Bei der Weitwanderung in Thüringen und Sachsen-Anhalt, an Unstrut und Saale, hatten wir einen großen Vorteil: Katharina, Carsten und Hans kannten sich hier aus (und Lutz stammt sogar von hier!). Mit sicherer Hand führten sie die Gruppe von 13 Weitwanderern/innen auf selbst ausgewählten Wegen durch die Region, konnten viele Orte mit ihren persönlichen Erfahrungen und Kenntnissen noch anschaulicher machen.
Es ist eine bäuerlich geprägte Landschaft, sanft hügelig, riesige Stoppelfelder oder nackter Boden Mitte September. Die DDR ist noch hier und da präsent. Wald zieht sich über Hügel und bedeckt die Senken, wo kleine Zuläufe zu den Flüssen die Feuchtigkeit halten. Ein militärisches Sperrgebiet zwingt uns schon mal zu Umwegen, Wege verschwinden hier und da unter Ackerfurchen. Wir laufen eben nicht auf markierten Premiumwegen. Viele markante, gut restaurierte Adelssitze, Klosteranlagen und Burgen lassen die frühere strategische Bedeutung, aber auch (wie Lutz erklärte) die Art der Erbfolge in dieser Gegend erkennen. Die Bauernkriege tobten hier. Und was treibt die Menschen heute um?
Wir haben - wie immer auf unseren Wanderungen - viel Zeit für lange Gespräche. Am 24. September war Wahltag. Immer wieder kommen wir in Kontakt zu Menschen, denen wir zufällig begegnen: Passanten, einem Inhaber einer Pizzeria, einem ehemaligen Schäfer, dem Fernsehen, dem Bürgermeister von Naumburg.
Eine Woche, ein guter Weg, eine schöne Erfahrung mit einer guten Gruppe.
Tag 1: Mühlhausen – Volkenroda (15 km)
Von Hans Bienert und Katharina Wegelt
Für Genuss sind wir Weitwanderer allemal bekannt. Und so startete unser erster Tag mit einer genussvollen Erkundung von Mühlhausen. Diese „Stadt der Tore und Kirchen“ überraschte. Der Blick von der Aussichtsplattform des Rabentors machte ebenso neugierig wie der nahezu vollständige mittel alterliche Stadtmauerring, der auf mehreren hundert Metern begehbar war. Hier konnten auch die von reichen Bürgern zu Gartenhäusern umgebauten einstigen Wehrtürme besichtigt werden - mit originaler Ausstattung und verschiedenen Ausstellungen. Ebenso spannend: die fünfschiffige Marienkirche, in der Thomas Müntzer predigte, oder die dreischiffige Hallenkirche Divii Blasii, in der Johann Sebastian Bach wirkte. Die einstige freie Reichsstadt hat neugierig gemacht auf einen ausgiebigen Besuch. Aber wir wollen nun endlich loswandern - nicht jedoch, ohne vorher genussvoll im italienischen Eiscafé auf dem Boulevard eingekehrt zu sein.
Nun aber los. In einer Woche sollen die Bundestagswahlen sein - so werden wir aus der Stadt hinaus von zahlreichen Wahlplakaten immer wieder daran erinnert. Aber wir sind immun - denn wir haben längst per Briefwahl unsere Entscheidung getroffen. Vorbei an der Kirmesgemeinde „Gemütlichkeit nach Feierabend e.V.“ geht es über die Straße „Arbeitsdank“ rasch aufs freie Feld und zum höchsten Punkt unserer heutigen Etappe: den 395 Meter hohen Forstberg. Von hier ist der Blick zurück auf Mühlhausen ein Gedicht.
Am Wegesrand locken leckere Pfläumchen und Äpfel immer wieder zum Naschen. Doch dann ist erst einmal Schluss mit Genuss. Der laut Outdoor-Activ-Programm am Feldrand verlaufende Weg ist futsch. Nur noch fettes Feld gibt es hier. So kämpfen wir uns durch Pflugrinnen und matschige Erde voran. Aber nicht lange, dann führt der Weg kurze Zeit durch ein Waldstück, um uns dann auf herrlichen Feld- und Wiesenwegen bis nach Volkenroda zu lotsen. Wir genießen Sonne, Sicht und Schmeichelwege.
