von Menschen“. Senderismo als Infrastrukturmaßnahme2.

 

Sie regen an, den Wandersport als Mittel der grenzüberschreitenden Völkerverständigung zu nutzen: „Europa ohne Grenzen“ [8 (2004)], „Der europäische Wandersport bewegt sich“ [16 (2005)]

 

Mit solchen Zwecksetzungen kommen die Herausgeber ohne Zweifel den Interessen vieler Menschen entgegen. Wie es scheint, ist die von ihnen gewählte moderne Form dafür besonders zweckmäßig.

 

Insgesamt komme ich zu einer durchaus positiven Einschätzung:

 

Die Zeitschrift ist mit ihrem komprimierten einmaligen Informationsangebot für jeden – allerdings wohl nur für den spanischsprechenden – Interessenten an den unendlich vielfältigen und äußerst interessanten Wandermöglichkeiten auf der Iberischen Halbinsel und den zugehörigen Inseln ein nicht zu überbietendes Kompendium und Hilfsmittel.

 

Für Wandervereine und -Verbände in anderen Ländern (z.B. auch für das Netzwerk Weitwandern) ist die Zeitschrift ein wichtiger und ernst zu nehmender Kommunikationspartner für alle kulturellen, ökologischen und politischen Fragen im Grenzgebiet von Wandern, Tourismus, Förderung von ländlicher Infrastruktur und Umweltschutz, aber auch von Wander- und Umwelterziehung, Freizeitgestaltung und ehrenamtlichem Engagement.

 

1 „Von Anfang an ist es eines der Ziele der Zeitschrift Caminar, auf ihren Seiten eine gleichbleibende Informationsarbeit für unsere Leser zu leisten. ... Indem wir der Tatsache Rechnung tragen, daß jede Art von Publikum in jedem Alter und mit jeder körperlichen Kondition den Wandersport betreibt, kann jeder wählen, was seinen Fähigkeiten und Wünschen am meisten entspricht. Der Weg kann und soll ein Erziehungsmittel und das vielfältige Herbergsnetz dafür eine kulturelle Grundlage mit bemerkenswerten Themen sein. Nicht zum ersten Mal betonen wir das Wesen dieser Tätigkeit, die mehr befriedigt als irgendein anderer Sport. Wie eine Schule der Freiheit, für den Körper und den Geist, dient der Weg als solcher dazu, die Kenntnis seiner Umgebung zu verbessern: Die bloße Tatsache des engen Sich-Bekanntmachens mit dem Gelände bewirkt den Erwerb von Nähe und Intuition, Kenntnis und Sicherheit, etwas, was sonst nur die professionellen Führer oder die Gelehrten der besuchten Gegend besitzen. Auf jeden Fall besitzt jeder Weg seinen eigenen pädagogischen Wert.“

 

2 „Die ländliche Umwelt wandelt sich zunehmend in einen Erholungsraum mit allen Vorteilen und Unannehmlichkeiten, die das mit sich bringt. Der Austausch der traditionellen Produktionsformen durch andere neue, der Verlust spezifischer kultureller Eigenheiten, die Übervölkerung und der Verlust von Umweltqualität empfindlicher oder sensibler Räume und die Zunahme der Konflikte mit der Bevölkerung sind nur einige dieser Nachteile. Zu den Vorteilen gehört der Beitrag zur Entwicklung des ländlichen Raumes, die Förderung der Dienstleistungen und des Konsums lokaler Produkte. Tatsächlich bedeuten diese Vorteile einen Ansporn und eine „neue Hoffnung“ für Gebiete mit schweren Bevölkerungskrisen. Dieser Prozeß kann Modernisierungsbewegungen stimulieren, dies aber immer im Rahmen einer konsequenten Strategie, die das Gebiet ordnet und die Wiederherstellung und Bewahrung seiner ererbten Ressourcen und sozialkulturellen Werte verstärkt. In diesem Kontext erscheint der Wandersport als eine der wichtigsten Aktivitäten mit großen Rückwirkungen auf die ländliche Umgebung.“ [4 (2004)]

 

 

Buchsprechung über den "Rheinsteig" siehe auch Seite

"Wanderberichte - Deutschland"

 

Wandern „auf hohem Niveau“ –

Erfahrungen vom neuen Rheinsteig

 

Von Lutz Heidemann

 

 

Hennig, Christoph:

Cinque Terre / Ligurische Küste

Die Riviera von Genua bis La Spezia

 

Oase Verlag: Badenweiler 2003

ISBN 3-88922-062-2

 

Buchbesprechung von Frank Rainer Scheck

 

Gelegentlich erscheinen auch außerhalb der bekannten Bergverlage Bücher, die für den Weitwanderer interessant sind (aber übersehen werden). Dies ist eines davon. Der Autor, Christoph Hennig, bietet mehr als einen konventionellen Reiseführer zur ligurischen Küste (Riviera di Levante) und zum schönen Weinbauerngebiet der Cinque Terre ganz im Süden Liguriens – auf den Seiten 283-309 bzw. 94-97 unterbreitet er uns den Vorschlag zu einer Streckenwanderung von Nervi (an den Südwesttoren Genuas) nach Portovenere (nahe der Hafenstadt La Spezia).

 

Die skizzierte Route, von Hennig etwas vollmundig als »große Tour« bezeichnet, hält sich – und das ist eine Überraschung – fast immer in Küstennähe. Während die Alta Via der Ligurischen Berge von der Höhe Genuas bis zur Höhe La Spezias 20 Tagesetappen benötigt, kommt Hennigs meernahe Streckenführung mit nur 9 Etappen aus. Wer die verbaute ligurische Küste mit ihren überlasteten Straßen kennt, mag dem Projekt, küstennah zu wandern, zunächst skeptisch gegenüberstehen. Doch ist es Hennig offenbar gelungen, eine Route zu enntwickeln, die weithin auf alten Maultierpfaden und bäuerlichen Nutzwegen verläuft und somit den Prinzipien eines sanften Tourismus genügt. In den zersiedelten Küstenorten wird zwar genächtigt (das üppige Angebot an Unterkünften lädt dazu ein), des Morgens aber verflüchtige sich, so verspricht es uns der Autor, schon nach einer Viertelstunde Marsch durch Neubauviertel der Straßenlärm, und man gelange in einsames Terrain, wie man es in unmittelbaren Rückraum der Küste kaum erwarten würde. Des Abends dann nochmals 15 Minuten Trottoir – und man tauche aus der ländlichen Idylle wieder ein in den schnellen Rhythmus des ligurischen Tourismus. Nur einmal, zwischen Chiavari und Lavagna, geht man, Hennigs Angaben zufolge, über 2 km durch reizlose Stadtrandgebiete.

 

Der Autor weiß auch sonst Appetit auf die etwa 130 km lange Riviera-Route zu machen, so wenn er schreibt: »Auf der ganzen Wanderunng hat man fast immer das Meer vor Augen: mal von Nahem, öfter aber von der Höhe der Hügel und Berge. Unglaublich weite Blicke, nach Süden hintereinanderliegende, sich zum Wasser senkende Bergketten, nach Norden der bis ins Frühjahr schneebedeckte Bogen der Alpen und des Appenins. Je weiter man nach Südosten kommt, desto steiler und dramatischer fällt das Land zum Meer ab, bis hin zu den großen Felsabstürzen ganz am Schluß vor Portovenere.«

 

Die Tagesetappen sind mit 3:30 bis 6:30 Stunden Gehzeit eher moderat bemessen, desgleichen die Höhenunterschiede – ein Aufstieg von 900 m ist die größte Herausforderung. Hennig warnt davor, die Strecke im Hochsommer (Juli bis September) zu gehen: nicht nur wegen der Hitze, sondern auch wegen der Dunstschleier, die dann die Weitsicht einschränken. Am besten, man bricht im Frühjahr oder Herbst auf, aber auch der Winter kommt für die Tour in Frage, da die Durchschnittstagestemperaturen dann immer noch bei angenehmen 8 – 12 Grad Celsius liegen. Ist eine kleine Zeitreserve eingeplant, könnte man an Regentagen z.B. ins kunsthistorisch unterschätzte Genua fahren (entlang der Küste Eisenbahnverbindungen in dichtem Takt) oder über La Spezia nach Pisa und Lucca; das wären dann wahrlich keine ‚verlorenen‘ Tage.

 

Hennigs Etappengliederung:

1. Etappe: von Nervi, einem Küstenort südwestlich von Genua, 

                nach Camogli (6:30 Std.)

2. Etappe von Camogli nach Rapallo (5 Std.)

3. Etappe: von Rapallo nach Chiavari (5:30 Std.)

4. Etappe: von Chiavari nach Sestri Levante (4:30 Std.)

5. Etappe: von Sestri Levante nach Moneglia (4:30 Std.)

6. Etappe: von Moneglia nach Bonassola (5 Std

7. Etappe: von Bonassola nach Monterosso (3:30 Std.); 

                hier erreicht man die Cinque Terre

8. Etappe: von Monterosso nach Riomaggiore (4:30 Std.)

9. Etappe: von Riomaggiore nach Portovenere (4:30 Std.)

 

Die Tourenbeschreibungen sind – ich urteile nach den beiden letzten Etappen in den Cinque Terre, die ich gegangen bin – durchweg präzise. Der Autor, der als Schriftsteller und Reiseleiter jahreszeitlich in dem Cinque-Terre-Örtchen Corniglia lebt, kennt sich bestens aus.

 

Übrigens stellt Hennig neben der „großen Tour“ in seinem lebendig und intelligent, manchmal vielleicht etwas salopp geschriebenen Buch auch zahlreiche Tageswanderungen vor. Sie führen über die steilen Hänge der Cinque Terre mit ihren faszinierenden Dörfern – am schönsten wohl Vernazza und Riomaggiore – und durch das Naturschutzgebiet am Kap von Portofino, wo der Weiler San Fruttuoso längst kein Geheimtip mehr ist.

Alle Routenbeschreibungen werden ergänzt durch Hinweise auf Sehenswürdigkeiten und auf Einkehr- wie Verpflegungsmöglichkeiten unterwegs (der Autor erweist sich dabei als genußbereiter Schlemmer), auf Unterkünfte und geeignetes Kartenmaterial. Die ‚handgemachten‘ Skizzen, mit denen der Verlag das Buch ausgestattet hat, sind zur ersten Orientierung durchaus hilfreich, ersetzen aber nicht die Landkarten, z.B. die des Studio F.M.B. Bologna.

 

Alles in allem eine erfreuliche Publikation mit einer Weitwanderroute, die zu erproben sich lohnen dürfte.

 

Erschienen in "Mitteilungsblatt" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 11 - August 2003

 

 

Neue deutsche Wanderführer für England

 

Von Walter Brückner

 

Für Deutsche war Wandern in Großbritannien lange Zeit nur etwas für Eingeweihte. Dafür gab es viele Gründe. Ein wichtiger Grund war, dass es keine deutschsprachigen Führer gab. Der Conrad Stein Verlag, In der Mühle, 25821 Struckum, hat sich in seiner Reihe: „Der Weg ist das Ziel“ nun dankenswerter Weise daran gemacht, hier langsam Abhilfe zu schaffen. In Großbritannien waren viele Dinge schon immer etwas anders als auf dem „Kontinent“. Das gilt auch für die Bedingungen beim Wandern. Für Unkundige ist es deshalb angeraten, mit einem offiziellen Langstreckenwanderweg zu beginnen. Hier sind es nun vier, die es anzuzeigen gilt:

 

•  Ueli Hintermeister, „England: Pennine Way“,

   Outdoor Handbuch Band 64 ISBN 3-89392-164-8 12,90 Euro

 

•  Ingrid Retterath, „Wales: Offa`s Dyke Path“ ,

   Outdoor Handbuch Band 98 ISBN 3-89392-198-2 9,90 Euro

 

•  Hartmut Engel,“Schottland: West Highland Way

   Outdoor Handbuch Band 26 ISBN 3-89392-626-7 12.90 Euro

 

•  Ulrike Katrin Peters/Karsten Thilo Raab, „England: Cleveland Way

   Outdoor Handbuch Band 150 ISBN 3-89392-550-3 9.90 Euro

 

Der Pennine Way ist etwas Besonderes und das nicht nur weil er über 400 km lang ist und der erste offizielle Langstreckenwanderweg Großbritanniens war. Er läuft weitgehend auf den Höhen der Pennines, dem Rückgrat von England, und zwar vom Peak District bis knapp über die schottische Grenze. Eigentlich enden die letzten Ausläufer der Pennines am Hadrianswall, aber man hat die Strecke zu und über die Cheviots, den Grenzbergen zwischen England und Schottland, weitergeführt. Seine Moor- und Heidegebiete - absolut trostlos bei Regen - haben ihren eigenen Reiz, und eine ganze Reihe von Höhepunkten hat die Strecke auch aufzuweisen. Obwohl es inzwischen längere und weit anstrengendere Weitwanderwege gibt, wird der Pennine Way immer noch als der Prüfstein, die Bewährungsprobe für körperliches und seelisches Durchhaltevermögen angesehen.

 

Der vorliegende Führer beschreibt nicht nur die Streckenführung genau, er gibt auch ausgezeichnete Informationen zu Flora, Fauna, Landschaft und Geschichte des jeweiligen Streckenabschnittes. Besonders wertvoll sind die Angaben zu Übernachtungs- und Einkaufsmöglichkeiten usw. Sie ermöglichen es, die Strecke gegebenenfalls nach den eigenen Bedürfnissen einzuteilen. Erfreulicherweise gibt es viele Jugendherbergen an der Strecke. Bei den hohen Preisen der Privatquartiere sind günstige Übernachtungsmöglichkeiten hoch willkommen. Wer die Strecke bis Byrness geschafft hat, dürfte dann so fit sein, dass er ruhig versuchen kann, die letzten 42 km nach Kirk Yetholm durchzulaufen, wie es viele machen. Das ist dann der krönende Abschluss. Man sollte ausreichend Zeit einplanen, auch den einen oder anderen Regen- oder Ruhetag. Nichts ist schlimmer, als zwei oder drei Tage vor Ende der Strecke abbrechen zu müssen, weil der Urlaub abgelaufen ist. Ein Zelt macht unabhängig, zumal ein Quartier nicht immer garantiert ist.

 

Der Offa`s Dyke Path ist ein themenorientierter Weg, das heißt, er folgt den Resten dieser ehemaligen Grenzbefestigung. Er ist kürzer als der Pennine Way, weniger beschwerlich und führt weit häufiger durch Farmland. Dafür wird dann kulturell mehr geboten. Auch dieser Führer beschreibt den Wegverlauf genau (wegen der starken landwirtschaftlichen Nutzung besonders wichtig ) und gibt wertvolle Informationen zu Landschaft, Geschichte usw. Je mehr man über eine Gegend weiß, um so interessanter wird die Wanderung. Man läuft einfach mit offeneren Augen durchs Land.

 

Der West Highland Way ist eigentlich zu kurz für eine eigenständige Wanderung, selbst wenn man den einen oder anderen Regentag berücksichtigt. Dem Autor des Führers ist das auch bewusst, denn er schlägt selbst Alternativstrecken bzw. zusätzliche Bergbesteigungen vor. Man muss sich auch klar machen, dass der Weg nur durch Täler oder über Pässe führt. Wer mehr will, muss das selbst planen. Naheliegend wäre nicht nur eine Besteigung des Ben Nevis, sondern eine Fortsetzung entlang der anschließenden Kette bis zum Loch Treig, mit Rückkehr auf der Kette der Mamores am Südrand des Glen Nevis oder durch das Glen Nevis weiter zuwandern Richtung Ostküste. Der Führer beschreibt die Wegführung minutiös und gibt hilfreiche und wertvolle Hinweise.

 

Der Cleveland Way war nach dem Pennine Way der zweite offizielle Langstreckenwanderweg Großbritanniens. Mit rund 175 km Länge ist er eher kurz, bietet dafür aber eine ganze Menge: die Heidelandschaften des „North Yorkshire Moors“-Nationalparks, in den letzten Jahrhunderten vom inzwischen stillgelegten Bergbau beherrscht, Kloster- und Abteiruinen, dann die Strecke entlang der Ostküste mit seinen malerischen Fischerdörfern und deren aufregender Geschichte. Die „Moors“ waren schon immer ein beliebtes Wander- und Ausflugsgebiet und sind von zahlreichen weiteren Wanderwegen durchzogen. So laufen streckenweise der etwa 65 km lange Lyke Wake Walk und Wainwright`s „Coast to Coast Path“ parallel, deren Endpunkte in Ravenscar bzw. Robin Hood`s Bay vom Cleveland Way wieder berührt werden. Die Küste ist eine „Bröckelküste“ und muss deshalb mit Vorsicht behandelt werden. Ganze Dörfer sind in der Vergangenheit schon vom Meer verschlungen worden.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 18 - Dezember 2005

 

 

Auf Österreichs Großen Wegen – Die neuen Wanderführer

der Sektion "Weitwanderer" des ÖAV

 

Von P. Heinz Schulte SJ, München

 

Nach dem erstaunlichen Erfolg des ersten alpinen Weitwanderweges in Österreich, des "Nordsüdweitwanderweges" vom Nebelstein an der tschechischen nach Eibiswald an der slowenischen Grenze, dessen Idee von dem Bildhauer Carl Hermann stammt und der 1970 eröffnet wurde, hatte der ÖAV durch Ministerialrat Dr. R. Wurst einen Generalplan für zehn solcher Weitwanderwege durch Österreich erstellen lassen. Vier große Ost-Westwege, vier Nord-Südwege, ein Wegestern zum Wallfahrtsort Mariazell und ein Weg an der Ostgrenze Österreichs, die – außer dem 07 – alle zum größeren oder kleineren Teil auch durch alpines und hochalpines Gelände führen, wurden in den folgenden Jahren verwirklicht, markiert, mit Wegetafeln versehen und die Führer dazu wurden im Verlag Styria/Graz veröffentlicht.

 

Wie zu erwarten war, wurden diese Wege unterschiedlich "angenommen". Der Führer zum klassischen Nordsüdweitwanderweg, der heute die Nummer "05" trägt, beispielsweise, hat bereits die 5. Auflage, der zum Zentralalpenweg 02 und der zu den sechs Mariazeller Wallfahrtswegen, deren vier. Andere – ebenfalls hervorragend schöne Weitwanderwege (ich bin sie alle, teils mehrfach, ganz gegangen) -sind von den Weitwanderern weniger angenommen worden. Ich habe denn auch bei meinen Begehungen des 08 und des 09 in den Hüttenbüchern der Alpenvereinshütten nur sehr wenige Eintragungen von Begehern dieser Wege angetroffen. Eintragungen von Weitwanderern fanden sich stets dann, wenn die Hütte am Kreuzungspunkt von 08 und 09 mit dem Zentralalpenweg oder dem Nordalpenweg lagen.

 

Der Verlag Styria hat deshalb einige Führer aus dem Programm genommen, Restexemplare an die Sektion Weitwanderer des ÖAV zum Verkauf gegeben und führt nur noch die Führer zu 01, (02?), 05 und 06 im Verlagsprogramm. Die Sektion Weitwanderer hat deshalb 2003 auch damit begonnen, Neubearbeitungen der bei Styria auslaufenden Führer zu erstellen, im Eigenverlag zu drucken und selbst zu vertreiben. Zur Zeit sind also im Fachhandel erhältlich die Styriaführer zu 01 und 05, wohl bisweilen auch noch 02; über die Sektion Weitwanderer (Thaliastr. 159/16, A-1160 Wien), die neuen Führer zu 03, 08, 09 und 10 sowie zu einem Sonderpreis Restexemplare von 02, 04 und 07; über den Fachhandel und über die Sektion Weitwanderer der Führer zum Mariazeller Wegestern 06. Diese Umstellung scheint noch nicht völlig zum Abschluss gekommen zu sein. Deshalb ist es nützlich, sich auf jeden Fall im Internet unter www.alpenverein.at/Sektionen/Weitwanderer über den jeweils aktuellen Stand zu informieren.

 

Die neuen Führer zu 03, 08, 09 und 10 möchte ich hier vorstellen. Sie sind sämtliche vom Ehepaar Fritz und Erika Käfer/Wien unter Mitarbeit verschiedener Freunde aus der Sektion Weitwanderer verfasst. Fritz Käfer ist der Vorsitzende der Sektion Weitwanderer des ÖAV. Natürlich basieren diese Führer, wie im Vorwort offen gesagt wird, zunächst einmal auf den Vorgängerauflagen dieser Führer. Einige der Verfasser dieser Vorgängerauflagen haben auch an der neuen mitgearbeitet. Diese Führer sind aber weitgehend eine neue Arbeit, eine bewundernswerte Arbeit.

 

Zunächst zum Äußeren.

 

Die bisherigen Styria-Weitwanderführer haben das Maß 16,5 x 11,5 cm. Sie sind damit "anoraktaschengerecher" als manche andere Weitwanderführer. Auch in meine Anoraktasche passen sie, nicht aber in die Schenkeltaschen meiner Berghosen. Die neuen Führer sind schmaler und damit höher: 20,5 x 10 cm. Sie passen jetzt auch in meine Schenkeltaschen – und wie oft geht man auf Weitwanderwegen, besonders auf alpinen, schwitzend im kurzärmeligen Hemd und der Anorak steckt im Rucksack! Der etwas höhere Führer schaut zwar oben knapp aus der Schenkeltasche heraus. Das ist für mich aber unerheblich. Ich habe jedenfalls so den Führer (wie die Landkarte) unterwegs mit einem Griff in der Hand. Die Führer enthalten keine teuren, bunten Landschaftsfotos mehr wie manche Styriaführer, sondern zwei Typen von Grafiken: Höhendiagramme und Kartenausschnitte 1:200 000, in denen der Weg eingezeichnet ist. Die Höhendiagramme sind ganz ausgezeichnet, übersichtlicher als die bisherigen. Die Kartenausschnitte sind für mich der einzige Kritikpunkt an den jetzigen Führern. Einerseits finde ich es vernünftig, eine Druckweise zu verwenden, die preiswert bleibt. Die neuen Führer sind überhaupt erstaunlich preiswert. Andererseits ist die Reproduktion von manchen dieser Kartenausschnitte wenig deutlich. Sie sollen ja nicht die mitzuführende Landkarte 1:50 000 ersetzen, sondern helfen, auf dieser den Weg genau zu finden. Manche dieser Repros sind aber undeutlich. Ich frage mich, ob bei einer neuen Auflage nicht, wie in den früheren, Federzeichnungen drucktechnisch passender wären.

 

Zum Text

 

Die Einleitung bietet in allen vier Bändchen Hinweise zum Charakter und der Markierung des betr. Weges, zur Vorbereitung und knapp zur Ausrüstung und dem nötigen Kartenmaterial, zu den österr. Schwierigkeitsgraden von Weitwanderwegen und den Bedingungen zum Erwerb der Weitwander-Leistungsabzeichen. In den Führern zum Eisenwurzenweg und zum Rupertiweg findet sich der überarbeitete Text der guten Naturkundlichen Einführung von Karl Mor aus der Styria-Auflage. Höchst lobenswert ist, dass alle vier neuen Führer am Ende jetzt einen alphabetischen Ortsindex haben, der es bedeutend erleichtert, sich geografisch zu orientieren.

 

Der Text der Beschreibung der Einzeletappen kann einem wirklich Freude machen. Zunächst zu seiner neuen Form: Es werden zwei Drucktypen verwendet: Die detaillierte, auf den gegenwärtigen Stand gebrachte, weithin auch sprachlich umformulierte, ausgezeichnete Beschreibung der Wegführung selbst ist in der geradestehenden "Antiqua" gesetzt, alle Zusatzbemerkungen kursiv, z.B. Allgemeine Einführungen in eine Etappe, Kulturelles, Hinweise auf kreuzende andere Weitwanderwege, Informationen zu einem evtl. Abbruch oder einer Zufahrt, zu Übernachtungsmöglichkeiten mit Telefonnummer zur Voranmeldung, zum Kartenmaterial, und zu möglichen, zusätzlichen Besichtigungen oder touristischen Abstechern. Die Öffnung der Grenzen hat vor allem für den Südalpenweg 03 eine Fülle von Neuem gebracht, das nun möglich geworden ist, das Carnia-Trecking, den Karnischen Höhenweg, Gipfel und Klettersteige. Besonders gefallen hat mir, dass alle vier Führer jetzt nicht nur die Gesamt-Kilometer und die Gesamt-Gehzeit eines Tages angeben, sondern in der Überschrift jedes Tages viel detaillierter als die früheren Auflagen, Höhenmeter, Kilometer und Zeiten der "Einzelstücke" eines Wandertags und am Ende die Gesamtzahl nennen. Varianten werden genannt (z.B. im 10er, die A-Variante im Innviertel), auch hinzugefügt, wie die gerade genannten neuen Möglichkeiten im karnischen Hauptkamm am 03er, aber teils, wohl der bisherigen Erfahrung folgend, auch stillschweigend gestrichen, z.B. die "Hochalpine Variante" des alten Führers zum Sonnblick, der Hochalmspitze, dem Hannoverhaus auf dem 10er oder die mögliche Wegführung übers Tote Gebirge auf dem 09er, u.s.w. Einige kreuzende, sehr interessante, große Weitwanderwege werden nicht genannt, so, wenn ich recht gesehen habe, der mit dem 03 und der via alpina lange parallel laufende Kärntner Grenzweg, der nicht nur den 02, sondern auch den 09 berührende Steyrische Landesrundwanderweg, im Innviertel (10) die, wie schon ihr Name sagt, neue "via nova" und die mehrrfach mit verschiedenen Ästen diese vier österr. Weitwanderwege berührende Via alpina. Kleinigkeiten kann man übersehen, so z.B. der Hinweis auf die nach Regenfälle früher tatsächlich gefährliche Bachüberschreitung westlich unter der Gstemmerscharte (09, S. 47): dort ist unterdessen etwas oberhalb gerade deswegen eine Brücke gebaut worden.

 

Man kann dem Autorenehepaar zu diesen ausgezeichneten, neuen Führern nur gratulieren. Sie gehören zu den besten Führern für alpine Weitwanderwege, die es zur Zeit gibt und sind Vorbild für andere Führerautoren.

 

Die neuen Führer der österreichischen WW-Wege:

 

•  Fritz und Erika Käfer, sowie G. Eigenthaler unter Mitarbeit von Franz Jesse: Österreichischer Weitwanderweg 03 (Südalpenweg) vom oststeirischen Weinland über Karawanken und karnische Alpen zu den Dolomiten. Im Eigenverlag der ÖAV, Sekt. Weitwanderer, 2. Auflage 2005, 125 S., 5.40 € + Porto

 

•  Fritz und Erika Käfer unter Mitarbeit von H. Baumgartner, G. Eigenthalter, Franz Jesse, K. Mor und K. Reitner: Österreichischer Weitwanderweg 08 (Eisenwurzenweg) vom nördlichsten zum südlichsten Punkt Österreichs. Im Eigenverlag der ÖAV, Sekt. Weitwanderer, 2. Auflage 2005,79 S., 4,40 € + Porto

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 18 - Dezember 2005

 

 

Buchbesprechung und Wanderbericht zum Rothaarsteig

 

von Frank Rainer Scheck

 

ErlebnisWanderführer Rothaarsteig

Hg. vom Rothaarsteigverein e. V. Schmallenberg 2003

(1. Auflage Mai; 2. Auflage Nov.) 144 Seiten, Spiralheftung, ISBN 3-9807754-7-x

 

Muß man sich das mitteleuropäische Weitwandern der Zukunft wie folgt vorstellen? Eine Region – hier die Landstriche um den Rothaarkamm – will seine Vermarktung ausbauen; die ökonomischen Interessenten, primär: die Gastronomie, gründen vermittels der bestehenden Touristikzentren einen Dachverein (hier: Rothaarsteigverein); dieser Verein läßt einen durchgehenden Wanderweg auf dem Kamm markieren, der, je nach Leistungsfähigkeit des Weitwanderers, in 6, 8 oder 12 Tagen zu bewältigen ist, und entwirft, um die Basis der ökonomisch interessierten Einzahler zu verbreitern, 84 (!) Zugangswege von den Dörfern oder Städtchen westlich und östlich des Rothaargebirges hinauf zur Kammtrasse. So jedenfalls hat es der Rothaarsteigverein vorgemacht – ein Beispiel, dem andere Regionen, von der Sächsischen Schweiz bis in den Teutoburger Wald, peu à peu folgen könnten.

 

Denn das clevere Rothaarsteig-Konzept ist vom Publikum ‚angenommen’ worden, bezeugt allein durch den Umstand, daß binnen eines halben Jahres eine Nachauflage des wegbegleitenden „ErlebnisWanderführers“ erscheinen konnte. Ihre pekuniären Möglichkeiten erlauben einer geschäftlich wohlgrundierten Initiative eben – und deshalb wohl die breite Akzeptanz - eine ganz andere Ausstattung und publizistische Förderung des Wegs als z.B. dem Sauerländischen Gebirgs-Verein, der seine Freiwilligen auf good-will-Basis in die Wälder schickt und penibel abrechnet über jeden verbrauchten Farbeimer. Wo der SGV mit seinen X 6- oder X 13-Markierungen auf Baumstämmen ‚kleckern‘ muß, kann der Rothaarsteigverein mit seinem Signalement ‚klotzen‘, dazu Wegweiser mit exakten Kilometerangaben errichten, Signalpfosten in offenem Gelände einrammen, die Wirtsbetriebe am Weg auf Gastfreundschaft für den Wanderer verpflichten, einen hochklassigen Wanderführer produzieren (s.u.), für entsprechende Werbung in Regionalzeitungen sorgen, etc. pp.

 

Dabei ist das Konzept des Rothaarsteigvereins keineswegs besonders originell. Schon der „Sauerland-Höhenring“, der (Stuttgart 1981) von Wilfried Schmidt in einem „Kompass Wanderführer“ des Deutschen Wanderverlags vorgestellt wurde, entwarf eine Linie, die über mehrere Etappen zwischen dem Rhein-Weser-Turm und Brilon der des jetzigen Rothaarsteig ähnelt. Aber der Rundweg von ehedem war eine gedachte Route („Der Sauerlandhöhenring hat kein eigenes Wegzeichen“- Wilfried Schmidt), es fehlte ihm der finanzielle Vortrieb. Dagegen umranken die kommerziellen Interessen der Rothaarsteig-Wegbetreiber bereits den Namen des Unternehmens: „Das Rothaarsteig-Logo ist ein geschütztes Markenzeichen“, heißt es im Wanderführer. Das erscheint nur folgerichtig, trägt die Bezeichnung selbst doch alle Geburtsmale der Werbebranche. Wo wäre denn auf der ganzen Strecke auch nur die Andeutung eines schmalen, steilen Gebirgspfads zu finden? Vielmehr geht man durchweg auf Forst- oder Wiesenwegen, im Bereich der Ortschaften (z.B. Brilon, Winterberg, Dillenburg – hier eine unschöne Stadtrandstrecke) unweigerlich auch auf Asphalt. Pfadpassagen sind selten und niemals solcher Art, daß man von einem Steig sprechen könnte; schon gar nicht läßt die 154 km lange Trasse sich als Ganzes so bezeichnen. Aber den Verantwortlichen ging und geht es bei ihrer nomenklatorischen Fiktion natürlich nicht um sachgerechte Benennung, sondern um eine griffige Reklamefloskel, die Kernerlebnisse des anspruchsvollen Bergwanderns suggestiv in die Rothaar-Hügellandschaft transponieren soll. Werbestategisch noch ungenierter kommt der schnulzige Beititel „Weg der Sinne“ daher, mit dem man den Rothaarsteig garniert hat. Er wird ergänzt durch wiederkehrende Worthülsen wie der von den „schwingenden Landschaften“ des Rothaargebirges. Natürlich ist ein stromlinienförmiges Projekt wie der Rothaarsteig auf Weitervermarktung zugeschnitten. So offeriert der Trägerverein uns einen „Rothaarsteig-Rucksack“ und ein „Rothaarsteig-Sitzkissen“, und während Outdoor-Spezialisten wie Fjäll Räven, Jack Wolfskin und VAUDE mit einschlägigen Angeboten begehrlich den Spuren der Rothaarsteiger folgen, bietet der Erdenklang Musikverlag eine CD mit „Klangcollagen vom Weg der Sinne“ an. Ebensowenig mangelt es an Poster- und Postkartenangeboten.

