220 Kilometer auf der klassischen Route von Sofia nach Petrovo - der so genannten Vier-Gebirgs-Wanderung (Vitoscha – Verila – Rila – Pirin)
Bulgarien – ein Land, das den meisten wohl nur durch seinen Gold- und Sonnenstrand am Schwarzen Meer bekannt ist. Hier tummeln sich tausende Pauschaltouristen – meist an den offiziellen Stränden. Schöner, leerer und vor allem natürlicher ist der Strand noch in Richtung türkischer Grenze. Hier sind kleine und feine Buchten zu finden, die noch nicht zubetoniert sind.
Doch das Land hat enorm mehr zu bieten als nur Badeurlaub, vor allem für Individualreisende – ganz besonders, wenn diese Wanderer sind. Denn nicht zufällig durchqueren gleich drei der bislang elf europäischen Fernwanderwege Bulgarien: der E3 im Norden des Landes, etwa parallel zur Grenze nach Rumänien bis ans Schwarze Meer, der E4 im Westteil Bulgariens geht von Norden nach Süden (die Vier-Gebirgs-Wanderung) und der E8 durch die Rhodopen.
Dass der E4 rein kartentechnisch gesehen parallel zu der Überlandstraße E 79 nach Griechenland verläuft, tut der eindrucksvollen Wanderung keinerlei Abbruch, denn das spielt bei der E4-Wanderung keine Rolle: Von der Überlandstraße sieht und hört der E4-Wanderer nichts – zu keinem Zeitpunkt. Dafür bieten sich ihm auf seiner Tour gigantische Panoramen und ursprüngliche Natur in einsamen Gegenden, die Charaktere der zu durchwandernden Gebirge könnten unterschiedlicher nicht sein.
Ein gravierender Unterschied zum Nachbarland Griechenland: die beliebten Hütehunde. Während sie den Wanderer in Griechenland das Fürchten bzw. das Rennen lehren, trafen wir in Bulgarien keine Schaf-, Ziegen- oder Kuhherden ohne Hirten, die Hunde gehorchen aufs Wort – eine wahre Freude für Wanderer.
Um es vorweg zu nehmen: Wandern in Bulgarien – ob nun mit oder ohne Hunden - bedeutet Abenteuer: Wild romantische Berge mit mehr oder weniger vorhandenen Wegen und Markierungen, wenigen Wanderern (obwohl die Bulgaren selbst auch ein Wandervölkchen sind), dafür reichlich Hütten – wobei jede mit sich selbst überrascht. Erwähnenswert für den E4 in Bulgarien: Er passiert fast keine Ortschaften.
Westlich-europäischen Standard sollte man in Bulgarien – zumindest im Gebirge - nicht erwarten: Irgendeine Vorrichtung zum Erleichtern gibt es immer, fließend kaltes Wasser und Verpflegung auch, da sich nach dem Tourismus-Einbruch 1990 die Lage wieder stabilisiert hat und die Hütten wieder bewirtschaftet werden.
Für alle Entbehrungen wird der Wanderer durch atemberaubende Panoramen entschädigt und die herzliche, aber unaufdringliche Art der Bulgaren sowie deren unwahrscheinlich abwechslungsreiche und köstliche Küche (viele Fleischgerichte, aber auch eben so viele vegetarische), dazu gibt´s wunderbaren bulgarischen Wein.
All das wusste ich schon, als wir in diesem Jahr zu unserer laut Kompass-Reiseführer „Auf Tour in Europa“ Etappe 4.33. von Sofia nach Petrovo, der so genannten Vier-Gebirgs-Wanderung, aufbrachen. Denn schon zu DDR-Zeiten führte es mich öfter nach Bulgarien (die Länderauswahl bei den Urlaubsplanungen hielt sich ja damals - im wahrsten Sinne des Wortes – in Grenzen). Mehrmals war ich wandernd im Pirin, das mich jedes Mal aufs Neue verzaubert hat. Der Rest der 2006-er Tour war neu für mich und auch für meine Mitstreiter. Zu sechst war der diesjährige Urlaub geplant: Maximilian (18, Schüler, das zweite Mal in Bulgarien), Annelie (24, Studentin, das dritte Mal in B.), Carsten (37, Mineraloge, das zweite Mal in B.), Saskia (43, Souffleuse, das erste Mal in B.), Katharina – also ich (44, Journalistin, das vierte Mal in B.) und Hans (48, Biologe, das sechste Mal in B.).