Und schon haben wir das Ziel erreicht: Kloster Volkenroda, die erste Zisterzienserabtei in Thüringen aus dem 12. Jahrhundert. Dass hier vor wenigen Jahren nur noch Ruinen standen, ist nur noch schlecht vorstellbar. Heute harmonieren hier die wunderbar sanierte Klosterkirche und das moderne Ensemble, zu dem auch der Christus-Pavillon gehört. Gebaut für Volkenroda, aber zunächst als Ausstellungshalle für die EXPO 2000 ist er ein ganz besonderes Gebäude, das zu vielen Veranstaltungen genutzt wird. Zwei Pilgerwege beginnen oder enden hier: die Via Porta verbindet Volkenroda mit dem Zisterzienserinnenkloster Waldsassen und der Pilgerweg Loccum-Volkenroda genannte Orte.
Nach einer Klosterführung und dem gemeinsamen Abendessen im Refektorium verkosten wir reichlich Klosterwein, bevor wir uns zur Nachtruhe in Konventgebäude und Amtshof zurückziehen. Wir hätten auch die Pilgerherberge nehmen können ... Doch Moment - wie war das mit dem Genuss?
Tag 2: Volkenroda – Ebeleben (18 km)
Von Katrin und Lars Göhlert
Nach einem klösterlichen Frühstück ging es weiter von Volkenroda an der 600-jährigen Königseiche und dem Pilgerdenkmal vorbei, zuerst durch den Wald, dann auf dem von Pappeln gesäumten Schaftal- Weg Richtung Seilerstadt Schlotheim.
In Schlotheim wurden wir von den Einheimischen als Wandergruppe sehr bestaunt und fanden schließlich in der Pizzeria am Rathaus unsere erste Raststätte. Der Wirt war zwar auf eine so große Gruppe am Montag nicht eingestellt, kochte uns aber dann eine vorzügliche frische Tomatensuppe.
Weiter ging es zuerst durch die Stadt in Richtung des alten Flugplatzes, dann über ein altes Gleisbett in Richtung Mehrstedt. An Mehrstedt vorbei führte die Etappe auf einen sehr schönen Flurweg gesäumt mit Weißdorn/ Hagebutten–Hecken. (Achtung: Nicht den asphaltierten Rad-/Wanderweg Richtung Ebeleben nehmen)
Nach einer scharfen Rechtskurve machten wir Pause am Feldrain und hatten eine wunderbare Aussicht übers weite Land und auf das Örtchen Toba. Gestärkt ging es weiter – vorbei am einem Grüppchen Alpakas und den Ebelebener Teichen, erreichten wir unser Tagesziel: Ebelebn. Hier erwartete uns der erste „Thüringer Hof“ auf dieser Reise, ein nettes, privat geführtes Hotel mitten in der Stadt, in dem man auch einen „extra Kloß mit Soß“ bekommt.
Vor dem Abendessen hatte Katharina noch eine Schlossparkführung organisiert, die uns sehr überraschte, da niemand so einen mondänen barocken Schlosspark in der kleinen Stadt erwartet hatte.
Lothar Menzel vom dortigen Förderverein berichtete uns von der Geschichte und der außerordentlich rührigen Vereinsarbeit, die eine umfangreiche Rekonstruktion des Parks nach 1990 ermöglichte.
Hotel Thüringer Hof
Wilhelm-Klemm-Str. 35
99713 Ebeleben
www.thueringer-hof-ebeleben.de
www.schlosspark-ebeleben.de/www.schlosspark-ebeleben.de/
Tag 3: Ebeleben - Sondershausen (21 km)
Von Regine Bogner und Bernhard Mall
Am 3. Tag konnten wir uns bei idealem Wetter auf den Weg zur Kyffhäuserkreisstadt Sondershausen (ca. 21 km) machen. Einheimische Berater hatten uns vor dem hohen Gras auf dem Fußweg nach Rockstedt gewarnt. Offenbar hatten sie den sehr angenehm zu gehenden Fußweg durch ortsnahes Gartenland lange nicht mehr benützt.
