Wanderbedingungen in Nordthüringen

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Bei dem Stichwort „Wandern in Thüringen“ denken viele zuerst an den etwa 170 km langen Rennsteig, den Höhenweg auf dem Thüringer Wald. Doch für Weitwanderer, die etwas mehr Einsamkeit und vielseitigere Landschaft schätzen, gibt es als reizvollere Alternative z. B. einen ebenfalls im Raum Eisenach beginnenden Weg, der zuerst durch den Hainich führt, dann am Nordrand des Thüringer Beckens entlanggeht und bei Heldrungen die Unstrut überquert. Dieser Nordrand wird durch eine Kette immer schmaler werdender Bergrücken markiert. Zuletzt wanderten man über die nur wenige hundert Meter breite Schmücke und den Kalkrücken zwischen Eckartsberga und Bad Sulza und gelangten nach zehn Tagen zu Ilm und Saale.

Meine Frau und ich sind diese Strecke im Frühjahr 2000 gewandert. Das Ausgangsgebiet für unsere kurzfristig vorbereitete Oster-Tour war der Hainich, ein außergewöhnlich großer Buchenwald und aus diesem Grund seit Dezember 1997 zum 13. deutschen Nationalpark erklärt. Auch an den folgenden Tagen bestimmten ausgedehnte Buchenbestände das Landschaftsbild, in der Finne trafen wir auch Eichen an. Zu dieser Zeit waren die Bäume noch ohne Laub, aber der Waldboden war voll von blühenden Busch-windröschen und Himmelschlüsselchen. Der Bärlauch roch kräftig und Fachleute hätten Orchideen erkannt. Einmal fragten wir zwei alte, uns entgegenkommende Männer nach einer gelbblühenden Pflanze und hörten als Antwort, das seien „Antonisröschen“, im Hinterkopf hatte ich den Namen Adonisröschen. Streckenweise wurden wir an blühenden Hecken entlanggeführt; der Weg war dann von herabgefallenen Blüten wie weiß gepudert. Viele Wege waren auch von Obstbäumen gesäumt; wir freuten uns über Nachpflanzungen.

Die Strecke war gut trassiert, d.h. abwechslungsreich geführt. Überwiegend war es ein Kammweg. Es machte Spaß, entlag der Waldränder zu gehen. Reizvoll waren die Ausblicke in das weite, leicht gewellte thüringische Becken. Auch die Markierung war gut. Eher beobachteten wir ein Übermaß an Markierungen und Schildchen, denn oft existierten Parallelführungen mit anderen Wanderwegen. Es gab ausreichend Zu- und Abwege von der Hauptstrecke. Probleme mit der Markierung gab es höchstens in geschlossenen Ortschaften.

Wir durchquerten die ehemalige Freie Reichsstadt Mühlhausen, die Residenzstadt Sondershausen, kleine Städte und Marktflecken, stattliche Dörfer und kamen an mittelalterlichen Burgen und Klöstern vorbei. In Frankenhausen sahen wir uns in dem „Panorama-Museum“ über der Stadt das 123 m mal 14 m messende Rundbild an, das von dem Maler Werner Tübke mit wenigen Gehilfen bis 1987 fertiggestellt wurde und auf dem er, ausgehend von der an dieser Stelle stattgefundenen Metzelei im Bauernkrieg von 1525, ein vielfiguriges

„Welttheater“ des 16. Jahrhunderts gestaltet hat.

Thüringen ist ein reizvolles Wanderland. Die von der DDR-Wirtschaft verursachten Landschaftsschäden sind weniger stark als in den anderen Ländern. In den Waldgebieten gab es große militärische Sperrgebiete, wo zwar Soldaten übten und viel Munition verschossen, die heute noch im Boden stecken kann, wo sich aber auch Pflanzen und Tiere gut entwickeln konnten. Der Naturpark Hainich ist aus einem solchen Militärsperrbezirk entstanden. Erst an den Rändern von Thüringen gibt es Überreste von Tagebauen und Halden vom Kali- oder Uranbergbau. Bei den Orten waren wir immer wieder erstaunt und erfreut, wieviel an alter Bausubstanz in den vergangenen Jahren gesichert und wiederhergerichtet worden war. Viele Dörfer haben noch ihre alte Form bewahrt. Thüringen ist ein Land der Klein- und Mittelstädte. Die Kleinstaaterei in Thüringen führte zu vielen kleinen Residenzen. Nicht nur Weimar hatte einen „Musenhof“, z. B. auch in Meiningen, Sondershausen oder Gera haben die Fürsten als Mäzene gewirkt und oft die zu ihrer Zeit modernen Künstler unterstützt. Gespräche, insbesondere in den Privatquartieren, gaben uns die Chance, etwas von der Befindlichkeit der Menschen in Thüringen zu erfahren.