Schon die Vorbereitung gestalteten sich nicht allzu einfach. Kartenmaterial war nicht zu bekommen. In Deutschland gar nicht und vom Bulgarischen Touristenverband gab‘s auf Briefe keine Antwort. Zum Glück arbeiten am Freiberger Theater, übrigens das älteste Stadttheater der Welt, viele Künstler vom Balkan. So auch Bulgaren. Womit wir das Glück hatten, bei der Landung auf dem Sofioter Flughafen empfangen zu werden. Endlich gab‘s Karten.
Hinweis: Der Bulgarischen Touristenverband ist derzeit nicht gut organisiert, so dass die Post liegen bleibt. Vor Ort jedoch ist sämtliches Kartenmaterial zu haben. Wanderkarten für den E4, M: 1:50000, für jedes Gebirge extra, ausführliche Wegebeschreibungen auf der Rückseite in bulgarisch, englisch und deutsch – womit der des Kyrillischen nicht mächtige Wanderer zumindest manche Worte auf den Wegweisern wiedererkennen kann. Der Bulgarischen Touristenverband ist zu finden in Sofia auf dem Vassil - Levski - Boulevard Nr. 75.
Und nun ging´s los. Wir wollten am ersten Tag zur Aleko-Hütte, wo die Tour beginnen sollte. Im Kompassführer war der Weg dort hin auch beschrieben. Leider jedoch nicht so ganz eindeutig. Wir haben jedenfalls schon bei der Anreise mehr gesehen, als geplant war.
Auf alle Fälle muss man zuerst zum Hauptbahnhof (bulg.: Staniza). Vor dem Hauptbahnhof stehend sieht man vor sich bereits den Cerni Vhra – da ungefähr ist das Ziel (im Süden). Die Straßenbahn fährt direkt vor dem Bahnhof ab. Richtung „links“, wenn Sie mit dem Rücken zum Bahnhof stehen, ist richtig. Nehmen Sie Nr. 9 oder 14 bis zum Ende (Wendeschleife mit zwei Haltestellen). Von dort die Fahrtrichtung beibehaltend weiter mit dem Bus. Zur Orientierung: Sie befinden sich schon eine ganze Zeit auf der Cerni-Vrah-Straße. Dragalevtzi ist der Ort unterhalb der Aleko-Hütte. Kommt Bus Nr. 93 vorbei, haben Sie Glück. Der fährt direkt zur Aleko-Hütte. Ansonsten jeden anderen und in Dragalevzi aussteigen (Achtung: Der Ort geht direkt in den nächsten über: Simeonovo). Dann am besten ein Taxi (Wir haben acht Euro pro Wagen gezahlt). Oder mit der Kabinenbahn – wenn sie noch fährt – ist gut ausgeschildert.
Und nun willkommen auf der Aleko-Hütte, die ein bisschen erahnen lässt, was wohl noch alles kommt.
1. Etappe
Vitoscha-Gebirge: Aleko-Hütte (1810 m ) – Cerrni-Vrah (2290 m) – Kupena (2195 m) – Goliamija Rid (1458 m) … dann verlor sich (für uns) der Weg ...
Wir landeten statt in Jarlovo, das wir uns als Etappenziel auserkoren hatten, in Schelesnitza.
eine Tageswanderung, ca 20 bis 25 km, kurzer, straffer Aufstieg und normaler Abstieg, leichte Wanderung)
Zum Cerni-Vrah (etwa 4,5 km/ ca. eineinhalb Stunden) ist man nicht allein unterwegs. Das Sofioter Hausgebirge ist ein beliebtes Naherholungsgebiet der Hauptstädter. Und so quält man sich (vorwiegend) mit zahlreichen Bulgaren dem Gipfel entgegen. Interessant: Die „Selten-Wanderer“ zeichnen sich durch Nacktheit aus. Männer hüpfen in Badehosen gen Gipfel, viele Frauen (jeden Alters) im Bikini. Das war ungewohnt – wir sahen es bis nach Melnik auch nie wieder – vielleicht eine Eigenheit der Sofioter.