Die anschließende Wegstrecke durch die nur von Windschutzstreifen gegliederten großräumigen landwirtschaftlichen Nutzflächen des Thüringer Beckens zog sich aber dann doch in die Länge. Dankbar stärkten wir uns mit Streuobst.
Nördlich von Oberspier tauchten wir in das geschlossene Laubmischwaldgebiet der Hainleite ein. Der Muschelkalkhöhenzug mit Höhen um 450 Meter über NN hat eine ausgedehnte Hochebene. Nach Norden fällt er steil nach Sondershausen ab. Die zerwühlten Erdwege im Wald ließen auf größere Wildschweinrotten schließen. Beinahe wäre Ulrike im Sumpf versunken.
Auf der Hochebene der Hainleite legten wir im Naherholungszentrum Possen bei einem ehemaligen Jagdschloss eine Rast ein. Das Ensemble wird von einem Funkturm, Wildgattern mit Bären, Wildschweinen u.a., ferner von einer überdimensionierten Hüpfburg beherrscht.
Nach der wohlverdienten Rast stiegen wir auf schönen Waldwegen durch einen gepflegten, herbstlich gefärbten Erholungswald nach Sondershausen ab. Am Waldrand passierten wir den jüdischen Friedhof mit ca. 180 Grabstätten ab dem 17. Jahrhundert. Die Garnisonstadt Sondershausen mit rund 23 000 Einwohnern weist eindrucksvolle Bausubstanz auf. Allerdings wurde sie kurz vor dem Ende des 2. Weltkriegs schwer geschädigt: Ein amerikanischer Luftangriff zerstörte am 8. April 1945 rund 40 Prozent der Stadt einschließlich der Synagoge. Geprägt ist Sondershausen durch seine Geschichte als ehemaliger Sitz der Fürsten von Schwarzburg-Sondershausen und deren beherrschende Residenz. Kulturell bekannt ist Sondershausen heute auch durch anspruchsvolle Musikveranstaltungen in prächtigem Ambiente.
Selbst das ehemalige, noch befahrbare Kalibergwerk ist mit einem Konzertsaal ausgestattet. Ein Höhepunkt unseres Besuchs von Sondershausen war die Führung durch das Residenzschloss. Die Führerin brillierte mit Detailkenntnissen zur Geschichte der Dynastie der Fürsten von Schwarzburg.
Im Hotel „Thüringer Hof waren wir gut untergebracht und versorgt.
Verwendbare Wanderkarten:
Kompass 457 Karte 1 (Gotha, Erfurt: Ebeleben – Rockstedt),
Kompass 450 Karte 2 (Harz: Rockstedt – Sonderhausen)
jeweils M 1:50 000.
Hotel Thüringer Hof
99706 Sondershausen
Hauptstraße 30-32, Lange Straße
Tel: (0 36 32) 65 6 - 0
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www.thueringerhof.comwww.thueringerhof.com
www.sondershausen.de/de/schlossmuseum.htmlwww.sondershausen.de/de/schlossmuseum.html
Tag 4: Sondershausen - Bad Frankenhausen (22 km)
Von Carsten Dütsch
Der Verlauf der Wipper weist uns sicher den Weg aus der Stadt. Eine am Uferweg aufgestellte Nachbildung eines Summloches lenkt kurz unsere Aufmerksamkeit auf sich. Eine daran angebrachte Tafel verrät, dass frühe Zeugnisse derartiger Löcher aus Höhlen in Malta und mittel - alterlichen Kathedralen Südfrankreichs bekannte sind. Die mittels Summen erzeugte Vibration im Loch soll der zu einer belebenden Wirkung des gesamten Organismus führen.
Wir halten es dann doch eher mit der belebenden Wirkung durchs Wandern und erreichen bald die letzten Häuser von Sondershausen. Über die Wipper und die Straße nach Bad Frankenhausen einen Wiesenhang hinauf, durch Gärten und Felder bis an einen Waldrand. Der Blick zurück bietet eine schöne Aussicht auf die Hainleite und die an ihrem Fuße liegende Stadt.