 

Auch wer einerseits - gewiß nicht nur aus unverbesserlichem Individualismus heraus - eine Kommerzialisierung des Weitwanderns ablehnt, kommt andererseits nicht umhin, die Annehmlichkeiten tourismusorganisatorischer Professionalität zu würdigen. Sie äußern sich etwa darin, daß auf dem Rothaarsteig des Jahres 2003 kein halbwegs gescheiter Wanderer angesichts dichter, zuweilen fast kleinlicher Wegmarkierung fehlgehen kann (während die Signale der wegidentischen lokalen Wanderwege oder regionalen Weitwege teils verblaßt, teils durch Holzschlag beseitigt sind und man sehr viel mehr Mühe hätte, mit ihnen auf der richtigen Spur zu bleiben). Übrigens ist der Rothaarsteig im Süden in noch engerem Takt, gelegentlich auch mit Metallschildchen, bezeichnet als in seinem Nordabschnitt. Ob aufgemalt oder aufgeschraubt - jeweils zieht sich im Zentrum eines rotgrundigen (bei den Zugangswegen: gelbgrundigen) Quadratfelds über einer weißen, leicht aufgewölbten Grundlinie eine rechts-aufwärts gestreckte Wellenlinie hin, so daß im Ganzen ein schmales, liegendes R als Logo lesbar wird.

 

Erschienen in "Mitteilungsblatt" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 13 - April 2004

 

 

Wandern auf dem GR 7 in Spanien

 

von Bettina Balluff

 

Da es heutzutage mit „Billigfliegern“ wie Hapag Lloyd Express, Germanwings oder Ryanair kein Problem mehr ist auch sehr günstig und jederzeit in den Norden Spaniens (Barcelona, Bilbao), in den Südosten (Valencia, Alicante) oder ins Landesinnere zu kommen (Madrid)- warum sollte man da nicht einmal in Spanien wandern gehen?

 

Senderos de Gran Recorrido – Communidad Valenciana“ heißt ein Wanderführer, der den Verlauf des GR 7 durch die Communidad Valenciana beschreibt. Er wurde vom Autor Esteban Cuéllar Pardo für Personen verfasst, die „die Communidad Valenciana zu Fuß kennen lernen wollen“. Durch sehr genaue Beschreibung der Strecke, Farbfotos, Höhenmeterdiagramme und Karten im Anhang trägt dieser Wanderführer zum Gelingen der Wanderung bei. Die Strecke des GR 7 durch die Communidad Valenciana von Pinoso nach Fredes ist in Etappen zwischen 6,75 und 29,48 km unterteilt (die meisten Etappenlängen betragen allerdings 13 bis 18 km). Wie man an der Angabe oben erkennen kann, sind sowohl die Streckenlängen als auch die Zeiten sehr genau angeführt. Jede Etappe ist jeweils extra in beide Richtungen beschrieben, so dass man ohne Probleme und ohne sich damit abzumühen, den Text der Wegbeschreibung rückwärts lesen zu müssen, von Norden nach Süden oder umgekehrt wandern kann. Die Etappen beginnen und enden jeweils in einer Ortschaft. Im Anhang sind unter Alojamientos zu fast jeder dieser Ortschaften die Telefonnummern von meist mehreren Übernachtungsmöglichkeiten angegeben, wobei in Hotel, Hostal, Refugio, Pension usw. unterschieden wird (um von Deutschland aus zu reservieren muss man 0034 vorwählen). Zusätzlich dazu wird in einem kleinen Einführungstext zu Beginn jeder Etappe auf Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten der Ortschaft hingewiesen sowie auf die geschichtliche Entwicklung der Gegend eingegangen. Es kann stellenweise allerdings etwas schwierig werden, ohne Spanischkenntnisse in den Texten jede Einzelheit zu verstehen, mit einem Wörterbuch ausgerüstet kann man allerdings die wichtigsten Schlüsselwörter nachschlagen.

 

Ein anderes Problem des Buches ist sein Gewicht. Durch die genauen Beschreibungen, angehängten Karten und Bilder wird der Wanderführer fast schon zu dick und schwer um ihn auf eine Wanderung mitzunehmen. Die Karten im Anhang, auf denen die komplette Strecke eingezeichnet ist, sind im Maßstab 1:50.000 abgebildet. Ein Diagramm, das die Höhenmeter gegen die Länge der Strecke aufträgt und auch Zeitangaben enthält, ist ebenso jeder Etappenbeschreibung beigefügt. Prinzipiell lassen sich kürzere Wegstücke auch zu Doppeletappen zusammen legen und vorausgesetzt man findet eine Möglichkeit, von einer nächst größeren Stadt wie Alicante oder Valencia einen Punkt der Wanderung zu erreichen, kann man aufgrund der beschriebenen Etappen auch unterwegs einsteigen und nur einen Teil des GR 7 durch die Communidad Valenciana erkunden. Mit einem Auto dürfte es kein Problem sein, die Ortschaften, die der GR 7 durchquert, zu erreichen, mit Bus oder Bahn wird dies schon schwieriger. Es gibt zwar oft regionale Busse, welche die Ortschaften anfahren, allerdings nicht mit sehr großer Häufigkeit.

 

Wir haben von Valencia aus einen Teilabschnitt des GR 7 getestet. Von Valencia aus erreicht man die Ortschaft El Rebollar beispielsweise mit dem Zug. (Informationen zum Fahrplan gibt es auch im Internet unter http://www.renfe.es/empresa/cercanias/). Der Weg ist auf dieser Strecke sehr gut und eindeutig markiert (auf anderen Nichtfernwanderwegen in dieser Region habe ich wesentlich schlechtere Erfahrungen gemacht). Die Landschaft wirkte auf dem von uns getesteten Wegstück eher verlassen. Zerfallene Steinhäuser, blühende Wiesen, Mandel- und Olivenbäume säumten den Weg. Den Fotos, die in diesem Reiseführer enthalten sind nach zu urteilen, durchquert man aber im Verlauf der Wanderung vom Süden in den Norden der Communidad Valenciana sowohl Felsen als auch Wald und ausgetrocknete Hochebenen.

 

Das Buch „Senderos de Gran Recorrido – Communidad Valenciana“ von Esteban Cuéllar Pardo kann meiner Meinung nach in der Durchführung und vor allem auch in der Vorbereitung einer Wanderung auf dem GR 7 durch die Communidad Valenciana zu ihrem Gelingen mit beitragen.

 

Ich habe Spanien und vor allem die Communidad Valenciana in einem halben Jahr sehr gut kennen und lieben gelernt und ich denke, man sollte Spanien und insbesondere den GR 7 durchaus einmal für einen sonnigen Wanderurlaub in Betracht ziehen - oder wie der Autor des Buches im Vorwort schreibt: „Um eine schöne Wanderung zu genießen muss man nicht in die Anden oder gar den Himalaya reisen [...]“

 

Erschienen in "Mitteilungsblatt" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 13 - April 2004

 

 

Man sieht nur, was man weiß:

Werner Bätzings GTA – Führer neu erschienen

 

Von Tilman Kleinheins

 

Endlich! Viele Wanderer haben lange auf die Neuauflage gewartet, seit einiger Zeit liegen der Nord- und der Südband der GTA – Führer beim Rotpunktverlag aus Zürich vor. Und es ist kein Zufall, daß Werner Bätzing dort erscheint. Die Lektoren des Schweizer Verlages, durch die Reihe „Naturpunkt“ den Fernwanderern seit einigen Jahren ein Begriff, gehen das Thema anders an: neben dem unerläßlichen Teil der Wegbeschreibung, der Kern jedes Führers bleibt, legen sie großen Wert darauf, daß der fremde Regionen durchschreitende Wanderer weit umfassendere Informationen erhält. Ganz im Sinne Werner Bätzings.

 

Für die GTA – Bände bedeutet das: die Ur-Strecke selbst wird in 10 Abschnitte von vier bis sieben Tagen unterteilt. Zusätzlich erlauben drei weitere Etappenbeschreibungen dem GTA – Geher verschiedene Zugänge von Norden her (z.B. vom Nufenenpass/Griespaß), die Verbindung vom Colle di Tenda nach Ventimiglia ans Mittelmeer sowie eine 16 Tage umfassende Tour auf der Ostvariante der GTA, die sich auf die Recherchen von Gerhard Fitzthum stützt. Jede der Abschnittsbeschreibungen ist versehen mit Hinweisen zu benötigtem Kartenmaterial, Unterkunftsmöglichkeiten sowie Erreichbarkeit mit dem ÖPNV. Thematisch angereichert mit Exkursen wie z.B. „Im Banne des Mon Viso“ oder „Die Walser im Piemont“, machen die Führer dem Benutzer ein sehr kompaktes Angebot.

 

Rund um diesen Buchkern sind am Anfang rund 42 Seiten der „Natur, Geschichte, Kultur und Politik“ gewidmet, am Ende jeweils etwa 25 Seiten den „Praktischen Hinweisen“, die sich im Nord- und Südband logischerweise nur unwesentlich unterscheiden. Wo sie sich unterscheiden – und das sei hervorgehoben – sind die Erläuterungen zu der Verschiedenartigkeit des vorhandenen Kartenmaterials. Warum sind die IGC – Karten stellenweise fast unbrauchbar? Wie steht es um die italienischen topographischen Karten? Was ist mit Kompaß – Karten? Und was verbirgt sich hinter dem Kürzel AsF? Alles aufs Beste aufbereitet und zutreffend.

 

Was macht die beiden Bände besonders, wo liegen Unterschiede zu den vorherigen Auflagen in Gert Tregos Verlag „Der Weitwanderer“? Augenfällig sind natürlich das vergrößerte Format, insgesamt 426 Gramm mehr Gewicht sowie großzügige Farbbebilderung auf schwerem Papier. Für Puristen und Grammjäger ein Übel. Wer allerdings Freude an schönen Büchern hat und außerdem auf Tour sowieso Lesestoff mitnimmt, ist bestens bedient. Die Wegbeschreibung an sich ist in der alten und der neuen Auflage gleich ausführlich geblieben. Direkte Textvergleiche zeigen, wie stark man als Leser vom Layout beeinflußt wird: dadurch, daß Tregos Bände als Bleiwüste daherkommen, wird ihnen automatisch ein wesentlich größeres Informationsangebot unterstellt, obwohl es gar nicht der Fall ist. Bedauerlich, jedoch zu verschmerzen: die Beschreibung des Maira – Tal – Weges findet man nicht mehr, womit der Verlag indirekt auf den sehr guten Band „Antipasti und alte Wege“ hinweist, der eben diesen Mairaweg beschreibt. Etwas bedauerlicher: es fehlt ein Orts- bzw. Stichwort – Register. Sind es Platzgründe?

 

Dieser Kleinkritik stehen allerdings Informationen gegenüber, die merken lassen, daß Werner Bätzings Führer nicht aus der Feder von solchen Autoren stammen, die lediglich zwei x zwei Wochen in der Region verbracht haben. Er schreibt in den praktischen Hinweisen nicht nur, welche die beste Wanderzeit ist, sondern ausführlich warum; nicht nur, daß man mit deutscher und englischer Sprache schlecht durchkommt, sondern, wie und wo man sich das nötige Posto Tappa – Italienisch aneignen kann; nicht nur, daß die Italiener zum späten und ausführlichen Abendessen neigen, sondern, welche Regeln üblich sind und warum es keine Speisekarten gibt. Diese und weitere - natürlich auch wandertechnische - Anregungen verdienen großes Lob.

 

Es ist zu wünschen, daß mit der Veröffentlichung der Neuauflagen die Besucherfrequenz auf der GTA erneut einen spürbaren Aufschwung erfährt. Besonders den Betreibern der Posto Tappi würde ihr Engagement noch mehr belohnt und ihre Lebensgrundlage in den an Arbeitsplätzen raren Talschaften gesichert.

 

Bätzing, Werner: Grande Traversata delle Alpi, Teil 1: Der Norden, Rotpunktverlag Zürich, 1. Auflage 2003, 181 S., 3-85869-256-5, 20,50 Euro

 

Bätzing, Werner, dito, Teil 2: Der Süden, dito, 282 S., 3-85869-257-3, 22,50 Euro

 

Erschienen in "Mitteilungsblatt" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 12 - Dezember 2003

 

 

Das besondere Buch

von Lutz Heidemann

 

Berlin - Moskau zu Fuss

 

Der Bericht von Wolfgang Büscher über seine Wanderung von Berlin nach Moskau ist kein Beitrag für unsere Sammlung von Wege-Informationen. Ein Europäischer Fernwanderweg, der in Moskau endet, wird wohl noch eine Weile auf sich warten lassen. Aber es sollte doch auf dieses Buch in unseren „Mitteilungen“ hingewiesen werden, weil es ein faszinierendes Protokoll über Gefühle beim Weitwandern ist. Die Wanderung, der kühlere Begriff „Reise“ kennzeichnet das Unternehmen noch besser, fand 2001 statt. Wolfgang Büscher ging allein. Er startete an einem stillen Sommermorgen im noch schlafenden Berlin und kam bei Anbruch der Winterkälte in Moskau an. Das ist eine sehr lange Strecke und eine lange Zeit. Büscher schildert, wie Wandern fast zu einer als Droge wird, wie sich Automatismen beim Dauerwandern einstellen. Der Bericht ist auch ein faszinierendes Beispiel, welche Anziehungskraft ein mit Mythos aufgeladenes Ziel umgibt. Der Vergleich mit den Pilgerwegen ist vielleicht unstatthaft, aber doch naheliegend.

 

Anfangs schildert Büscher Polen. Er wandert auf einer Strecke, die dem Europäischen Fernwanderweg E 11 entspricht, wo es auch. wie ich inzwischen weiß, markierte Wege gibt. Aber dazu kommen keine Bemerkungen, das ist nicht Büschers Thema. Er will Stimmungen festhalten. Polen kommt ihm wie ein einziger Baumarkt vor. „Ganz Polen möblierte, tapezierte, flieste, motorisierte sich neu“, es war auf „dem Weg nach Westen“, während Büscher nach Osten wollte. Es wird auf eindrückliche Weise an Vergangenes erinnert; es hat sehr viele Tote zwischen Berlin und Moskau gegeben.

 

Da Buch enthält reizvolle Naturschilderungen, berichtet aber auch von ganz handfesten Details: „...Eine andere Minsker Konstante war, einmal täglich eine der drei McDonalds-Filialen aufzusuchen, wegen der Toiletten. Es waren die besten der Stadt, saubere weiße Keramik, vergleichbar nur mit denen im Goethe-Institut, die sogar noch besser waren, schweres Material, verläßliche Armaturen, feste Papierhandtücher, Ich weiß nicht, was die wirksamere Botschaft war, die Bibliothek des Institutes oder seine Toilette.“ Fernwanderer werden auch seine besonderen Gefühle für seine Stiefel verstehen.

 

Das Buch enthält keine Karte, aber die aufgeführten Ortsnamen lassen die Route gut nachvollziehen. Ich hatte einen 1993 erschienen ADAC-Straßenatlas Osteuropa 1:750.000 zur Hand und stellte wieder einmal fest, wie die Schreibung der Ortsnamen changiert. Aber das ist eben auch ein Stück Erfahrung zu Osteuropa - oder präziser mit Blick auf Polen - zum östlichen Mitteleuropa.

 

Ich finde das Thema und die Resonanz auf das Buch bemerkenswert. Rußland ist plötzlich in unsere Nähe gerückt. Rußland war nicht nur das Schwerpunkt-Thema der letzten Buchmesse, nein Rußland ist vielfältig in unser Leben eingetreten. Auf den Straßen höre ich, wie Passanten sich auf Russisch unterhalten, ebenso beim Durchqueren eines Schulhofes, wo junge Burschen meinen, sie könne keiner verstehen. Wie sehr Russisch eine Verkehrssprache ist, waren meine eigenen Erfahrungen in den baltischen Staaten. Auf dieser Reise 2003 kam ich durch einen Ort, der behauptete, der geographische Mittelpunkt Europas zu sein. Das ist Auffassungssache. Solche Reisen, wie die von Büscher und die Berichte davon, sollen Ängste nehmen. Weißrußland, wo wir sofort an den „bösen“ Lukaschenko denken, kommt bei ihm ganz gut weg. Seine hier in einer Buchbesprechung vielleicht sehr verkürzte Botschaft lautet: überall treffen wir auf Menschen. Es ist ein lesenswertes Buch!

 

Büscher, Wolfgang: Berlin - Moskau zu Fuss, Rowohlt Verlag, Reinbek, 240 S. geb. 17.90 €

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 12 - Dezember 2003

 

 

Zweimal „Österreichischer Weitwanderweg 02“

 

Von P. Heinz Schulte SJ

 

Fritz und Erika Käfer, Günther Eigenthaler: Österreichischer Weitwanderweg 02 (Zentralalpenweg), Band I: Von der Ungarischen Pforte in die Niederen Tauern (Hainburg an der Donau – Tappenkarsee), © 2006. Format 10x21 cm, 108 S., plastifiziert, 30 schwarz-weiße Höhenprofile und 16 farbige Kartenausschnitte. Eigenverlag der OeAV-Sektion Weitwanderer, Thaliastraße 159/16, A-1160 Wien, Tel. und Fax 01/493 84 08, € 5,40 zuzügl. Porto, eMail: weitwanderer@sektion.alpenverein.at, www.alpenverein.at/weitwanderer

 

Fritz Peterka: Zentralalpenweg 02. Donautal – Alpenhauptkamm – Rheintal. © 2006. Format 12x 17 cm, 232 S., Broschur, 1 Übersichtkarte, 34 Wegeskizzen, 20 Höhengraphiken, 6 SW-Bilder, 2 Farbbilder, ISBN 3-900451-39-7, € 12,50. Verlag Wienerland Langenzersdorf bei Wien, eMail: a9404151@unet.univie.ac.at, www.wienerland.at

 

 

Im Heft 18 (Dezember 2005) von "Wege und Ziele" wurde auf S. 37 – 40 die von der Sektion Weitwanderer des ÖAV im Eigenverlag herausgegebene, neue Führer-Reihe zu den großen österreichischen Weitwanderwegen bereits von mir vorgestellt. Ende 2005 waren die neuen Führer zum Südalpenweg, zum Eisenwurzenweg, zum Salzsteigweg und zum Rupertiweg herausgekommen. Nun ist in dieser Reihe das erste des auf drei Bändchen angelegten neuen Führers zum Zentralalpenweg erschienen.

 

Fast gleichzeitig ist, nicht mehr im Styriaverlag, sondern im Verlag Wienerland Langenzersdorf die 5., völlig überarbeitete Neuauflage des bewährten Zentralalpenwegführers von Fritz Peterka erschienen. Es bietet sich daher an, die beiden neuen Führer gemeinsam zu besprechen und als erstes mit Respekt auf den moderaten Preis beider Führer hinzuweisen.

 

Der herrliche Zentralalpenweg wird von vielen "König der österreichischen Weitwanderwege" genannt. Er beginnt in Hainburg östlich von Wien, wo sich die Donau zwischen den letzten Bergen der Karpaten ein Tor nach Ungarn, in die pannonische Tiefebene gebrochen hat und verläuft über den ganzen Zentralalpenhauptkamm der Ostalpen bis nach Feldkirch im Vorarlberg. Wenn man die Schweizer Alpen anschließend auf dem Großen Walserweg oder der "Alpenpässe-Route" durchquert, dann entweder auf dem GR 5 oder der GTA bis oberhalb Nizza weiter wandert und schließlich auf der Alta Via dei Monti Liguri den Beginn des Apennin am Colle di Cadibona erreicht, ist so eine Gesamt-Längsüberschreitung der Alpen von den Karpaten bis zum Apennin möglich. Je nach Vorlieben kann man dabei viele Drei- und Viertausender "mitnehmen", allein auf dem Zentralalpenweg 30 Dreitausender. Man kann also gerade diesen klassischen hochalpinen Weitwanderweg mehr um des Weges willen ("der Weg ist das Ziel"), sportlich auf Tempo gehen oder man kann ihn eher mit bergsteigerischem Interesse, d.h. unter Mitnahme vieler hoher Gipfel, d.h. mit vielen, dazu nötigen Unterbrechungen oder als Fotograf oder als Botaniker oder "bloß" als Natur-Romantiker gehen. Und jeder hat damit Recht, wie er den Zentralalpenweg am liebsten geht.

 

Der neu überarbeitete Zentralalpenwegführer von Fritz Peterka, dessen letzte Auflage im Styriaverlag erschienen war, fasst den ganzen Weg mit seinen Varianten in einem handlichen Band zusammen. Für Begeher, die beruflich die Zeit und natürlich auch die Kondition haben, den Zentralalpenweg non-stop zu begehen, ist diese Zusammenfassung in einem Band sehr praktisch. Dieser Führer zeigt auch in einer ganzen Reihe von Bemerkungen, dass er die sportliche Seite des Weitwanderns besonders schätzt.

 

Die neue ÖAV-Führerreihe berücksichtigt, dass nur wenige Bergsteiger beruflich die Möglichkeit haben, den "König der Weitwanderwege" ganz, in einem Zug non-stop zu begehen. Deshalb soll der „02“ im ÖAV-Führer in drei Bändchen beschrieben werden. Der Zentralalpenweg hat ab dem Beginn der Hohen Tauern drei Äste, einen hochalpinen Hauptweg mit einer südlichen "02B"-Variante, der über die Hohen Tauern, die Zillertaler, Stubaier, Ötztaler Alpen und die Silvretta führt und eine nördliche "A-Variante" ("02A"), die die Gletscherregion nördlich umgeht und sich erst im Rhätikon wieder mit dem Hauptast vereinigt. Deshalb bietet dieser Führer im ganzen drei Bändchen an: eines, das den Ostteil des Zentralalpenwegs von Hainburg bis zum Westende der "Niederen" Tauern beschreibt, das jetzt erschienen ist, eines, das die gletscherfreie A-Variante und eines, das die beiden Äste des hochalpinen Hauptweges zum Gegenstand hat.

 

Schon dieser Ostteil des Zentralalpenwegs ist eine wahre "Delikatesse". Walt Unsworth, Chefredakteur der englischen Bergsteigerzeitschrift "Climber" hat in dem von ihm herausgegebenen Weitwander-Sammelband "Europa zu Fuß" unter den nach seiner Meinung fünfzehn schönsten Weitwanderwegen in Europa für Österreich die Durchquerung der Schladminger Tauern auf dem 02 gewählt.

 

Der 02 beginnt in Hainburg recht "eben". Natürlich wird man am Beginn dieses gewaltigen Weges den letzten Berg der Karpaten, den Hundsheimer Berg bei Hainburg besteigen (um wirklich "von den Karpaten bis zum Apennin" zu gehen). Über den Neusiedler See kommt man zum Leithagebirge, das ganz überschritten wird und einen weitem Blick über den See und die ungarische Tiefebene bietet. Über das Rosaliengebirge und die "Bucklige Welt" kommt man zum Hochwechsel und die Fischbacher Alpen. Die erste ernstere Herausforderung ist dann der "Gleinalpenmarathon", der lange, der Wind ausgesetzte Marsch, immer am Grat vom Hochangerschutzhaus zum Gleinalpenhaus. Trotz des mit AV-Schlüssel zugänglichen, von der Sektion Weitwanderer geschaffenen Biwaks halbwegs kann diese Riesen-Etappe bei ungünstigem Wetter gefährlich sein. Auch Notabstiege brauchen 3 Stunden. Es hat hier schon Tote gegeben. Der folgende Marsch durch die Seckauer, Triebener, Rottenmanner, Schladminger und Radtstädter Tauern schenkt eine Fülle von Gipfeln, landschaftliche Höhepunkte wie den Klafferkessel oder die Hochgolling-Nordwand und auch einsamste Teilstücke. Das anstrengendste Stück ist wieder eine Riesenetappe: vom Großen Bösenstein (Edelrautehütte) bis zur Plannerhütte, die man evtl. durch Übernachtung auf einer Alm (die aber nur 4 Lager hat) halbieren kann, falls man nicht (wie der Rezensent mehrfach) biwakieren will.

 

Der Ostteil des 02 endet in der Tappenkarseehütte. Von hier aus kann man (etwa am Ferienende) die Begehung leicht unterbrechen oder sich entweder nach Süden zur Osnabrücker Hütte und damit dem hochalpinen Teil des 02 oder ins Gasteiner Tal und damit dem Beginn des 02A zuwenden.

 

Der ÖAV-Führer hat die schlanke äußere Gestalt der neuen Führerreihe, die schon bei der Vorstellung der vier früheren Bändchen beschrieben wurde. Der Text ist durch vielfältige "Updates" auf dem neuesten Stand. Sehr gut, übersichtlich und klar ist in diesem Führer nicht nur der Text, sondern auch auch die Darstellung der Karten, in die der Weg eingetragen ist. So findet man ihn in den natürlich mitzuführenden Landkarten problemlos. Ausgezeichnet ist auch, dass nicht nur die Gesamtzeiten, sondern auch detailliert und übersichtlich die Zwischenzeiten angegeben werden.

 

Der Peterkaführer bietet wie der ÖAV-Führer Höhengrafiken und Streckenkärtchen, die das Auffinden des Weges auch in Karten, in denen er nicht eingetragen ist, erleichtern. Die Einleitung ist ganz überarbeitet, bietet ausführliche Literaturhinweise, höchst interessante Entfernungstabellen und Ausrüstungsratschläge, welche die moderne Alpintechnologie berücksichtigen. Da er den sportlichen Aspekt des Zentralalpenwegs betont, nennt er auch Laufschuhe. Der Text der Einzeletappen selbst ist sehr übersichtlich und man spürt überall die große persönliche Erfahrung der sechs Gesamtbegehungen des Autors durch.

 

Nach so viel Lob für beide Führer ein paar Kleinigkeiten, die mir weniger gefallen.

 

Ich halte es, auf einem Weitwanderweg unterwegs, für sehr nützlich, wenn man zu den Alpenvereinshütten im Führer genaue Informationen findet: wie groß die Hütte ist, d.h. wieviele Zimmerlager und wieviele Massenlager in Schlafsälen die Hütte hat und ob es auf der Hütte Duschen gibt. Der Weitwanderer steigt nicht auf eine Hütte, von da auf einen Gipfel und dann wieder ins Tal zu Dusche, Gasthofbetten, Geschäften. Manchmal kommt man dorthin. Aber oft ist gerade der Weitwanderer tagelang von Hütte zu Hütte unterwegs. Da sind zur Planung, wie man die Tagesetappen begrenzt, d.h. welche Hütte man zum Übernachten wählt, diese Informationen sehr nützlich. In Führern, in denen diese Informationen fehlen, trage ich sie vor Ferienbeginn immer aus dem jeweils neuesten AV-Hüttenführer von Hand ein. Der Peterkaführer nennt diese Zahlen.

 

Im Peterkaführer fällt andererseits auf, dass er bei allen Hütten die Information, welcher Alpenvereinssektion sie gehören, getilgt hat, die die 4. (1. Styria-)Auflage seines Führer bot. Nun kann man bei vielen Hütten die Sektion erschließen ("Osnabrücker Hütte") oder im AV-Hüttenverzeichnis nachschlagen, wenn man eine Mitteilung an die Sektion beabsichtigt. Aber sein bewährter Führer hatte doch früher diese Information?

 

Die 5. Auflage des Peterkaführers sagt zur Carl-Hermann-Notunterkunft in der Fensteralmhütte, sie sei "versperrt" und habe ein Sonderschloss. In der 4. Auflage sagte er, sie sei mit dem AV-Schlüsel zugänglich. Nun habe ich selbst dort schon geschlafen: die Hütte hatte das AV-Schloss und auch der neue Band 1 des AV-Hüttenführers sagt dies. Mit AV-Schlüssel ist die Hütte zur Tourenzeit im Sommer zugänglich. Nicht zur Jagdzeit und nicht im Winter. Da es auf der überlangen Gleinalpenetappe schon Tote gegeben hat, ist die Information über diese Abkürzungsmöglichkeit in Notfällen wichtig.

 

Schade finde ich, dass im ÖAV-Führer die naheliegendste Möglichkeit der Umgehung der gefährlichen Ostflanke des Hochschwungs nicht genannt wird. Diese Ostflanke ist nicht nur dachziegelartig plattig geschichtet, hat kaum Griffe, sondern die Platten sind vielerorts mit Erde und feinen Steinchen bedeckt, die wie Kugellager wirken können. Besonders bei glitschiger Nässe oder Vereisung ist das gefährlich. Allein bin ich das (in W-O-Richtung) überaus vorsichtig gegangen. Einen nicht ganz trittsicheren Begleiter habe ich später hier mit dem Seil gesichert. Der ÖAV-Führer nennt nur eine recht weitläufige Umgehung. Hier ist Peterka besser: Wenn man auf der alten Römerstraße nur so weit absteigt, wie der Fuß der Nordseite des Hochschwungs reicht und dann darunter nach W quert, kann man mit Grödl oder Steigeisen (die man wegen der folgenden Hohen Tauern wahrscheinlich ohnehin im Rucksack hat) gar nicht schwierig hinter dem Hochschwung die steile Grasflanke wieder auf den dann leichten Grat hinaufsteigen.

 

Man kann den Autoren dieser beiden neuen Führer zum "König der Weitwanderwege" nur gratulieren. Schon Peterkas bisheriger Zentralalpenwegführer war ausgezeichnet. Er hat in seiner 5. Auflage und in dem ÖAV-Führer eine würdige Weiterführung gefunden.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 20 - August 2006

 

 

Bätzing / Kleider: Die Seealpen

 

Von Heinz Schulte SJ

 

Bätzing, Werner / Kleider, Michael: Die Seealpen. Naturpark-Wanderungen zwischen Piemont und Côte d'Azur, ein Wanderführer in der "Naturpunkt-Reihe" des Rotpunktverlags, Zürich 2006, 215 S., Broschur, 24,00 €, 38,00 sFr. Durchgehend vierfarbig mit zahlreichen farbigen Abbildungen, Routenskizzen und einem ausführlichen Teil "Praktische Hinweise für den Wanderer". ISBN 10: 3-85869-317-0; ISBN 13: 978-3-85869-317-4.