Schaut man während des steilen Aufstiegs zurück, bietet sich ein eindrucksvoller Blick auf Sofia, das zu den Füßen des Vitoscha-Gebirges liegt. Diesen ersten Anstieg kann man sich versüßen und mit der Seilbahn zum Mali Resen (2191 m) fahren. Von dort ist‘s nicht mehr weit zum Cernie Vrah.
Danach geht‘s ziemlich beschaulich weiter. Der Weg schlängelt sich durch Hochwiesen. Zurückblickend ist immer wieder die riesige weiße Kugel der Wetterstation, die dem Cernie Vrah vis a vis liegt, zu sehen. Sie wird uns noch die nächsten Tage begleiten.
Und weil es uns hier so gut gefiel, haben wir uns natürlich gleich am ersten Tag verlaufen – so richtig. Nach einem abenteuerlichen Abstieg durch Dornen, Hecken und zugewachsene Wälder strandeten wir in Schelésnitza. Hier konnten wir einkehren und uns stärken, um dann die „Straßenwanderung“ nach Kowatzewschie anzutreten.
Fragen Sie nie (nicht wandernde) Bulgaren nach Bussen oder Weglänge – die Antworten sind meistens falsch. Nach Auskunft der Dorfbewohner fuhr kein Bus und die Entfernung betrug drei Kilometer. Es waren dann sechs bis sieben km auf einer stark befahrenen Straße und kurz vor dem Ziel überholte uns der Bus, der uns eigentlich auch gleich nach Klisura gebracht hätte. Es war natürlich der letzte Bus dieses Tages. In einer kleinen Kneipe fragten wir nach Unterkunft oder Bus. Letztendlich fuhren uns ein paar Zigeuner ans gewünschte Ziel – mit 100 Sachen durch die Ortschaft ... zum Glück war´s nicht mehr weit.
In Klisura gab‘s außer zwei Kneipen nichts. Inzwischen war es etwa 20 Uhr. Also sprach ich die Wirtin der einladenderen der beiden Einrichtungen nach einer Übernachtung an. Stan, ein schon ziemlich angetrunkener aber netter junger Mann, brachte uns zu seiner Tante: Ein großes Haus, in dem sofort eine ganze Wohnung für uns hergerichtet wurde. Drei Zimmer mit sechs Betten. Gewaschen wurde sich im Hof bei fließend kaltem Wasser. Für die Füße brachte die alte Haus-Dame eine Schüssel warmes Wasser für alle und deckte den Abendbrottisch für uns. Für alles nahmen sie fünf Leva pro Person (etwa 2,50 Euro). Wir hatten einen netten Abend mit den Gastgebern, auch wenn wir kaum ein Wort voneinander verstanden haben.
2. Etappe
Verila: Klisura (1050 m) – Lazo – Marko (1411 m) – Lovna-Hütte (1750)
(21 km, etwa 9 h, anfangs starker Anstieg, dann leichter, am Ende geht´s noch mal richtig hoch – eigentlich leichte Tour, die sich aber zieht)
Das Vitoscha-Gebirge war ja mehr ein Spaß. Jetzt sollte es richtig losgehen. Also ging es folgerichtig erst mal bergan – und zwar straff. Dann bot sich ein beeindruckender Blick auf das Rila-Gebirge mit seinen riesigen Bergen. Phantastisch. Wir waren mal wieder so beeindruckt, dass wir fast sofort vom Weg abkamen. Kaum zu glauben – aber wir haben es auch erst nach gut drei km gemerkt (Tröstlich für uns: Später sollten wir eine Truppe Dresdner Studenten - vier Jungs, die eigentlich aus den Alten Bundesländern stammen - treffen, die sich just an der selben Stelle verirrt hatte und ebenso lange brauchte, um es zu merken.)
Aber auch wir fanden zurück auf den rechten Weg, der uns noch so manches Mal vor die entscheidende Frage stellte: „Auf welchem geht‘s nun weiter?“. Wir entschieden uns für den Rest des Tages immer richtig, hielten auf das Rila zu, genossen den Fernblick und trafen pünktlich zum Abendbrot in der Lovna-Hütte ein.
Hier gab‘s nicht nur eine Dusche Marke „Eigenbau“ im Freien – sogar mit Sichtschutz, sondern auch warmes (!) Wasser – wenn denn „Präsidente“ (der Chef der Anlage) den Boiler einschaltete. Mittels Pumpe gelangte das Bachwasser in diesen ... und so fort ... Einziger Nachteil: Der Schlauch hing etwa zehn Meter nach der offiziellen Waschstelle, die sich mitten im Lager befindet, im Bach. Na ja – aber eben warm.
