Cap Corse: Macinaggio – Golo-Tal, 19.-25. April 2015
Anreise (17./18. April)
Wir fuhren zu viert aus dem Raum München mit unserem PKW nach Savona und stellten das Fahrzeug auf einem öffentlichen Parkplatz ab. Bis zur Abfahrt unserer Corsica Ferries-Fähre um 21 Uhr verblieb uns noch genügend Zeit für ein gutes Essen in einer Trattoria.
Die Nacht verbrachten wir in einer Kabine auf der Fähre, welche am nächsten Morgen um 7 Uhr in Bastia anlegte. Nach einem guten Frühstück in einem Straßencafé fuhren wir mit dem Bus nach Erbalunga und weiter in einem Taxi zu unserem Startpunkt nach Macinaggio.
Zur Mittagszeit unternahmen wir eine Warmup-Tour in die nähere Umgebung durch die Orte Roglianu und Bettolace, über einen schönen Weg bergauf zum Monte Zucchero und über blühende Wiesen mit Affodill zum Dorf Stopione (14km)
1. Tag (Macinaggio – Centuri-Port, 23 km, 19.April)
Kurz nach 8 Uhr starteten wir am Hafen von Macinaggio und erreichten nach 4 Stunden, inkl. Pausen, Barcaggio. Der Weg war leicht zu finden und gut zu gehen, teilweise mit herrlichen Blicken hinüber auf die Inselgruppe Finocchiarola, nach Capraia und bis Elba.
In Barcaggio trafen wir eine hier in Korsika lebende, deutsche Mitwandererin, welche uns in den kommenden Tagen auf der Route des Crêtes begleiten wird. In dem kleinen Hafen wehte ein ziemlich starker Wind, als wir uns bei draußen mit einigen korsischen Schmankerln stärkten. Dann wanderten wir gemeinsam weiter zu unserem Tagesziel nach Centuri-Port.
Zunächst ging es auf einem angelegten Pfad der Küste entlang bis zum Dorf Tollare. Alsbald stieg der Weg auf eine sanfte Hügellandschaft, schlängelte sich durch Ginster-, Zistrosen- und Lavendelbüsche und danach wieder bergab zu einer kleinen Bucht.Wir passierten eine Fahrstrasse und erreichten schließlich in der Nähe eines Leuchtturmes die West-Küste. Unser Weg führte jedoch nicht zum Ufer, sondern durch eine reizvolle Landschaft bergauf zu einem 225 Meter hohen Pass, der sich inmitten einer blühenden Ginstermacchia befand.
Der weitere Weg nach Centuri-Port schlängelte sich nun leicht bergab und gab immer wieder atemberaubend schönen Ausblicke frei. Der gut sichtbare Pfad war allerdings an einigen Stellen vermutlich durch ein Unwetter zu Jahresbeginn etwas in Mitleidenschaft gezogen, sodaß er an manchen Passagen sogar etwas Schwindelfreiheit erforderte. In Centuri-Port kamen wir abends kurz nach 19 Uhr an und freuten uns schon auf ein Glas Bier und unsere Unterkunft, welche direkt an dem malerischen Hafen lag.
2. Tag (Centuri-Port – Tour de Sénèque, 14 km, 20. April)
Wir verließen unser Nachtquartier morgens in nordöstlicher Richtung und hatten gleich zu Beginn unserer heutigen Wanderung einen Aufstieg auf ca. 520 hm vor uns, immer mit herrlichen Blicken auf die Centuri-Port mit der kleinen vorgelagerten Insel Capense. Ab dem Dorf Cannelle (150m) war der Weg gut markiert und führte uns durch blühenden Ginster bergauf zum Col de la Serra (365m). Von hier wählten wir einen kleinen Pfad an zwei alten Mühlen vorbei und aufwärts zu einer Anhöhe, die mit weißen, unbeweglichen Windmühlen übersät ist, die wohl im Laufe der Zeit eingerostet sind. Sehenswert war die kleine Kapelle Santa Catalina.