 

Wenn man auf der gta, der "Grande Traversata delle Alpi" unterwegs ist, wundert man sich immer wieder, wie wenigen Wanderern aus Deutschland, Österreich und der Schweiz man in dieser herrlichen Gebirgswelt mit ihren bei uns kaum bekannten Dreitausendern, ihren vielen einsamen Seen, an denen man so herrlich zelten kann und ihrer weithin noch unversehrten Bergnatur begegnet. Werner Bätzing, Professor für Kulturgeographie an der Universität Erlangen-Nürnberg, der wie kein Zweiter im deutschsprachigen Raum Pionierarbeit zur wissenschaftlichen und touristischen Erschließung der italienischen Westalpen, insbesondere der gta, geleistet hat und sein Schüler Michael Kleider haben uns nun in der bereits langen Wanderführerreihe des Züricher Rotpunktverlags einen deutschsprachigen Wanderführer zu den Seealpen geschenkt, durch die der südliche Teil der gta und der GR 5 verläuft.

 

Sowohl auf der französischen, als auch auf der italienischen Seite besitzt dieses herrliche Gebiet einen "Naturpark": den italienischen "Seealpen-Naturpark" und auf der französischen Seite den "Mercantour-Nationalpark" in denen die Routen dieses Führers verlaufen. Aus Teilstücken der Grande Traversata delle Alpi auf italienischer, der Route de Grande Randonnée Nr. 5 auf französischer Seite und Verbindungsstücken ist hier ein dreizehntägiger Rundwanderweg durch die Seealpen entstanden, den man natürlich beliebig kürzen oder – die beiden großen Weitwanderwege werden ja teils benützt – verlängern kann. Der Wanderer kann so nicht nur die kleinen Landgasthöfe und Hotels, sondern weithin auch die "Infrastruktur" (gîtes, posti tappa) dieser beiden klassischen Weitwanderwege und die beiden parkeigenen Unterkünfte der Nationalparks benutzen.

 

Der Führer ist in schweizerisch solider Weise ausgestattet: in beiden Klappen finden sich instruktive, gut gemachte Karten, auf jeder Seite finden sich erstklassig auf ausgezeichnetes Papier gedruckte Farbfotografien und Farbbilder zur Landesgeschichte, vorbildlich gemachte Übersichtskärtchen erleichtern das Finden auf den natürlich im Gelände notwendigen Landkarten 1:50 000, und der ungewöhnlich ausführliche "Serviceteil" am Ende des Buches informiert über die Anreise, die nötige Ausrüstung, über günstige Wanderzeiten, über die Art der Unterkünfte, über Karten und Literatur. Was die Unterkünfte angeht, so stimmt es zwar, dass die südlichen Westalpen "einsam" sind. Wir waren oft in den posti tappa und den gîtes die einzigen Gäste und ein Sinn dieser Weitwanderwege ist es ja auch, den verbliebenen Menschen in den leider viel zu entvölkerten Tälern besonders der italienischen Westalpen in einem "gesunden" Tourismus eine Überlebenschance in ihrer eigenen Heimat zu schaffen. Ich muss allerdings auch sagen, dass wir im Parc du Mercantour mit seinen prähistorischen Felszeichnungen echte Unterkunftsprobleme in den Hütten hatten, vor allem im französischen Ferienmonat August.

 

Der eigentliche Charme dieses Buchs ist aber etwas anderes und hängt mit dem einen seiner beiden Autoren, dem Kulturgeografen Prof. Bätzing zusammen. Bätzing war es, der vor Jahren zunächst in der ersten, noch schreibmaschinengeschriebenen Ausgabe seiner beiden gta-Führer und dann in deren weiteren, nun gedruckten Auflagen, damit begonnen hat, in einem Alpinführer nicht nur bergsteigerische Informationen (diese auch, und zwar zuverlässig!), sondern Kulturgeographie zu bieten. So ist auch dieser Führer keineswegs nur eine Weg-Information, sondern er liest sich geradezu spannend. Alpingeschichte, Geographie, Lokal-Geschichte der dort wohnenden Völker, Entwicklung der Entvölkerung großer Gebiete der Westalpen, ihre Gründe, die Versuche, dem gegen zu steuern und vieles andere mehr. Immer mehr Führerwerke versuchen das – mit mehr oder minder Erfolg – nachzumachen. Ein oft zitierter Bätzing-Spruch aus den ersten Auflagen des gta-Führers beschreibt auch bei diesem Führer, warum er so informativ ist: "Man sieht nur, was man schon weiß". Man erkennt erst wo man tatsächlich geht, wenn man z.B. schon vorher etwas von den Okzitanieren gehört hat, wenn man etwas weiß vom Bau der Militärstraßen im Gebirge bei so vielen Auseinandersetzungen durch die Jahrhunderte, wenn man leider schon fast eingeebnete alte Terrassenfelder am Hang nicht übersieht, wenn man weiß, warum die alten Wege gerade so breit sind wie ein Muli mit seiner Last u.s.w. – Gerade darin ist auch dieser Führer wieder stark. Er vermittelt so – wie die gta-Führer – nicht nur Information, sondern so etwas wie Liebe zu diesem Land und seinen Menschen. Es ist zu hoffen, dass auch er Bergsteigern und Weitwanderern im deutschen Sprachraum den Weg in die südlichen Westalpen ebnet.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 21 - Dezember 2006

 

 

Walter Töpner:  Wege der Jakobspilger - Band 1

 

Töpner, Walter: Wege der Jakobspilger - Band 1, Magdeburger Börde, Harz, Solling, Sauerland, Rheinland, Paulinus Verlag, Trier, ISBN 3-7902-1310-1

 

Der neue Wanderreiseführer über den Jakobsweg von der Elbe zum Rhein beschreibt diesen Weg erstmals zusammenhängend. Passend zum 1200 jährigen Jubiläumsjahr der Stadt Magdeburg erscheint jetzt ein neuer Reiseführer in der Reihe Wege der Jakobspilger, der einen interessanten Abschnitt des alten Pilgerweges nach Santiago de Compostela in Spanien vom Ausgangspunkt Magdeburg beschreibt und dabei in einer Linie von Ost nach West die alten Handelsstädte Goslar, Paderborn, Attendorn mit Köln und Bonn verbindet. Funde von Pilgermuscheln und anderen Pilgerzeichen in Magdeburg und anderen Städten des Ostseeraumes belegen, dass sie einst wichtige Etappenorte für die Jakobpilger waren. Die in 25 Tagestappen beschriebene Route führt entlang der alten Kaiserstraßen im heutigen Sachsen-Anhalt zu den früheren Herrschaftszentren am Rhein. In den nacheinander durchwanderten Regionen der Magdeburger Börde, des Harzes des Sollings, des Sauerlandes und des Rheinlandes werden berühmte Orte berührt und Spuren der Jakobspilger aufgedeckt.

 

Auf den 250 Seiten des Buches wird das damalige Wegenetz zwischen Elbe und Rhein und die historischen Hintergründe dieses Pilgerweges eingehend beschrieben. Die Städte Magdeburg, Halberstadt, Paderborn, Lippstadt, Siegburg und Bonn und Umgebung bilden darin einen besonderen Schwerpunkt und werden als Pilgerstationen beschrieben.

 

Der Führer will auch Kunst, Kultur und Landschaften in den verschiedenen durchwanderten Regionen nahe bringen. Der Leser wird informiert über berühmte Wegmarken der Pilger in Städten, Dörfern, Kirchen, Klöstern, Burgen und Schlösser und ihre Historie. Mit den zahlreichen Fotos wird der Wegverlauf authentisch aus der Pilgerperspektive dokumentiert und gerade diese persönliche Sicht machen dieses Buch zu einer guten Ergänzung zu herkömmlichen Reiseführern.

 

Mit diesem Buch wird ein neues Kapitel in der Erforschung und Begehung von Jakobswegen in Deutschland aufgeschlagen. Dieser in seinem östlichen Teil noch weitgehend unerforschte Abschnitt einer deutschen Jakobsroute erhält durch die Verbindung Mitteldeutschlands und Osteuropas mit dem übrigen Europa vor dem Hintergrund der deutschen Einheit und der Vereinigung Europas eine neue politische und geschichtliche Bedeutung.

 

 

Der jetzt wieder neu aufgelegte bekannte Band 2 schließt an den Band 1 an und führt den Weg von Köln über Trier, Metz, Chalons-sur-Marne, Troyes bis nach Vézelay in Frankreich hinein. Er ist in gleicher Weise wie Band 1 aufgebaut.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die beiden neuen Führerbände

zum hochalpinen Teil des "Zentralalpenwegs"

 

Von Heinz Schulte SJ

 

Käfer, Fritz und Erika, Eigenthaler, Günther unter Mitarbeit von Gerhard Hecht: Österreichischer Weitwanderweg 02A Band II: Von den Niederen Tauern zum Rätikon und nach Feldkirch, Hrsg. und Eigenverlag: Österreichischer Alpenverein Sektion Weitwanderer, Thaliastraße 159/3/16, A-1160 Wien, 104 S. © 2006. Preis 5,40.

 

Käfer, Fritz und Erika, Eigenthaler Günther unter Mitarbeit von Gerhard Hecht: Österreichischer Weitwanderweg 02 Band III: Durch die Hohen Tauern und Tiroler Zentralalpen nach Feldkirch, Hrsg. und Eigenverlag: Österreichischer Alpenverein Sektion Weitwanderer, Thaliastraße 159/3/16, A-1160 Wien, 140 S. © 2006. Preis € 5,40

 

Im Dezemberheft 2005 wurde in "Wege und Ziele" bereits die neue Weitwander-Führerreihe des Österreichischen Alpenvereins, im Augustheft 2006 der neue, in drei Einzelbändchen erscheinende Führer des ÖAV zum großen Zentralalpenweg im Allgemeinen vorgestellt und das damals bereits erschienene erste Bändchen I – von Hainburg an der Ungarngrenze bis zum Beginn der Hohen Tauern – im Einzelnen besprochen. Nun sind auch die Bändchen II und III erschienen.

 

Der Zentralalpenweg hat ab dem Westende der Niederen Tauern, d.h. ab dem Beginn der Dreitausender und damit der Gletscher und der eigentlich bergsteigerischen Anforderungen an den Wanderer, zwei Äste: einen, der dem Alpenhauptkamm folgt ("02") und einen, ebenfalls hervorragend schönen, der unter Umgehung der Gletscher, bis ins Verwall parallel nördlich dazu verläuft (02A). Im Rätikon vereinigen sich dann die beiden Wege wieder.

Wie alle großen Weitwanderwege in Österreich ist auch der Zentralalpenweg im Gelände rot-weiß-rot markiert und mit einer dreistelligen Nummer bezeichnet, deren letzte beide Zahlen immer "02" sind und deren erste Zahl mit der Gebirgsgruppe wechselt. Die beiden letzten Zahlen "02" begleiten einen also auf beiden Ästen bis nach Feldkirch. Deshalb wird der Zentralalpenweg auch oft nur "der Nullzweier" genannt.

 

Zunächst zum Bändchen III:

 

Der hochalpine Ast des Zentralalpenweges durchmisst, immer in der Nähe des Hauptkamms, die Hohen Tauern, die Zillertaler, Stubaier und Ötztaler Alpen, das Samnaun und das Verwall sowie die Silvretta und vereinigt sich an der Lindauer Hütte bei Schruns im Rätikon wieder mit dem eisfreien Ast 02A. Er überschreitet oder bietet in nächster Nähe der überschrittenen Scharten Dutzende von Zwei- und Dreitausendern.

 

Der Zentralalpenweg gehört nach meiner Meinung zum Lohnendsten, was man als Weitwanderer und als Bergsteiger in den Alpen machen kann. Die Begehung des dem Ostalpenhauptkamm folgenden Astes des Zentralalpenweges überfordert den durchschnittlichen Bergsteiger nicht. Nur an wenigen Stellen, am "Klagenfurter Jubiläumsweg" nach dem Hohen Sonnblick, am "St. Pöltener Ostweg" und in der Venedigergruppe wird er schwieriger. Aber diese Stellen können alle auf ebenfalls sehr lohnenden Varianten umgangen werden.

 

Die Alpenvereine haben die Ostalpen erstklassig erschlossen. So hat man auf dem 02 an jedem Tag in Alpenvereinshäusern Unterkunft, die durch ein die "Infrastruktur" des Zentralalpenwegs darstellendes, ausgezeichnetes Wegenetz verbunden sind.

 

Der neue Führer ist auch auf dem neuesten Stand: er nennt zuverlässig neue Verlegungen von Stücken des Zentralalpenwegs, z.B. die durch den großen Felssturz 2000 notwendig gewordene Verlegung der Verbindung zwischen Kürsinger- und Warnsdorfer Hütte in der Venedigergruppe oder die ebenfalls durch die Klimaerwärmung und das Zurückgehen des Permafrostes notwendig gewordene Verlegung des Übergangs vom Krimmler Tauernhaus zur Plauener Hütte von der Gamsscharte zur Zillerplattenscharte.

 

Sehr gut finde ich auch – ich kenne beides – die Verlegung der Hauptroute an einigen Stellen, die für einen Weitwanderweg vielleicht doch zu schwierig sind, auf die frühere "B-Variante": der "Klagenfurter Jubiläumsweg" und die Ödenwinkelscharte mitsamt dem "St.Pöltener Ostweg" sind jetzt "Alpinvarianten" und die Hauptroute führt im ersten Fall vom Zittelhaus auf dem Hohen Sonnblick über den Gletscher und den Hüttenweg direkt nach Heiligenblut hinab und im zweiten wird – besonders schön – die Sudetendeutsche Hütte und damit der Große Muntanitz, der leicht ersteigliche König der südlichen Glocknergruppe, frühere B-Variante, nun eingebunden und Hauptweg.

 

Der hauptkammnahe Ast des Zentralalpenwegs verbindet auf eine "weitwanderfreundliche" Weise die "Rosinen der Ostalpen" zu einem kaum zu

übertreffenden Weitwanderweg. Er wird zu Recht "König der österreichischen Weitwanderwege" genannt.

 

Zum Bändchen II:

 

An der Tappenkarseehütte am Westende der Niederen Tauern löst sich "der 02A" vom hauptkammnahen Ast des Zentralalpenwegs. Er führt über die Gasteiner Alpen zum Statzerhaus auf dem wie eine Proszeniumsloge vor den Dreitausendern der Hohen Tauern stehenden Hundstein (herrliche Sonnenauf- und Untergänge!). Dann führt er über den Pinzgauer "Spaziergang" (eine mörderisch anstrengende Tagestour) und durch die Kitzbühler Alpen zu der Tuxer Gruppe und zur Brennerfurche. Dann durch die nördlichen Stubaier und Ötztaler Kämme und das westliche Verwall (wieder mit dem "Wormser Höhenweg" eine Riesen-Tagesetappe) ins Rätikon zur Lindauer Hütte und damit dem Hauptweg.

 

Der 02A hat seinen eigenen Reiz: viele Teilstücke sind einsamer als der Hauptweg (auch hier einige erleichternde Wegänderungen, z.B. zwischen dem Wildkogel und der Bamberger Hütte in den Kitzbühlern) und vor allem: der 02A führt immer wieder, parallel zum Hauptkamm, auf herrliche Aussichtsberge, die genau vor dem Hauptkamm als Aussichtslogen stehen, dazu noch immer wieder auf solche, auf denen ein Unterkunftshaus steht (z.B. die Bad Gasteiner Hütte auf dem Gamskogel, das Statzerhaus auf dem Hundstein, die Schmittenhöhe und die Pinzgauer Hütte bei Zell am See, das Wildkogelhaus dem Großvenediger gegenüber, die Wormser Hütte vor den Kalkzinnen des Rätikon u.v.a.m.).

 

Der 02A verlangt keine besonderen bergsteigerischen Fähigkeiten, wohl aber immer wieder gute Kondition bei langen Tagesetappen.

 

Sowohl der neue Zentralalpenwegführer II als auch das Bändchen III haben das schmale Format der neuen Führerreihe, fortlaufende Höhendiagramme, Kärtchen, die das Auffinden des Wegs auf den natürlich notwendigen 50000-er Karten erleichtern, genaue Angaben zu Anfahrt und Übernachtung und vor allem eines, was bei den bisherigen Styria-Führern m. E. zu knapp war: sie bringen sehr instruktiv über die rein touristischen Angaben hinaus immer auch eine schräg gedruckte Kategorie "Wissenswertes".

Österreichische Weitwanderwege sind immer auch Kulturwege. Die neuen Führer bringen höchst erfreuliche Erklärungen auch zu Geschichte und Kultur: man läuft nicht blind durch die Gegend. Es würde nichts ausmachen, wenn dieses "Wissenswerte" in künftigen Auflagen noch ausführlicher würde.

 

Beide erstaunlich preiswerten Führer sind herausgegeben und im Eigenverlag verlegt von der Sektion "Weitwanderer" des Öesterreichischen Alpenvereins und auch von dort zu beziehen: An den Vorsitzenden der Sektion "Weitwanderer" des ÖAV Herrn Fritz Käfer, Thaliastraße 159/3/16, A-1160 Wien, Tel./Fax 01/493 84 08, eMail: weitwanderer@sektion.alpenverein.at.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 22 - April 2007

 

 

Ludwig Graßler: Traumpfad München – Prag

 

Bruckmann 2006, ISBN 3-7654-4405-7

 

Von Gerhard Wandel

 

Zum Autor

 

Ludwig Graßler ist vielen als Protektor des „Traumpfad München - Venedig“ und durch seinen gleichnamigen Wanderführer aus dem Bruckmann Verlag  bekannt geworden. Das Buch genießt unter Kennern Kultcharakter. Weniger bekannt ist das Vorhandensein eines zweiten „Traumpfades.“

 

Alljährlich am 8.8. um 8:00 Uhr in den Jahren mit geraden Zahlen werden die Wanderer auf dem Marienplatz in München festlich zur Wanderung in die Moldaumetropole verabschiedet.

 

Ich bin Ludwig Graßler anlässlich der Kontaktaufnahme des Netzwerks Weitwandern e.V. mit der Gruppe „Traumpfad“ im Januar 2005 begegnet. Ich lernte einen rüstigen älteren Herrn kennen, der fest verwurzelt in seiner bayerischen Heimat, kompetent und weltoffen ist. Dass er damals schon fast 80 Jahre alt war, hätte ich mir im Traum nicht vorstellen können!

 

Er selbst stellte den „Traumpfad München - Prag“ folgendermaßen vor:

 

„Den ersten Abschnitt von München bis zur Donau sollte man mit dem Fahrrad zurücklegen, den zweiten Teil von der Donau zur Moldau zu Fuß und den dritten Teil auf der Moldau nach Prag mit dem Schiff.“

 

Zum Buch

 

Der Bruckmann-Verlag gehört mit seiner Serie „Wandern Kompakt“ neben den

„outdoor“ Wanderführern, den „Rother Wanderführern“ und den Wanderführern von „Dumont aktiv“ zu den hochwertigen Fernwanderführern in Deutschland. Die gesamte Tour umfasst 450 km. Für die Überschreitung des Bayerischem Waldes und des Böhmerwaldes existieren zwei alternative Wanderrouten. Die einzelnen Tagesetappen sind genau beschrieben und enthalten in der Übersicht Entfernungsangaben, Zeitvorgaben und die Auf- und Abstiegsmeter. Lobend sind auch zu erwähnen: die Angaben zu Wanderkarten, Verkehrsverbindungen, Einkehr- und Unterkunftsmöglichkeiten.

 

Aber der Führer bietet mehr als nur eine Wegebeschreibung: Die Sehenswürdigkeiten am Wegesrand, die deutsche und böhmische Geschichte der durchwanderten Landschaften und Orte finden ebenfalls ihren Niederschlag, ohne dabei den Umfang eines Wanderführers zu sprengen. Eine kleine Sprachkunde, ein Verzeichnis der tschechisch-deutschen Ortsnamen, ein Höhendiagramm und heraustrennbare Übersichtskarten runden den Führer zu einem harmonischen Gesamtwerk ab.

 

Zum Preis von 11,90 bekommt der Wanderer einen preisgünstigen Führer, der mit 200 g auch gut im Rucksack mitgenommen werden kann.

 

Wünschenswert wäre es, wenn der Führer seine Aufgabe, nämlich viele Wanderer auf diesen Weg zu führen, erfolgreich nachkommt und die öfters erwähnte mangelhafte Markierung des Weges verbessert wird!

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 22 - April 2007

 

 

Österreichischer Weitwanderweg 04

 

(Voralpiner Weitwanderweg)

 

Von Gerhard Wandel

 

Fritz und Erika Käfer unter Mitarbeit von Günther Eigenthaler und Karl Mor: Österreichischer Weitwanderweg 04 (Voralpiner Weitwanderweg), Vom Wienerwald in das Berchtesgadener Land und zum Bodensee, Neuauflage 2007, Format 9,5x21cm, 152 Seiten, 30 farbige Kartenausschnitte mit eingezeichnetem Routenverlauf und 48 schwarz-weißen Höhenprofilen. 6,40 (zuzüglich Porto), Eigenverlag der OeAV-Sektion Weitwanderer, Thaliastraße 159/3/16, 1160 Wien, eMail: weitwanderer@sektion.alpenverein.at, Homepage: www.alpenverein.at/weitwanderer, Tel./Fax: 0043/1/493 84 08.

 

Die OeAV-Sektion Weitwanderer hat in kurzer Zeit einen weiteren Weitwanderführer der Österreichischen Fernwanderwege in Eigenregie herausgebracht. Wegen der weiteren Wanderführer wird auf die Veröffentlichungen von Pater Heinz Schulte SJ in der Dezemberausgabe 2005 und der Ausgabe vom August 2006 von Wege und Ziele (Nr. 18 und 20) verwiesen.

 

Die Neuauflage behandelt den Streckenverlauf des Voralpenweges 04, welcher 23 Tagesetappen auf der Südroute sowie 18 auf der Nordroute von Wien nach Bad Reichenhall umfasst, sowie weitere 16 Tagesetappen von Bad Reichenhall nach Bregenz. Er weist eine Länge von insgesamt 870 km auf. Der im Wanderführer beschriebene Weg ist identisch mit einem Abschnitt des Europäischen Fernwanderweges E 4 „Gibraltar – Pyrenäen – Jura – Bodensee – Neusiedler See – Balaton – Rila – Kreta“ und in Bayern mit dem „Maximilians-weg“ sowie teilweise mit dem violetten Weg der „Via Alpina“.

 

Der Weg 04 nimmt seinen Ausgang auf dem Kahlenberg bei Wien, führt auf seiner „Nörd-lichen Wienerwaldroute“ nach Klosterneuburg, zieht durch die Hagenbachklamm zum Schöpfl, der höchsten Erhebung des Wienerwaldes. Weiter gelangt er in das Traisen- und Pielachtal, sowie über den Wegeknoten Plankenstein in das Erlauftal und nach Waidhofen an der Ybbs.

 

Hierher kommt man auch auf der etwas längeren „Südlichen Wienerwaldroute“ (04A), die über die Gutensteiner, Türnitzer und Ybbstaler Alpen in das Kleine Erlauftal führt.

 

Der Weiterverlauf des Weges führt über Höhen des Enns- und Steyrtal, sowie am Rande des Totes Gebirges den Traunsee, um von dort über das Höllengebirge den Attersee zu erreichen. Über den Schafberg geht es zum Wolfgangsee und Fuschlsee, sowie anschließend über den Gaisberg in die Mozartstadt Salzburg und weiter durch das Gebiet des Unterberges in das Berchtesgadener Land bis nach Bad Reichenhall.

 

Von hier setzt sich der Weg in Bayern auf dem Maximiliansweg (M) durch die Berchtesgadener und Chiemgauer Alpen zum Mangfallgebirge, sowie durch die Ammergauer und Allgäuer Alpen zum Bregenzer Wald fort und gelangt schließlich zum Bodensee.

 

Der Wanderführer soll dem Begeher die Planung und Durchführung seiner Touren anhand der ausführlichen Wegbeschreibung, der Wanderkärtchen und Höhenprofile erleichtern. Ebenso finden sich in diesem übersichtlichen Werk Informationen über Länge, Gehzeiten und Schwierigkeit der Touren, Angaben über die jeweiligen Bahn- und Busverbindungen, über Einkehr- und Unterkunftsmöglichkeiten, Hinweise auf das notwendige Kartenmaterial, Telefonnummern von Schutzhütten, Gasthöfen und Touristeninformationen, sowie Wissenswertes über Orte und Kultur.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 22 - April 2007

 

 

Wilde Wege, stille Dörfer

 

Wanderungen in den Abruzzen

 

Von Günther Krämer

 

 

Christoph Hennig: Wilde Wege, stille Dörfer. Wanderungen in den Abruzzen

Rotpunktverlag Zürich, ISBN 978-3-85869-346-4, 28,00

 

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Wanderführer hat nur ein Manko – er ist für einen Weitwanderer-Rucksack etwas schwer. Dann kopiert man eben die wesentlichen Seiten heraus! Welche sind denn wesentlich? Das ganze 340 Seiten starke Buch ist „wesentlich“! Die rund drei Wochen dauernde Abruzzen-Weitwanderung mit einigen Alternativen wird mit Karten, Weg- und Zeitangaben, GPS-Wegpunkten, Übernachtungs-, Verpflegungs- und Trinkgelegenheiten und Wegmarkierungen sowie einer ausführlichen Wegbeschreibung, die auch die Möglichkeiten des Verlaufens berücksichtigt, ausführlich dargestellt.

 

Dazu kommen Hintergrundinformationen zur Geschichte, zur Natur und zur Volkskunde, allgemeine Reiseinformationen, Beschreibungen der Städte mit guten Stadtplänen und sehr schöne Fotos. Ich kenne keine bessere Landeskunde der Abruzzen. Hennig hat den in seinem legendären Ligurienführer verwirklichten Stil modernisiert, auch verbessert, und einen Wanderführer geschaffen, der fast keine Wünsche – außer dem Gewicht! – offen lässt.

 

Sogar die nicht selten vorzufindenden kritischen Anmerkungen sind, wenn man Hennigs Intentionen kennt, sehr wichtig: Zum einen will er dazu beitragen, dass Defizite erkannt und beseitigt werden, zum andern bewirkt ein Wettbewerb zwischen den Restaurants und den Hotels eine Verbesserung der Leistung. Also keine Lobhudelei auf eine eindrucksvolle Wanderlandschaft, sondern ein perfekter Wanderführer, der zum Nachwandern anregt. Er reiht sich würdig in die Reihe der Rotpunkt-Führer ein.

 

Vor Jahren habe ich Christoph Hennigs Toskana-Führer kritisiert. Wir haben darüber diskutiert. Dieses Mal ist ihm ein Meisterstück gelungen. Gratulation! 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 24 - Dezember 2007

 

 

 

 

 

Österreichischer Weitwanderweg 07

 

Ostösterreichischer Grenzlandweg

 

Von Heinz Schulte SJ

 

FRITZ UND ERIKA KÄFER unter Mitarbeit von GÜNTHER EIGENTHALER:

 

Österreichischer Weitwanderweg 07

(Ostösterreichischer Grenzlandweg)

 

Eigenverlag der Sektion Weitwanderer des Österreichischen Alpenvereins,

Übersichtskärtchen, Höhendiagramme, 140 Seiten, 6,40 .

 

Erhältlich über die Sektionsadresse:

Thaliastraße 159/3/16, A  1160 Wien, Tel. und Fax: 01/4938408 oder 0664/2737242

eMail: weitwanderer@sektion.alpenverein.at, www.alpenverein.at/Weitwanderer

 

Die neue Führerserie zu den zehn großen Österreichischen Weitwanderwegen wurde hier, dem Erscheinen der Einzelbändchen folgend, bereits mehrfach vorgestellt.

 

Bisher sind in dieser Reihe erschienen die drei Bände zum Zentralalpenweg 02 und die Führer zu den großen Weitwanderwegen 03, 04, 08, 09, 10. Nun gibt es auch den Führer zum Ostösterreichischen Grenzlandweg.

 

Beginnend am Weitwanderzentrum Nebelstein an der tschechischen Grenze führt der Grenzlandweg in mehr oder minder großer Nähe zur tschechischen, der slowakischen, der ungarischen und der slowenischen Grenze in großem Bogen durch das ostösterreichische Grenzland nach Süden über 710 km bis hinunter nach Bad Radkersburg. Er benützt dabei stückweise die Europawege E 8 und E 4 und innenösterreichisch den Thayatalweg, kurze Stücke des Nordalpenwegs und des Zentralalpenwegs, den Steyrischen Landesrundwanderweg und den Burgenländischen Grenzlandweg.

 

Außer im Hochwechsel, der auf einer Variante umgangen werden kann (z. B. bei Schneelage), berührt der 07 kein alpines Gelände, sondern verläuft durch Flachland oder sanftes Mittelgebirge, ist also leicht, kann mit tüchtigen Kindern und während des Großteiles des Jahres begangen werden. Unterkunft wird in guten, preiswerten Landgasthöfen angeboten.

 

Österreichische Weitwanderwege sind ja immer nicht nur landschaftliche Delikatessen, sondern auch "Kulturwege". Auch der 07 führt einen nicht nur durch einsame Gebiete wie das Waldviertel, durch den Nationalpark DonauAuen und den Nationalpark Neusiedler See, sondern auch zu herrlichen Klöstern, Kirchen, Burgen. Überall spürt man die Ausstrahlung des großen Kulturzentrums Wien, das auch kurz berührt wird. Die Vulkanlandschaft der Osteiermark, durch die der Weg schließlich verläuft, ist zugleich - wie Vulkanlandschaften oft  ein Weinland Der Rezenzent hat dort in Klöch einen der besten Weine getrunken, die er je getrunken hat

 

Der neue Führer hat das schmale Format (21x10 cm) der neuen Reihe, fortlaufend Höhendiagramme und Ubersichtskärtchen, die das Auffinden des in der Natur gut markierten Weges in den natürlich zusätzlich nötigen Wanderkarten erleichtern. Da österreichische Weitwanderwege, wie gesagt, immer auch Kulturwege sind, ist besonders zu loben, dass der Führer nicht nur den Weg, sondern auch Geschichte, Tradition, Wissenswertes allgemein bietet. Natürlich wird die Fülle der Hinweise auf Unterkunftsmöglichkeiten, Telefonnummern und anderes "Aktuelles" dauernd der Änderung unterworfen sein. Aber die Sektion Weitwanderer, des ÖAV hat einige der neuen Führer bereits in Neuauflagen herausgebracht und im Internet kann man unter der oben angegebenen Adresse jederzeit die neuesten, etwa eingetretenen Änderungen finden.

 

Bewundernswert ist die Arbeit der ehrenamtlich arbeitenden Autoren.

 

Bewundernswert ist auch der Preis dieses Führers.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 24 - Dezember 2007

 

 

Ursula Bauer/Jürg Frischknecht

 

„Veltliner Fußreisen“

 

Von Brigitte Schütz

 

„Wasser in den Träumen und Wasser beim Aufwachen. Nichts als das Rauschen des Baches füllt das enge Tal und von den Tannenwipfeln vor den Fenstern tropft’s, Nebel ziehen in den Felswänden entlang. Die Stimmung draußen entspricht zwar aufs Beste dem hiesigen Angebot – Wasser, warmes Wasser und himmlische Ruhe-, leider aber nicht unserem Programm. Ein zaghafter Sonnenstrahl lässt hoffen, und wir marschieren los, den Bächen und den Felswänden im Talabschluss entgegen.“

 

So viel Poesie, so schöne Stimmungsbilder – wer möchte sich da nicht genüsslich bei einem guten Glas Wein (Veltliner vielleicht?) auf dem Sofa räkeln und Ursula Bauer und Jürg Frischknecht lesend auf ihren Wanderungen durchs Veltlin folgen? Spannend und mitreißend erzählen sie von ihren Erlebnissen, berichten aus der Geschichte der Region und geben viele, viele Tipps, die zur eigenen Erkundung und Erwanderung dieser nördlich von Mailand gelegenen italienischen Grenzregion einladen und anregen. Denn „Veltliner Fußreisen“, das vor etwas mehr als 10 Jahren erstmals im Züricher Rotpunkt-Verlag erschien und jetzt seit Juli 2007 in bereits der 4. überarbeiteten Auflage vorliegt, ist wie die anderen „Lesewanderbücher“ des Verlages, eben nicht nur für den Ohrensessel gedacht, sondern ist auch praktischer Wanderführer.