„Präsidente“ spricht kein Wort Englisch – hat aber ein Handy. Mit dem erreicht er einen Kumpel, der dolmetschte. Und so wird jedes Essen etc. per Handy bestellt.
3. Etappe
Rila: Lovna-Hütte (1750) – Rilski Ezera-Hütte (2150 m) – Babreka-See – Okoto-See – Razdele (Wegkreuzung “Zwei Glocken” (2600 m) – ab hier die “kleine Variante” zum Rila-Kloster (1200 m)
(27 km, etwa 11 h, heftiger Anstieg, wunderschöne Panoramen und heftiger Abstieg, normal zu gehen, aber anstrengende Tour - ausnahmsweise ziemlich gut beschilderter Abschnitt)
Wie sollte es anders sein: Erst einmal ging´s hoch – und zwar gleich richtig. Rückblickend sah man nun immer wieder in der Ferne die Wetterstation (weiße Kugel) auf dem Cernie Vrah. Doch mit jedem Schritt wurde man mit einer immer grandioser werdenden Aussicht belohnt. Gut zurück verfolgen konnte man dabei die Wanderstrecken der beiden Vortage. (Interessant: Auf diesem Wegabschnitt gibt es so viele Schilder, dass man sich kaum entscheiden kann.)
Bereits nach einer knappen Stunde erreicht man die erste Hütte (Rilski Ezera). Diese wird auch von Autos angefahren – wie auch immer sie dorthin gelangen. Ebenso haben wir Maultier-Karavanen mit Gepäck gesehen.
Rilski Ezera ist auch ein beliebter Wintersportort. Dass die Hütte zu den modernsten in Bulgarien gehört, ist ihr nicht unbedingt anzumerken. Hier beginnt der alpine Teil der Wanderung, die zu jedem Zeitpunkt „wanderbar“ ist (keine gefährlichen Grate, notwendige Kettenbenutzung etc). Aber das Bergpanorama lässt nun erahnen, was kommen mag.
Weiter geht‘s - natürlich bergauf. Die nächste Pause muss man unbedingt nach dem Aufstieg von der Rilski Esera zum Hochplateau machen. Der Wind pfeift kräftig um die Nase, die Seen glitzern in der Sonne, der Blick kann weit schweifen, frei laufende Pferdeherden geben herrliche Fotomotive und wie für uns tanzen hunderte „White brothers“, ein Sekte, die sich alljährlich Mitte August dort trifft, singend in Kreisen durch die atemberaubende Landschaft.
Genug ausgeruht – es geht wieder bergan in heftigen Serpentinen zum vorletzten der sieben Seen. Vorbei an einem Wasserfall geht es hinauf zum ersten Pass. Von dort gibt es mehrere Wege – jeder lockt. Doch uns ruft der E4. Also: bergauf zum nächsten Pass. Diesen überquerend verlassen wir den ersten Abschnitt der Tour und winken ein letztes Mal der Wetterstation am Cernie Vrah zu.
Auf der nächsten Hochebene lassen wir es uns gut gehen, machen Mittagspause und starten dann durch Richtung Rila-Kloster – dabei verlassen wir den eigentlichen E4, der nun für Normalos zu alpin wird (damit umgeht man, laut Kompass, die anspruchsvollste Strecke in der Hochlage des nördlichen Rila- Gebirges).
Von der vom bulgarischen Wanderverein empfohlenen Abstiegsroute wird uns von einem einheimischen Guide sowie einem Schäfer – beide trafen wir vor Ort – abgeraten. Viel Wasser mache diese Strecke zu rutschig. So sei es besser der allgemeinen Markierung zu folgen. Wir tun dies und kommen nach einem heftigen Abstieg (lauffähig) mit grandiosen Ausblicken wohlbehalten direkt am Eingang des Klosters an.