Es ist fast Mittag geworden, als wir unseren Weg über den Col Ste. Catherine (508m) zur einsam gelegenen Kapelle Norte-Dame des Graces fortsetzten. Hier legten wir nun endlich die verdiente Mittagsrast auf der Wiese ein. Nach Überquerung der Straße D35 begann ein schattenloser, aber landschaftlich schöner Aufstieg über die Punta di Fornellu zur Punta Gulfidoni auf 606m. Hier eröffnete sich für uns eine phantastische Aussicht auf beide Küstenabschnitte im Osten und Westen der Cap Corse-Halbinsel.
Ebenfalls sichtbar waren hier zwei schwelende Waldbrände, einer mitten in der Macchia und ein weiterer in einem entfernt liegenden Kiefernhain. Es stellte sich uns die Frage, ob diese Brände absichtlich gelegt wurden, um mit diesem kontrollierten Abbrennen des Unterholzes grössere Brände im Sommer zu vermieden.
Nach einem Stück Gratwanderung erreichten wir am Nachmittag den Col Santa Lucia. Hier angekommen überquerten wir die Straße D180, die nach Pino an der Westseite bergab führt. Nun war es nur noch ein „Katzensprung“ aufwärts zu unser Gîte.
Vor dem Abendessen zog es uns noch hoch zum alten Genueserturm „Tour de Sénèque“. Eine kleine Portion Schwindelfreiheit ist erfordelich, um den atemberaubenden Blick hinunter nach Fieno und Luri zu genießen...
3. Tag (Tour de Sénèque – Bocca di San Giuvanni, 14 km, 21. April)
Statt den bekannteren, in der IGN-Karte eingezeichneten Weg direkt zum Pinzu a Vergine zu wandern, haben wir uns für den etwas längeren, aber deutlich schöneren Weg über den Monte Grofiglieta (836m) entschieden. Auch über diese Route erreicht man schließlich den Pinzu a Vergine (593m).
Ein Stück weiter südlich verließen wir die Schotterstrasse, welche hinauf zur Bergerie du Liou führt. Wir zweigten links auf einen kleinen Pfad zur Punta Gravinacce (855m) ab. Nach einem erholsamen Mittagsschläfchen zwischen schattigen Felsblöcken machten wir uns an die Fortsetzung zur Bocca di a Serra (1007).
Man sollte erwähnen, dass die Wegführung nach den Ruinen der Bergerie oberhalb von 900m Höhe nicht eindeutig ist und man kann leicht in eine Sackgasse im steilen Gelände kommen, sofern man kein gutes Gespür für die richtige Wegfortsetzung hat. Ein Teil unserer Gruppe bevorzugte aber ab der Bocca di a Serra die alpinere Variante über die Cima di e Follice (1324m), während sich der Rest für den etwas gemütlicheren Weg entlang des Osthangs entschied.
Am späten Nachmittag erreichten wir alle den Bocca di San Giuvanni. Hier wurden wir abgeholt, nachdem auf der Passhöhe (975m) keine Übernachtungsmöglichkeiten existieren.
4. Tag (Bocca di San Giuvanni – Patrimonio, 22 km, 22. April)
Nach einem formidablen, korsischen Abendessen und einer Nacht auf einem Bauernhof wurden wir im Morgengrauen wieder zum gestrigen Ausgangspunkt gefahren. Unsere einheimische Mitwandererin konnte uns auf diesem Abschnitt leider nicht begleiten, sodass wir wieder nur noch zu viert weitergingen. Schon kurz nach 7 Uhr waren wir wieder unterwegs, nachdem uns heute ein längerer Tag bevorstand.