 

Die Autoren beschreiben das Gebiet in 37 Etappen, die sich einzeln erwandern oder zu mehrtägigen Touren zusammenstellen lassen. So ist das Buch auch bestens für Weitwanderer geeignet. Jeder Etappe wird eine kurze Beschreibung vorangestellt, die eine kleine Karte mit Streckenübersicht, Wanderzeiten, Tipps zu Verkehrsanbindungen, Übernachtungsmöglichkeiten und eventuelle Varianten enthält. Reich bebildert mit Schwarz-Weiß-Fotos und auf hochwertigem Papier gedruckt, hat es zwar ein ganz ordentliches Gewicht, gleichzeitig aber auch eine robuste Verarbeitung, so dass es die Zeit im Rucksack heil übersteht und seinen Preis von Euro 28,00 wirklich wert ist.

 

Alles in allem eine gelungene Mischung aus praktischem Führer  und opulentem Schmöker, den man auch gerne nach erfolgreichem Wandern noch einmal zur Hand nimmt, um erneut ins Träumen zu geraten.

 

Veltliner Fußreisen –

Zwischen Bündner Pässen und Bergamasker Alpen

Ursula Bauer/Jürg Frischknecht

4., aktualisierte Auflage 2007

Rotpunkt-Verlag, Zürich

ISBN 978-3-85869-349-5

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 25 - April 2008

 

Mit zwei Wanderführern durch Umbrien und bis nach Rom

auf den Spuren des Heiligen Franz

 

Von Lutz Heidemann

 

Kees Roodenburg:

 

Italien: Franziskaner Wanderweg

123 Seiten, erschienen 2006 als Outdoor-Handbuch 186 beim Conrad Stein Verlag, ISBN 3-86686-186-9, Preis: 9,90 €

 

Angela Maria Serracchioli:

 

Der Franziskusweg von La Verna über

Gubbio und Assisi bis Rieti

176 Seiten, erschienen 2007 bei der Verlagsanstalt Tyrolia, Innsbruck, ISBN 978-3-7022-2825-5, Preis: 19.90

 

Es ist eine vielzitierte Weisheit, die sich hier wieder bestätigt: viele Wege führen nach Rom. Benutzt heute der eilige Reisende die Autostrada del Sole oder die Eisenbahn-Diretissima, kann sich ein Wanderer nun parallel dazu eine westliche oder östliche Strecke aussuchen. Doch im Sinne des eingangs erwähnten Sprichwortes gibt es beinahe selbstverständlich - auch noch weitere Wanderwege nach Rom. Wir erinnern an die Route von Florenz über den Monte Amiata, von dem die Eheleute Stubenrauch in der Ausgabe 21/2006 von „Wege und Ziele“ berichtet haben, die sich auch bis Rom verlängern läßt. Die nun hier zur Nachahmung empfohlene, von Florenz ausgehende Ostroute führt die Wanderer durch deutlich andere Landschaften als der westliche Weg parallel zu der alten Via Francigena, über die ich auch noch berichte. Für diese Ostroute über Assisi liegen nun gleich zwei Wanderbegleiter vor. Sie sind als Führer recht unterschiedlich in der Art der Darstellung, der Kartenskizzen und im Detail auch bei der Route. Man kann sagen, sie sind das Ergebnis unterschiedlicher Temperamente.

 

Beide Führer haben deutliche Qualitäten, sind keine „Schnellschüsse“ und haben schon „Häutungen“ hinter sich. Angela Maria Serracchioli, die sich als „Pellegrina“, d.h. als Pilgerin, tituliert, hat Jakobsweg-Erfahrungen und begann im Jahr 2003, einen Franziskusweg zu entwickeln. Sie hat eine ihr gut dünkende Trasse erkundet und sie streckenweise auch mit gelben Pfeilen in der Art der Jakobsweg- Markierung bzw. mit einem „T“, dem griechischen Buchstaben „Tau“ und spirituellen Franziskus-Zeichen, gekennzeichnet. Es gäbe auch „VF“- Markierungen. Ab-schnittsweise werden Trassen des CAI, des Club Alpino Italiano, benutzt, zum Teil muß man sich von beschriebener Wegemarke zum nächsten Merkmal durchschlagen. Das scheint aber zu klappen, haben mir Wanderer bestätigt, die von Florenz bis Assisi gegangen sind.

 

Bei Angela Maria Serracchioli hat die Spiritualität des Wanderns und der Nachvollzug des Lebensweges des Heiligen, also das spezifisch Franziskanische, ein hohes Gewicht. Die italienische Originalausgabe wurde von Klaus Gasperi übersetzt und die Wegführung von ihm durch Erkundungen an Ort und Stelle und die Hinzufügung von weniger asphaltierten Abschnitten weiterentwickelt. Beide Führer geben viele Hinweise auf Übernachtungsmöglichkeiten. Bestimmt interessant sind auch die Möglichkeiten, die sich interessierten Wanderern eröffnen, wenigstens besuchsweise an dem heutigen klösterlichen Leben teilzuhaben.

 

 

 

 

 

 

Der Führer von Kees Roodenburg, ins Deutsche übersetzt und auf einer Wanderung auch überprüft von Johannes Lintermann, hat andere Vorzüge. So ist z.B. sein geographischer Rahmen weiter: Er spannt den Bogen von Florenz bis Rom. Zusammen mit der „Via degli Dei“, dem „Weg der Götter“ von Bologna nach Florenz, worüber unser Mitglied Helmut Huber in der Ausgabe 12/2003 von „Wege und Ziele“ berichtet hat, (dazu gibt es im Stein Verlag auch einen Führer), liegt für Deutsche oder Nordeuropäer eine reizvolle durchgehende Wanderroute bis Rom vor, wenn man die viel begangene Strecke München – Verona als Einstieg wählt und dann durch die Po-Ebene ein Stück mit der Bahn fährt. Ungefähr 40 Tage benötigt auf diese Weise ein Wanderer ab Bologna bis in die Heilige Stadt. (Übrigens, daß Via Francigena und Via Francescana so ähnlich klingen, ist kein Zufall: Der Name, unter dem wir den Heiligen kennen, war nicht sein Tauf-, sondern sein Spitzname: er lautet übersetzt „Französling“, weil der junge Tuchhändlersohn, dessen Mutter Französin war, sich sehr nach „ausländisch-fränkischer“ Mode benahm und kleidete.)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ganz genau betrachtet, beginnt Roodenburg die Wanderung auch nicht in Florenz, sondern schlägt vor, bis San Ellero mit der Bahn (oder dem Auto) zu fahren. Aber der interessierte Wanderer wird zumindest darauf hingewiesen, dass ein Gang durch Florenz auch stark mit Franziskus und den Franziskanern zu tun haben könnte, daß z.B. die Kirche Santa Croce durchaus zu einem Franziskaner Wanderweg gehört. Und der Weg endet in Rom mit der Lateransbasilika, der Residenz der Päpste zur Zeit des Franziskus. Die Legende sagt, der Papst habe geträumt, daß der schmächtige Heilige das schon baufällige alte Kirchengebäude abgestützt habe – und damit symbolisch die ganze lateinische Kirche - und deshalb den Orden bestätigt. (Ich will nicht alle Details in Umberto Ecos Roman „Der Name der Rose“ als seriöse Geschichtsquellen hinstellen, aber die gesellschaftlichen Erschütterungen, die Franziskus und sein erfolgreicher Orden ausgelöst haben, werden darin doch ganz anschaulich beschrieben.)

 

 

Um mir ein Bild der zu durchquerenden Landschaft zu machen, habe ich, wie ich es fast immer vor einer Wanderung mache, die Route in eine Straßenkarte, hier eine der guten TCI-Karten 1: 200.000, übertragen. Die Streckenführung wirkt sehr überzeugend! Oft liegt der Weg weitab von Straßen, ist sehr vielseitig, steuert dann wieder interessante historische (Klein-)Städte an. Zwar habe ich mich gefragt, wenn man so nahe an Vallombrosa vorbeikommt, warum geht der Weg nicht auch über dieses Kloster? Hat der Heilige Franz die Benediktiner dort nicht gemocht? Aber insgesamt scheint mir die Etappenwahl sehr überlegt zu sein und andererseits kann man, wenn man unterwegs ist und ein „persönliches Tempo“ entwickelt hat, dann auch einige Etappen zusammenlegen.

 

 

 

 

 

Der Startpunkt des Outdoor-Führers im oberen Arno-Tal hat zur Folge, dass man anfangs durch unerwartet große Wälder geleitet wird. Ebenso hat die Landschaft auf dem Endstück bis Rom, das nur in diesem Buch behandelt wird, auch ihre Reize. Das hügelige Sabiner Land mit kleinen Orten liegt zwar schon in der Einflußzone von Rom und die Zersiedlung kann angefangen haben, aber man spürt nun auch die Kraft des Zielortes. Der Raub der Sabinerinnen kommt einem als Episode aus der frühen römischen Geschichte in den Sinn. Assisi und seine weitere Umgebung ist natürlich bei beiden Führern das Zentralthema. Dann das merkwürdige Tal von Rieti, ein trockengelegter See, an dessen Rändern die kleinen stimmungsvollen Franziskus-Einsiedeleien liegen. Ich war dort im Februar 1962.

 

In dem Tyrolia-Buch zeigen die Kartenskizzen mit Höhenlinien und Darstellung der Bäche auch die Straßen der Umgebung. Wenn man sich verläuft - oder in die Dunkelheit kommt, kann man damit leichter auf befestigte Wege ausweichen. Das verleiht ein Gefühl der Sicherheit, selbst wenn der Notfall nie eintritt. Ich kann verstehen, dass Bekannte von mir beide Führer mitgenommen hatten. Das hat allerdings auch seinen „Preis“; das Buch von Frau Serracchioli ist nicht nur  schöner und „spiritueller“, es ist auch mehr als dreimal so schwer wie das in dem Sinne „professionellere“ Outdoor-Produkt.

 

 

 

 

 

 

 

In beiden Führern fallen die historischen und kunstgeschichtliche Würdigungen sehr knapp aus; genauer, sie werden meist erst gar nicht versucht, was angesichts der Fülle und der Verschiedenartigkeit der Objekte, die am Weg liegen, plausibel ist. Wer also mehr wissen möchte, sollte sich zu Hause vorbereiten, sich z.B. in einer Bibliothek die leider nicht mehr aufgelegten Reclams-Kunstführer von Italien ausleihen und für einzelne Orte kopieren oder sich die entsprechenden DuMont-Kunstreiseführer besorgen.

 

Sehr lobenswert sind die ausführlichen Updates und Erfahrungsberichte, die man im Internet unter Conrad Stein Verlag - www.conrad-stein-verlag.de - bei der jeweiligen Veröffentlichung verfolgen kann. Hier spürt man auch die Resonanz des Franziskus-Weges.

 

Fotos: Stephanie Fritz

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 25 - April 2008

 

 

 

 

 

Eine Buchbesprechung und Empfehlung:

 

Auf dem „fränkischen Weg“ nach Rom

 

 Von Lutz Heidemann

 

Birgit Götzmann:Via Francigena“, erschienen 2007 als Outdoor Handbuch 201 im Conrad Stein Verlag, 219 Seiten, ISBN 978-3-86686-201-2, Preis 14,90 €.

 

Wer, wie die Autorin Birgit Götzmann, den Jakobsweg schon ganz oder wenigstens über weite Strecken gewandert ist, oder wer jetzt Bedenken hat, auf diesem Modeweg zu vielen „schrägen Vögeln“ zu begegnen, für den hier die gute Nachricht: Es gibt eine Alternative und das Ziel ist sogar noch prominenter als das abseitsliegende galizische Santiago di Compostela. Wer also sich gerne pilgernd aus der Heimat entfernen möchte, kann nun ein neues Ziel ansteuern. Er erhält dazu eine recht genaue Beschreibung, mit der man zu Fuß auf dem altehrwürdigen „fränkischen Weg“, der „Via Francigena“, nach Rom gelangen kann. Und das gilt auch für Pilgerinnen. Frau Götzmann schreibt: „Ich wanderte auf der Via Francigena allein und hatte als Frau keine Probleme. Im Gegenteil, sehr viele freundliche und hilfsbereite Menschen lernte ich kennen.“

 

Rom als Ziel hat schon viele Menschen gereizt. Auch wir vom „Netzwerk Weitwandern“ erhielten mehrfach Anfragen, wie man geschickt dorthin gelangen könne. Wir hatten auf gute Teilstücke verwiesen: die Durchquerung des Apennin auf der „Via degli Dei“, den Weg der Götter von Bologna nach Florenz (Bericht in: „Wege und Ziele“ 12/2003) oder den Abschnitt von Florenz über den Monte Amiata bis zum Bolsener See (Bericht in „Wege und Ziele“ Nr. 21/2006), aber eine durchgehende Wegebeschreibung, der man gut nachfolgen kann, war mir zumindest bis dahin nicht bekannt.

 

 

Die alte Langobarden-Stadt Pavia, auf dem Cover des Buches, ist eine wichtige Station am Weg

 

Der oben angezeigte Führer basiert auf einem „Selbstversuch“ von Birgit Götzmann, die diese Strecke im Jahr 2006 gewandert ist, aber die Trasse ist kein Einzelwerk. 1994 wurde die Strecke vom Europarat als „Cultural Route“ - was immer das sein möge – ausgewählt und 2004 sogar als „Major Cultural Route of the Council of Europe“ ausgezeichnet. So steht es zumindest in der Einleitung des Führers. Ich weiß nicht, wer solche Etiketts vergibt, ich weiß aber, dass z.B. nach dem Erfolg des Jakobswegs es Überlegungen gab, andere Pilgerziele im europäischen Maßstab zu verbinden: Tschenstochau, Mariazell und jetzt auch Rom. Bei der Via Francigena steckt hinter der Wegeführung und der Werbung ein vielfältiges Netzwerk, im Kern eine Vereinigung von Fremdenverkehrsämtern entlang der Strecke, die Assoziatione Europea della Vie Francigena (AEVF) mit Sitz in Fidenza. Der öffentliche Erfahrungsaustausch findet über folgende Foren statt:

 

www.francigena-international.org und

www.viafrancigena.eu.

 

Ich fand die Informationen dort aber für einen Wanderer eher wenig substantiell. Nun gibt es, wie es das Sprichwort weiß, viele Wege nach Rom. Der hier zu besprechende Führer ist in seinem Anfang auf Lausanne und die West-Schweiz und den Alpenübergang am Großen St. Bernhard fixiert. Die Via Francigena, die fränkische Straße war eher für Reisende aus Frankreich, England und dem Rheinland angelegt. Man kann jedoch genau so gut auf den Spuren Martin Luthers wandern wollen, der als junger Mann zur Regelung einer Angelegenheit seines Ordens sich nach Rom aufmachte und von Wittenberg über Nürnberg und den Brenner die „ewige Stadt“ erreichte. Dazu gibt es „Erlebnisberichte“, aber keine öffentlich empfohlene Strecke.

 

Wenn ich das richtig verstanden habe, hat Birgit Götzmann im Detail auf ihrer Wanderung nach gut gehbaren Wegabschnitten gesucht, denn mit dem Ansatz, eine historische Reiseroute nachzuwandern, haben sich die modernen Propagandisten der Via Francigena und auch die Autorin in ein quasi unauflösbares Dilemma begeben. Die Händler und Pilger des Mittelalters benutzten im Gebirge selbstverständlich die Täler, selbst wenn die Wege wegen der Hochwassergefahr im Frühjahr niemals direkt neben einem Fluß oder Bach geführt worden waren. Diese „natürlichen“ Trassen wurden dann auch von der Eisenbahn, den modernen autogerecht begradigten Staatsstraßen und noch später von den Autobahnbauern mit ihren kühnen Viadukten bevorzugt. Da können Frau Götzmann und die anderen „Wegemacher“ zwar teilweise auf ältere Nebenstraßen oder von Zeit zu Zeit auf eine Abkürzung durch den Wald ausweichen, in Hörweite der Autobahn Parma - La Spezia sind die Wanderer z.B. bei ihrem Vorschlag der Apennin-Durchquerung fast immer.

 

Wenn man sich verdeutlichen will, wie unsere Vorfahren ihren Weg nach Rom gefunden haben, ist das korrekt und bestimmt auch erhellend, aber ein entspanntes Wandervergnügen ist es dann doch nicht, täglich längere Abschnitte auf Asphaltstraßen marschieren zu müssen. (Ich besitze als Alternative eine Veröffentlichung (2. Auflage 1994) über den „Sentiero dei Ducati“, eine 9-tägige Wanderstrecke, die aus der Umgebung von Reggio Emilia bis Luino in der Nähe von Carrara durch sehr viel einsamere Gegenden geht.) Man darf auch nicht vergessen, dass auf den alten Straßen die Wanderer neben den Herrschern, Rittern und Bischöfen zu Pferd oder den Kaufleuten mit ihren großen Wagen Verkehrsteilnehmer dritten Ranges waren.

 

Die Strecke und der Führer von Frau Götzmann sind so angelegt, dass die Wanderung auch in Etappen bewältigt werden kann. Ich persönlich fände es sinnvoll, in den Alpen und nicht z. B. in der Po-Ebene mit der Wanderung nach Rom anzufangen, um schon „in Fahrt“ geraten zu sein, wenn schwierige Etappen anstehen. Auf dem Weg nach Rom durchquert der Wanderer viele Orte, sieht zersiedelte Landschaften und an den Ausfallstraßen banale Architektur wie Tankstellen und Supermärkte. Dazu fällt bei der Autorin kein Wort. Das Ziel an sich ist ja schon eine hohe Belohnung. Andererseits kann es den Reiz einer solchen Wanderung ausmachen, diese damals wie heute lebhaften und ökonomisch prosperierenden Gegenden in dem Tempo eines Wanderers zu durchqueren. Da kann man dann durchaus auch zwischendurch von Piacenza bis Fiorenzuola mit dem Bus fahren, wie es Frau Götzmann z.B. auf S.117 vorschlägt.

 

Wer eher Natur und Kulturlandschaften erleben will, sollte sich vielleicht den Streckenempfehlungen von Christoph Hennig anvertrauen. Die Kirchen an der Strecke werden knapp benannt. Detaillierte kunsthistorische Erläuterungen sind nicht zu erwarten. Dafür müsste man sich mit Zusatzinformationen „munitionieren“, sich z.B. Auszüge aus verschiedenen DuMont-Kunstführer kopieren. Die vorgeschlagenen Etappen sind nicht zu lang; es bleibt Zeit zu eigenen Erkundigungen in den durchquerten Orten. Die Schweizer Etappen von Lausanne bis Aosta sind überwiegend markiert und bestimmt landschaftlich sehr reizvoll. Frau Götzmann empfiehlt die Mitnahme einer guten Karte. Sie schlägt die 50.000er Karte von Swisstopo vor, die entsprechende Kompaß-Karte sei eher fehlerhaft. In Italien ist der Weg nur abschnittsweise markiert. Häufig ist in dem Führer von „Piste“ die Rede, ohne daß deutlich wird, ob diese asphaltiert ist.

 

Ich möchte den Weg und den Führer empfehlen. Man kann Italien und seine Liebenswürdigkeit und Alltagskultur dabei erfahren – genauer: „ergehen“. Man wird, wenn man sich auf dieses Abenteuer einlässt, durch ein Italien jenseits der Touristenzentren geführt. Eine große Qualität des Führers liegt nach meiner Einschätzung in seinen detaillierten und unkonventionellen Hinweisen für Übernachtungsmöglichkeiten entlang der Strecke. Man wird auf Klöster, Pfarrhäuser, Jugendherbergen, Privatquartiere und Campingplätze hingewiesen. Wegen der vergleichsweise vielen befestigten Wegeabschnitte könnte ich mir vorstellen, dass das Buch auch für Fahrradreisende hilfreich sein könnte. Ich habe große Teile der Trasse auf einer TCI-Karte im Maßstab 1:200.000 nachvollzogen. Da gab es mehrere Etappen, die ich gern gewandert wäre, die ich mir sehr reizvoll vorstelle. Vielleicht erhalten wir Rückmeldungen!

 

Frau Götzmann hat bei ihren Nachforschungen nach früheren Benutzern der Via Francigena u.a. den Erzbischof Sigeric (Sigerich) von Canterbury entdeckt, der von seiner Reise nach Rom im Jahr 990 eine Etappenschilderung hinterlassen hat. Es ist ein Aha-Erlebnis, wenn man begreift, welcher Sinn hinter den kryptischen, in eckige Klammern gesetzten Zeichen am Ende der Überschriften steckt: die mittelalterlichen Ortsnamen und die lateinische Zahl der notwendigen Übernachtungen bis Rom. Allerdings verkennt Frau Götzmann die Beschaffenheit des Palliums, das sich der Erzbischof in Rom als eines der Zeichen seines geistlichen Amtes selbst abholte: es war kein Wollgewand, sondern nur ein schmales besticktes Stoffband. In der heidnischen Antike erhielten es die Gewinner der Wagenrennen im Zirkus aus der Hand des Kaisers. Was erhält der heutige Wanderer in Rom und nimmt in die Heimat mit, wenn er, von Lausanne aus gezählt, nach 54 Tagen angekommen ist? Mit einer Urkunde kann man sich nicht schmücken.

 Fotos: Bettina Heidemann

 

 

 

 

 

 

Ausschnitt aus einer „Wanderkarte“ des Erhard Etzlaub, Nürnberg 1501. Man erkennt den „markierten“ Weg Bononia (Bologna) – Florenz – Siena – Viterbo – Rom. Eine andere Hauptstrecke ging von Milan(o) nach Genua; ab da konnte man auch übers Meer Richtung Rom reisen. Nvssa wurde zu Nizza, die „Delphinata“ ist die frühere Provinz Dauphiné und Marsilia die alte Form von Marseille.

(Repro: Lutz Heidemann)

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 25 - April 2008

 

 

 

 

 

 

Rolf Roost:

 

„Griechenland: E4 Peloponnes“

 

Von Lutz Heidemann

 

138 Seiten, erschienen 2007 als Outdoor-Handbuch 221 beim Conrad Stein Verlag ISBN 978-3-86686-221-0, 12,90 €

 

Anzuzeigen ist ein gerade erschienener Führer über einen Abschnitt des europäischen Weitwanderweges E4 in Griechenland. Ich bin im Frühjahr 1999 zusammen mit meiner Frau längere Abschnitte dieses sehr schönen in Nord-Süd-Richtung den Peloponnes durchquerenden Weges gegangen. Der Autor, der Schweizer Rolf Roost, erzählt in der Einleitung, dass er zusammen mit seiner Frau vor etwa 20 Jahren mit dem Fahrrad zum ersten Mal Griechenland entdeckt habe, und dass daraus spontan der Wunsch nach einer Dauerbindung zu diesem Land erwachsen sei, der schließlich in Hausbesitz und die Bewirtschaftung vieler Ölbäume eingemündet ist. Diese Sympathie wird auch beim Konzept dieses Reiseführers und sein Werben für Qualitäten und Eigentümlichkeiten des griechischen Alltags spürbar.

 

Den Kern des Buches machen die knappen, aber wie es mir scheint, sehr präzisen Beschreibungen der 15 Etappen des Weges aus. Von einem markanten Detail wird der Wanderer zum nächsten geleitet. Die Markierungszeichen am Weg werden teilweise einzeln wie gute Bekannte – oder korrekter: wie langentbehrte Freunde - aufgeführt. Wir können das bestätigen. Ein paar mehr Zeichen draußen in den Orten und in der Landschaft wären schon ganz hilfreich, bzw. würden einem ein größeres Gefühl von Sicherheit geben. Denn wenn die Blechmarken mit der charakteristischen gelben Raute mal einer „vandalischen Attacke“ zum Opfer gefallen sind, kann es schon über längere Zeit arge Zweifel geben, wie der Weg weitergeht. Es heißt im Führer: „Ein Pfad führt Sie nach wenigen Minuten zu einer Kapelle.“ Das ist in Griechenland eine Standard-Situation, aber bei kritischen Situationen nennt der Autor wenigstens die Heiligen, denen die Kapellen geweiht sind, um Einheimische fragen zu können. Wir selbst haben aber jeden Abend unseren Zielort erreicht und auch jedes mal eine Unterkunft gefunden und können den Weg und die Halbinsel Peloponnes sehr empfehlen. Erfreulich ist, dass Abschnitte neu trassiert und markiert wurden, und dass in dem interessanten Südabschnitt auch neue Übernachtungsmöglichkeiten geschaffen wurden. Der neue Führer kann eine gute Motivation und Hilfe sein, sich jetzt auf den Weg durch den Peloponnes zu machen.

 

Die ganze Strecke von Diakofto bis Gythion läßt sich in folgenden Abschnitten bewältigen:

Etappe

Etappenort

( bis …)

km pro Tag

Stunden pro Tag

Unterkunft

1

Kalavryta

22

6

viele Übernachtungsmöglichkeiten

2

Planitero

16

6

private Unterkünfte

3

Krinofita

11

4,5

keine - Taxi o. ä. nach Klitoria

4

Pagrati

16

6

enfache Gemeide-Herberge

5

Vytina

22

6,5

viele Hotels

6

über Menalon-Hütte bis Kapsia

25

7,5

luxioriöses Hotel

7

Tripolis

12

4

verschiedene Hotels

8

Taxi bis Ps. Vrisi, dann bis Ag. Petros

23

6,5

Hotel

9

Vresthena

19,5

6

Gemeinde-Herberge

10

Theologos

14,5

5,5

Taxi bis Sparta - viele Hotels

11

von Mistra bis

Anavryti

15

4,5

neues Gästehaus

12

Taygetos-Schutzhütte

13

5,5

vorher Kontakt mit Bergsteiger-Verband in Sparta aufnehmen

13

Arna

16

5,5

verschiedene Möglichkeiten

14

Ag. Nikolaos

15

5

privat, ggf. Taxi bis Gythion

15

Gythion

25

7

breites Übernachtungsangebot

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Nun zu einigen Details: Der Leser fragt sich, was ein „Flurweg“ sein mag. Ist das ein „Helvetizismus? Das eindeutig zu machen, wäre eine Aufgabe für das Lektorat gewesen, denn es gibt nämlich auch noch den „Feldweg“. Wenn, wie auf S. 114, als Alternative ein Weg über den Ort Defsina vorgeschlagen wird, halte ich es auch für einen Mangel, dass der Ort in der kleinen Kartenskizze nicht auftaucht.

Auch Mistras als „Grabungsstätte“ zu bezeichnen, kommt mir etwas irreführend vor, gerade weil es eben kein archäologischer Fundplatz ist, bei dem wesentliche Teile „ergraben“ wurden, sondern es sich um einen christlichen Ort handelt, der in spätmittelalterlicher Zeit verlassen worden ist. Aber auch nicht ganz, denn wenigstens ein Kloster ist immer noch „in Betrieb“.  

 

Auf dem Abschnitt von Vitina bis Tripolis gibt es längere Asphalt-Abschnitte. Die Menalon-Hütte ist nur am Wochenende geöffnet; sonst muß der Schlüssel organisiert werden. Wir waren damals in den Osterferien unterwegs und sind streckenweise durch knöcheltiefen Schnee gestapft. Ich hatte die Strecke über die Menalon-Hütte und dann von Sparta über den Taygetos wegen der unsicheren Übernachtungsmöglichkeiten gar nicht in Betracht gezogen. Nun wussten wir, dass es außer dem E4 noch weitere markierte Wege auf dem Peloponnes gibt. Wir sind ab Vitina auf dem Weg 32 gegangen. Dabei kommt man z.B. durch die schönen Orte Dimitsana und Karitena und durchquert südlich Dimitsana eine eindrucksvolle Schlucht. Auch die Abschnitte des „32“ südlich von Megalopolis haben ihren Reiz, obgleich auch dort die Markierung streckenweise lückenhaft ist.

 

 Auf dem Taygetos kommen beide Wege wieder zusammen. (Eine Übersichtskizze dieser Wege und des gesamten griechischen Wegenetzes findet sich in der Ausgabe 19/2006 von „Wege und Ziele“; dieser Beitrag ist auch auf unserer Website www.netzwerk-weitwandern.de zu finden.) Ich finde es schade, dass diese Alternative in dem Führer des Conrad Stein Verlages nicht erwähnt und auf der Übersichtskarte auf S. 58 nicht eingetragen wurde. Es gibt auch noch den Weg 33, der vom E4 abzweigend zu dem reizvollen Küstenstädtchen Monemvassia führt. Beides zu erwähnen hätte m. E. nicht den Umfang des Buches gesprengt. Zum Stichwort Umfang: Ich gebe zu, dass ich Höhenprofilen nichts abgewinnen kann. Hier könnte gespart werden; mit ihrer sehr krassen Überhöhung sind sie eher abschreckend.

 

Doch was ich an dem insgesamt gelungenen Buch bedauere, ist ein anderes Detail und das ist ein allgemeines Thema: Es fehlen z.B. in der Einleitung Angaben oder Hinweise, wie und wann der Weg zustande gekommen ist. Wenn man sich in einer fremden Umgebung auf eine mehrtägige markierte Strecke mit „ihren Haken und Ösen“ einlässt, freut man sich über Verlässlichkeit oder flucht leise, wenn man ins Ungewisse tappt. Dann fängt man unwillkürlich ein Gespräch mit den Wegemachern oder Wegeverantwortlichen an, denen man Ratschläge geben möchte, aber nicht kann. Anderenfalls möchte man sich bei gelungenen Abschnitten, und die gibt es bei diesem Weg nun wirklich in großer Zahl, wenigstens gedanklich bedanken. Hier beim E4 hat, wie bei anderen Teilen des griechischen Netzes, die „Vaterfigur“ Anastasios Rigas eine wichtige Rolle beim Entstehen des Weges gespielt. Ich habe mich mit Rolf Roost darüber ausgetauscht. Der inzwischen über 90jährige Rigas ist auch der Verfasser eines 1995 auf deutsch erschienenen Führers des hier zur Rede stehenden Abschnittes. Roost hat mit Rigas über seine Veröffentlichung gesprochen; Rigas hat sich gefreut, dass seine Arbeit fortgeführt wird. Ich fände es gut, wenn diese Dinge bei einer hoffentlich regen Nachfrage und einer dann zustande kommenden Neuauflage ergänzt würden. In der Rigas-Veröffentlichung sind die Kartenskizzen auch etwas detailreicher. Warum nicht zusammenarbeiten? Schwerer ist das Problem der unterschiedlichen Qualität der Markierungen. Der Stolz, wenn eine Strecke festgelegt und markiert ist und feierlich in Anwesendheit von Honoratioren eröffnet wird, ist eine Seite, die jährliche Kontrolle und Reparatur die andere Sache. Und dafür sind unterschiedliche regionale Verbände zuständig.