Schüsse im Wald und aller Nase lang angebrachte Tafeln weisen uns darauf hin, dass wir uns an der südlichen Grenze des hiesigen Truppenübungsplatzes bewegen und warnen uns vor Lebensgefahr und mit Bestrafung vor dem Betreten. Solange der Weg entlang des Waldes unbefestigt ist, lassen wir uns das auch gefallen. Bald müssen wir jedoch der L1034 folgen. Und der Standortälteste der Truppe verwehrt uns entsprechend Beschilderung bis südlich von Bendeleben hartnäckig das Verlassen der Straße.
Als Bendeleben in Sicht kommt, haben wir einen weiten Blick über den Kyffhäuser bis nach Bad Frankenhausen. Die Stadt ist gut durch den weithin sichtbaren Rundbau für das von Werner Tübke geschaffen Bauernkriegspanorama zu identifizieren. Der von Kunstliebhabern „Sixtina des Nordens“ und im Volksmund „Elefantenklo“ bezeichnete Bilddom mit seiner 14 m hohen und 123 m langen Leinwand wird von uns noch am Abend besucht werden.
Doch erst mal müssen wir uns entlang eines Stoppelfeldes mit frisch aufgebrachter Düngung den Weg bis nach Bendeleben erarbeiten – Wandergenuss einmal anders.
Wir erreichen die hohen Mauern des Schlossparkes, durch die uns nach wenigen Metern durch eine steinerne Pforte Einlass in den Park gewährt wird. Der zu den frühesten landschaftlichen Parkanlagen Deutschlands zählende und im Stil englischer Gärten angelegte Park führt uns direkt zum Neuen Schloss. Das Schloss selbst können wir leider nicht besichtigen, da es heute im Besitz der Arbeiterwohlfahrt ist und ein Altenpflegeheim beherbergt.
Dafür findet sich in Bendeleben mit dem französischem Lustgarten und der einzigartigen Orangerie im Stil des Barock ein kleines Juwel, von dem wir uns gern zu unserer Mittagsrast einladen lassen. Nach dem die Anlage über hundert Jahre stark vernachlässigt wurde, erstrahlt sie heute wieder im alten Glanz. Die seitlich der Orangerie befindlichen Gewächshäuser mit ihren Sonnenfangdächern werden wieder entsprechend ihrer ursprünglichen Verwendung zur Überwinterung exotischer Kübelpflanzen genutzt.
Auf dem Barbarossaweg und dem Hauptwanderweg Eisenach – Wernigerode erreichen wir das nächste Ziel, die Barbarossahöhle.
Der einst bei bergmännischen Vortriebsarbeiten zufällig entdeckte Hohlraum im Anhydrit ist heute tief mit der Sage um Barbarossa verwurzelt. So soll Kaiser Friedrich I. Barbarossa hier in seinem unterirdischen Schloss solange verweilen, bis seine Herrschaft erneut beginnt. Den Kaiser konnten wir zwar nicht erblicken, dafür boten aber die tapetenartig herabhängenden Gipsplatten und Gesteinsformationen ein einzigartiges geologisches Schauspiel.
Neben dem Barbarossaweg und dem Hauptwanderweg Eisenach – Wernigerode streiten hier auch der Lutherweg und der Geopfad Kyffhäusergebirge um unsere Gunst. Nach einem kurzen Abstecher über die Gipskuppe führen uns alle vier Wege im Tal der kleinen Schwester der Wipper entlang hinein in die wegen ihrer Solequellen geschätzte Kurstadt Bad Frankenhausen.
Hotel-Restaurant „Thüringer Hof“ Bad Frankenhausen
Anger 15, 06567 Bad Frankenhausen/Kyffhäuser
Tel.: 034671 / 51010
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www.thueringer-hof.com/hotel-bad-frankenhausenwww.thueringer-hof.com/hotel-bad-frankenhausen
Bauernkriegspanorama Prof. Tübke
www.panorama-museum.de/de
Tag 5: Bad Frankenhausen - Artern (Bus) - Querfurt (25-28 km)
Von Friedhelm Arning
Das erste Stück dieser Etappe wird mit dem Taxi zurückgelegt, da der ursprünglich vorgesehene Bus zum angepeilten Zeitpunkt gar nicht fährt. Nicht ganz geklärt ist, bis wohin mit dem Taxi gefahren wird. So fährt denn eine Gruppe bis Kalbsrieth und die andere bis Heygendorf. Ich gehöre zur anderen.