Der nächste Gipfel auf unserem Gratweg war der imposante Monte Stello (1307m), von wo aus man einen guten Blick auf den schönen Bergort Olmeta-di-Capocorso hat. Wir mussten zunächst etwa 400hm absteigen, füllten unsere Wasserflaschen an einer Quelle und durchwanderten den Bergsattel Bocca d’Antigliu (879m). Der nun folgende Aufstieg auf den Monte Fosco (1100m) war etwas zermürbend, da wir den unscheinbaren, an einem steilen Hang entlangführenden Pfad in der prallen Mittagssonne bewältigen mussten, ohne eine leichte Brise oder ein Stück Schatten. Die Fortsetzung über San Jacintu (1082m) und der Abstieg zur Bocca San Leonardu (850m) war dagegen vergleichsweise einfach.
Wir gönnten uns nun eine Mittagspause mit Picknick auf einer kleine Grasweide. Geplant war, daß wir von der Bocca San Leonardu an der Westseite nach Bracolaccio hinabsteigen. Uns war aber auch bekannt, dass es einige Wochen zuvor an diesem Berg einen Bergrutsch gegeben hat. Deshalb haben wir ausreichend Zeit für einen möglichen Wiederaufstieg und eine Wegalternative in anderer Richtung eingeplant, falls dieser Weg nicht begehbar sein sollte. In der Tat sind wir auf etwa 665m Höhe auf ein Geröllfeld gestoßen, das den Hang unter uns in die Tiefe gerissen hat. Der Boden war jedoch inzwischen fest und wir konnten ab einer Höhe von etwa 640m den markierten Weg ausserhalb des Geröllfeldes fortsetzen.
Eine traumhafte Landschaft mit wilden Blumen und Sträucher erwartete uns. Kurz bevor wir Bracolaccia erreichten, sind wir links auf einen Weg abgezweigt, der uns parallel zum Hang zu einem zerfallenen Kloster führte. Hier fanden wir dann auch den Anschluss an einen Weg zur Strasse und weiter über einen relativ zugewucherten alten Pfad durch die Macchia in den berühmten Weinort Patrimonio, wo wir für die kommenden zwei Nächte eine Unterkunft mit Swimmingpool reserviert hatten!
Am 23. April haben wir nach den bisherigen Strapazen einen Ruhetag eingelegt. Am Nachmittag sind wir von Patrimonio nach St. Florent gewandert und haben uns dann am Hafen mit korsischem Wein und einigen Köstlichkeiten gestärkt.
5. Tag (Patrimonio – Rapale, 19 km, 24. April)
Nach dem Ruhetag setzten wir unsere Wanderung in südlicher Richtung durch eine langgezogene Ebene mit unzähligen Rebflächen fort. Hier also reifen die edlen Trauben für die unterschiedlichen Weinsorten, für die Patrimonio in der kulinarischen Welt Bedeutung erlangt hat. Der imposante, dunkelgrün-weiß gestreifte Berg Mont Sant’Angelo begleitete uns noch eine gute Weile, bis die Reblandschaft sich schließlich in eine wilde Umgebung mit von Dornbüschen überwucherten Viehweiden verwandelte.
Es war nicht einfach, einen passblen Weg aus der Ebene und aufwärts nach Poggio d’Oletta zu finden. Oben an der kleinen Strasse angekommen folgten wir dem Asphalt bis zum Nachbarort Oletta und kehrten in einer netten Bar ein. Lautstark diskutierten einige Korsen an der Bartheke, während wir uns draussen in der Sonne an einem Glas Cap Corse-Likör labten.
Da die weitere Wegfortsetzung nach dem Ende von Oletta völlig zugewuchert war, blieb uns nichts anderes übrig, als auf einem geteerten Weg durch eine Feriensiedlung zu gehen, die in dieser Jahreszeit noch völlig unbewohnt war. Hier haben wir ein Picknick auf der Terrasse eines gerade unbewohnten Häuschens eingelegt.