 

 

Griechenland ist in verschiedene Wander-Sektionen eingeteilt, in denen jeweils ein lokaler Bergsteigerverein zuständig ist. Arkadien mit Sitz in Tripolis sei nicht besonders interessiert, könnte der Wanderer auf diese Weise schlussfolgern. Beim Bergsteigerverein von Sparta wiederum hat Roost den Eindruck, der sei sehr begeistert von „seinem“ Taygetos und folglich sei es ein Genuss, dort zu wandern. Hier ist es vielleicht auch mehr „Hochgebirge“. Es müsste als Ergänzung zu den Bergsteigern, die in der Regel keine Wanderer sind, eine Initiative der am Weg liegenden Fremdenverkehrsämter geben, denn deren Klienten – gerade in den kleinen Orten - zehren von den ausländischen Wanderern. Und warum auch nicht bei einer erneuten Begehung – und dann autorisiert – einige fehlende Markierungen ergänzen? Steinmännchen sind von Roost ja schon gebaut worden, wie er erwähnt. Er will auch bei der Markierung mitmachen, schrieb er mir. So viele Weitwanderer sind wir nämlich nicht; wir müssen zusammenhalten. In dem Sinn: „Jàssu ke kali sinechia!“

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 25 - April 2008

 

 

 

 

 

 

Wanderführer – frisch ausgepackt und vorgestellt

 

von Tilman Kleinheins

 

Ich öffne vor einigen Tagen den Briefkasten und halte eine Aufforderung des Zollamts Lübeck in Händen: Ein Päckchen aus der Schweiz sei eingetroffen, ich solle erklären, gegebenenfalls verzollen. Was war drin ? Besprechungsexemplare des Rotpunktverlages. Um einerseits der drohenden Einfuhrabgabe zu entgehen und andererseits den Weiterverkauf unmöglich zu machen, drückte mir der beflissene Zollbeamte, nachdem ich lange auf dem Linoleumgang gewartet hatte,  in jedes Buch einen Zollstempel. Erledigt. Schengener Abkommen? Europäischer Binnenmarkt ? Wie schnell gewöhnt man sich an freies Reisen, problemlose Bestellungen und Banküberweisungen ins EU–Ausland, an die angenehmen Seiten von Global Europe. Langes Warten, Aufreißen von Kleinstsendungen, Stempel, Mahnung und Warnung wirken da schnell anachronistisch. Alles aber gerne hingenommen für den Inhalt der Sendung: sechs druckfrische Rotpunkt – Wanderführer.

 

Gäbe es die Reihe noch nicht, man müsste sie glatt erfinden. Ungeteiltes Lob quer durch den Zeitschrifen- und Zeitungswald. Selbst Gewichtspuristen unter uns Weitwanderern schweigen ob der Vielzahl von Grämmern, die es u. U. mitzu-schleppen gilt. Andererseits ersetzt ein Wanderführer des Verlages durchaus den zusätzlich mitgetragenen Krimi oder Roman. Die vielen Hintergrund – Informationen zu jeder Tagesetappe erzählen eigene Geschichten, und dazu noch wahre.

 

Da die Reihe also den meisten unter den Lesern bekannt ist  (siehe auch: Günther Krämers Abruzzen–Band-Besprechung im letzten Dezember-2007-Heft von “Wege und Ziele”), sei hier nur auf die Neuauflagen und Neuerscheinungen hingewiesen:

 

1. Reto Solèr: Uri – Gotthard, Vom Mythos zur Moderne, 22 Wanderungen in der Urschweiz.

Die beschriebenen Touren lassen sich zu einer Umrundung des Urner Landes zusammensetzen. Urner See – St. Gotthard – Urner See.

ISBN 978-3-85869-348-8, 1. Auflage, 2007, 26,00 €

 

2. Philipp Bachmann: Zu Fuß von Genf nach Nizza

42 Tagesetappen schlägt der Autor für eine Grande Randonée von Genf nach Nizza vor. Dabei geht es nicht um den x-ten GR 5 – Führer, sondern um eine wunderbar alternativ ausgesuchte Strecke, die nur gelegentlich auf die bekannte Schwester zurückgreift. Startpunkt ist ja auch Genf und nicht St. Gingolph am Südufer des Sees weiter östlich. Philipp Bachmann hat bei Rotpunkt auch den Band „Jurawandern“ vorgelegt; mit genügend Geld und Zeit sind alle drei Bände aneinander zu erlaufen.

 

Band 1: Savoyen und Dauphiné, 1. Aufl. 2008, 978-3-85869-360-0, 24 €

Band 2: Provenzialische Alpen, 1. Aufl. 2008, 978-3-85869-361-7, 22 €

 

Was haben Prof. Brämer aus Marburg und H. -P. Kerkeling aus jawohersollichdaswissen gemeinsam? Sie sorgen für einen nicht geahnten Schub fürs Weitwandern. Der eine im wanderbaren Deutschland, der andere im fernen Spanien. Aber Hand aufs Herz: Ist unsereinem der Gedanke, an die über eine Million verkauften Exemplare von Kerkelings „Ich bin dann mal weg“ nicht auf Anhieb unsympathisch? Unsympathisch, weil wir unser Tun stark mit Begriffen wie Alleinsein, Unerreichbarkeit und Abgeschiedenheit verknüpfen?

 

Zwei Antworten darauf:

 

Zum Einen lässt uns die Ballung der neu animierten Weitwanderer vornehmlich auf dem Pyrenäen–Compostela–Weg immer noch mehr als genug Freiraum für eigene Touren nach obigem Muster (mal von GR 20, Rheinsteig und anderen Kultwegen abgesehen). Diejenigen aber, und seien es noch so dröge Zeitgenossen, die erstmalig eine zwei-, drei-oder vierwöchige Fußwanderung u. a. durch die schattenlose Meseta hinter sich bringen, sollten doch als bescheidenere, weisere und weltoffenere Menschen zurückkehren. Quasi weniger Schwachmaten, wie der Holsteiner gerne sagt. Und das ist ein Verdienst von Kerkeling.

 

Zum Zweiten profitieren wir selbst nicht schlecht von dieser Entwicklung, diesem seit Jahren herbeigeredeten Trend zum Weitwandern (Wieviele andere Fernwanderer habt Ihr denn getroffen auf Euren Touren ?). Denn auf einmal erkennen z. B. Verlage, die bislang ausschließlich „Die schönsten Touren rund um ....“-Führer herstellten, dass es eine kaufkräftige Zielgruppe für Weitwanderführer gibt. Nicht nur das, es werden sogar ganz neue Führer – Reihen aus dem Boden gestampft. Ferner fließen vermehrt Fördermittel in die Schaffung und Instandhaltung neuer Wege.

 

Die Wandervereine in Deutschland scheinen die Aversion gegen Brämer und Co. überwunden zu haben und kommen nach und nach mit neu gestalteten Prämium – Wegen heraus. Es ist auf einmal Geld für Wegearbeit vorhanden, welches die Vereinskassen in dem Maße nie hergaben. Die Investoren heißen Fremdenverkehrsamt, Gastronomie, Hotellerie, Kulturministerien der Länder oder EUREGIO. Mit Respekt denke ich an die Pioniere der Europäischen Wandervereinigung, deren Saat und deren Idealismus nun auf wunderbare Weise aufgeht und bestätigt wird.

 

Genug räsoniert, es wird konkret: Eine nagelneue Weitwanderführer–Reihe wird ab April dieses Jahres in den Buchhandlungen zu finden sein: HIKELINE. Kommt Ihnen sicher bekannt vor. BIKELINE ist der sehr erfolgreiche Radtouren – Bruder. Also ein österreichischer Verlag, der sich die gebündelte Herausgabe von prämierten Weitwegen in Deutschland vorgenommen hat. Seitentaschen – Format, Spiralbindung, brauchbare 1:35 000–Kartographie mit Infos zur Bodenbeschaffen-heit der Wege, Höhenprofile, natürlich Wegbeschreibung, Übernachtungs-verzeichnis (nicht nur Telefonnummern von Fremdenverkehrsämtern, wie sonst üblich), Stadtpläne, Sehenswertes, alle 12,90 €

 

Im März 2008 erschienen:

 

Rothaarsteig, 220 km, ISBN 978-3-85000-506-7

 

Panoramaweg Taubertal, 120 km, ISBN 978-3-85000-507-4  (erscheint erst 9/08)

 

Altmühltal – Panoramaweg, 200 km, ISBN 978-3-85000-500-5

 

Im April 2008 waren geplant:

 

Hünenweg (vormals Friesenweg), Papenbourg – Osnabrück, 190 km,

ISBN 978-3­85000-503-6

 

66 – Seen – Wanderweg, 390 km–Tour rund um Berlin, ISBN 978-3-85000-501-2

 

Rheinsteig, 310 km, ISBN 978-3-85000-508-1

 

Rennsteig, 169 km, ISBN 978-3-85000-505-0

 

Und im Mai stehen auf dem Programm:

 

Westerwaldsteig, 230 km, verbindet Rothaar-mit Rheinsteig, nagelneuer Weg, ISBN 978-3-85000-502-9

 

Harzer Hexenstieg, Osterode – Brocken – Thale, 95 km,

ISBN 978-3-85000-504-3

 

und natürlich auch: Jakobsweg Spanien, Pamplona – Burgos – Leon - Compostela,

ISBN 978-3-85000-509-8

 

Viele Vorschuss–Lorbeeren für eine Reihe, die es noch gar nicht gibt. „Globetrotter“ hat die Reihe sofort in seinen aktuellen Katalog aufgenommen. Bin überzeugt, dass sich die Bücher in der Praxis bewähren.

 

Und gleich der nächste Knaller: Frank Rainer Scheck zeichnet als Herausgeber einer neuen Wanderführer–Reihe beim bekannten Reise Know–How Verlag verantwortlich. Für den April sind vier Titel angekündigt, wobei der von Scheck (siehe auch: „Die Höhenwege des Aostatals“, Verlag der Weitwanderer, Edewechterdamm, 1999, ISBN 3-930187-10-8, lieferbar übers GeoCenter) mit Abstand der interessanteste ist. Aber Hut ab: Scheck als Herausgeber hat einen hohen Anspruch an die Qualität eines Wanderführers. Von daher mit Spannung zu erwarten sind:

 

F.R. Scheck / Wolfgang Mikus: Zwischen Lago Maggiore und Comer See,

ISBN 3-8317­1695-1, 1. Aufl. 2008, 12,50 €.

Der Band beschreibt sieben mehr-tägige Wanderungen zwischen zwei und sieben Etappen Länge: der Grüne Weg des Malcantone, die Camoghè – Runde, die Tamaro – Runde, die Grenzkamm – Route, der Vier-Täler-Weg zwischen Lago die Lugano und Lago di Como. Außerdem die Via Monti Lariani und der Weg des Larianischen Dreiecks. 300 km gesamt.

 

Manfred Görgens, Cinque Terre und Umgebung, 1. Aufl. 2008,

ISBN 3-8317-1692-7, 12,50 €.

22 Touren sind für den Titel geplant, dabei die 5-tägige Küstenwanderung

 

3. John Sykes, Die Schottischen Highlands, 1. Aufl. 2008, ISBN 3-8317-1696-X, 12,50 €.

30 Touren inkl. Great Glen Way (Fort William – Inverness, also low level Coast to Coast)

 

Alle Führer sollen farbig erscheinen, Griffmarken haben, ebenfalls konkrete Unterkunftsangaben bieten, Höhenprofile. Die Reihe setzt also nicht nur auf Weitwanderer (es wird ein Kreta West- und ein Kreta Ost-Buch geben, die ohne Ferntour auskommen), sondern bedient Urlauber vor Ort, die auch “m a l” wandern gehen möchten, Frank Rainer Schecks Band ausgenommen.

 

Nicht unerwähnt bleiben darf der Pionier–Verlag unter den Wanderbuch–Verlagen in Deutschland: der Conrad Stein Verlag. Keine anderen Buchmacher haben ein derart umfangreiches und differenziertes Programm zu Outdoor–Themen aller Art herausgebracht.

 

Thema Nr. 1: Weit- und Fernwandern. Vorweg gesagt: die Aufmachung und Ausstattung der Führer polarisiert: Finden die einen, es gebe viel zu wenig Zusatzinfos, die Bücher seien schmalbrüstig, schätzen die anderen Langläufer eben genau das. Die gelben Bändchen bieten das, was man unterwegs tatsächlich braucht – und nicht mehr. Es wird viel häufiger mit Piktogrammen gearbeitet, als bei Rotpunkt, wo sie fast keine Verwendung finden. Wer also auf „schöne Bücher“ steht, der muss sie auch tragen. Beim Stein Verlag ist das kein Problem.

 

Das Programm ist dermaßen umfangreich (www.conrad-stein-verlag.de), dass hier lediglich die wichtigsten Neuauflagen und Neuerscheinungen genannt seien. Aber versprochen: Es gibt echte Schätzchen darunter.

 

Deutschland: Eifelsteig,  erscheint Mai/Juni 08, 978-3-86686-226-5,  9,90 €

 

Deutschland: Rheinsteig, erscheint April/Mai 08, 978-3-86686-220-3,  9,90 €

 

Deutschland: Römerkanal – Wanderweg, auf den Spuren der über 2000 Jahre alten und 111,3 km langen Wasserleitung aus der Eifel (Nettersheim) nach Köln. Die Leitung ist an vielen Stellen „erlebbar“ (gruseliges Marketing–Wort)

 

Der älteste deutsche Wander- und Bergführer–Verlag, ist der in München zu findende Bergverlag Rother. Das umfangreiche Programm bietet zwar in erster Linie Rundwander–Bücher bzw. die bekannten Alpenvereinsführer für Kletterer an, hat aber in den letzten zwei Jahren zunehmend Bücher unseres Interesses im Programm. In der kleinen roten Wanderführer–Reihe, in der bereits drei Jakobsweg–Bücher zu bekommen sind (Le Puy – St. Jean-Pied-de-Port (Pyrenäen), der Klassiker Pyrenäen – Compostela und Via de la Plata: Sevilla – Compostela) sollen zwischen April und September weitere Bände erscheinen. Bei Interesse, einfach mit den bibliografischen Angaben beim Buchhändler Eures Vertrauens nachfragen und ggf. vormerken lassen.

 

Neuauflage des Arnowegs (Juni 2008). Der 1200 km und 63 Etappen umfassende Weg umrundet das Salzburger Land, ISBN 978–3–7633–4293–8,   18,90 €

 

2. Fernwanderweg E 5: Konstanz–Verona, 30 Etappen,

ISBN 978-3-7633-4357-7,  14,90 €, erscheint Juli 2008

 

Korsika: GR 20, ISBN 978–3-7633–4353–9, 14,90 €,  Juli 2008

 

Französischer Jakobsweg von Straßburg bis Le Puy-en-Velay: einer der wenigen Bände, der einen der meist genannte französischen Routen quer durchs Land beschreiben wird. ISBN 978–3–7633–4366-9, 14,90 €, Juni 2008

 

und offenbar unvermeidlich: Rheinsteig, 978–3–7633–4354–6, 14,90 €, Juni 2008

 

Es lohnt sich oft, in die Rother–Wanderführer, die die Alpen lückenlos ( ! ) abdecken und viele weitere europäische Ziele beschreiben, hineinzusehen, da sehr viele Rundwanderbücher doch Mehrtagestouren beinhalten. Entweder in der Kombination beschriebener Einzeltouren (z. B. beim „Ossola–Täler“ den nördlich-sten GTA–Abschnitt bzw Zugang, urspr. Ossola–Höhenweg) oder aber am Ende des jeweiligen Buches.

 

Das Pferd von hinten aufgezäumt haben die Macher von www.fernwege.de. Eine sehr klar gestaltete Seite zum Thema, mit Foren zu einzelnen Ländern, mit etappenweisen Beschreibungen ganzer Wege, aber auch mit Buch-, Landkarten-und DVD–Versand. Im Eigenverlag erscheint dort, was den kreuzlahmen Wanderer freut: Leichtgewichtige, auf jeden Schnickschnack verzichtende Führer.

 

Die sind aber nur ein Nebenprodukt einer höchst aktiven Mannschaft. Die Seite bietet wirklich alles zum Thema Weitwandern. Angekündigt sind neue Etappenbeschriebe zu folgenden Wegen: Goldsteig (Marktredwitz – Passau), dem E 3 in den Beskiden (Karlsbrunn – Hohe Tatra – Zakopane), der Tour des Glaciers de la Vanoise (eine Umrundung des Vanoise – Gletschers) und dem Saar – Hunsrück – Steig (ein neues Kind der prämierten und klassifizierten Weitwanderwege in Deutschland). Die Seite ist insgesamt sehr empfehlenswert.

 

In www.Internet–Zeiten ist nun über den deutschen Buchmarkt hinaus das Bibliografieren und Bestellen ausländischer Wanderliteratur wesentlich einfacher geworden. Was früher eine Domäne von Spezialisten war (s. u. a. Gert Trego), kann heute mit ein wenig Übung jedermann. Und: Bezahlung per Euroüberweisung, am schnellsten auch im Netz. Weiß man genau, welcher Titel gesucht wird, oder möchte man nachsehen, was z. B. zum Offa–Dyke-Path angeboten wird, ist man bei www.amazon.de, Rubrik: Englische Bücher, gut aufgehoben. Dort sind übrigens auch gebrauchte Führer von privat zu erstehen. Einziges Manko: die Portokosten beim Bezug können den Buchpreis wesentlich verteuern.

 

Sucht Ihr dagegen vergriffene Bücher, so sind das bekannte Zentralverzeichnis antiquarischer Bücher, www.zvab.com, oder der östereichische Bruder, der noch mehr Buchanbieter durchkämmt, www.sfb.at, die richtige Wahl. Mit ein wenig Glück findet man z. B. die lange vergriffenen Bände des Deutschen Wanderverlages zu den Europäischen Fernwanderwegen und sei es nur, um sich die Wegverläufe vor Augen zu führen.

 

Direkt bestellen kann man aber auch bei den Franzosen, die die Topo – Guides herausgeben (www.ffrandonee.fr). Dort den Katalog anklicken und unter „nouveautés“ schauen, was neu ist. Genauso lässt’s sich auf der Seite nach Bänden zu bestimmten GRs suchen. Die Bestellung kann mit Kreditkarten–Angaben innerhalb einiger Tage im Briefkasten liegen. Keine normale Buchhandlung kann das bieten. Mit offener Rechnung bis 25,00 € liefern die Belgier, bei höherem Betrag gegen Vorausüberweisung: www.groteroutepaden.be. Besonderheit: das Angebot umfasst die niederländischen Lange-Afstand-Wandelen -Bände (LAW), die französischen Topo–Guides und die belgischen Topo–Guides. Die Seite ist recht einfach aufgebaut, im Menü unter „winkelen“ wird man fündig.

 

Noch ein paar Schmankerl zum Schluss:

 

Bei FFRP ist relativ neu erschienen: Les GR de Picardie,

EAN 978-2-7514-0156-5, Ref. 800. Der Band beschreibt Teilstücke 8 verschie-dener GRs: GR 11, 12, 14, 122, 123, 124, 125 und 142. Für alle Fans des eher unspektakulären Streifens durch Frankreichs „Hinterhöfe“. Schöner Band.

 

Neu bei den Belgiern: GR Ijzer, 7 Tagesetappen von der Quelle zur Mündung des Flüsschens Ijzer (104 km), Startpunkt: Buysscheure in Frans–Flandere, also dem französischen Flandern, Zielort: Nieuwpoort an der niederländischen Küste. Vierfarbiger Führer, 1:50000er Karten, Unterkunftsverzeichnis, in holländischer Sprache.

 

Bei Fernwege.de ist eine recht anschauliche DVD „Traumpfad über die Alpen: Vom Marienplatz zum Markusplatz“ erhältlich. Ludwig Graßler selbst führt eine kleine Gruppe nach Venedig und erläutert in einem Interview die Entwicklung des Traumpfades.

 

Bei amazon.de unter den englischen Titeln: Mark Moxon: When I Walk, I Bounce: Walking from Land´s End to John o´Groats. Very british indeed sind die Aufzeichnungen, die Mark Moxon über seine Durchquerung Großbritanniens in Buchform herausgibt. Alle Höhen und Tiefen einer solch langen Tour werden amüsant und anschaulich beschrieben. Der Autor kann z. B. dem Pennine Way – Teilstück der Durchquerung nichts, aber auch gar nichts abgewinnen: Nebel, waagerecht stehender Regen und Moor, Moor, Moor. Großartig auch die Schilderung der Ankunft in John o´Groats. Vor der Freude übers Erreichte, gilt es erst einmal der innerlichen Leere und Verwunderung darüber, Herr zu werden. Natürlich gibt’s auch eine ausführliche Seite im Internet: www.landsendjohnogroats.info.

 

 

 

 

 

 

 

Dazu passend der überragende Wanderführer von Cicerone Press: End to end Trail. Die über 2000 km lange Strecke verlinkt bestehende Long Distance Paths. Dort, wo in der vorgeschlagenen Route Lücken zwischen den markierten Wegen bestehen, werden penibel gezeichnete Strecken geschildert: jeder stile, jeder fence, jeder pub.

  

Das Angebot an Wander- und Trekkingführern zu markierten Fernwegen ist mittlerweile so umfangreich, dass hier naturgemäß nur eine kleine Auswahl erwähnt werden kann. Des-halb: Augen auf in den Buchhand-lungen (vor allem Dr. Götze in Hamburg, Geobuchhandlung in Kiel, Gleumes in Köln, Geobuch in München, Reisefibel in Leipzig, Vogt in Freiburg, etc.) und ab und zu mal im Internet nachsehen. So bin ich jeden-falls auf den Selketal – Steig im Harz gestoßen, den ich Ende April unter die Füße nahm. Und Literatur dazu gab´s auch.

 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 26 - August 2008

 

 

 

 

 

 

 

 

Zwei Buchbesprechungen von Heinz Schulte SJ

 

Fritz und Erika Käfer unter Mitarbeit von Günther Eigenthaler:

 

Österreichischer Weitwanderweg 05

 

Vom Waldviertler Hochland zu den Windischen Büheln

 

Der Nord-Süd-Weg Nebelstein – Eibiswald. Eigenverlag der Sektion

Weitwanderer des Österreichischen Alpenvereins, 6., von Grund auf

überarbeitete Auflage. Übersichtskärtchen 1:200 000, Höhendiagramme,

111 S., 6,40 €.

 

Erhältlich im Fachhandel oder über die Sektionsadresse: Thaliastraße 159/3/16, A-1160 Wien, Tel. und Fax 01/493 84 08 oder 0664/2737242, weitwanderer@sektion.alpenverein.at   www.alpenverein.at/weitwanderer

 

Ein Klassiker ist wieder da: Der Führer zum ältesten und meistbegangenen der alpinen österreichischen Weitwanderwege, dem „Nord-Südweg 05“, ist in 6. Auflage überbearbeitet in der Reihe der neuen ÖAV-Weitwanderführer erschienen.

 

Der leider zu früh verstorbene Bildhauer Karl Hermann, der erste Vorsitzende der Sektion Weitwanderer des ÖAV, hat diesen herrlichen Weitwanderweg vom Nebelstein an der tschechischen nach Eibiswald an der slowenischen Grenze, seiner Heimat, erkundet und dann durchgesetzt; er war auch der Verfasser des ersten Führers zu diesem Weg von Norden nach Süden über die Alpen. Die späteren Auflagen und nun diese grundlegende Neubearbeitung haben sein Nachfolger, der heutige Vorsitzende der Sektion Weitwanderer ÖAV, und zum beträchtlichen Teil dessen Ehefrau und ein Mitarbeiter geschaffen. Karl Hermann hatte in den Norden Österreichs geheiratet. Der ursprüngliche Anstoß zu diesem ersten, großen österreichischen Weitwanderweg, war sein Wunsch „einmal zu Fuß nach Haus zu gehen“.

 

Der Nord-Süd-Weg beginnt am Nebelstein, den man von Deutschland über Linz und dann über St. Martin im Waldviertel leicht erreicht (Bahn und Bus). Vom Granitgipfel des Nebelsteins hat man einen weiten Blick hinaus nach Böhmen. Die Nebelsteinhütte des ÖAV liegt am Anfang und am Kreuzungspunkt mehrerer Weitwanderwege. In den nächsten Tagen führt der Weg durchs vom Fremdenverkehr noch relativ wenig „entdeckte“, einsame Waldviertel, Wälder, Wiesen, Felsen, fast skandinavische Eindrücke. Vom Jauerling steigt man hinab nach Spitz an der Donau, die man auf einer Rollfähre überschreitet. Die berühmte Abtei Melk erinnert einen wieder einmal daran, dass in Österreich Weitwanderwege immer auch Kulturwege sind. Dann geht es durch das Voralpenland, dessen Herrscher der mächtige Ötscher ist. Hier wird der Weitwanderweg zum Wallfahrtsweg: Nicht nur der Stern der sechs Mariazeller Wallfahrtswege („06-er“), auch der „05-er“ berührt den berühmtem Wallfahrtsort, den bedeutendsten Mitteleuropas. Man kann einen Besuch bei der „Magna Mater Austriae“ machen. Hier beginnt der eigentlich alpine Teil des 05-er, der aber – bei passablem Wetter – nie wirkliche Schwierigkeiten bietet. Man Überschreitet die Hohe Veitsch und dann den Hochschwab und den Reichenstein. Echte alpine Schwierigkeiten kann bei Nebel oder Schneefall (Schneesturm) eigentlich nur die Überschreitung des Hoch-schwab machen. Bei gutem Wetter (sichtbaren Markierungen auf dem Kalk des Karrengeländes) gibt es aber keine Probleme. Natürlich könnte man bei zweifelhaftem Wetter und mangelnder Zeit das Hochschwabstück auch umgehen. Aber das wäre sehr schade: Es ist ein Prachtstück alpiner Szenerie. Von Leoben geht es dann über die sogenannten „Windischen Büheln“, ein Hochalmengelände, weiter nach Süden. Der Weitwanderweg verläuft hier immer in ziemlicher Höhe und Einsamkeit. Anfangs war das sehr lange Stück zwischen dem Hochangerhaus und dem Gleinalpenhaus bei Wettersturz nicht ungefährlich, weil auch die Abstiege immer lang sind. Die Sektion „Weitwanderer“ hat aber halbwegs ein Biwak eingerichtet, in dem man nun im Notfall Unterschlupf findet (AV-Schlüssel mitnehmen!). Vom Koralpenhaus steigt man dann zum Endpunkt Eibiswald ab.

 

Der Führer beschreibt die 21 Etappen des 510 km langen Weges von Norden nach Süden (wie Hermann damals „heimgegangen“ ist). Er ist aber auch von Süden nach Norden sehr empfehlenswert (der Rezensent ist ihn in beiden Richtungen ganz gegangen). Unzählige Wanderer sind Stücke des 05-er gegangen; über 7000 Bergsteiger sind ihn seit 1970 nachweislich bereits ganz gegangen. Der „05-er“ folgt weitgehend dem 15. Meridian und immer wieder wird der Wanderer unterwegs darauf aufmerksam gemacht, wenn er wieder einmal den 15. Meridian überschreitet. Der „05-er“ bietet alles: Flora vom Donautiefland bis ins Hochgebirge, Burgen im Waldviertel, Kirchen, Klöster und Kultur bis zum großen Wallfahrtsort Mariazell, Einsamkeit der endlosen Wälder im Waldviertel und der stürmischen „Hohen Almen“ im Süden, evtl. sogar mit einer Nacht im Karl-Hermann-Biwak.

 

Die einzelnen Tagesetappen sind im neu bearbeiteten Führer gleich gestaltet wie in den anderen der neuen Reihe: Den Anfang macht eine knappe Übersicht des heute zu gehenden Weges, Höhenmeter, Zeiten, Angabe der Kontrollstempelstellen (falls man am Ende das Abzeichen möchte), Wegnummerierungen, Höhenmeter auf und ab.

 

Dann folgt das Höhendiagramm (die farbigen Karten 1: 200 000 sind zwischen die Tagesetappen verteilt).

Dann Zufahrt und Einkehr- und Übernachtungsmöglichkeiten mit Telefonnummern. Dann die nötigen Karten. Dann „Wissenswertes“ (oft ausführlich: Kultur, Geschichte, Allfälliges) und schließlich die sehr genaue und sehr ausführliche Wegbeschreibung.

 

Der Nord-Süd-Weitwanderweg ist der älteste, die Alpen überquerende Weitwanderweg in Österreich. Es gibt unterdessen eine ganze Reihe weitere alpenüberquerende Wege in Österreich und den anderen Alpenländern. Der klassische Nordsüdweitwanderweg war deren Vorbild und er ist auch heute einer der schönsten alpinen Weitwanderwege.

 

 

Striebig, Thomas:

 

Wanderungen durch die Vogesen.

 

16 Rundtouren durch Nord-, Mittel- und Hochvogesen

 

Band 20, Morstadt-Verlag, Kehl, 2007, ISBN 978-3-88571-327-2, 314 S.,

440 Gramm, 217x121x19 mm, viele farbige Bilder und Routenkarten,

broschiert 17,50 €,

 

Thomas Striebig hat vor einigen Jahren bereits einen Vogesenführer veröffentlicht (Striebig, Thomas: Zu Fuß durch die Vogesen, auf dem GR 53 und 5 von Wissembourg nach Belfort, ISBN-13: 9783932354014). Dieser, sein erster Vogesenführer, war ein Weitwanderführer; er folgte den GR 53 und GR 5. Französische und italienische Weitwanderwege werden nicht selten von kürzeren, kreisförmig angelegten Wanderwegen begleitet. Am südlichen GR 5 heißen diese Ringwege „anneaux“. Auch im Elsass gibt es solche Ringwege. Der neue Führer von Thomas Striebig stellt sechzehn Ringwege in den Vogesen zwischen Wissembourg und Mulhouse vor.

 

Der Band ist sehr praxisnah gestaltet: Nach dem Vorwort folgt eine Übersichtskarte des Elsass, in der man alle sechzehn Ringwege mit einen Blick überschaut. Im Textteil folgen dann neun weitere Karten, die jeden einzelnen der sechzehn Wege im Detail darstellen. Natürlich ersetzen diese Kärtchen im Führer nicht die – ebenfalls vorgestellten – eigentlichen Landkarten. Aber sie geben eine ausgezeichnete Übersicht. Dieser Führer stellt eigentlich zunächst vierzehn mehrtägige Wochenendwanderungen und zwei größere Ringwege vor, die man natürlich jeweils auch im Zusammenhang mit den beiden, im ersten Führer beschrieben GR gehen kann. Aber diese am Anfang stehende Übersichtskarte ermöglicht es auch, mehrere dieser Ringwege zu kombinieren, zu mehr oder minder langen Weitwanderwegen zu kombinieren.

 

Zwei Aspekte des Wanderns im Elsass, die Striebig betont, machen regelrecht Appetit: Die Tatsache, dass man dort nicht so oft wie in deutschen Mittelgebirgen (oder auch in Österreich außerhalb des eigentlichen Hochgebirges) auf langweiligen Forststraßen wandern muss, sondern auf schmalen Fußwegen gehen kann. Auch seine Warnung, es gehe manchmal „über Stock und Stein“, stört wenigstens den Rezensenten nicht. Eigentliche Wanderwege sind für ihn allemal attraktiver als asphaltierte Wirtschaftswege.