In diesem Kloster, dem berühmten Rila-Kloster, (Natio-nalheiligtum aus dem 10. Jh., Bulgariens Touristenobjekt Nr.1)) kann man übernachten. Mit etwas Glück auch ohne Reservierung. Wir haben Glück und erwischen eine Einheit mit zwei Zimmern (einmal fünf Betten und einmal eins mit Waschbecken für 10 Leva pro Person - etwa 5 Euro), moderne Toiletten und Gemeinschaftsduschräume vorhanden, massenhaft Einkehrmöglichkeiten rund ums Kloster (gute Qualität). Bis 23 Uhr muss man in der Anlage sein, dann werden die Klosterpforten verschlossen: Das Kloster öffnet seine Pforten erst wieder am nächsten Tag gegen zehn Uhr für neue Touristen. Das ist ein riesiger Vorteil: Man hat diebeeindruckende Anlage für Fotos und zum Erkunden nahezu für sich. Ab zehn Uhr „bricht die Hölle los“.
4. Etappe (abweichend vom E4)
Rila: Rila-Kloster (1200 m) – Hütte Makedonia (2159 m)
(19 km, ca 7h, anstrengend, nur bergan)
Nach der Nacht im Kloster heißt es alle Reserven ausfahren, vom Rila-Kloster zum Einstieg gen Makedonia-Hütte sind es etwa 5 km im Tal entlang eines Flüsschens. Dann geht es wieder mal bergan – und zwar für den Rest des Tages. Erst durch Wald, dann immer alpiner. Leicht zu laufen, aber echt anstrengend. Viele Him- und Brombeeren am Weg (den man öfter erraten muss), Wasser auch, die Aussicht ist eingeschränkt – bis auf die letzten Kilometer. Da wird es wieder spannend.
Die Makedonia liegt völlig allein in einem Hochtal – und außer drei weiteren Wanderern hatten wir sie auch für uns. Strom gibt´s hier keinen, das Notstromaggregat geht manchmal – sagte man uns.
Sprachmissverständnisse führen zu unserer völligen Überfütterung. Aber wie gesagt: Die bulgarische Küche ist ja so lecker ( ... und verdient hat man es sich nach dieser Tour ohnehin).
Anm: Die Makedonia wartet mit besonderen Doppelstockbetten auf: Auf jeder Etage können drei Menschen schlafen. In unserem Raum standen vier dieser Betten. Vor den geschlechter-getrennten Toiletten im Haus gibt es einen laufenden Wasserhahn über einem Betonbecken.
5. Etappe (teilweise abweichend vom E4)
Rila: Hütte Makedonia (2159 m) – Dobarsko (1700 m) - Raslog (800 m ???)
(bis Dobarsko 16,5 km, ca. 4h, fast nur bergab, vom Sattel ins Grüne gehend, viel Wasser, herrliche Sicht, sehr leichte Tour)
Heute mal etwa ganz anderes: Die Etappe beginnt – natürlich mit einem Aufstieg. Und der ist nicht zu knapp – dafür recht kurz (ca. 2 km). Auf dem Sattel verlassen wir wieder den E4, der nun eigentlich als Gipfelhopping in etwa 8 h zum Predel führen soll (planen wir für ein anderes Mal). Wir entscheiden uns für den Abstieg über die Hütte und das Dorf Dobarsko. Der anfangs alpine Abstieg, der relativ schnell recht sanft wird, ist herrlich: wunderschöne Blicke, Düfte, Wasser ...
In Dobarsko, wo gerade das jährliche Fest für Auswanderer stattfand, zu dem viele ehemalige Dobarskower angereist waren, gibt es eine kleine, liebevoll restaurierte orthodoxe Kirche. In der ehemaligen Ausbildungsstätte für Mönche (wenn wir das richtig verstanden haben) sind imposante originale Wandmalereien – die zu den ältesten des Landes zählen - halb unter der Erde zu sehen. Das Kirchenmuseum zählt zu den ersten drei unter den TOP 100 Bulgariens. Für uns ging´s von Dobarsko mit dem Bus nach Raslog.
Dort suchten wir uns ein Hotel und fuhren tags darauf mit der Bergbahn eine Station nach Bansko, um hier ins Pirin einzusteigen. Mit dieser Bahn muss man einfach fahren: eine Schmalspurbahn, die nicht wie in Deutschland aus guter alter Tradition gepflegt wird, sondern zum Alltag gehört: Hier trifft man noch Mütterchen mit Kopftuch und einem Korb voller Äpfel oder zwei gackernden Hühnern in einem Mini-Käfig. Außerdem kann man während der Fahrt draußen auf dem Wagon-Plateau stehen.
