Weitwandern auf dem Corfu Trail 2005

corfutrail

Oder: "Pou pate?"

Nachdem wir im Jahre 1989 den Norden der Insel Korfu mit Zelt und Rucksack erwandert und – mit dem damals gerade erschienenen Sunflower-Führer „Korfu“ und Gesprächen mit Einheimischen - viele alte Wege alleine „entdeckt“ hatten, war der Bericht von Alwin Müller im Netzwerk Weitwandern Mitteilungsblatt Ausgabe 11 vom August 2003 eine motivierende Anregung, wieder einmal zu Fuß durch die Insel Korfu zu gehen. Zwar hatte Alwin Müller noch geschrieben, dass „zu Fuß gehen ... Arbeit (ist), keinesfalls Vergnügen“ – aber das sollte uns passionierte Weitwanderer, die u.a. auch schon mehrere griechische und spanische Inseln durchwandert haben, nicht abschrecken, zumal ja jetzt auf Korfu ein markierter Weitwanderweg lockte – welch ein Luxus! Der gewünschten Aufforderung von Alwin Müller und Lutz Heidemann, „Erfahrungsberichte ......., wie Wanderer allein auf dem Weg zurechtkommen“ weiterzugeben, kommen wir gerne nach.

Also: Mit gespanntem Vergnügen auf den Corfu Trail, mit großem Gepäck und Zelt. Unser Ziel war, den ganzen Weg (mit 250 km angegeben, wir vermuten mehr) vom Süden der Insel (den wir auch noch nicht kannten) bis zur Nordspitze durchgehend zu wandern. Im Gepäck ein Zelt, um unabhängig zu sein, die herrlichen Olivenhaine auszunützen, von denen wir wussten, dass sie sich zum Zelten hervorragend eignen und um auch so flexibel zu sein, die wunderschönen Abendstunden noch wandernd zu genießen. Die Pfingstferien 2005 hatten wir gewählt, weil wir wissen, um diese Zeit sind südliche Inseln am schönsten. Das hat sich bewahrheitet.

Um es vorweg zu sagen: Der Corfu Trail ist ein unglaublich schöner Weitwanderweg. Er orientiert sich überwiegend an alten Wegen und immer wieder auch an den von uns so geliebten alten „monopatia“ oder „kaldirimia“, also den alten Kopfsteinpflasterpfaden, die früher die Verbindungswege zwischen den Dörfern waren und heute noch gelegentlich von Jägern begangen werden. Diese Wege, überwiegend (!) im Schatten und in Wäldern gelegen, haben wir mit großem Respekt vor den Wegemeistern vergangener Jahrzehnte genossen. Anzumerken bleibt allerdings, dass einige dieser Wege sehr verwachsen, teilweise schwer zu finden, häufig unübersichtlich, weil schlecht markiert und mit großem Gepäck mühsam zu gehen waren. So ist z.B. der Weg zum Agii-Deka-Berg mit großem Gepäck sehr mühsam zu gehen, scheint aber von oben her freigelegt zu werden. Ebenso nicht einfach zu finden ist der alte Pfad nach Alt-Perithia, da der stark wachsende Farn und die häufigen „Alternativen“ durch das Weide-Vieh den Wegverlauf zum Teil undeutlich machen. Eine Hilfe – wie übrigens häufiger – war uns hier die Beschreibung im gerade in der vierten Auflage erschienen „Sunflower-Führer“ von Noel Rochford, der auch immer wieder auf den Corfu Trail eingeht. Allerdings ist auch hier Vorsicht geboten: Die Beschreibungen des „Sunflower“ gelten den von Noel Rochford vorgeschlagenen Routen, und es ist immer wieder genau zu beachten, wo der Corfu Trail verläuft und wo er von den von Rochford beschriebenen Wegen abweicht. Das hatten wir gleich am ersten Tag festzustellen, als wir am Strand unterhalb des Klosters Arkoudillas der Sunflower-Beschreibung folgten, zum Dorf Paleochori kamen und merken mussten, dass der Corfu Trail schon vorher am Strand zum Dorf Spartera abbiegt. Solche „Abweichungen“ haben uns aber andererseits immer wieder anregende und schöne Begegnungen mit Einheimischen beschert, die Griechisch-Kenntnisse waren Gewinn bringend und öffneten Türen und Herzen.