 

Der zweite Appetitanreger sind seine vielfältigen Hinweise in den verschiedenen Ringwegen auf die berühmte elsässische Küche. Es läuft einem bei der Lektüre geradezu das Wasser im Mund zusammen. Striebig widmet der Küche am Anfang des Buches ein eigenes Kapitel und geht sehr in die Einzelheiten. Dass man Zeit mitbringen muss, wenn man im Elsass einkehrt, schreckt den Wanderer keineswegs ab, - es macht im Gegenteil Appetit.

 

Der Autor ist studierter Historiker. Das merkt man fast auf jeder Seite. Und gerade in einem Elsassführer ist diese Tatsache ein Gewinn. Er bietet nicht nur ein ganzes, ausführliches Kapitel zur Geschichte des Elsass. In jeder der einzelnen Tourenbeschreibungen, bei bedeutenden Gebäuden, Ruinen, Burgen, Kirchen wird der Wanderer kompetent informiert, bis hin zu den Sagen. Gerade im Elsass, das zwischen zwei Kulturen, zwischen zwei Sprachen, zwischen zwei großen Ländern liegt, gerade im Elsass mit seiner wechselvollen Geschichte gäbe es verschiedene Fettnäpfchen, in die ein Autor treten könnte. Striebig bietet eine kluge, ausgewogene Darstellung.

 

Auch über die Unterkünfte, die nötige Ausrüstung und den Charakter der Berge im Elsass, die man vor allem in den Hochvogesen nicht unterschätzen darf, wird man kompetent informiert. Praktisch finde ich auch – für Wanderer, die kein Französisch sprechen – die Erklärung wichtiger, auch im Führertext verwendeter französischer Ausdrücke. Die äußere Form des Führers ähnelt der neuen Führerreihe des ÖAV für die österreichischen Weitwanderwege: schmal, in Anoraktaschen passend.

 

Nur eine Sache gefällt dem Rezensenten, der auf seinen Weitwanderwegen mit jedem Gramm geizt, weniger: das Gewicht des Führers (440 Gramm). Wenn man allerdings die Qualität will, die dieser Führer nicht nur im Text, sondern auch in der Ausstattung durch den Verlag erhalten hat, muss man eben gutes Papier nehmen. Und das hat sein Gewicht.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 26 - August 2008

Günther Krämer:

Das Puschlav

 

Lanfranchi, Corina: Das Puschlav, Wanderungen zwischen Gletscherseen und Kastanienwäldern, Rotpunktverlag,1. Auflage, 04.2008, ISBN 3-85869-371-5,

296 Seiten, 19,0 x 13,0 cm, CHF 44,00, 26,00

 

Das Puschlav (Val Poschiavo) ist ein Südbündner Bergtal zwischen dem Berninapass und der italienischen Grenze bei Tirano (Die Redaktion).

 

In der Reihe Naturpunkt ist dieser Wanderführer erschienen. Leider kommt die Natur darin etwas zu kurz, dafür gibt es eine Vielzahl historischer, politischer und kultureller Informationen in diesem – wie vom Rotpunktverlag gewohnt – perfekt ausgestatteten Wanderbuch.

 

Leider war das Lektorat etwas schlampig: heißt es nun Campagnada (Karte) oder Campagneda (Text)? Vielleicht habe ich als naturwissenschaftlich ausgebildeter Wanderer einen zu hohen Anspruch, aber Buchweizen ist nun 'mal kein Getreide, sondern ein Knöterichgewächs. Und das Kastanienbild zeigt eine Rosskastanie anstatt der daneben im Text beschriebenen Esskastanie.

 

Worauf wandern wir: Geologie? Fehlanzeige, außer bei der Beschreibung der Steinbrüche! Was wächst um uns 'rum? Botanik? Ein paar Hinweise auf Nutzpflanzen und eine Edelweißfundstelle müssen genügen. Frau Lanfranchi, Journalistin, Germanistin und Buchhändlerin, liebt ihre Heimat, kennt die Wege und die Menschen. Diese Affinität hat ein Buch entstehen lassen, das zum Urlaubmachen im Puschlav verführt. Aber sie scheut bei den Einkehrmöglichkeiten und den Quartieren negative Bewertungen oder Verbesserungsvorschläge. Wanderer und vor allem Weitwanderer brauchen klare Worte!

 

Die Wanderungen können auf Grund der Beschreibung und der Kartenausschnitte leicht nachgewandert werden. Maximal Zweitagestouren werden beschrieben, die aber problemlos zu Weitwanderungen zusammengestellt werden können, auch wenn die das Tal durchziehenden Weitwanderwege Via Valtellina und Via Alpina nur kurz erwähnt werden. Aber vielleicht sollte man doch mal die alten Säumerwege vom Engadin über den Berninapass nach Tirano oder die Umrundung der Berninagruppe unter die Füße nehmen!

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 28 - April 2009

Gerhard Wandel:

 

Franz Lerchenmüller: „Leichtes Gepäck“

 

„Sinnvoll ist das alles überhaupt nicht: Da stapfen sie tagelang in schmatzenden Schuhen durch schottische Sümpfe, quälen sich blasenwerfend die Flanken des Hochgrat hoch, ernähren sich mühsam von hitzegewellten Käsebroten und Landjägern zu Goldgräberpreisen, und wenn sie zurückkommen in die Zivilisation, ist bestimmt eben der letzte Bus weggefahren. Die Liste der Ärgernisse beim Wandern ist endlos, und sie kann, nach den Gesetzen der Logik, nur in einem Plädoyer gipfeln: „Bleibt gefälligst zu Hause!“

 

Jeder sieht es ein, niemand hält sich daran, alle machen sich weiter auf den Weg (…) Warum tun die das?“

 

Durch sein Buch mit dem Untertitel „Wandern und Trekking in Deutschland und der Welt“ 1. Auflage 2008, Delius Klasing Verlag, Siekerwall 21, D-33602 Bielefeld, ISBN 978-3-7688-2490-3, gibt Franz Lerchenmüller allen Wanderern Argumentationshilfen für deren Freizeitvergnügen. Er beschreibt darin bekannte und unbekannte Tages- oder Mehrtagestouren in Deutschland, Europa und weltweit. Auf seinen Touren durch Fehmarn, die Uckermark, über die Nagelfluhkette, das Donaubergland auf der Schwäbischen Alb oder auf eine Küstenwanderung an der Ostsee nimmt Franz Lerchenmüller mit seiner packenden Erzählweise den Leser mit auf die Reise. Man möchte direkt von der heimischen Couch aufstehen und seine Wanderstiefel anziehen, um den Autor auf seinen Touren zu begleiten!

 

Was aber treibt den Wanderer dazu, sich auf den Weg zu machen? Sind es die „Gene aus der Urzeit“, die die frühen Menschen auf der Suche nach Nahrung in immer wieder neue Welten aufbrechen ließ, die wir immer noch in uns tragen?

 

Wanderer sind Genießer und Entdecker. Wandern wirkt wie „sozialer Kitt“, der Menschen zusammenbringt, die sich sonst nichts zu sagen hätten. Was aber macht Wandern für so viele Menschen attraktiv? Es ist die Mischung aus Kultur und Natur, Gegenwart und Geschichte, unbekannten Ecken und touristischen Highlights, Tagesaskese und kulinarische Köstlichkeiten, die eine Wandertour so anziehend machen.

 

Auf seinen Wegen durch Europa beschreibt Franz Lerchenmüller Touren durch Mähren, Höhenwanderungen in der Schweiz, Wanderungen auf den Wegen des den Lesern von „Wege und Ziele“ bekannten Autors Georg Henke, die „Alte Vie dei Monti Liguri“, alte Walserwege am Monte Rosa, vom rauen Leben an Islands Westfjorden, Bergsteigertouren in Österreich, Wanderungen auf Kreta, in Südtirol, der Slowakei, auf Gran Canaria, im Böhmerwald, auf Mallorca, dem französischen Jakobsweg, der Amalfiküste und der Cinque Terre.

 

Natur- und Kulturaufnahmen lockern die Wanderbeschreibungen auf, ohne dass dadurch die Hauptsache – nämlich die Berichte - zu kurz kommen.

 

Wandern ist Zeit für eine Rast. Zeit, sich auf ein Mäuerchen zu setzen, die müden Beine zu spüren, den Schweiß zu trocknen, die Natur mit allen Sinnen zu erfahren. Nirgendwo wird der Kontakt zu Einheimischen oder Mitwanderern leichter hergestellt als auf einer Ferntour.

 

Das Buch eignet sich vorzüglich zur Vertiefung der Länder- und Völkerkunde, der Botanik, der Architektur und der Geschichte unseres Kontinents.

 

Kleine Ungereimtheiten - wie unterschiedliche Gipfelhöhen im Textteil der Mallorcawanderung und in der beigefügten Lageplanskizze - beeinträchtigen die Lust am Weiterlesen nicht. Auch die Wanderung auf der Halbinsel Krim (Ukraine), unter der Rubrik „weltweit Wandern“, entlockt einem Hobbygeografen lediglich ein kleines Schmunzeln.

 

Das Buch soll und kann keinen Wanderführer oder eine Wanderkarte ersetzen. Zum Apetitholen auf die nächste Wanderung, als Lesebuch am heimischen Kamin in langer Winternacht und als Anleitung zum Glücklichsein zu Fuß, taugt es vorzüglich.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 28 - April 2009

Lutz Heidemann:

 

Edith Weinlich: „Mein Pilgerweg nach Rom“

 

Edith A. Weinlich: Mein Pilgerweg nach Rom – Auf dem historischen Frankenweg zu Fuß durch Italien, 125 Seiten, einige Abbildungen, Tyrolia Verlag Innsbruck, 1. Auflage 2008,

ISBN: 978-3-7022-2927-6.

 

Als Via Francigena wurde im Mittelalter der Weg von Frankreich nach Rom bezeichnet. Das Buch zehrt von der Begeisterung über Pilgerwege, die eine Alternative zum Jakobsweg sind. Der Frankenweg hat in der letzten Zeit eine Renaissance erlebt. Bei der Streckenführung wird sich gern auf eine Beschreibung des englischen Bischofs Sigeric von Canterbury aus dem 10. Jahrhundert berufen. Im Heft 25 vom April 2008 habe ich Veröffentlichungen zum Franziskusweg und zur Via Francigena vorgestellt. Der Tyrolia-Verlag hat für dieses Frühjahr einen neuen bebilderten Führer für die Strecke von England bis Rom angekündigt. 

 

Edith Weinlich ist von Lausanne bis Rom gezogen und hat später ihre Eindrücke verarbeitet. Die Wanderung fand im Jahr 2000, im „Heiligen Jahr“ statt. Es ist keine detaillierte Wander- oder Wegebeschreibung; über Markierungen wird fast nichts berichtet, mehr Informationen gibt es schon zu Übernachtungsmöglichkeiten. Aber das macht nicht den Kern des Buches aus. Der ist die durchaus glaubwürdige und eindrucksvolle Weitergabe des Lebensgefühls einer Frau auf einer langen Wanderung, ein (diskreter) Bericht von der Auseinandersetzung mit ihrem Körper, von ihren Stimmungen und den Begegnungen mit anderen Menschen. Die Autorin ist selbstkritisch, nicht sentimental, auch gerade nicht bei den letzten Kilometern des Weges und beim Ankommen am Ziel in Rom.

 

Wandern hat eine stark männlich geprägte Tradition bis hin zum „Männerbündischen“. Die ersten Wandervögel waren Gymnasialschüler und ihre Lehrer. Zwar gab es schon in den 1920er Jahren gemischte Gruppen und trotz vieler „Paar-Wanderer“, in diesem Heft wieder sehr schön dokumentiert durch Hans Diem mit seiner Evelyn, ist die ungleiche Geschlechterverteilung beim Wandern bis heute zu beobachten. Hier sind die Pilgerwege eine - ich betone eine - Möglichkeit für eine Frau, allein zu wandern. Frau Weinlich berichtet in dem Zusammenhang von ihren Erfahrungen bei Übernachtungen in Klöstern und Pilgerherbergen

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 28 - April 2009

 

 

Barbara Schaefer:

 

„Böhmen ist die neue Toskana!“

 

Von Berlin zu Fuß in die Alpen

 

Schaefer, Barbara: Das Mädchen, das gehen wollte - Von Berlin zu Fuß in die Alpen, BRIGITTE-Buch im Diana-Verlag, ISBN 978-3-453-28521-7, 271 Seiten, 16,95 €

 

Nach dem Tod ihrer besten Freundin Katja macht sich Barbara Schaefer auf den Weg. Sie geht zu Fuß von Berlin zum Hohen Dachstein in Österreich, zu dem Berg, an dem das Unglück geschah. 900 km, immer nach Süden. Über diesen langen Weg hat sie ein Buch geschrieben: „Das Mädchen, das gehen wollte“. Wir drucken einen Auszug.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

16. Wandertag: Nach gut zwei Wochen durch Brandenburg und Sachsen schließlich Tschechien:

 

10. Juli, Homole – Terezín

 

„Böhmen ist die neue Toskana!“, simse ich begeistert an Freunde. Das raue Elbsandsteingebirge geht über in eine sanfte, wunderschöne Landschaft. Traumhafte Gehöfte, die man vielleicht kaufen könnte, die leer stehen. Ich überlege, mit wem ich gern hierher fahren würde. Mit meinem ältesten Bruder und seiner Familie, das müsste schön sein. Es ist nicht teuer, die Mädchen könnten den ganzen Tag draußen spielen, an Seen, wir könnten Boot fahren, in so einem alten Haus wohnen. In den Gärten stehen noch die Edelrosen, umwuchert von Gras und Kraut. Am Dorfrand bauen sich die Tschechen ihre kleinen, modernen Häuser, mit aufblasbaren Pools in den Gärten.

 

 

 

 

 

 

 

 

Ich sehe Sonntagnachmittagsglück, Terrasse, Kuchen. Könnte ich nicht auch einfach dableiben? Ein Haus bauen, einen Baum pflanzen? Diese Fragen trieben uns um, als wir jung waren, Mitte zwanzig, die Welt vor uns lag. Zu einem Olivenbauer in Griechenland ziehen, Philosophie studieren, Hühner züchten, Kinder großziehen, Bücher veröffentlichen, alles schien möglich.

 

Schon als Jugendliche, als Austauschschülerin in den USA, hatte Katja ein Gedicht geliebt, das davon handelt. Von den Abzweigungen, die wir im Leben wählen. Robert Frost, “The Road Not Taken”. Ich weiß, dass sie dieses Gedicht immer wieder in ihrem Leben in ihr Gedächtnis holte. Und ich erinnere mich daran, wie ich einmal dabei war, als dies passierte. Es war am Ortler. An einem großen Felsbrocken waren sogenannte Marterl angebracht, Erinnerungstafeln für verunglückte Bergsteiger. Katja las diese und fing an, dieses Gedicht aufzusagen. „The Road Not Taken”. Ich fragte, wie sie darauf käme. Sie sagte, es sei ihr halt gerade eingefallen.

Frosts Gedicht erzählt davon, dass die Entscheidung für einen Weg weitere Entscheidungen nach sich zieht. Two roads diverged in a wood, and I — I took the one less traveled by, / And that has made all the difference.

 

 

 

Paul Celan hat das Gedicht von Frost übersetzt:

 

Der unbegangene Weg

Im Wald, da war ein Weg, der Weg lief auseinander,

und ich – ich schlug den einen ein, den weniger begangnen,

und dieses war der ganze Unterschied.

 

Ich bin auf Reisen glücklich. Und manchmal unglücklich oder gelangweilt. Wie zu Hause auch. In Tschechien langweile ich mich nicht, es ist alles so neu, so unvertraut. Das ist das Schönste am Reisen. Auf den Märkten werden apfelgroße Aprikosen angeboten, auf den Häusern stehen hundert Jahre alte Zahlen, erbaut 1907, 1909. Diese Häuser haben einen Garten. Wohnblocks haben keine Gärten. So ergibt sich am Stadtrand von Litomerice eine nahe liegende Kombinationen: Wohnblock und Schrebergarten, Platte und Datsche. Wer in Wohnschachteln lebt, sucht das Grün und eigenes Gemüse eben woanders.

 

Litomerice gefällt mir auf Anhieb. Eine hübsche Altstadt, ein großer Platz. Ich setze mich in ein Straßencafé. Bis Terezín will ich heute noch. Ich bin überstürzt von Berlin aufgebrochen. Ich habe keinen Reiseführer gelesen oder gar dabei. Lese in Prospekten über das nahe Terezín, zwei Hotels gibt es dort, na also. Ein gut erhaltenes Garnisonsstädtchen, ich stelle mir etwas aus einer Schnitzler-Verfilmung vor, erbaut hat die Garnison Kaiser Joseph II., nach seiner Mutter Maria Theresia nannte er das heutige Terezín „Theresienstadt“. Theresienstadt! Grundgütiger, ich kann doch nicht in Theresienstadt übernachten, dem Ghetto, dem KZ. Theresienstadt, Auschwitz, diese Orte des Grauens, wer denkt schon daran, dass sie an einem Fluss liegen, dass da Bäume wachsen, es gibt Felder und Wiesen. Ich tu es schließlich doch. Und gehe ins Ghetto-Museum, sehe die Zeichnungen der Kinder. Bäume sind darauf zu sehen, Natur. So viel Leid, so viel Trauer. „Diese von Trauernden bevölkerte Welt“, wie die New Yorker Journalistin Barbara Lazear Ascher schrieb.

 

11. Juli, Terezín – Slany

 

Das wird ein langer Tag. Am Ende bin ich rund vierzig Kilometer gegangen. Das ist machbar, aber die Knochen ächzen. Ich hatte gedacht, es würde in Tschechien mehr Pensionen geben, vor allem rechnete ich mit Privatzimmern. Das müsste doch gut verdientes Geld sein, das Kinderzimmer zu vermieten. Doch offensichtlich fehlt es an der Nachfrage.

 

Ich spaziere aus Terezín hinaus, durch Plattenbauten führt ein Trampelpfad zu einer Bushaltestelle. Das sind die wahren Wege der Menschheit. Nicht anders als ein Pfad durch die Savanne.

 

Gehen. Geoff Nicholson, ein britischer Autor, lebte einige Zeit in Los Angeles. Und wurde depressiv. Weil er aufgehört hatte, zu Fuß zu gehen. In Los Angeles geht niemand zu Fuß. Nicholson nahm seine täglichen Spaziergänge wieder auf – und genaß. Er berichtet von wissenschaftlichen Untersuchungen, die belegen, dass täglich dreimal zwanzig Minuten Spazierengehen eine bessere Medizin sei und den Patienten mehr nütze als alle Antidepressiva der Welt. Ich habe keine Veranlassung, daran zu zweifeln. Ich schrieb an Geoff Nicholson, ob er Erfahrung damit habe, wie Menschen Trauer und Gehen verbinden. Er erzählte, ein Freund von ihm, mit dem er manchmal zusammen gewandert sei, habe Selbstmord begangen. Seine Leiche sei an einer Stelle gefunden worden, an der sie oft vorbeigekommen waren. „I think of him often but I haven't been able to go back and do that walk – Ich denke oft an ihn, aber bislang bin ich nicht in der Lage dazu gewesen, diesen Weg wieder zu gehen.“ Er schrieb weiter, Gehen könne wohl deshalb Heilen und Helfen, da es dich allein lässt mit dir selbst – aber gleichzeitig auf Abstand zum Ich bringt. Man hat Zeit zum Nachdenken, aber nicht zum Brüten.

 

I walk the line”, beginne ich zu summen. Johnny Cash.

 

Bald darauf begegnet mir eine alte Frau auf der Straße. Zu Fuß. Ungewöhnlich genug. Sie ist seltsam gekleidet, mehrere Schichten von Pullovern und Röcken. Sie trägt Plastiktüten in beiden Händen, scheint keine Bäuerin zu sein, sie lächelt mir zu. Eine Landstreicherin? Bin ich das auch? Das Wort gefällt mir. Ich alte Romantikerin.

 

In den Flussauen der Ohre, gehetzt von Stechmücken, gehe ich rasch. So muss es am Amazonas sein, eine grüne Hölle. Kein Mensch unterwegs. Doch ein paar Minuten später stehen Angler seelenruhig am Ufer. Wie machen die das, dass sie nicht aufgefressen werden von den Biestern?

 

Budyn nad Ohrí heißt der nächste Ort. Ich tappe schon etwas müde umher, da sehe ich ein Schild, ein Spaßvogel hat das aufgestellt. „Nach Moskau: 1950 km, zum Getränkeladen: immer geradeaus. Nach Berlin: 300 km!“ Tatsächlich bin ich aber bereits 430 Kilometer gegangen. Rein in den Getränkeladen.

 

Abend in Slany. Im Restaurant wird mir eine rein tschechische Speisekarte gereicht, das schätze ich sehr. Ich verstehe nichts, außer „Spagettibolonesk“. Alles andere scheint das zu sein, was es hier meistens gibt: Fleisch mit Soße und Knödeln oder Kartoffeln.

 

12. Juli, Slany– Horní Bezdekov

 

Mein Drang, Tagebuch zu schreiben, lässt nach. So viel passiert schließlich nicht. Das Schönste am Unterwegssein ist nun mal das Aufbrechen. Die wahren Reisenden sind jene nur, schreibt Baudelaire:

 

„die fortgehn um des / Fortgehns willen; leichte Herzen, Fluggondeln gleich,

folgen sie / unverwandt, wohin sie das Verhängnis treibt,

und immer ‚Vorwärts!’ / sagen sie und wissen nicht warum.“

 

 

 

 

Nachdruck mit freundlicher Genehmigung der Autorin und des Verlages.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 31 - April 2010

 

 

Ab in den Rucksack

 

“Alles zu Fuß” - ein Reiselesebuch von Freddy Langer

 

Von Katharina Wegelt

 

Was ist eigentlich ein Reiselesebuch? Beschreibt es einzig herrliche Reisen oder ist es ein Lesebuch für Reisende? Freddy Langers “Alles zu Fuß - Aufbrechen. Grenzen überschreiten” ist beides.

 

Langer ist als Leiter des Reiseteils der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (F.A.Z.) viel unterwegs … und das, wenn es geht, zu Fuß. Manchmal ist er dies nur für einen Tag, manchmal auch wochenlang. Seine Touren führten ihn in alle Welt.

 

In seinem im Kellert & Richter Verlag erschienenen Buch sind einige seiner Artikel der Jahre 1993 bis 2008 zusammengefasst - natürlich nicht ohne ein aktuelles Vorwort des Autors. Hier geht er zunächst der Frage nach, warum wir überhaupt gehen, und warum auch noch auf und ab?

 

Es sind oft die kleinen Dinge, wie die Blume am Wegesrand, das Murmeln des Baches oder das Rascheln des Laubes, die den Wanderer ebenso begeistern wie großartige Panoramen oder erstürmte Gipfel. Dabei könne selbst die ernüchterndste Erkenntnis unterwegs die wunderbarsten Erinnerungen nicht verhindern. Wie Recht Langer hat.

 

Seine Schilderungen, ob nun von kleineren Touren, wie etwa durch das deutsche Mittelgebirge oder als Teilnehmer aufwendiger Expeditionen, lassen den Nicht-Wanderer ahnen, was es heißt, per pedes unterwegs zu sein, und warum so viele Menschen nahezu süchtig danach sind, auch wenn manchmal die Beine wie der Rucksack schwerer werden, der Körper auf  langen Touren manchmal rebelliert, wie Schmerzen sich ankündigen, lange bevor es weh tut und wie Erschöpfung fast unauffällig in die Glieder fährt.

 

Viele Details lassen den Netzwerker sicher schmunzeln, denn wer erinnert sich nicht selbst, als Auskunft nach dem richtigen Weg “Nehmen Sie doch die neue Straße”  bekommen zu haben.

 

Und wer hat nicht selbst schon gespürt, dass Wanderer, wenn sie denn so wunderbar verschwitzt und speckig daher kommen, nicht überall mit offenen Armen begrüßt werden.

 

Nebenher philosophiert der passionierte Wanderer über Farben der Rucksäcke und deren zweckmäßigste Bestückung und über  Folgen eines vergessenen Hotelschlüssels.

 

Witzig auch: Langers Teilnahme an der 24-Stunden-Wanderung auf dem Meraner-Höhenweg, wo die Topographie die Choreografie der Mitwanderer bestimmt und sich der Sinn der Wanderung des Nachts nicht wirklich erschloss.

 

Beschreibungen seiner Touren auf anderen Kontinenten, wie etwa durch die Wüste in Marokko, durch den Snowdonia National Park im mystischen Wales, zum Gipfel des Kilimandscharo, seine Wanderung in der kanadischen Arktis, wo durch den etwa 21.500 Quadratkilometer großen Auyuittuq Nationalpark ein einziger Pfad (der 97 Kilometer lange Aksayook-Pass) führt, geben noch mehr Einblick in das Abenteuer Wandern.

 

Neben seinen eigenen Touren porträtiert Langer auch spannende Menschen, die mit dem “Zu-Fuß-unterwegs-sein” auf ganz eigene Weisen verwoben sind. Da ist zum einen der Künstler Hamish Fulton, der nach Einsichten, nicht Aussichten sucht …dafür hat er bei mehr als 200 Wanderungen rund 55.000 Kilometer zurückgelegt, oder der Straßenfotograf John Harding, der seit 30 Jahren in San Francisco Menschen fotografiert, “die sich ausweichen müssen” und die Weltumwanderin Ffyona Campbell. Vier der insgesamt 165 Seiten sind Reinhold Messner gewidmet, ebenso viele Borge Ousland, der die Antarktis durchquerte.

 

Zitate bekannter Schriftsteller, Philosophen und anderer Persönlichkeiten zur “Luftveränderung” in der Rubrik “Aus dem Zettelkasten” runden das Büchlein ab.

Die für Netzwerker spannendsten und informativsten Beschreibungen dürften trotz der Vielfalt der beschrieben Touren dennoch die durch die Sächsische Schweiz auf dem Malerweg und die auf dem Lieserpfad durch die Eifel (die vielleicht schönste Wanderung Deutschlands auf einem verzaubernden Weg, wie Langer betont) sein.

 

Einziges wahres Manko des Buches für Weitwanderer: Es ist ein Hardcover in schneeweiß (zumindest vor der Reise und ohne Schutzumschlag) und bringt 238 Gramm auf die Waage bzw. in den Rucksack. Dafür ist es mit seinem handlichen Format von 10,5 x 21 cm wiederum bestens geeignet für die Seitentasche.

 

Fazit: Ab in den Rucksack zur nächsten Tour, für alle, die unterwegs nicht nur Wege- und Gegendbeschreibungen lesen wollen. Es tut schon gut, sich verstanden zu wissen. 

 

PS: Es lässt sich am Abend auch gut daraus vorlesen (tagsüber natürlich auch).

 

Langer, Freddy: Alles zu Fuß. Aufbrechen. Grenzen überschreiten.

Ein Reiselesebuch. Kellert & Richter Verlag, ISBN 978-3-8319-0361-0, 168 Seiten, Format 10,5 x 21 cm, Hardcover mit Schutzumschlag, 12,95 Euro

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 32 - August 2010

 

 

Zwischen Lago Maggiore und Comer See

 

Von Gerhard Wandel

 

Ein neuer Wanderführer von Frank Rainer Scheck und Wolfgang Mikus im Reise-Know-How Verlag, Bielefeld, ISBN 978-3-8317-1695-1, 1. Auflage 2009, Preis (in Deutschland) 12,50 €

 

Lange haben wir nichts mehr von Frank Rainer Scheck gehört. Die letzte Veröffentlichung von ihm über den „Sentiero Delle Quattro Valli“ ist in „Wege und Ziele“ Ausgabe 14, August 2004 erschienen. Die Zeit, auf eine neue Veröffentlichung zu warten, hat sich jedoch gelohnt!

 

Die sorgfältige Arbeit, das gründliche Recherchieren von Frank Rainer Scheck hat auch in diesem Führer, wie in den früheren Führern - zum Beispiel über das Aostatal - seinen Niederschlag gefunden. Der Führer beschreibt Mehrtageswanderung, die teilweise Weitwandercharakter haben, teilweise aber auch mit anderen Wegen zu Weitwandertouren zusammengelegt werden können.

 

Im Einzelnen sind das:

 

die Tamaro-Runde

 

- die Camoghé-Runde

 

- la Strada Verde

 

- die Grenzkamm-Route

 

- il Sentiero delle Quattro Valli

 

- la Via dei Monti Lariani

 

- il Dorsale del Triangolo Lariano

 

Der Führer enthält Angaben zu Wanderkarten, Literaturtipps, Möglichkeiten der Anreise, sowie Abbruchsmöglichkeiten mit Busverbindungen zu den Talorten, Ortsbeschreibungen, Sehenswürdigkeiten, Unterkünfte, Trinkwasserbezug, Essen und Trinken, Höhenmeter der Auf- und Abstiege, Zeitangaben sowie Kartenausschnitte. Wissenswertes zu Geschichte, Kultur und Natur der durchwanderten Landschaft fehlen ebenfalls nicht.

 

Die beiden Autoren haben sich dabei die Worte zu Herzen genommen: „Man sieht nur, was man weiß.“

 

Alle Touren bewegen sich im voralpinen Raum; die zurückzulegenden Höhenmeter sollten jedoch nicht unterschätzt werden. Die Touren sind teilweise Eigenschöpfungen der Autoren, teilweise aber auch Abschnitte des „Sentiero Italia in Lombardia“.

 

Ein Teil der Wege bin ich in den vergangenen Jahren ebenfalls gewandert mit dem (veralteten) italienischen Wanderführer von Giancarlo Corbellini und ungenauen Kompass-Karten. Der Triangolo Lariano von Como nach Bellagio war Teil meiner Wanderung im Sommer 2007 (vgl. „Wege und Ziele“ Nr. 25 vom April 2008). Als Weg mit geringen Anforderungen konnte ich dieses Stück jedoch nicht einstufen. Allerdings sind wir von Como aufgestiegen und beendeten den Weg nicht schon in Bellagio.

 

Die Erfahrungen mit den Unterkünften können von Jahr zu Jahr wechseln. Wir hatten auf unserer Tour auf der Via dei Monti Lariani im September 2000 im Rifugio Prabello und im Rifugio Boffalora übernachtet, die einfach ausgestattet und ohne Trinkwasser aus der Leitung sind. Vom Rifugio Boffalora habe ich über mehrere Jahre eine Weihnachtskarte bekommen. Die Beschreibung der von uns begangenen Route ist unter www.netzwerk-weitwandern.de im Internet nachzulesen.

 

Was mir auch schon bei anderen Autoren zu Wegen am Comer See aufgefallen ist: Niemand beschreibt die hervorragenden Verbindungen über den See durch die zahlreichen Wassertaxis. Auch Wanderer müssen nicht Asketen sein und dürfen den bequemsten Weg zur nächsten Etappe nehmen und können somit eine Wanderung mit einer Schiffsreise verbinden!

 

Die im Führer enthaltene Packliste ist für den erfahrenen Wanderer entbehrlich. Überhaupt ist der einzige Nachteil des Führers das Gewicht bei einem Umfang von 450 Seiten.