Nachdem wir den Taxifahrer angewiesen haben, uns bei unserem vermeintlichen Startpunkt abzusetzen, machen wir uns auf den Weg. Es stellt sich bald heraus, dass wir uns an der falschen Stelle haben absetzen lassen, aber das ficht erfahrene Weitwanderer ja nicht an. Die Sonne beginnt nach und nach den Nebel zu besiegen und ein Bilderbuchwandertag liegt vor uns.
Schon nach einigen Weggabelungen zeigt sich allerdings, dass Realität und Wanderkarte nicht so recht zueinander passen wollen und so bleibt nur die ungefähre Richtungsbestimmung, die uns zunächst aber immer weiter in den dunklen Tann führt.
Nachdem wir mehrfach die Wohnzimmer von Wildschweinfamilien – herrlich tiefe Suhlen, zumindest aus der Sicht ihrer „Bewohner“ – durchquert haben und von einem Weg schon lange keine Rede mehr sein kann, ist klar: Nur der direkte weglose Abstieg in ein unter uns liegendes Tal kann uns weiterbringen.
Gesagt, getan, und siehe da, am Ende des Abstiegs ist ein, wenn auch nur spärlich, markierter Wanderweg der Lohn für unsere Mühe.
Nun ist aber erst mal ein Päuschen angesagt. An sonnigem Platz unter schattigem Baum wird alles für eine gemütliche Rast vorbereitet, nur irgendwelche Brummer scheinen damit gar nicht einverstanden zu sein, die dann auch noch rasch immer mehr werden. Es stellt sich heraus, dass wir uns direkt im Umfeld eines Hornissennestes niedergelassen haben, und diese verteidigen sehr wirkungsvoll ihr Territorium.
Nach einigen äußerst schmerzhaften Bissen suchen wir rasch das Weite, was wir auch ohne weiteres finden. Erst wieder im Wald an einer Doppeleiche – Naturdenkmal – machen wir erneut halt, um die so jäh unterbrochene Rast fortzusetzen. Die Schmerzen der Hornissenattacke halten noch lange an, aber glücklicherweise kommt es bei den Gestochenen zu keinen problematischen allergischen Reaktionen.
Der Rest des Weges verläuft dann einigermaßen unkompliziert, mal von einer unnötigen Schleife durch eine Kleingartenanlage in Lodersleben, wo wir noch mal eine kurze Rast eingelegt haben, abgesehen. So erreichen wir gegen 15:30 Uhr unser Etappenziel, das Hotel zur Sonne in Querfurt. Es ist also noch reichlich Zeit, um nach Ankommen und Duschen dem sehenswerten und sicherlich einst wohlhabenden Ort eine Besuch abzustatten, nicht ohne auch Kaffee und Kuchen zu genießen.
Was echte Weitwanderer sind, die unterbrechen natürlich auch das abendliche gemütliche Beisammensein noch einmal zu einer Nachtwanderung, um die imposante Burganlange von Querfurt in ihrer vollen illuminierten Pracht bewundern zu können. Am nächsten Tag steht ja die Besichtigung derselben an – auf jeden Fall ein Muss -, aber darüber möge jemand Anderer berichten.
Hotel zur Sonne
Freimarkt 4
06268 Querfurt
www.burg-querfurt.de
Tag 6: Querfurt - Nebra (Bus) - Laucha (Bahn) - Freyburg (12 km)
Von Ulrike Brunn
Querfurt wird mit guten Gründen „Perle an der Straße der Romanik“ genannt. Die gar nicht sehr große Stadt liegt auf halber Höhe über dem tief eingeschnittenen Tal der Querne und wird als Ort schon im 9. Jahrhundert in einem Abgabenverzeichnis vom Kloster Hersfeld genannt.