Neben dem eingangs erwähnten Rennsteig und der von uns begangenen Wegefolge in Nordthüringen gibt es noch mehrere andere Hauptwanderwege. Sehr reizvoll stelle ich mir den Weg auf den Saale- Höhen vor. Die Orte am Fluß haben alle einen von der Geschichte geprägten Charakter: z. B. Saalfeld, Rudolstadt, Kahla, Jena, Dornburg und Bad Kösen. Bei Naumburg mündet die Unstrut in die Saale und auch dieser Fluß wird von einem Weitwanderweg begleitet. Am Nordrand von Thüringen , z.T. wohl schon auf dem Gebiet von Sachsen-Anhalt verläuft der Karstwanderweg mit einer, wie der Name andeutet, charakteristischen Landschaftsstruktur und Pflanzenwelt.

In dem Internet-Angebot von „ www.wanderbares.deutschland.de“ wird neben dem altbekannten Rennsteig auch ein „Thüringenweg“ vorgestellt, der in 23 Etappen von Altenburg im Osten nach Creuzburg an der Werra reicht. Von der Residenzstadt Altenburg werden die Wanderer nach Gera in die nächste Residenzstadt geführt, gehen weiter über Thalbürgel mit seiner schönen romanischen Klosterkirche nach Jena und Bad Berka. Auf dem Weg zum Thüringer Wald wird Paulinzella mit der schönsten Kirchenruine Deutschlands gestreift, dann geht der Weg am Fuß des Thüringer Waldes über Eisenach bis nahe an die hessische Grenze bei Creuzburg an der Werra. Viel Vergnügen bei dieser Wanderung! - Ein weiteres Wegeangebot aus dem „wanderbarem Deutschland“ ist der Saale- Orla- Weg, ein Rundkurs in 23 Etappen. Dieser Weg könnte zur Vernetzung mit anderen Langstreckenwegen benutzt werden. Als „Fortschritt“ sei registriert, daß die jüngste Fassung für jeden Weg eine Übersicht über den Asphaltanteil an den Gesamtstrecken enthält. Um eine großräumige Routenplanung betreiben zu können, wäre es wünschenswert, wenn es eine Übersichtskarte z. B. im Maßstab 1: 500.000 über die Thüringer Fernwanderwege gäbe.

Für die Wege und ihre Markierungen engagieren sich in Thüringen die Mitglieder vieler örtlicher Vereine. Nach der Wende wurden die alten Wander- und Gebirgsvereine wiedergegründet. Da gab es räumliche Überschneidungen. Der Rennsteigverein deckt nur den Kern des Thüringer Waldes ab. Hinzu kamen der 1880 gegründete Thüringerwaldverein und der Thüringer Gebirgs- und Wanderverein. Nun haben die deutschen Vereine die Tradition, sich an „ihren“ Gebirgen und nicht an politisch-administrativen Grenzen zu orientieren. Das erschwert z. B. die Kooperation mit staatlichen Organen oder Fremdenverkehrsverbänden. Deshalb haben sich die Thüringer Vereine seit einiger Zeit mit den angrenzenden Gebirgsvereinen unter dem Dach eines „Landesverbandes Thüringen“ zusammengeschlossen. Die Struktur dieses Verbandes läßt sich auf ihrer Homepage unter www.wanderverband-thueringen.de nachvollziehen. Es scheint aber auch unterschiedliche Trägerschaften für die Wege zu geben, was sich auf die Markierung und „Bewerbung“ auswirken wird. Der Saale- Orla- Weg untersteht z. B. dem Landratsamt des Saale- Orla- Kreises, der Rennsteig dem oben genannten Landesverband Thüringen. So tritt im Internet als Partner für den Saale- Orla- Kreis der „Fremdenverkehrsverband Thüringer Schiefergebirge/ Obere Saale“ auf. Bei den dort unter „Gastgeber“ auftretenden Hotels fehlen die Ortsangaben... Es wäre sinnvoll, wenn die Internet-Seiten von „Neutralen“ gegengelesen würden.