Am Anfang folgt der Corfu Trail der Westküste. Das mag motivierend klingend, ist auch recht interessant, aber die Küstenwege durch Sand und Dünen sind mit großem Weitwanderer-Gepäck nicht mühelos zu gehen. Gut, wenn man nahe am Wasser gehen kann, wo der Sand fest ist und einen guten Schritt ermöglicht. Nicht ganz einfach zu finden scheint uns der Weg durch die Dünen an der Korissia-Lagune zu sein. Die Richtung ist zwar klar, aber der Wegverlauf nicht. Dies mag für „Anfänger“ solcher Insel-Wege etwas verunsichernd wirken. Mangels klarer Markierung ist danach auch nicht klar, wo der Weg nach Paramonas weiterverläuft – Intuition und Absprache, ggf. Nachfragen bei Einheimischen, können und müssen helfen.

Großartig, wenn auch nicht ganz mühelos nach einem schon langen Wandertag, empfanden wir den Weg zum Berg Pantokrator. Unser Ziel war, bei der alten und verfallenen Taxiarchen-Kapelle zu übernachten. Also: Noch eine Flasche Hauswein in Spartilas in den Rucksack und los! Das Gelände bei der Kapelle eignet sich aber zum Zelten schlecht (ein alter Dreschplatz in der Nähe wäre eine Alternative) – also noch weiter zum Pantokrator. Bei unserer Tour 1989 hatten wir das Glück, oben im Kloster noch einen Mönch anzutreffen, bei dem wir verköstigt wurden und übernachten konnten. Das war uns heuer nicht vergönnt – das Kloster war verschlossen, gerade wohl nicht bewohnt, die inzwischen errichtete Bar oben am Berg (als „Archondariki“ wie bei Athosklöstern „getarnt“) leider auch geschlossen, aber der Aufstieg bei Sonnenuntergang war für alles entschädigend, die (kühle) Übernachtung im Zelt vor den Klosterpforten stilvoll, der Wein Schlaf bringend und der Sonnenaufgang am anderen Tag einfach Klasse. Der Weiterweg vom Pantokrator gehört zum – wie wir finden – einzigen Wegabschnitt, der von der Wegbeschaffenheit her nicht besonders positiv erwähnenswert scheint. Ein langer Kehrenweg – Geröll, Schotter, Sonne ......... Herrlich aber später der Kaminaki-Strand und alle weiteren Buchten der nördlichen Ostküste, traumhaft schön, weil herrliche Ausblicke auf Albanien gewährend, der Weiterweg wieder Richtung Pantokrator, ein echtes Kafeneion in Porta (auf dem Weg dorthin lieber die Straße benutzen, da der Weg verwachsen ist) und eine schöne („wilde“) Zeltmöglichkeit beim Sportplatz.

Zusammenfassend stellen wir fest, dass der Corfu Trail insgesamt ein erfüllend zu gehender Weitwanderweg ist. Es ist, wie wir finden, aber ein insgesamt anstrengender (viele Höhenmeter) und auch teilweise (für „Anfänger“ solcher Wege) schwieriger Weg, da die gelbe Markierung zuweilen äußerst dürftig, zum Teil überwuchert und aufgrund der Sonneneinstrahlung häufig verblichen ist. Die Markierungsschilder sind zuweilen überwachsen und fehlen gerade in den Ortschaften, wo sie vonnöten wären, meist völlig. Hier gilt dann: Ausprobieren, Anwohner fragen, Intuition walten lassen ....... und sich zuweilen auch ärgern.

Wer sich also von diesen – wie sagte uns jemand: „eben korfiotischen“ –Unabwägbarkeiten nicht demotivieren lässt, wer keine Angst vor den jeden Tag einem häufig begegnenden Schlangen hat und wer einen Weg mit herrlichem (mehrheitlich im Schatten durch Wälder und Olivenhainen führenden) Verlauf mit zuweilen atemberaubenden Aussichten durch eine blühende, duftende, ruhige und einsame Landschaft sucht, wer sich auch nicht davon abschrecken lässt, z.B. einen Weg an einem Swimming-Pool eines Hotels vorbei mit anschließendem Erklettern einer Mauer zu gehen, wer Lust an wildem, aber völlig unkompliziertem und traumhafte Möglichkeiten bietendem Zelten hat, für den ist der Corfu Trail „Ar-beit und Vergnügen“ – ein echtes Erlebnis. Den ganzen Corfu-Trail alleine zu gehen, davon raten wir ab. Wir haben täglich die Erfahrung gemacht, dass die sparsamen Markierungen immer wieder 4 Augen, verschiedene Routenüberlegungen und eine geteilte bzw. verdoppelte Aufmerksamkeit nötig machten. Der Corfu Trail ist kein Weg, wo man gedankenverloren zuschreiten kann. Wer das will, wer ganz sicher gelben Markierungen folgen will, der muss den Camino de Santiago gehen.