Nach dem guten Frühstück im „Hotel zur Sonne“ verabschiedete sich unser Wanderfreund Bernd aus Freiburg, weil er früher zu Hause sein musste.
Wir anderen machten noch einen kleinen Stadtrundgang und steuerten dann die Burg an, die flächenmäßig größte Anlage in Mitteldeutschland. Ein historisch gekleideter, recht sachkundiger Führer berichtete über die Geschichte und die einzelnen Bauteile der Burg.
Vier sehr unterschiedliche Türme prägen das Bild. Inmitten der Anlage liegt auch eine romanische Kirche, die an den heiligen Bruno von Querfurt erinnert, einen Bischof und Missionar bei den Pruzzen, der um das Jahr 1000 im Grenzgebiet des heutigen Polens und Litauens umkam.
Die Burg Querfurt diente wiederholt als Kulisse bei historischen Filmen oder Märchenfilmen, was wir sofort nachvollziehen konnten. Ein langer Rapunzel-Zopf ist inzwischen zum Wahrzeichen der Burg geworden.
Doch wir mussten weiter, weil wir an dem Tag noch Freyburg erreichen wollten. Das wäre zu Fuß nicht gegangen. Mit dem Bus ging es zunächst nach Nebra. Ein herzliches Dankeschön an die Buslinie 700! Für unsere Wandergruppe kam nicht nur extra ein größerer Bus – der Busfahrer wusste um die kurze Umsteigezeit in Nebra und hatte sich darauf eingestellt! Echt super!
So haben wir die eingleisige Unstrutbahn weiter bis Laucha ganz bequem erreicht. Die 120 Jahre alte „Nebenbahn“ kreuzte die imposante Talbrücke der ICE-Neubaustrecke Erfurt – Leipzig. Die Kleinstadt Laucha hat noch große Teile der Stadtmauer.
Wir benutzten ein Stück des Saale-Unstrut- Radweges, sahen links die ersten Weinberge und als wir die Unstrut auf einer schmalen Brücke überquerten, kamen wir zu dem Dorf Weischütz und passenderweise war das erste Haus eine Straußenwirtschaft. Für uns ein guter Anlass für eine Rast und das Probieren des häuslichen Weines, ergänzt durch Schmalzbrot.
Wir bekamen mit, dass die Winzerfamilie etwas aufgeregt war. Sie erwartete einen prominenten Gast: Manuel Andrack. Er gilt als „Gesicht der deutschen Wanderer“, einige Mitwanderer kannten seine Veröffentlichungen und öffentlichen Auftritte. Nun trafen mehrere Journalisten ein, die den Medienstar interviewen wollten und uns als interessanten „Beifang“ auffassten.
Es gab Wortspiele von Netzwerk Weitwandern zu Weinwandern, denn Andrack hatte sich vorgenommen, in jedem der 13 deutschen Weinbaugebiete eine Strecke zu wandern und dabei bei ausgewählten Winzern einzukehren.
Wir wollten eigentlich weiter, aber waren natürlich auch neugierig. Da kam der Gast zusammen mit der örtlichen Weinkönigin und umringt von weiteren Medienleuten. Sein Auftritt sollte ins Fernsehen kommen. Wir hatten inzwischen unsere Rucksäcke auf, aber Andrack stellte sich zu uns, berichtete, dass er unsere Zeitschrift und unsere Rolle in der Wanderszene kenne und plauderte kurz mit verschiedenen Mitwanderern.
Wir überließen ihn seinen Weinproben und gelangten bald auf einen schönen Höhenwanderweg, kamen an einem alten Steinbruch und historischen Kalkofen vorbei und hatten nun immer wieder Ausblicke in das weite Flusstal, besonders von dem früheren Kloster Zscheiplitz.
Bald erreichten wir die Ausläufer Stadt Freyburg und gelangten zur namhaften Rotkäppchen- Sektkellerei. Dort begrüßten wir unsere Wanderfreunde Ilka und Klaus - wegen eines Unfalles von Ilka konnten sie dieses Jahr nicht an der Wanderung teilnehmen, wollten aber das „gute Ende“ miterleben. Uns erwartete eine tolle Kellerei-Führung mit Verkostung, dann ging es zum Hotel und mit einem gemütlichen Abendessen endete dieser superschöne 6. Wandertag.