Die Wegevielfalt in Thüringen ist groß. Wir bemerkten das bei unserer Wanderung. Der Nationalpark Hainich hat ein eigenes Wegesystem mit „niedlichen“ Symbolschildchen. Der über den Kamm verlaufende Weg heißt Rennstieg, eine Verwechslungsgefahr mit dem Rennsteig ist vorprogrammiert. Anschließend benutzten wir bis Bad Frankenhausen den schon 1930 eingerichteten Barbarossaweg. Träger dieses von Korbach bis zum Kyffhäuser reichenden Weges ist der Hessisch-Waldeckische Gebirgs- und Heimatverein. Dann folgten wir dem Dün-Hainleite-Weg. Zur Orientierung benutzten wir anfangs die über den Hainich bei ARTIFEX Langensalza herausgekommene Freizeitkarte Nr. 2; (dieser Verlag macht auch Karten über das mittlere Thüringen). Später griffen wir auf die ausgezeichneten Karten M. 1: 50.000 des Landesvermessungsamtes zurück, die wir in Buchhandlungen, z. B. in Mülhausen, kauften. Da wir zum Schluß auf der Grenze zu Sachsen-Anhalt wanderten, reichten diese Karten nicht weiter; gute Hilfe leistete das Faltblatt mit Wander-Karte 1: 75.000 „Untere IImaue“ (herausgegeben von der Stadtverwaltung Bad Sulza), das z. B. die Wegeverbindungen bis nach Dornburg mit seinen interessanten Schlössern enthielt. Damit hätte man auch entlang der Ilm bis Weimar oder über Bad Kösen nach Naumburg gelangen können.

Als wir im Jahr 2000 wanderten, bekamen wir sehr umfangreiches Material für die Übernachtungen von dem Tourismus Service Center. Das gibt es so nicht mehr, es hat eine Nachfolge in der „Thüringer Tourismus GmbH“, Weimarische Straße 43, 99099 Erfurt Tel: 0361/ 37420 gefunden. In der entsprechenden Homepage „ www.thueringen-tourismus.de“ hatte ich Schwierigkeiten, Informationen zu Übernachtungsmöglichkeiten auf Ortsebene zu finden.

Für diejenigen, die unsere Wanderung vom Jahr 2000 nachvollziehen wollen, sind nachfolgend unsere Etappen und Unterkünfte aufgelistet. Der Ausgangspunkt unserer Route und der Platz, wo wir das Auto stehengelassen hatten, war der Ortsteil Hütscheroda in der Gemeinde Behringen in der weiteren Umgebung von Eisenach, dort Übernachtung im Hotel Zum Herrenhaus Tel.: 036254/7200

  • 1. Tag bis Mihla 20 km, dort Übernachtung im Hotel Graues Schloß (Tel.: 036924/42272)
  • 2. Tag bis Mühlhausen 22km, dort gibt es viele Hotels
  • 3. Tag bis Holzthaleben 28 km, Übernachtung in einem Privatzimmer
  • 4. Tag bis Sondershausen 31 km, dort gibt es viele Hotels
  • 5. Tag bis Bad Frankenhausen 29km, dort gibt es viele Hotels, Übern.: Hotel Thüringer Hof Tel.: 034671/51010
  • 6. Tag bis Heldrungen 28 km, Übernachtung in einem Privatzimmer
  • 7. Tag bis Rastenberg 28 km, Übernachtung bei Privatzimmervermieter: Greisler, Tel.: 036377/80391
  • 8. Tag bis Bad Sulza 27 km, dort gibt es viele Hotels
  • 9. Tag Wanderung bis zu den Dornburger Schlössern 12 km, Bahnfahrt zu- rück nach Langensalza, dort Übernachtung, es gibt mehrere Hotels
  • 10.Tag Wanderung bis Hütscheroda 20 km
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