Noch schöner ist‘s natürlich, wenn man die gesamte Strecke mit der Bahn ins Gebirge hoch kraucht – von Septemvri bis Bansko (kann man machen, wenn man nur durchs Pirin will: Fliegen nach Burgas, mit der Bahn nach Septemvri).
6. Etappe
Bansko (930 m) – Vihren-Hütte (1950 m)
(Vergessen aufzuschreiben: schätzungsweise 3,5 h, 12 km)
Diese Etappe kann man sich klemmen. Aus dem einst beschaulichen Örtchen Bansko ist eine einzige, nicht enden wollende Hotelanlage geworden und noch viele Kräne drehen sich dort. Der Weg führt hochwärts gen Vihren-Hütte – vorbei an riesigen, jüngst geschlagenen Schneisen für den Wintersport. Traurig sieht´s aus. Besser mit einem Sammeltaxi, die es vor dem Busbahnhof gibt, zur Hütte düsen und bis dahin die Augen geschlossen halten.
Die Vihren-Hütte hat auch schon bessere Tage gesehen. Neben dem Haupthaus gibt es zahlreiche kleine Hütten. Schon vor Jahren fielen uns hier beim Öffnen der Fenster die Läden ab und es ließen sich nur manche Türen verschließen. Die Häuschen waren so wacklig, dass wir beim zu Bett gehen Angst hatten, samt Hüttchen im Wasserfall zu landen. Jetzt sind sie noch verfallener und werden kaum noch vermietet, im Haupthaus ist´s richtig eklig, die Waschanlagen ebenso ... Aber ab hier beginnt ein so ganz wunderschöner Wanderabschnitt.
Wer Zeit hat, sollte trotz allem einen Tag Station machen, um von hier aus den höchsten Gipfel des Pirins – den Vihren mit seinen knapp 3000 m – zu erklimmen (Haben wir zu einem früheren Zeitpunkt getan: ist wanderbar.).
7. Etappe (abweichend vom E4)
Vihren-Hütte (1950 m) – Todorina-Tor (2700 m) - Demjanica (1800 m)
Etwa 14 km, ca. 4 h, herrliche Tour mit fantastischer Aussicht, malerischen Seen und viel Gebirgsgrün, leicht, erfordert aber Trittsicherheit
Loslaufend bleiben wir auf dem E4, um dann ab dem Todorina-Tor (2700 m) abzuschwenken zur Hütte Demjanica. Eigentlich führt der E4 direkt von der Vihren-Hütte zur Hütte am Tevnoto-See, die wir uns für den nächsten Tag auserkoren haben. Der eigentliche Weg führt über einen schmalen Grat, der Schwindelfreiheit und Trittsicherheit erfordert.
Unser Weg beginnt romantisch hinter der Hütte und führt über eine Holzbrücke (noch vor wenigen Jahren lag hier nur ein Baumstamm) über den Fluss. Wie gewohnt geht es hoch hinauf. Anfangs noch üppig grün, wird es immer steiniger. Kurz vor den Pässen (gut markierte Wanderwegkreuzungen) gibt es zahlreiche malerische Seen. Rückblickend bietet sich eine fantastische Aussicht auf den Vihren und seinen Fast-Zwilling, den Kutela.
Nach einem kurzen, straffen Aufstieg wird der Pass überquert und nun geht es erst einmal alpin weiter – zwischen lauter Gipfeln, um dann in ein Hochplateau überzugehen, das den Wanderer bald ins Tal des Flusses Straziski hinab führt. Weiter geht‘s größtenteils durch Nadelwald, wo man auch bald auf die Demjanica stößt. Die Strecke ist durchweg sehr gut ausgeschildert.
Die Demjanica verfügt über ein Badehaus: Wenn dicker weißer Rauch aus diesem aufsteigt, dann ist´s Wasser heiß und man sollte losrennen.
Der Hüttenchef ist ein freundlicher, älterer Herr, der alles gut im Griff hat. Die Verpflegung ist lecker, der Kiosk gut ausgestattet.
8. Etappe
Hütte Damjanica (1800 m) - Tevnoto-See (2515 m) mit gleichnamiger Hütte (wieder auf dem E4)
Etwa 10 km, 3 h, leicht, toll und eine echte Ausruhtour
Das mit dem Ausruhen haben wir uns natürlich ausgedacht – vor vielen Jahren. Von der Demjanica tappen wir – immer hübsch bergauf - bis kurz vor den Pass.