Nachmittags wanderten wir weiter auf unmarkierten Wegen, querten wilde Bäche, Stacheldrahtzäune und Kuhweiden mit grimmig dreinschauenden Stieren, passierten einige abgelegene Bauernhöfe und landeten schließlich unweit von unserem Tagesziel Rapale an einem Berghang (fast) in einer Sackgasse. Wir haben an diesem Punkt alle Wegvarianten nacheinander ausprobiert und wollten gerade verzweifelt den Rückweg antreten, als wir schließlich doch noch fündig wurden! Durch einen kaum sichtbaren Einstieg in eine etwa 2 Meter hohe strauchige Macchia schlängelte sich ein verwegener Pfad, der uns zur Strasse bergauf und zurück in die Zivilisation brachte.
Nach einigen Kilometern auf einem kleinen Sträßchen erreichten wir Rapale. Hier hatten wir einige Zimmer in einem traditionellen, korsischen Haus reserviert. Abends wurden wir im Dorf noch mit einem herrlichen, korsischen Menü verwöhnt.
6. Tag (Rapale – Ponte Novu, 25 km, 25. April)
Wir starteten früh morgens von Rapale und wollten auf dem kürzesten Weg nach Murato gehen. Ein vielversprechender Pfad führte in südöstlicher Richtung oberhalb der Strasse durch eine hügelige Landschaft, endete aber leider an einem Wäldchen. Etwas entmutigt sind wir dann durch das Gestrüpp abgestiegen und zähneknirschend auf der Strasse bis zur schönen Kirche San Michele gewandert. Ein Stück weiter in Murato haben wir eine Kaffeepause eingelegt und unsere Vorräte aufgefrischt.
Ab Murato gelangten wir über eine schöne alte Brücke und einen gepflasterten, alten Saumweg zurück zum Sträßchen D5, welchem wir dann mangels guter Alternativen bei zum Col di Bigorno (885m) gefolgt sind. Von hier aus öffnete sich der Blick auf das Golo-Tal! Am frühen Nachmittag sind wir im Dorf Lento angekommen und erfrischten uns in einer Bar. Von einem Korsen wurden wir zu einer typischen Salami mit zentimeterdicker Schimmelschicht eingeladen!
Eine kleine Strasse windete sich zwischen Lento und dem nächsten Ort Canavaggio an einem relativ steilen Berghang entlang. Wir fanden eine Abkürzung über einen etwa 100m hohen Bergsattel und erreichten gegen 3 Uhr nachmittags das nächste Dorf Canavaggio. Auch hier wurden wir von freundlichen Dorfbewohnern eingeladen, die gerade am Bau einer Stadthalle waren. Für den Abstieg ins Golo-Tal wählten wir die Strecke über Costa Roda (618m), wobei wir uns in den steilen Weidenflächen unterhalb des letzten Dorfes fast noch verlaufen hätten.
Nach längerer Suche haben wir einen guten Weg gefunden, der gut sichtbar in die hohe Macchia eingeschnitten war und uns bequem abwärts bis zur historischen Brücke in Ponte Novu führte. Die erste Etappe war somit geschafft!
Nach einer kurzen Pause sind wir mit dem Zug nach Bastia zurückgefahren. Zum Ausklang sind wir abends durch die Gassen im alten Hafenviertel geschlendert und haben uns nochmals ein gutes korsisches Essen gegönnt.
Rückreise (26. April)
Am letzten Tag hatten wir genügen Zeit für einen Stadtbummel und Einkäufe, denn unsere Fähre zurück nach Savona legte erst nachmittags ab. Nachdem wir abends um 19 Uhr am Festland angelegt hatten, sind wir unmittelbar danach durch die Nacht heimgefahren.
Die kommende Etappe durch die zentralkorsischen Landschaften Castagniccia und Fiumorbo ist für 3.-10. Oktober 2015 geplant.
Hier geht's zu 2. Etappe Korsikadurchquerung von Nord nach Süd