Das Buch zum Trail ist derzeit angeblich vergriffen – vielleicht könnte es einige Unklarheiten beseitigen. Wir suchten das Aperghi-Reisebüro in Korfu-Stadt und einige Buchläden auf, wurden aber weder bezüglich des Buches noch bezüglich genauerem Kartenmaterial fündig.

Über Nachfragen, weiteren Infos, Erfahrungen anderer auf dem Corfu-Trail freuen wir uns. Gerne geben wir natürlich auch weitere Auskünfte. Meldet euch doch einfach bei Wolfgang Dettling, Säntisweg 1, 88279 Amtzell, Telefon 07520-953 637, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!

weitwandern-auf-dem-corfu-trail-2005
265
Berichte

Wege und Ziele

nr66apr24Ausgabe 66, April 2024
nr65nov23Ausgabe 65, November 2023
nr64apr23Ausgabe 64, April 2023
nr63nov22Ausgabe 63, November 2022
nr62april22Ausgabe 62, April 2022
nr61nov21Ausgabe 61, November 2021
nr60apr21Ausgabe 60, April 2021
nr59dez20Ausgabe 59, Dezember 2020
nr58dez19sonderSonderbeilage, Dezember 2019
nr58dez19Ausgabe 58, Dezember 2019
nr57mai19Ausgabe 57, Mai 2019
nr56nov18Ausgabe 56, November 2018
nr55mai18Ausgabe 55, Mai 2018
nr54dez17Ausgabe 54, Dezember 2017
nr53aug17Ausgabe 53, August 2017
nr52apr17Ausgabe 52, April 2017
nr51dez16Ausgabe 51, Dezember 2016
nr50aug16Ausgabe 50, August 2016
nr49apr16Ausgabe 49, April 2016
nr48dez15Ausgabe 48, Dezember 2015
nr47aug15Ausgabe 47, August 2015
nr46apr15Ausgabe 46, April 2015
nr45dez14Ausgabe 45, Dezember 2014
nr44aug14Ausgabe 44, August 2014
nr43apr14Ausgabe 43, April 2014
nr42dez13Ausgabe 42, Dezember 2013
nr41aug13Ausgabe 41, August 2013
nr40apr13Ausgabe 40, April 2013
nr39dez12Ausgabe 39, Dezember 2012
nr38aug12Ausgabe 38, August 2012
nr37apr12Ausgabe 37, April 2012
nr36dez11Ausgabe 36, Dezember 2011
nr35aug11Ausgabe 35, August 2011
nr34apr11Ausgabe 34, April 2011
nr33dez10Ausgabe 33, Dezember 2010
nr32aug10Ausgabe 32, August 2010
nr31apr10Ausgabe 31, April 2010
nr30dez09Ausgabe 30, Dezember 2009
nr29aug09Ausgabe 29, August 2009
nr28apr09Ausgabe 28, April 2009
nr27dez08Ausgabe 27, Dezember 2008
nr26aug08Ausgabe 26, August 2008
nr25apr08Ausgabe 25, April 2008
nr24dez07Ausgabe 24, Dezember 2007
nr23aug07Ausgabe 23, August 2007
nr22apr07Ausgabe 22, April 2007
nr21dez06Ausgabe 21, Dezember 2006
nr20aug06Ausgabe 20, August 2006
nr19apr06Ausgabe 19, April 2006
nr18dez05Ausgabe 18, Dezember 2005
nr17aug05Ausgabe 17, August 2005
nr16apr05Ausgabe 16, April 2005
nr15dez04Ausgabe 15, Dezember 2004
nr14aug04Ausgabe 14, August 2004
nr13apr04Ausgabe 13, April 2004
nr12dez03Ausgabe 12, Dezember 2003
nr11aug03Ausgabe 11, August 2003
nr10apr03Ausgabe 10, April 2003
nr09dez02Ausgabe 09, Dezember 2002
nr08okt02Ausgabe 08, Oktober 2002
Zur Bereitsstellung unserer Dienste verwenden wir Cookies. Wenn Sie nicht damit einverstanden sind, dass Cookies auf Ihrem Rechner gespeichert werden, können Sie dies ablehnen. Möglicherweise werden dann unsere Dienste nicht im vollem Umfang funktionstüchtig sein.