Hotel „Zur Neuenburg“
Wasserstr. 27
06632 Freyburg
Tel 034464/ 277 19
Mail: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!
www.hotel-zur-neuenburg.dewww.hotel-zur-neuenburg.de
Tag 7: Freyburg – Goseck (15 km)
Von Lutz Heidemann und Eckart Kuke
Nach dem Frühstück im Hotel wanderten wir in Grüppchen durch den bewaldeten Hang über der Stadt Freyburg hinauf zu dem kleinen Weinberg, den Katharina und Hans sowie Carsten seit mehreren Jahren bewirtschaften und dabei auch in einem kleinen Haus leben.
Wir bewunderten die akkuraten Reihen der zum Schutz gegen naschhafte Vögel in blaue Plastik eingepackten Rebstöcke.
Auf der Terrasse vor dem Haus erhielten wir eine Kostprobe einheimischen Sekts und freuten uns an dem Blick durch das weite Unstruttal.
Dann passierten wir die weitläufigen Gebäude der nahen Neuenburg, konnten einen Blick in den Innenhof werfen, kamen an früheren Gutsgebäuden und dem mittelalterlichen Rundturm, Dicker Wilhelm genannt, vorbei, gelangten auf freies Feld, genannt Edelacker. Der frühere fürstliche Besitz ist mit der Sage verbunden, dass dort Landgraf Ludwig jeweils vier widerspenstige Adlige vor einen Pflug spannte und sie Furchen ziehen ließ.
Unser Weg wechselte zwischen Waldstücken und welligen Feldern, es waren wieder Abschnitte der großen Muschelkalk-Platte, über die wir seit dem Start im Hainich gewandert waren und in die in der Eiszeit das abfließende Schmelzwasser steile Flusshänge gekerbt hatte. Lange sahen wir noch am Horizont den Dicken Wilhelm mit seinen Ziergiebeln und gelangten nun zu einem Abhang, der uns hinunter an die im Vergleich zur Unstrut deutlich breitere Saale führte.
Dann beherrschte eine Gebäudegruppe die obere Hangkante, die Reste des früheren Kloster Goseck. Mit Ackerland darum war es eine Stiftung Kaiser Ottos II und in salischer Zeit Begräbnisort einer Pfalzgrafenfamilie in Diensten des Kaiserhauses, zum Schluss ein Gutshof.
In den letzten Jahren hatten gründliche Restaurierungen stattgefunden, die einmal die Mauern des ursprünglichen Sakralbaus wieder sichtbar machten, andererseits auch jüngeren Ausschmückungen und Veränderungen bewahrten. Das ausliegende Faltblatt nannte als Ver - gleichs beispiele den Dom von Speyer und die Klosterruine von Limburg a.d. Haardt im Pfälzer Wald.
Wie lang hier auf der Muschelkalkplatte Ackerbau betrieben wurde, verdeutlichte uns dann das in den letzten Jahren rekonstruierte „Sonnenobservatorium“ westlich des Dorfes Goseck.
Ein erfahrener Luftbild-Archäologe hatte die Kreisgrabenanlage 1991 entdeckt, später fanden Ausgrabungen statt. Die Fachleute datieren die Anlage in das 49. Jahrhundert vor Christus, sie wäre damit z.B. etwa 2.000 Jahre älter als Stonehenge in England und die Pyramiden bei Kairo.
Wir wurden dort mit einem Kleinbus abgeholt und zur Freyburger Weinkellerei gebracht, erhielten eine gute Führung durch die Kellerräume und interessante Ausführungen zum Wein.
In einem Restaurant am Rand von Freyburg klang der Tag aus. Beim Essen und Trinken und Gesprächen konnten wir auf den Herzoglichen Weinberg mit seinem barocken Pavillon und oben am Hang auf die beleuchtete Neuenburg blicken, hinter uns lag wieder eine eindrückliche Etappe.