Unterwegs gibt es Unmengen von Blaubeeren und man kann hier einen ganz besonderen Thymian sammeln, den es nur im Pirin gibt. (Als Tee besonders gut gegen Husten – schwören die Bulgaren.)
An den herrlichen Gebirgsseen kann man nicht einfach vorbei gehen. Hier lassen wir uns nieder und machen einen Lesetag, um am späten Nachmittag den letzten kleinen, aber Eindruck hinterlassenden Aufstieg zu nehmen und gelangen nach einer knappen Stunde an die beeindruckendste Hütte: Eingekreist von hohen Bergen liegt sie so einsam und hoch, dass nach Sonnenuntergang auf dem Thermometer zugesehen werden kann, wie die Temperatur in Windeseile gen Null fällt. Weit weg von der Zivilisation bietet sich dem Wanderer hier ein gigantischer Sternenhimmel. Selbst die Milchstraße scheint zum Greifen nah.
Betrieben wird die Hütte von einem jungen Paar, das sehr beweglich ist und eine ausgesprochen gute Küche bietet (obwohl alles per Pferd zur Hütte hinauf transportiert werden muss!).
Neben einem Gemeinschaftsschlafsaal (ca. 30 Personen) gibt es neuerdings an der Rückseite der Hütte zwei „Bungalows“: ganz einfache, aber einladende Holzhüttchen für bis zu acht Personen (je vier Doppelstockbetten).
9. Etappe
Tevnoto-See (2515 m) – Malka Kamenica (2679 m) – Zelezina-Dolinental – Pirin-Hütte (1602)
12 km, etwa 3,5 h, entspannend
Beschreibung --> Siehe nächste Etappe
10. Etappe (abweichend vom E4)
Pirin-Hütte (1602 m) – Rozen
20 km, 5 h, gute Wanderwege, einige „Schlitter“-Stellen, imposante Sicht auf Sandsteinfelsen bei Melnik
Bis zur Pirin-Hütte entspricht der Weg dem E4, der dann nach Petrovo weiter geht. Unser Ziel ist jedoch Rozen bzw. Melnik, der, mit nur rund 250 Einwohnern, kleinsten Stadt des Landes.
Etappe 9 und 10 sind wir in einer gelaufen. Man hätte problemlos in der Pirin-Hütte übernachten können.
Nach dem malerischen Sonnenaufgang geht‘s auch gleich der Sonne entgegen: bis zum Pass zwischen zwei Gipfeln ein letztes Mal bergauf. Bei etwa 2650 m wird der Pass überquert und nun geht‘s nur noch abwärts: anfangs über Geröll, dann hinein in ein tief eingeschnittenes Tal, mit jedem Schritt wird es grüner, der Weg wird von einem Fluss begleitet. Bald ist die Baumgrenze erreicht – und nur etwa 3 km später die Pirin-Hütte. Hier kann man einkehren. Wenige Meter nach der Hütte gibt es eine Mischung aus Gaststätte und Konsum – richtig schön bulgarisch.
Weiter geht‘s. Der Weg Richtung Melnik oder Rozen ist gut ausgeschildert und führt relativ eben und schattig durch Mischwald – daher vorerst auch ohne großartige Aussicht, später schöner Blick in sich verändernde Landschaft, die Sandsteinformationen und die Ausläufer der Rhodopen.
Nach etwa 5 km beginnt der Abstieg, es geht teilweise sehr rasant abwärts, bis der Weg in einem ausgetrockneten Flussbett endet. Diesem folgend gelangt man an die Straße, die rechts nach Melnik und links nach Rozen führt. Erstmals entscheiden wir uns für eine Übernachtung in Rozen – also links rum.
Gleich am Ortseingang fallen wir in das erste Haus am Weg ein: eine „Me-chana“ (Nationalitätengaststätte). Traumhaft. Obwohl der Ort Rozen, wie auch Melnik, sehr auf Tourismus ausgelegt ist – gibt es dennoch ursprüngliche Einrichtungen.
Unser Wirt in Rozen ist sehr rege und wir mieten bei ihm ein Ferienhaus im 3 km entfernten Lubowisstsche (der Ort ist so winzig, es soll ihn auf keiner Karte geben: Komfort vom Feinsten inkl. Pool. Wir zahlen für zwei Nächte insgesamt 120 Leva (60 Euro – für alle und alles).