 

Wer in den nächsten Jahren eine Wanderung entlang der Grenze zwischen der Schweiz und Italien plant, dem kann man den Führer uneingeschränkt empfehlen. Die Routen haben den Charme, nicht nur im engen Zeitfenster der alpinen Wanderrouten begangen zu werden. Die Gegend ist aus dem süddeutschen Raum leicht zu erreichen, wenn auch, durch die Kappung der Direktverbindung von Stuttgart nach Mailand mittels des Cisalpino, die Anreise mit der Bahn beschwerlicher geworden ist.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 32 - August 2010

 

 

Pilgerwege und keine Ende in Sicht

 

Von Gerhard Wandel

 

1. Neue Pilgerwege in Skane und Östergötland

 

Pilgerreisen stehen auch in Schweden hoch im Kurs. Immer mehr Pilgerwege werden wieder erschlossen, die nach und nach ein Netz bilden sollen, das Santiago de Compostela in Spanien mit Nidaros in Norwegen verknüpft.

 

Unterwegssein und wahrnehmen, loslassen und sich befreien – esoterische spirituelle Pilgerwanderungen zu Kraftorten und Kultplätzen haben in den vergangenen Jahren eine Renaissance erfahren. Und das nicht erst seit Hape Kerkeling.

 

Am 24. Mai 2009 wurden in der Domkirche der südschwedischen Stadt Lund einige neue Pilgerwege durch die Provinzen Skane und Blekinge eingeweiht, an deren Wegen sage und schreibe 60 Kirchen liegen. Zentrum der neuen Pilgerwege ist der Dom zu Lund, von dem Wanderungen in alle vier Himmelsrichtungen ausgehen.

 

Neben Lund war das Kloster Vadstena in der Provinz Östergötland ein wichtiges Ziel der mittelalterlichen Pilger in Schweden. Im Kloster wird der Reliquienschrein der Heiligen Birgitta, Schwedens einziger Heiliger, aufbewahrt. Hier befindet sich auch das Zentrum der schwedischen Pilger-Geschichte. Der so genannte Klosterleden (Klosterpfad) führt in 13 Tagesetappen von Osten nach Westen durch Östergötland – vorbei an elf Klosteranlagen bzw. Klosterruinen und etwa 40 Kirchen.

 

Die gesamte Strecke umfasst etwa 250 Kilometer und ist mit eigenen Zeichen ausgeschildert. Darüber hinaus gibt es auch einen 120 Seiten umfassenden Reiseführer über den Klosterleden, der in den lokalen Tourismusbüros erhältlich ist.

 

Quelle: Schwedisches Fremdenverkehrsamt, www.visitsweden.com

 

2. Pilgerwege in Norwegen, Nord-Schweden

 

Information auf Deutsch: „Unsere Pfade (insgesamt etwas 550 Kilometer) gehen nach Trondheim in Norwegen, wo Sankt Olav, König von Norwegen, am 29. Juli 1030 getötet wurde. Sie sind herzlich willkommen, mit uns Kontakt aufzunehmen, um Informationen über Pfade und Pilgerwandern – zu Fuß oder mit dem Pferd - zu erhalten. Die ersten 300 Kilometer, durch Hälsingland, sind einfach zu gehen, aber wir empfehlen, dass Sie Informationen einholen, besonders weil die letzten Etappen zeitweise ziemlich schwierig sein können. Sie gehen teilweise durch unbevölkertes Land und über hohe Berge, wo das Wetter sich sehr schnell von Sonnenschein bis Schneesturm ändern kann.“             Quelle: www.pilgrimstid.nu

 

3. Pilgrimsleden St. Olof

 

Der Wanderweg wurde seit dem Mittelalter als wichtiger Pilgerweg in Schweden genutzt und durchquert die gesamte skandinavische Halbinsel von Sundsvall an der schwedischen Ostseeküste (Selanger), von wo Sankt Olof seine Reise nach Stiklestad an der norwegischen Grenze antrat. St. Olof wurde in Stiklestad getötet. Der Weg führt weiter nach Nidaros/Trondheim. Die englische und deutsche Übersetzung der Homepage sind in Arbeit!

 

Über www.pilgrimmedelpad.se bzw. www.pilgrim.info sind weitere Informationen erhältlich. Unter www.pilgrim.info/de/route steht auch eine Kartenübersicht der 12 Wanderkarten von der schwedisch-norwegischen Grenze bis nach Trondheim zur Verfügung. Mit einem leistungsfähigen PC und gutem Drucker kann man die Wanderkarten herunterladen und ausdrucken.

 

 

 

 

 

4. Romboleden

 

Der Romboleden ist über tausend Jahre alt und führt durch verschiedene Landschaften über Wiesen, entlang an Seen und durch Hochgebirgstäler. Er entspricht dem Weg des Heiligen Olof von der Gemeinde Köping am Mälarsee durch die Wälder von Västmanland über die Berge von Dalarna zur Bergregion Älvdalen über die norwegische Grenze nach Nidaros/Norwegen. Nähere Informationen sind erhältlich über das Touristenbüro in Köping. Über die erwähnte Homepage www.pilgrim.info können die notwendigen 11 Wanderkarten in Norwegen heruntergeladen werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Ergänzungen vom Mai 2010

 

Zwischenzeitlich weist das „Pilotprojekt Pilgerwege“ in Norwegen (bzw. Schweden), das von öffentlichen und privaten Partnern gefördert wird, weitere Wege über insgesamt 5000 km aus:

 

Gudbrandsdalsweg Ost, Oslo-Hamar-Nidaros, (38 Wanderkarten)

 

Gudbrandsdalsweg West, Oslo-Gjövik-Öyer (15 Wanderkarten)

 

Österdal Weg, Trysil Tynset-Nidaros (28 Wanderkarten)

 

Rombo Weg, Sylsjöen-Selbu-Nidaros (11 Wanderkarten)

 

St. Olavs Weg, Skalstugan-Stilkestad-Nidaros (12 Wanderkarten)

 

Nord Weg, Glöshaugen-Stiklestad (11 Wanderkarten)

 

Da Norwegisch oder Schwedisch keine gängigen Sprachen in Mitteleuropa sind, ist die Homepage mehrsprachig aufgebaut. Die englische Version enthält neben einem „Bilderbuch“ und den ausdruckbaren Wanderkarten auch wichtige Hinweise für den Wanderer, wie Entfernung, geschätzte Zeit, Schwierigkeit, Zugangsmöglichkeit, Ausrüstung, kulturelle Infos und einen „Overnattingsguide“. Die deutschsprachige Seite weist vielfach noch leere Seiten aus, die noch gefüllt werden müssen.

 

Zu den Pilgerwegen kann man auch über www.netzwerk-weitwandern.de, Seite „Wandergebiet Norwegen“ gelangen.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 32 - August 2010

 

 

"Hinauf ins Rätikon"

von Francois Meienberg

 

Von Brigitte Schütz

 

"Das Rätikon ist der Gebirgszug, der sich von Feldkirch bis nach Klosters erstreckt. Im Süden wird er durch die Lanquart begrenzt, die durch das Prättigau fließt, im Westen durch den Rhein zwischen Landquart und Feldkirch, im Norden durch die Ill bzw. das Montafon und den Walgau, und im Osten bildet das Schlappiner Joch die Grenze zur Silvretta. Das Gebiet umfasst eine Fläche von 790 Quadratkilometern. Charakteristisch für das Rätikon sind die hohen Felswände aus hellem Kalk, die auch die Landesgrenze zwischen Österreich und der Schweiz bilden. Im Süden vorgelagert sind grüne Schieferberge, zwischen denen tiefe Tobel liegen."

 

So beginnt das neue, in der Reihe "Naturpunkt" des Züricher Rotpunktverlages erschienene Wanderbuch "Hinauf ins Rätikon - Wanderungen im Grenzland zwischen Prättigau, Montafon und Liechtenstein" und macht schon durch die einleitende Charakterisierung der Region Lust darauf, die nachfolgend detailliert beschriebenen Wanderungen auch selbst "unter die Füße zu nehmen".

 

Der Schweizer Francois Meienberg, der seit Anfang der 90-er Jahre für umwelt- und entwicklungspolitische Organisationen tätig ist, hat erneut ein wunderschönes Wander-Lese-Buch geschrieben, das von Marion Nitsch mit vielen, vielen Landschafts- und Naturbildern - oft bestechende Detailaufnahmen von Pflanzen und Tieren - ausgestattet wurde.

 

Insgesamt werden 20 Wanderungen vorgestellt, die alle Wünsche an unterschiedliche Längen und Schwierigkeitsgrade befriedigen. So wird die 8-tägige große Rätikontour von Feldkirch nach Klosters genauso detail- und geschichtenreich beschrieben  wie mehrere zwei- bis dreitägige sowie 12 Tages-Touren.

 

Jeder Wanderung ist eine kurze Übersicht mit den wichtigsten Informationen zu Charakter, möglichen Varianten, am Wege liegenden Sehenswürdigkeiten, zu Rate zu ziehendem Kartenmaterial, Wanderzeiten sowie eine kleine Übersichtskarte über die Tour vorangestellt. Danach folgt eine ausführliche Beschreibung der Wege, die immer wieder aufgelockert wird durch Hinweise auf Geschichten und Anekdoten, die sich mit dem jeweiligen Ort verbinden. Auch zwischen den einzelnen Wanderungen werden immer wieder historisch interessante Geschichten erzählt, die dann Titel tragen wie " Der kleine Grenzverkehr", "In Seewis erschlagen" oder "Lieber Skifahren als Wandern".

 

Zum Abschluss des Buches macht der Autor dann noch einen Abstecher in das nahegelegene Silvretta-Gebiet und stellt dort zwei Wochenendwanderungen vor. Alles in allem ist es ihm gelungen, auf 300 Seiten überzeugend das Ziel zu erreichen, das er sich selbst im Vorwort gesteckt hat: "Das Rätikon soll nicht als trennendes Gebirge, sondern als eigener Kulturraum wahrgenommen werden."

 

Meienberg, Francois: Hinauf ins Rätikon, Wanderungen im Grenzland zwischen Prättigau, Montafon  und Liechtenstein, Rotpunktverlag, Zürich, 2009

ISBN: 978-3-85869-395-2, €  28,00

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 33 - Dezember 2010

 

 

„Marmor, Meer und Maultierpfade“

 von Pepe Hofstetter

 

Von Gerhard Wandel

 

Wer kennt sie nicht, die Kultur- und Wanderführer aus dem Rotpunktverlag? Nach der „GTA Teil 1 und 2“, den „Seealpen“, „Antipasti und alte Wege“, „Veltliner Fußreisen“, „Wilde Wege, stille Dörfer“ sowie weiteren Führern ist im Februar 2010 im Rotpunktverlag ein neuer Wanderführer über die Apuanischen Alpen erschienen. Der Führer beschreibt einen weitgehend unbekannten Teil der Toskana: die Apuanischen Alpen. Neben Tagestouren, einem Stadtspaziergang in Carrara und Wochenendtouren wird auch als Highlight eine 7-Tages-Tour, die Alta Via der Apuanischen Alpen beschrieben. Neben der Geschichte der Region werden auch die landschaftlichen und kulturellen Besonderheiten ausführlich behandelt nach dem Motto: „Man sieht nur das, was man weiß.“ Die Gegend ist geprägt durch nicht zu übersehende Eingriffe von Menschenhand infolge des Marmorabbaus in den Kalksteinbrüchen um Carrara und im Gegensatz dazu die vorhandenen noch nicht zerstörten Naturräume, wie einsame Täler, alte Dörfer, ausgedehnte Wälder und alte Saumwege.

Wer wollte bei der Betrachtung des Führers nicht zugleich den Rucksack packen und die Bergstiefel schnüren? Zum in die Hand Nehmen und Loslaufen ist der Führer jedoch nicht geeignet. Er soll den Wanderer in die Besonderheiten der durchstreiften Gegend einführen, ihm die langen Winterabende verkürzen und eine umfangreiche Vorausplanung der Touren ermöglichen. Neben Kartenausschnitten gibt der Führer auch Auskunft über die Wanderzeiten der einzelnen Etappen, Höhenmeter des Aufstiegs und Abstiegs sowie der Hütten oder anderen Unterkünften am Weg mit Telefonnummern und Öffnungszeiten. Eine Wanderkarte kann er nicht ersetzen.

 

Wer Gefallen an der Gegend findet und sich im Vorfeld mit der durchwanderten Landschaft beschäftigen will, dem

sei der Führer wärmstens empfohlen.

 

Hofstetter, Pepo: Marmor, Meer und Maultierpfade, Die Apuanischen Alpen – Wandern in einer unbekannten Toskana, Rotpunktverlag, Zürich, ISBN 978-3-85869-420-1, 1. Auflage, 2010, 311 Seiten

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 33 - Dezember 2010

 

 

Ulrich Grober: Vom Wandern – Neue Wege zu einer alten Kunst

 

Eine Besprechung von Lutz Heidemann

 

Ein kluges Buch ist anzuzeigen – und ein schönes dazu; es ist typographisch sehr sorgfältig gemacht. Der Autor, Ulrich Grober Jahrgang 1949, hat sich intensiv mit Fragen der Nachhaltigkeit befaßt. Da liegt das Thema Wandern direkt „um die Ecke“. Es ist ein sehr persönliches Buch und voll von guten präzisen Beobachtungen, reizvolle Detailschilderungen, hat eine hohe Reflexionsebene. Oft war Grober allein unterwegs, aber es gibt auch einfühlsame Berichte von Wandererfahrungen mit Kindern.

 

Mich hat beim Reisen und Weitwandern immer fasziniert, sich nicht nur im fremden Gelände, sondern auch in einer fremden Welt zurechtzufinden. Im Sinn von Nachhaltigkeit und Nahverantwortung hat es aber seine Logik, daß Grober fast nur auf Erfahrungen in Deutschland verweist. Warum Energie für Ferntransporte einsetzen, wenn das Interessante vor der Haustüre liegt: z.B. das Sauerland, das Rheintal, die Alpen, die Ostsee, das grüne Band entlang der früheren innerdeutschen Grenze. Er schreibt am Beispiel des Neandertales auch über Wandern in der Stadtumgebung. Eingebettet in die Texte findet der Leser und die Leserin historische und ökologische Exkurse und praktische Hinweise. Grober nennt die Quellen seiner Informationen.

 

Der Titel ist bei einem so sorgfältigen Autor wörtlich zu nehmen. Grober hat kein Buch über eine Wanderung oder einen Weg verfaßt, sondern Erfahrungen in Worte gefaßt. Das Buch bedarf keiner Abbildungen, vom Leser wird im Kopf mitgewandert. Grober geht der Motivation für das Wandern nach, den Fragen: warum bricht man auf, was will man erkunden, wem möchte man nachfolgen? Er ging z.B. in den Spuren von Hesse, Stifter oder der Bettina von Arnim.

 

Es ist ein Buch, in dem man lesen soll, das man aber nicht „durchzulesen“ braucht. Oft spricht es uns Weitwanderern aus der Seele. Es ist ein Buch, das wir Freunden und Bekannten empfehlen - oder mit der Bemerkung schenken sollten:

„Da faßt jemand in Worte, was ich beim Wandern empfunden habe. Wenn Ihr es mir nicht glaubt, dann glaubt dem und wandert auch los!“ Das Buch hat Resonanz gefunden, hatte Erfolg; im März 2007 ist bereits die 3. Auflage erschienen.

 

ISBN 3-86150-772-2, 343 Seiten, Fadenheftung, fester Einband, Verlag Zweitausendeins, Frankfurt/M., 19,90

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 23 - August 2007

 

Martin Prinz: Über die Alpen

 

Von Gerhard Wandel

 

Was treibt einen Wanderer dazu, sich den Strapazen einer Wanderung über Wochen auszusetzen:

 

      Entdecker- oder Forscherdrang?

      sportlicher Ehrgeiz?

      Selbsterfahrung, spirituelle Hintergründe?

      davonlaufen von Alltagssituationen (Ehe/Beziehung, Beruf, Schulden)?

Stabilisierung des eigenen Ichs durch Stärkung des Selbstbewusstseins nach einer Krankheit/Existenzkrise?

 

Martin Prinz kann diese Frage in seinem Roman über die umfassende Durchquerung der Slowenischen, Österreichischen, Deutschen, Schweizerischen, Französischen und Italienischen Alpen und ihren vielschichtigen Kulturräumen auf der „Via Alpina“ (roter Weg) nicht mit Sicherheit beantworten.

 

In seinem Buch „Über die Alpen, Von Triest nach Monaco – zu Fuß durch eine verschwindende Landschaft“ beschreibt Martin Prinz nicht nur den von ihm gegangenen Weg. Er beschränkt sich dabei nicht auf ein Aneinanderreihen von Berggipfeln und Etappenzielen, sondern fokussiert in epischer Breite die archaische Lebensart der Bergbauern.

 

Martin Prinz ist bei Hans Diem, dem alpinen Weitwanderer aus Garmisch „in die Lehre“ gegangen. Hans Diem, den Lesern von „Wege und Ziele“ vorzustellen ist sicher nicht nötig. Wer kennt nicht seine detaillierten Beschreibungen (siehe auch Seiten 32 - 43) der diversen Wege der Via Alpina, den Maximiliansweg, Wanderrouten in den Abruzzen oder dem schwedischen Kungsleden? Daneben ist auch der Einfluss von Prof. Dr. Werner Bätzing, einer der Väter der GTA, mit seinem alpinen Klassiker „Die Alpen“, Entstehung und Gefährdung einer europäischen Kulturlandschaft, nicht zu übersehen.

 

Die geschichtliche Entwicklung der Alpen als Tourismusziel im 18. und 19. Jahrhundert bewirkte keine Änderung der alpinen Landschaft, sondern im Zuge der Aufklärung nur eine Änderung der Sicht auf die Landschaft. Eine Änderung der Landschaft ergab sich erst mit dem eintretenden Strukturwandel in den Alpen, geprägt durch Bevölkerungsabwanderung, Verfall der Siedlungs- und Infrastruktur, weil die Berglandwirtschaft nicht mit den Marktgesetzen mithalten konnte, und die dadurch ausgelöste Verbuschung der Almen, sowie dem verstärkten Bau reiner Feriensiedlungen.

 

Martin Prinz berichtet von Erfahrungen auf seiner Wanderung, die jeder Weitwanderer so oder in ähnlicher Weise selbst erlebt hat: Essen, Schlafen, Kommunikation, Einsamkeit, Anstrengung, Erschöpfung, Unachtsamkeit, Orientierungsfehler, Stürze und dem Ehrgeiz, weiterzugehen. Man merkt, Martin Prinz ist in den Bergen zu Hause. Sein Großvater nahm den kleinen Bub mit auf Bergtouren; sein Onkel ist am Mont Everest umgekommen.

 

Parallel neben den spannenden Berggeschichten liest man die Reminiszenzen aus einer anderen Welt: Das Verhältnis des Autors zu seinem werdenden Kind und dessen Mutter, der Angst vor der Rückkehr in den „etwas anderen Alltag“. Wohlgemerkt, es handelt sich um keinen Wanderführer, sondern um einen Roman, verbunden mit den persönlichen Eindrücken einer Weitwanderung des Autors. Wer einen reinen Wanderführer sucht, sollte das Buch im Regal lassen. Auch wer nur leichte Unterhaltungsliteratur wünscht und sich für den alpinen Background nicht interessiert, sollte seine Finger von dem Buch lassen. Allen anderen Lesern sei das Werk wärmstens empfohlen.

 

Prinz, Martin: Über die Alpen, Von Triest nach Monaco – zu Fuß durch eine verschwindende Landschaft, C. Bertelsmann Verlag, München, 2010,

ISBN 978-3-570-01053-2, 1. Auflage

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 34 - April 2011

 

 

Von Lutz Heidemann

 

Manuel Andrack

Das neue Wandern – Unterwegs auf der Suche nach Glück

Berliner Taschenbuch Verlag, Febr. 2011, 279 S., 9,95 €,

ISBN 978-3-8333-0713-3

 

Manuel Andrack wird gerne als das „Gesicht des deutschen Wanderers“ bezeichnet. Auf jeden Fall hat er mit seinen vielen kleinen und großen Texten zum Wandern oder bestimmten Wanderstrecken viel für die Popularisierung des Wanderns getan, und indem er von sich auf andere schloss, den Wanderer als einen unverkrampft positiven Zeitgenossen geschildert, der nicht um jeden Preis extreme Tagesleistungen erbringen will, sondern unterwegs auch Freude bei der Einkehr in einem Gasthof hat. Und mit besonderer Freude schildert Andrack das Wandern im Mittelgebirge.

 

Nun folgt eine Veröffentlichung mit ambitiösen Begriffen wie „Neues Wandern“ und „Suche nach Glück“. Es macht die Qualität des Buches aus, dass viele Fakten dazu angesprochen werden, doch auch immer auch ein Scherz oder Wortspiel dazwischengepackt ist. Er benennt und beschreibt das Personal und die Institutionen, die professionell beim Wandern beteiligt sind - oder davon profitieren, auch er, und man verzeiht es ihm wegen seiner charmanten Art. Er hat in Kassel Ute Dicks, die Geschäftsführerin des Deutschen Wanderverbandes besucht; streift kurz die Struktur eines Dachverbandes, verkneift sich nicht eine Bemerkung über die Politiker, die für ihr Gebiet Wege als Geschenke einfordern, aber nicht wissen, wie die Markierungen an die Bäume kommen.

 

Er schildert kurz die Entstehung des Rothaarsteigs, des ersten „neuen“ Fernwanderweges in Deutschland und beschreibt die Vorgehensweise des „Wegemachens“, als er zwei Tage Prof. Rainer Brämer bei der „Pfadfinderei“ in der Landschaft begleitet. Eine liebevolle Miniatur ist sein Bericht über einen „Kartenmacher“ im Bayerischen Wald, der zugleich ein kluger erfahrener Wanderer ist. Er beschreibt die Probleme der Führer von Wandergruppen und ironisiert „Auswüchse“, seien es Fortbewegungsformen wie das Extremwandern oder Angebote der Ausrü-stungsindustrie. Weitwanderer tauchen bei Andrack nicht auf. Er gibt freimütig zu, dass die längste Wanderung, an der er teilnahm, vier Tage umfasste.

 

Launig werden bei einem Kontrollgang mit einem „Nachzertifizierer“ die Bausteine für die Qualitäten eines „Premiumweges“ beschrieben. Die umfassen deutlich mehr als eine zuverlässige sichere Markierung und einen geringen Asphaltanteil. Da bin ich als Europa-erprobter Weitwanderer viel mehr „Sünden“ gewohnt, selbst in meinem geschätzten Frankreich, von leidvollen Erfahrungen in Griechenland ganz zu schweigen. Auf einer Tagung der Europäischen Wandervereinigung (EWV) wurde feierlich beschlossen, dass hinter jeder Abzweigung nach einigen Metern eine „Bestätigungsmarkierung“ angebracht werden soll. As ich Jahre später den Präsidenten der EWV fragte, wie viel Kilometer der Europäischen Fernwanderwege inzwischen daraufhin überprüft seien, erntete ich Verständnislosigkeit. Da ist es schon gut, dass das „Qualitätssiegel“ eines Premiumsweges alle drei Jahre überprüft wird, und so ist verständlich, dass – so Andrack – einige den Prof. Brämer als Guru und andere ihn als Wanderbeelzebub bezeichnen.

 

Ich habe hier schon eine ziemlich ausführliche Schilderung des Inhaltes ausgebreitet, aber nicht alles verraten, deshalb kann ich zum Kauf und zur eigenen Lektüre raten, der Andrack- Abwechslungs- und Glücksfaktor ist hoch.

 

(Für meine Schwägerin Corinna, die mir das Buch geschenkt hat, als Dank)

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 35 - August 2011

 

 

Warum wandern wir?

 

Von Gerhard Wandel

 

Nach unserer Betrachtung der Ziele und der Motivationen eines Wanderers, auf große Reise zu gehen im vergangenen Jahr hat sich nun auch unser Mitglied Thomas Striebig dem Thema angenommen:

 

In seinem Roman „Kleines Finale“ erzählt er die Geschichte eines Geschäftsmannes Mitte der Fünfziger, der sich nach einem körperlichen Zusammenbruch wieder berappelt, aus der täglichen Tretmühle ausbricht und sich auf Wanderschaft begibt. Wohin soll die Reise gehen? Schauen wir in die Biographie des Autors: In die Vogesen natürlich!

 

Die Hauptperson hat das alt eingesessene väterliche Geschäft übernommen und wird durch ein ausgesprochenes Pflichtgefühl gegenüber dem früher allseits dominierenden Vater und seinen Kunden geprägt. Urlaub machen, einfach abschalten ist für ihn bisher ein Fremdwort, bis er eines Tages zusammenbricht und ins Krankenhaus kommt.

 

Die von einem Arzt während seines Krankenhausaufenthalts ins Gespräch gebrachte Wandertour lässt ihn jedoch nach seiner Genesung nicht mehr los. Er sucht nach seinem Traumziel und findet es in den Vogesen. Die Pläne reifen, die Ausrüstung wird zusammengestellt, aber was passiert mit seinem Geschäft? Soll er verkaufen oder verpachten? Ein Aussteiger ist man mit Ende 50 nicht mehr! Er macht zunächst einmal Wanderurlaub und baut selbstverständlich die Möglichkeit ein, am nächsten Tag auch wieder zurück zu kehren. Unterwegs tauchen immer wieder Zweifel auf, ob denn das die richtige Entscheidung war? Abschalten vom Alltag fällt gar nicht so leicht! Der Wanderer zieht sein Vorhaben konsequent bis zum Ende durch.

Dem Wanderer erschließen sich in den Elsässischen Dörfern Wege zu den eigenen Kindheitserinnerungen. Auch nach einigen Tagen „gelungener Wanderung“ mit einem klasse Hochgefühl wird man von seinen Alltagsleiden eingeholt. Die körperliche Leistung, die Begegnung mit anderen Menschen bringt dem Wanderer jedoch einen Zugewinn an Selbstvertrauen und an innerer Ruhe. Die Rückkehr in den unveränderten Alltag mit allen seinen Problemen hat unserem Geschäftsmann einen anderen Blick auf die Welt außerhalb seines Geschäfts und dem kleinstädtischen Leben am Rande des Odenwalds gegeben, den er auf jeden Fall nicht mehr missen will.

 

Unser Autor ist doch sehr vogesensüchtig! Ich selbst kenne die Wanderstrecke und kann auch viele Eindrücke selbst bestätigen. Ich selbst hatte mich jedoch unterwegs mehr mit Wanderführer und Wanderkarte und meiner mangelnden Kondition beschäftigt!

 

Selbstverständlich handelt es sich um keinen neuen Wanderführer, sondern einen Roman über eine geglückte Wanderung. Thomas Striebig hat bisher zwei Vogesenführer veröffentlicht: „Zu Fuß durch die Vogesen“ (2000) und „Wanderungen durch die Vogesen“ (2007). Im Laufe des Jahres soll sein neuer Vogesenführer erscheinen. Wir dürfen gespannt sein!

 

 

Thomas Striebig: Kleines Finale, Verlag: Books on Demand GmbH, Norderstedt, 2010, ISBN 978-3-8391-7816-4

 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 36 - Dezember 2011

 

 

Die Ligurischen Alpen

 

Von Gerhard Wandel

 

Alpen direkt hinter der Riviera am Rande des Mittelmeeres? Es gibt sie wirklich und kein geringerer als der Geographieprofessor Dr. Werner Bätzing hat sie beschrieben!

 

Im Rotpunktverlag in Zürich ist nach der „GTA Nord“, „GTA Süd“, dem „Stura-Tal“ und den „Seealpen“ ein weiterer Kultur- und Wanderführer über die Westalpen unter Mitwirkung von Werner Bätzing und Michael Kleider erschienen.

 

Im Führer wird der Grenzbereich zwischen dem Piemont und Ligurien, als auch zu Frankreich, insbesondere die Nationalparks „Alta Valle Pesio e Tanaro“ und „Parco Naturale delle Alpi Liguri“ durchwandert.

 

In einer ausführlichen Dokumentation werden die Kultur und Geschichte der Landschaft beschrieben. Die menschliche Siedlungsgeschichte in dem Raum reicht von steinzeitlichen Jägern und Sammlern zu Ligurern, Kelten, Römern, der Ausbreitung der okzitanischen Kultur als Erbe des Lateinischen, Sarazeneneinfälle im frühen Mittelalter, dem Erstarken der Stadtrepubliken wie Genua, bis zum Beginn der Industrialisierung und Entvölkerung der Berggebiete.

 

Der große Bevölkerungsrückgang schaffte Raum zur Entwicklung der Nationalparks und zu einer umweltverträglichen Nutzung in Form von Wandertourismus. Eine touristische Entwicklung – wie an der Mittelmeerküste oder den Hochalpen - hat die Ligurischen Alpen bisher nicht erreicht. In Deutschland sind die Ligurischen Alpen, wie auch die Seealpen oder Apuanischen Alpen weitgehend unbekannt.

 

Alpin ist die Landschaft sehr wohl, mit Bergen über 2600 Metern und tief eingeschnittenen Tälern. Die Geologie wird bestimmt von der Landschaftsform Karst. Das Kalkgestein wird durch die Niederschläge ausgewaschen, Dolinen und Höhlen bilden sich. Die Hochebenen sind trocken. In den Tälern tritt das Wasser wieder aus Karstquellen zu tage. Die Geologie spiegelt sich in der Tier- und Pflanzenwelt und dem ausgesprochen kleingliedrigen Klima.

 

Im Wanderteil beschreibt der Führer eine Querung der Ligurischen Alpen von San Bartolomeo (Piemont) nach San Remo (Ligurien) in 12 Etappen. Daneben werden alternative Tourenabschnitte sowie kürzere Rundtouren aufgezeigt. Auf dem „Giro del Marguareis“ kann man den höchsten Gipfel der Ligurischen Alpen in fünf Tagen umrunden. Im Wandergebiet stößt man außer auf die GTA noch auf weitere Weitwanderwege, die Via Alpina (roter Weg) und Alta Via dei Monti Liguri.

 

Die Hinweise zu den einzelnen Etappen bieten den vom Rotpunktverlag gewohnten Standard: Wegebeschreibung, Hinweise auf Botanik, Kultur, Unterkünfte, Wanderzeit, Ab- und Aufstiege, Markierung. Kartenskizzen helfen zur Groborientierung.

 

Wer die GTA gegangen ist und neue Wege von den Alpen ans Mittelmeer sucht, dem muss man den Führer weiterempfehlen.

 

Werner Bätzing/Michael Kleider: Die Ligurischen Alpen

Naturparkwandern zwischen Hochgebirge und Mittelmeer

Rotpunktverlag, 1. Auflage 2011, ISBN 978-3-85869-432-4

 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 37 - April 2012

 

 

Hinweis von Lutz Heidemann auf einen neuen besonderen Weg:

 

Wandern auf dem Evliya Çelebi Weg

 

Zu Fuß oder zu Pferd durch Nordwestanatolien

 

Die Türkei durchläuft seit einer Generation einen gewaltigen Modernisierungsschub, der auch die Bevölkerungszahl ansteigen ließ und zu einer enormen Verstädterung führte, doch gleichzeitig besann sich das Land seines historischen Erbes. Es wurden nicht nur opulente Sultan- und Haremfilme hergestellt, sondern auch seriöse Forschungen zur osmanischen Geschichte und Kultur betrieben. Der harsche Bruch, den Atatürk mit der Verwestlichung der Kleidung und der zwangsweisen Einführung des lateinischen Alphabets auslöste, soll wieder geheilt werden. Dabei kommt der Türkei auch eine Brückenrolle zwischen Europa und ihren arabischen und iranischen Nachbarn zu, eine Rolle in der sich Ministerpräsident Erdogan gerne sieht. Deutschland sollte diese Veränderungen nicht ignorieren, weil eine große Zahl seiner Einwohner und Bürger eine enge Bindungen zur Türkei besitzt. Eine charmante Chance zum vertieften Kennenlernen bietet der neue Evliya Çelebi Weg, der – und das ist etwas besonderes – zugleich als Reit- wie als Weitwanderweg konzipiert wurde.