In Rozen muss man das gleichnamige Kloster aus dem 13. Jh. besuchen. In der Nähe des Klosters geht der Wanderweg ins etwa fünf km entfernte Melnik – durch bizarre Sandsteinformationen. (Weg am frühen Morgen oder in den Abendstunden gehen! Nach der teilweisen Kühle im Gebirge erschlägt einen die Sommerhitze rund um Melnik.)
Melnik selbst kann bzw will ich nicht beschreiben – das muss man einfach erlebt haben: Das Städtchen, das längst zum Architektur-Reservat erklärt worden ist, überrascht mit festungsartigen Häusern/chen, umgeben von bizarren Felsgebilden aus Sandstein.
Von Melnik gelangt man mit dem Bus nach Sandanski, einer Kurstadt mit grandiosen Boulevards zum Flanieren und Shoppen (wenn Bedarf besteht), und heißen Quellen (Aufpassen: Durch die Berge ist man gewohnt, aus allen Quellen zu trinken. In Sandanski sollte man das besser lassen: Das Wasser ist mehr als 70 Grad warm.) Ab hier gibt es sehr gute Zug- und Busverbindungen nach Sofia.
Unterkunft
Gutes Hüttennetz, in allen Hütten warme Verpflegung und Frühstück sowie Kiosk-Angebot (Riegel, Getränke) Unterkunft: Meistens Zimmer mit vier und mehr Betten, größtenteils Doppelstockbetten. In einigen Anlagen kleine Hütten zu mieten möglich. Komfort unterschiedlich, max. jedoch Geschlechter getrennte Gemeinschaftsdusche mit warmem Wasser.
Reisen
In Bulgarien ist für deutsche Verhältnisse alles sehr preiswert. Essen. Trinken. Unterkunft. Aber auch Reisen. Wir sind erster Klasse mit dem Schlafwagen von Sofia nach Burgas gefahren, weil auch wir ein paar Tage ans Meer wollten – ab Sofia gegen 22/ 23 Uhr (es gibt mehrere Nachtzüge), Ankunft in Burgas gegen 7 Uhr. Pro Nase kostete das hin und zurück etwa 35 Euro.
Aber beachten: Schlafwagenreservierungen werden in Bulgarien erst 14 Tage vor Antritt der Reise verkauft. Bei Interesse rechtzeitig Karten sichern. Denn: Der Andrang in den Ferien durch die Bulgaren selbst ist groß, da der Zug als Verkehrsmittel sehr beliebt ist.
Bulgarien ist per Bus und Bahn hervorragend erschlossen.
Taxen sind auch sehr billig. Aber wie in allen südlichen Ländern empfiehlt es sich, den Preis vorher auszuhandeln.
Beste Wanderzeit
Da im Pirin stellenweise ganzjährig Schnee liegt, empfiehlt es sich wirklich, im Juli oder August dort zu Wandern.
Tipps am Rande
In Bulgarien wird mit kyrillischen Buchstaben geschrieben. Viele Bulgaren auf den Dörfern können nur diese Schrift lesen. Es empfiehlt sich daher zwei Wanderkarten mitzunehmen – eine mit lateinischer und eine mit kyrillischer Schrift.
Laut verschiedener Reiseführer soll es unhöflich sein, den Bulgaren die Hand zur Begrüßung bzw. zum Abschied zu geben (außer er soll für immer sein). Das muss überholt sein.
Sucht man nach einer Unterkunft oder Fahrgelegenheit oder hat irgend ein anderes Anliegen – erst mal in die (Dorf)Kneipe gehen ...
Gerüchteküche
Was man in Bulgarien unbedingt kosten sollte:
- Tarator (kalte Gurkensuppe)
- Bobtschorba - weiße Bohnensuppe (Erbseneintopf auch lecker, aufpassen Schkembe ist Flecke)
- Schaftsjoghurt mit Honig
- Sirene – gebackener Schafskäse
- Mischmasch (vegetarisch) – von allem etwas
- Tschuschki Björek – gefüllte Paprikaschoten (mit Schaftskäse ...)
Um Kebaptscheta (Hackfleischröllchen) und Kjuftetas (Hackfleischklößchen) kommt man kaum drum rum.