 

Der Namensgeber lebte von 1611 bis 1685 und wurde von der UNESCO zum „Mann des Jahres 2011“ gekürt; bei uns ist er nur Spezialisten bekannt. Das „ottomanische“ Reich war im späten 17. Jahrhundert ein Weltreich. Kurz bevor Evliya starb, war die Expansionsphase 1683 mit der gescheiterten zweiten Belagerung von Wien gerade vorbei, aber es gab an den Rändern, z.B. in Albanien oder Nordafrika genügend Gegenden, von woher authentische Nachrichten zu erfahren auf allgemeines Interesse stieß. Evliya - der Namenszusatz Çelebi ist ein Ehrentitel im Sinn von „bewundernswert“ - verfasste ausführ-liche Berichte von dem, was er beobachtete. Er stand in der Tradition von arabischen Reisenden. Ein Reisender ist ein Mensch, der aus Neugier unterwegs ist.

 

Das deckt sich bei der Fortbewegungsart nicht ganz mit uns Fußwanderern, weil damalige Reisende auch mit Schiffen und Kutschen unterwegs waren, auf jeden Fall mehr zu Pferd als zu Fuß. Trotzdem möchte ich den neuen Weg empfehlen, auch wenn ich ihn noch nicht gegangen bin.

 

Ich kenne jedoch Teile der Gegend, die der Weg durchquert und kenne Kate Clow, die bei der Wegemacherei und der Herstellung eines Führers wesentlich beteiligt war. Sie lebt seit 1993 in der Türkei, ist fasziniert beim Aufspüren alter Wege und ihr ist wichtig, dass diese Wege wieder genutzt werden. Der von ihr entwickelte Lycian Way ist inzwischen ein Selbstläufer geworden, Reiseunternehmer werben damit, auch deutsche Wanderanbieter, z. T. ohne dabei die Urheberin zu nennen. Ich bin 2004 mit meiner Frau längere Teile des „Lykischen Weges“ gegangen (s. Bericht in „Wege und Ziele“ Ausgabe 18 - Dezember 2005). Inzwischen hat Kate Clow weitere Fernwanderwege markiert und beschrieben und in der Osttürkei Gebirgsgegenden für Wanderer erschlossen. Auf der Homepage www.lycianway.com kann man mehr darüber lesen und sich auch über einen News-letter auf dem Laufenden halten lassen.

 

Der Evliya-Weg ist - wie erwähnt - insofern besonders, weil er für zwei Fortbewegungsarten konzipiert wurde, Reiten und Wandern. Dabei wird auf die spezifischen Bedingungen beider Nutzer eingegangen. Es gibt streckenweise getrennte Routen und es gibt sogar Abschnitte, z.B. Ebenen, wo den Wanderern empfohlen wird mit einem lokalen Minitaxi weiterzufahren, die aber für Reiter reizvoll sind, weil sie da mal Galopp einlegen können. Bäche machen Pferden wenig aus, Wanderer bevorzugen festen Untergrund. Und die Zeitangaben für die Etappen gehen selbstverständlich auf die unterschiedlichen  Geschwindigkeiten ein.

 

Der Impuls für das Projekt ging von zwei wagemutigen Frauen aus: Die eine war die Historikerin Caroline Finkel, aufgewachsen auf einer Farm in Schottland, die sich schon lange mit der Alltags- und Militärgeschichte der Türkei befasst hat. Wie wurden Feldzüge logistisch organisiert, war das Thema ihrer Promotion. Die andere war Donna Landry, sie kommt von der Fernreiter-Seite. Hier spielt die imperiale Vergangenheit Englands eine Rolle; Engländer, aber auch Engländerinnen sind immer wieder über weite Strecken mit Pferden unterwegs gewesen. Diese Erinnerungen werden bis heute gepflegt. Und wenn man in der Türkei abseits ausgetretener Strecken unterwegs ist, kommt man fast zwangsläufig mit Kate Clow in Kontakt, die aber nach wie vor mit ihren beiden Hunden zu Fuß unterwegs ist.

 

Vom Evliya Çelebi-Weg gibt es einen englischsprachigen Führer, der nach dem Schema der beiden bewährten ausführlichen Führer von Kate Clow zum Lykischen Weg und dem St. Pauls Trail aufgebaut ist. Es gibt u. a. geschichtliche und pflanzen- und tierkundliche Hinweise, auch eine kleine Sprachfibel. Die Route folgt ziemlich genau der Strecke, die Evliya 1671 auf seiner Pilgerfahrt nach Mekka benutzt hat. Er war mit Araber-Pferden, acht Dienern und drei Begleitern unterwegs. Aber ihm war es mit dem Ankommen in Mekka nicht eilig - er „mäandrierte“ anfangs in der weiteren Umgebung seiner Heimatstadt Istanbul herum - meinten die Autorinnen. Er besuchte und beschrieb kleinere, ihm bisher unbekannte Orte zwischen Bursa, Afyon Karahisar und Usak.

 

Im Jahr 2009 brach eine ähnliche kleine Karawane mit Pferden, aber begleitet von Autos zu einer Expedition in Nordwestanatolien auf. Angeschlossenen hatte sich auch ein Biologe und die Spiegel-Bildredakteurin Susan Wirth. Vorausgegangen waren intensive Text- und Kartenstudien. Wo genau verlief die Reiseroute im 17. Jahrhundert? Viele Namen von Orten hatten sich inzwischen verändert. Es gab auch im Zusammenhang mit dem Zusammenbruch des osmanischen Reiches umfangreiche Bevölkerungsverschiebungen.

 

Das Wegeprojekt verfolgt verschiedene Ziele: Westeuropäer sollen das Land kennenlernen und die intensive Gastfreundlichkeit der anatolischen Bauern erleben, wie ich sie als junger „Rucksacktourist“ auch selbst so häufig erfahren habe, doch gleichermaßen soll die örtliche Bevölkerung Chancen für den Aufbau – oder zumindest die Bewahrung – ihrer „lokalen Ökonomie“ bekommen. Das richtet sich hier speziell auf Weidewirtschaft und Pferdezucht.

 

Der Evliya-Weg ist nicht nur als Kombi-Weg neuartig, sondern auch in der Art der Umsetzung in der Örtlichkeit. Es gibt keine Markierungen. Das hat mich zuerst irritiert. Kate Clow hatte auf den von ihr organisierten Wegen in der weiteren Umgebung von Antalya negative Erfahrungen mit Beschädigungen gemacht. Für Einzelkämpferinnen ihrer Art sind durchgängige und ständig erneuerte Markierung fast nicht zu leisten. Die Benutzer des Weges orientieren sich über eine intensive Kette von GPS-Daten, die von der Homepage heruntergeladen werden können. Markierungen zum Zurechtfinden im Gelände sind in diesem Teil der Türkei vielleicht auch nicht so nötig wie in den Küstenbergen Lykiens oder beim St. Pauls-Trail. Der Führer spricht von der Nutzung alter Wege auf halber Höhe, die modernen Straßen gingen eher durch die Talböden.

 

Die Verfasserinnen und ihr Freundeskreis sind optimistisch. Es soll weitergehen. Der Region wären derartige Erfolge zu wünschen. Ein Freundschaftsritt nach Syrien wurde durchgeführt. Andere Projekte sind ein „Sultansweg“, der von Wien nach Istanbul gehen soll, ein holländischer Führer wäre schon erhältlich. Auf der Homepage www.cultureroutesinturkey.com, wo es auch weitere Informationen zum Evliya-Weg und zum Erwerb des Führers gibt, erfährt man von weiteren erstaunlichen Projekten, u.a. dass an einem „Abrahamspfad“ von Urfa nach Hebron und Mekka gearbeitet wird.

 

Also: „Wanderer aller Länder vereinigt Euch“, wandert auch in der Türkei, das Netzwerk macht mit und ist interessiert an Berichten.

 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 37 - April 2012

 

 

Eva Gruber

Franziskusweg – Impressionen einer Pilgerreise

Co-Autor Pater Anton Rotzetter,

Tyrolia-Verlag Innsbruck-Wien, 2012, 143 Seiten, ISBN978-3-7022-3167-5

 

 Von Lutz Heidemann

 

 Über die Möglichkeiten und Hilfsmittel, auf dem Franziskusweg und auf der Via Francigena in Mittelitalien zu wandern, habe ich schon im April 2008 in der Ausgabe 25 von „Wege und Ziele“ berichtet. Der Führer zum Franziskusweg von Angela Maria Serracchioli aus dem Tyrolia-Verlag ist inzwischen in 2. Auflage erschienen. Wir haben als Verein über die Jakobswege quer durch Europa berichtet und jetzt sind noch in unser Blickfeld die Wege der vertriebenen fliehenden Hugenotten oder die der arbeitsuchenden Schwabenkinder getreten. Und ich habe sogar von einem Pilgerweg nach Mekka berichtet, der gerade in der Türkei eingerichtet wurde. Hier nun ein weiteres Pilger-Buch. Ist Pilgern dem Wandern gleichzusetzen? Können wir Zeitgräben überspringen?

 

Es ist eine Einladung, die verschiedenen Landschaften zu besuchen, die mit dem Leben des Heiligen Franz verbunden waren - und es durch die Pflege der Erinnerung bis heute sind. Es handelt sich um keinen Reiseführer, sondern um einen Bildband. Kategorien wie praktisch, leicht oder rucksackgeeignet, sind da fehl am Platz. Ich möchte stattdessen den fast aus der Mode gekommenen Begriff „schön“ verwenden. Es ist ein schönes Buch, ich möchte es deshalb empfehlen.

 

„Schönheit ist der Glanz des Wahren“- das ist so ein Spruch zum Nachdenken. Uns Architekturstudenten wurde er im katholischen Aachen mit auf den Weg gegeben. Er wurde uns als Ausspruch des Thomas von Aquin vermittelt. Der war zwar Dominikaner und kein Franziskaner, aber ein Zeitgenosse des Mönches aus Assisi.

 

Das Buch zeigt viele große und kleine Bilder, alle von Eva Gruber aufgenommen; man spürt die gleiche Handschrift. Es sind, wie sie korrekt schreibt, Impressionen. Andere Wanderer werden vielleicht andere Eindrücke festhalten, aber die von ihr gewählten Landschaftsausschnitte, Details von Kirchen oder Orten am Weg sind schon prägnant. Das Buch ist nach Etappen gegliedert. Es ist ein Buch, das man entweder durchsieht, um sich für einen Besuch in Mittelitalien vorzubereiten - oder an dem man sich nach einer Wanderung noch lange als Erinnerung erfreut.

 

Das Buch enthält eine ganze Reihe von alten und modernen Franziskus - Darstellungen und führt in Orte, die eindrückliche Bildwerke vom 14. bis zum 16. Jahrhundert besitzen. Das ist in seiner Weise konsequent. Denn zu den erstaunlich vielen Anregungen, die von Franziskus ausgingen - und uns bis heute zur Nachahmung auffordern, seien es Zuwendungen gegenüber Armen, Kranken, Tieren oder generell der Natur, gehörte auch die Anregung, biblisches Geschehen mit Menschen und Tieren nachzuspielen oder davon Figuren zu machen. So gehen letztlich die Krippendarstellungen, die die Ostkirche nicht kennt, auf Franziskus zurück, wie überhaupt der Gedanke, dass Künstler Geschehnisse in eigene erfundene Bilder übersetzen sollen. Doch das ist ein „weites Feld“...

 

Aber durch Sehen beim Wandern neue oder verschüttete Dinge oder Werte zu erfahren und zu lernen, ist nach wie vor aktuell und ist vielleicht auch nicht so weit vom Sinn des Pilgerns entfernt. So kann Wandern auf dem Franziskusweg auch heute lehrreich-hilfreich sein, und ich mache Frieden mit dem Pilgern, einer spezifischen Spielart des Wanderns.

 

Zurück zum Weg: Es gibt mehrere Websites zum Franziskusweg und wenn man googelt, ist man wieder leicht irritiert, wie viele Franziskuswege es inzwischen  außerhalb von Italien gibt. Einen „originalen“ Weg gibt es nicht. Die Führer und die beschriebenen Wege in Mittelitalien basieren auf den Erfahrungen einzelner Verfasserinnen und Verfasser und laufen über weite Strecken konform, haben aber z.B. unterschiedliche Start- und Endpunkte. Ich bin nicht direkt auf dem Franziskusweg gewandert, wohl in anderen Teilen von Umbrien und Latium und der Toskana und kenne von Besuchen die meisten der erwähnten Orte. Es gibt Markierungen, z.T. direkt für den Franziskusweg vorgenommen, z.T. handelt es sich um markierte Wegestücke des CAI, des italienischen Alpenvereins. Man sollte sich einem Wanderführer anvertrauen; da ist der Tyrolia-Verlag eine gute Adresse. Beim - zugegeben flüchtigen - Googeln kam mir die Website www.camminodiassisi.it mit detaillierten Etappenbeschreibungen und Kartenskizzen und Übernachtungshinweisen recht hilfreich vor.

 

Was für Deutschland unter Franziskusweg geführt wird, sind z.T. nur ausgedehnte Spaziergänge. Hier ein Beispiel aus der Rhön. Es ist wirklich kein Weitwandern, aber wer sich bewegt und dabei nachdenkt, ist im Sinn des Heiligen Franz schon auf „dem richtigen Weg“.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 39 - Dezember 2012

 

 

Schwabenkinder-Wege

 

Kultur-(Wander-)Führer für Oberschwaben und Vorarlberg

 

 Von Gerhard Wandel

 

In den Jahren 2011 und 2012 sind zwei neue Rother Wanderführer erschienen, die als Thema „Schwaben Gehen“ haben. Seit Ende des Dreißigjährigen Krieges bis Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts wurde aus der wirtschaftlichen Not in den Herkunftsgebieten Vorarlberg, Tirol und Schweiz Kinder als sogenannte Hütejungen während der Sommermonate nach Oberschwaben, Tettnang, Ravensburg, Wangen, Friedrichshafen, Leutkirch, Bad Waldsee verdingt, wo sie zu allen Arbeiten auf den großen Bauernhöfen herangezogen wurden.

 

Das Projekt „Schwabenkinder“ und „der Weg der Schwabenkinder“ werden als grenzüberschreitende Projekte mit Mitteln des Interreg IV Programms „Alpenrhein-Bodensee-Hochrhein“ seit 2008 von der EU gefördert. Der Aufbau eines „neuen Weges“ kommt jedoch ohne die Unterstützung der örtlichen Honoratioren, Gemeinden, Museen, Touristikämter nicht aus.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Die Ursachen für das „Schwaben Gehen“ waren:

     der karge, schwer zu bearbeitende Boden,

     die Realteilung der landwirtschaftlichen Bergbauernbetriebe im Todesfalle,

     Fortschritte im Gesundheitswesen mit dem daraus resultierenden Kinder-

      reichtum,

     Naturkatastrophen und Kriege, welche die Situation verschärften,

     späte Anbindung an die Verkehrswege, Arlbergbahn, Straßen,

     die dadurch beginnende industrielle Entwicklung, die erst Ende des 19. Jahr- hunderts im Vorarlberg einsetzte

 

Ende des 19. Jh./Anfang 20. Jh. wurden die Entwicklung und auch die weitere Abwanderung der Bevölkerung in den Berggebieten durch den aufkommenden Tourismus gedämpft. Die strapaziösen Wanderungen von den Ausgangsorten in die Zielgebiete wurden mit Eröffnung der Arlbergbahn und Aufnahme der Dampfschifffahrt auf dem Bodensee erleichtert. Mit Eröffnung der Schifffahrtslinie Bregenz – Friedrichshafen ist ein neuer Ausgangspunkt für Wanderwege durch Oberschwaben entstanden.

 

Der Aufbau der beiden Wanderführer stellt sich wie folgt dar:

allgemeines zum Thema Wandern in Oberschwaben bzw. Vorarlberg

Routenübersicht

wirtschaftliche und kulturelle Verflechtungen der einzelnen Gebiete

Infrastruktur und touristischen Know-how

 

Die Schwabenkinder nutzten die bekannten Wege und Pfade. Die Streckenführung hing von der Begleitperson und der Witterung ab. Unterwegs mussten die Wanderer auch rasten; Klöster und soziale Einrichtungen gewährten ihnen Unterkunft und eine warme Mahlzeit.

 

Vorsicht: Die „Schwabenwege“ sind als solche weder in der Natur noch in einer Wanderkarte gekennzeichnet! Es wird auf alten Verkehrswegen gewandert, die teilweise asphaltiert sind.

 

Die Führer beinhalten:

die Höhenmeter der Auf- und Abstiege der einzelnen Tourenetappen, die jedoch nicht mit Tagesetappen zusammenfallen; die absolute Höhe der einzelnen Punkte ist leider aus den Wanderführern nicht herauszulesen, könnte jedoch für den Wanderer im Hinblick auf die Witterung sehr nützlich sein,

die Tagesetappen muss jeder Wanderer selbst nach Kondition, Unterkunftsmöglichkeiten oder Verkehrsanbindungen zusammenstellen,

die Kartenausschnitte sind nur als Übersichtskarte zu gebrauchen, ersetzen jedoch keine detaillierte Wanderkarte, Kompass oder GPS,

die Wegebeschreibungen sind zum großen Teil nicht an Markierungen angelehnt,

ausführlichen Ortsbeschreibungen helfen dem Wanderer, Unbekanntes zu entdecken,

die Führer bringen die Geschichte und Kultur der durchwanderten Region näher und liefern einen guten Überblick über den Beginn der Industrialisierung, die Armut, die Kinderarbeit, die Erschließung der Berggebiete, die Entvölkerung der benachteiligten Gebiete, sowie den aufkommenden Tourismus.

 

Im Bergverlag Rother sind dazu die Wanderführer erschienen:

 

1. Elmar Bereuter: Oberschwaben, 2011, ISBN 978-3-7633-4413-0

2. Elmar Bereuter: Vorarlberg, 2012, ISBN 978-3-7633-4416-1

 

Der Wanderführer für Oberschwaben begleitet den Wanderer von Bregenz zu den „Kindermärkten“ in Ravensburg und Friedrichshafen, die gewissermaßen die Aufgaben von Jobbörsen wahrnahmen und die Kinder in einen landwirtschaftlichen Betrieb vermittelten. Von Bregenz nach Ravensburg beinhaltet der Führer drei Wege. Ebenfalls drei Wege vermitteln die Verbindung von Friedrichshafen nach Ravensburg. Zwei Wege führen von Ravensburg nach Wolfegg. Dort enden die beschriebenen Wege.

 

Der Wanderführer für Vorarlberg zeigt die alten Wege der Schwabenkinder aus den Herkunftsgebieten Vorarlbergs, beginnend in den angrenzenden Gebieten Tirols und Liechtensteins bis zum Bodensee. Die Wege durch Vorarlberg beinhalten Wege durch den Bregenzer Wald nach Bregenz, Wege aus den Tiroler Grenzgebieten nach Bregenz, den Weg von Brand nach Rankweil und den Weg von Balzers nach Feldkirch.

 

In diesem Jahr sollen auch die Wanderführer für die Wege in Tirol/Südtirol und Schweiz/Liechtenstein erscheinen.

 

 

 

 

Eigene Erfahrungen auf den „Schwabenkinderwegen“

 

Die bessere Möglichkeit für den Wanderer einen persönlichen Eindruck der beschriebenen Wandertour sowie der Tauglichkeit des Führers zu gewinnen, ist natürlich eine Wegstrecke selbst abzulaufen, als viele Bücher zu lesen. Diesen Selbstversuch habe ich unternommen. Anlässlich der Witterungsverhältnisse beschränkt sich die Erfahrung auf den Raum Oberschwaben. Es handelt sich hierbei jedoch nur um eine Wochenendtour. Begangen wurde die Strecke zunächst über die Route A 2 von Lindau über Oberreitnau, Laimen nach Tettnang und weiter nach Ravensburg.

 

Eisiger Wind und Sonnenschein begrüßt uns in Lindau. Das Thermometer zeigt am Bodensee 0 Grad. Die Winterbekleidung kommt zum Einsatz. Schwitzen ist eher nicht angesagt.

 

Die Wegebeschreibung wurde mit viel Mühe und Sorgfalt gefertigt und erweist sich als sehr zuverlässig. Auch ohne Wanderkarte ist der Weg auffindbar. Teilweise existieren neue Wegemarkierungen des Schwäbischen Albvereins mit exakten Wegeangaben. Heraus aus Lindau sehen wir viele Obstbaumplantagen und später auch Hopfenfelder neben Weiden und Wald-stücken. Über den Ausweis von markanten Punkten im Führer mit herrlicher Fernsicht auf den Säntis und die schneebedeckten Schweizer Alpen haben wir uns besonders gefreut.

 

Die Hintergrundinformationen über die Geschichte und Geschichten am Wegesrand fand unser besonderes Interesse („Man sieht nur, was man auch weiß.“) Die Angaben zur Länge des Weges und der Stundenzahl entsprachen unseren Erfahrungen.

 

Wir erleben weniger Asphalt als erwartet und freuen uns im Wald über den noch gefrorenen Boden, der sich binnen kurzem infolge der Holzarbeiten in morastige Partien wandeln kann. Wichtig für den Wanderer sind auch die vielen Gastwirtschaften mit köstlichen Allgäuer Spezialitäten. Nach ca. 6 Stunden erreichen wir Tettnang. Tettnang war eher enttäuschend: Zwei Straßenzüge mit vielen Cafés und Kneipen, ein paar geschlossene Kirchen und ein Schloss, das aber nicht für die Öffentlichkeit zur Verfügung steht. In den „Torstuben“ haben wir eine Unterkunft gefunden.

 

Der zweite Tag beschert uns trübes graues Wetter. Nach 4 ½ Stunden durch Obstbaum- und Beerenplantagen mit Hagelschutzabdeckungen, Wiesen und Hopfengärten erreichen wir unser heutiges Etappenziel Ravensburg, ein gut herausgeputztes Städtchen mit reicher Vergangenheit. Meine Begleiterinnen steigen in die Bahn, um am nächsten Morgen wieder ins Berufsleben einzutreten. Ich selbst schaue mir noch das „Humpisquartier“, den ältesten Gebäudekomplex in Ravensburg an, der heute ein Museum beherbergt und auch eine ständige Ausstellung zu den Schwabenkindern enthält.

 

Lobend zu erwähnen wären noch die Zugänge und Abgänge zu den einzelnen Wegetrassen.

 

 

Das Beste am nächsten Tag war das Frühstücksbüfett im Hotel „Residenz“. Der Blick aus dem Fenster bremst jede Wanderlust: Nieselregen und weiter oben auch Schneeregen bei Temperaturen knapp über null. Ich folge der Route C 1 und C 2 in Richtung Wolfegg und breche meine Tour am Rößlerweiher ab und wandere zurück nach Weingarten. Landschaftlich ist auch dieser Tag reizvoll. Die eiszeit-lichen Endmoränen vom Rheingletscher haben große Schuttberge hinterlassen. Tief eingeschnittene Täler summieren die Höhenmeter.

 

Was haben wir am Wanderführer vermisst? Viele Rotherführer (Toskana, Azoren, Vogesen-Durchquerung usw.) weisen Zeit-, Entfernungs- und Höhendiagramme aus, die eine nützliche Hilfestellung sind. Ich hoffe, dass der nächste Führer der Schwabenkinder-Wege dies auch berücksichtigt.

  

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 40 - April 2013

 

 

Wege ohne Ende: Touristiker "verpflastern" Deutschland mit Wanderwegen:

 

Der Remstal-Höhenweg

 

 Von Gerhard Wandel

 

Angespornt durch die Erfolge des Rothaarsteigs und des Rheinsteigs haben auch die Touristiker in Baden-Württemberg einen neuen Weitwanderweg kreiert, der örtliche Besonderheiten der durchwanderten Region zur Schau stellen soll, den Remstal-Höhenweg, ein echter Fernwanderweg mit 226 km Länge. Offizielle Eröffnung des Weges war im Herbst 2010. Ostern 2011 wurden von mir erste Teilstücke gegangen. Anregungen des Netzwerks Weitwandern – insbesondere bezüglich der Zu- und Abgänge - wurden offensichtlich von den Machern beim Tourismusverein Remstal-Route berücksichtigt. Dies ist auch naheliegend, da der Weg sehr gut für Nahausflügler über die S-Bahn und Regionalbahn ab Stuttgart erschlossen wird. Andere Anregungen, zum Beispiel zum nicht befestigten Weguntergrund, sind bisher nicht berücksichtigt. Einsamkeit darf man in der Regel inmitten einer so dicht besiedelten Region nicht erwarten.

 

Chancen/Schwierigkeiten:

Der Weg verläuft vielfach auf bestehenden AV—Wegen, Radwegen und landwirt-schaftlichen Erschließungswegen. Eine Vielfalt von Markierungen prasselt auf den Wanderer ein, der versucht, sich an den 700 oder mehr Markierungen des Remstal-Höhenweges entlang zu hangeln. Die grobe Richtung kann man auch ohne Karte nicht verfehlen. Der Weg folgt dem Verlauf der Rems, auf der Südseite bergauf und auf der Nordseite bergab.

 

Der Albverein kümmert sich auch zwangsläufig um die Erhaltung des Weges; die Touristiker müssen nur ggf. ihre Markierungen erneuern und haben außer der Unterhaltung der Homepage keine weiteren Kosten.

 

Der Wegverlauf erinnert eher an eine Weinkarte, als an eine Wegebeschreibung: Der Einstieg erfolgt bei der „Neuen Kelter“ in Fellbach, Stettener Heuchelberg, Schnaiter Riesling, Strümpfelbacher Trollinger, Korber Kopf … die Übersicht ließe sich beliebig weiterführen. Daneben begleiten den Weg aber auch ausgedehnte Wälder und Streuobstwiesen. Die ehemaligen Weinbaudörfer, heute eher weitverzweigte Siedlungen der Stadtflüchtlinge auf dem Weg ins Grüne und Industriestädtchen werden ebenfalls durchquert.

 

Renate Florl hat in ihrem Wanderführer „Remstal-Höhenweg“ (Fellbach – Remsquelle – Remseck) den Weg, eingeteilt in 18 Etappen, ausführlich  beschrieben. Die Beschreibung enthält Ausführungen zu Ausrüstung, Infrastruktur, Übersichtpläne, Entfernungsangaben in Kilometer. Woher kennen wir diese Art von detaillierten Beschreibungen der Zu- und Abgänge zum nächsten Bahnhaltepunkt, Hinweise zu den touristischen Sehenswürdigkeiten? Ich fühle mich spontan an die französischen Topo-Guide erinnert.

 

Der Weg beinhaltet keine sportliche Herausforderung; er umfasst inhaltlich eher Genusstouren. Er ist ganzjährig zu begehen. Der Wanderführer ist in praktischer Spiralbuchform, DIN A 6 Format ausgestattet. Trotz seiner 138 Seiten passt er bequem auch in die Seitentasche der Trekkinghose.

 

Man muss der Autorin beipflichten:

Es ist Zeit zum Entschleunigen. „Wer langsam und aufmerksam wandert, hat länger etwas davon.“

 

Renate Florl: „Remstal-Höhenweg“, Bärenfelser Verlag, Silcherstraße 14, 71384 Weinstadt,

 1. Auflage April 2011, ISBN 978-3-86372-001-8

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 41- August 2013

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Vogesen-Durchquerung

 

 Von Gerhard Wandel

 

Zwischenzeitlich ist der dritte deutsche Wanderführer über die Vogesen von unserem Mitglied Thomas Striebig erschienen.

 

Der erste Vogesenführer von Thomas „Zu Fuß durch die Vogesen auf dem GR 53 und GR 5 von Wissembourg nach Belfort“ ist im Jahr 2000 im GeoHist Verlag, Neu-Anspach, erschienen. Der zweite Wanderführer „Wanderungen durch die Vogesen“ erschien 2007 im Morstadt Verlag, Kehl. Im Gegensatz zum ersten Führer und dem nun neu erschienenen Wanderführer stellt dieser Führer ein- und mehrtägige Rundtouren in den Vogesen zusammen.

 

Kann man denn nach zwei Wanderführern noch etwas besser machen? Man kann!

 

Der neue Wanderführer zeichnet sich aus durch

     ein besser zu lesendes Schriftbild

     Kartenausschnitte und Höhendiagramme

     einen deutlich höheren Bildanteil

     geringerem Umfang und geringerem Gewicht und wird dadurch rucksacktauglicher. An Qualität und den für den Wanderer notwendigen Informationen gibt es keine Einbußen.

 

In akribischer Feinarbeit hat der Autor dem Leser die kulturellen Eigenheiten und die wechselvolle Geschichte der Vogesen zwischen Deutschland und Frankreich und der durchwanderten Landschaft mit ihren Weilern und Städtchen aufgearbeitet.

 

Der Führer enthält ausführliche Ortsbeschreibungen, detaillierte Entfernungs- und Zeitangaben, Hinweise auf Wanderkarten und Unterkunfts- und Einkehrmöglichkeiten. Adressen der Touristenbüros und der Zugang zu öffentlichen Verkehrsmitteln dürfen da selbstverständlich nicht fehlen.

 

 

Die Wegbeschreibung entspricht dem Wegeverlauf des französischen Wanderführers (Topo-guide) „Crete des Vosges“. Begangen werden der gesamte GR 53, der GR 5 in den Vogesen und der GR 531. Auf der Hauptroute umfasst der Weg 388 km in 37 Etappen. Die Route verläuft überwiegend auf naturbelassenen Pfaden durch einsame Wälder, vorbei an Schlössern und Burgen, Wiesen, Seen, über Bergweiden und auch auf den höchsten Gipfel der Vogesen, den Grand Ballon mit 1424 m sowie ein Stück entlang der elsässischen Weinstraße.

 

Unterkünfte aller Preisklassen in Form der Gité d’Etape, Ferme-Auberge oder Hotels sind ausreichend vorhanden, sodass der müde Wanderer abends auch die vorzügliche elsässische Küche genießen kann. Thomas Striebig weist auch auf Alternativrouten hin.

 

Wir hoffen, dass der Führer nach der langen Vorarbeit nicht so schnell veraltet, und Thomas Striebig als „der“ deutsche Kenner der Vogesen weiter seiner „zweiten Heimat“ treu bleibt.

 

Alle, die möglicherweise aufgrund sprachlicher Hemmnisse Frankreich als Wanderland ausgespart haben, seien die Vogesen wärmstens empfohlen, ein Großteil der Elsässer spricht noch alemannisch!

 

Thomas Striebig „Vogesen-Durchquerung“, Auf den GR 53 / 5 von Wissembourg nach Belfort,

1. Auflage 2012, Rother Wanderführer, ISBN 978-3-7633-4407-9

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 41 - August 2013

 

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