4500 Km auf dem Fernwanderweg E3 Ardennen - Atlantik

gaertnere3neu
Sabine Gärtner
Deutsch
2021
1
^303
978-3-947334-45-2

Sabine Gärtner legt hier ein Reisebuch vor, das von einer Weitwanderung durch fünf Länder bis zum südwestlichsten Ende des europäischen Festlandes erzählt, 4500 km in fast sechs Monaten.

 

I Aufbau und Gliederung

Das 300 Seiten starke Buch gliedert sich, abgesehen von einem Vorwort, einer Danksagung und einer Packliste, in 19 Kapitel. Da schon die Kapitelüberschriften einen nachhaltigen Eindruck davon vermitteln, wie abwechslungsreich und vielfältig die von der Autorin gewählte Route ist, seien sie hier tabellarisch aufgeführt:

 

Überschrift

Wegabschnitt

Grüne Hügel, fließende Grenzen

Luxemburg

Wiesen, Wälder und Mäander

Belgien

Entbehrung, Fürsorge und Getreidefelder

 

 

 

 

Frankreich

Endlose Wälder, Umrundung der Megastadt und Besuch

Wasserwege, Cumulusnimbus und die erste Pilgerin

Die wilde Morvan und die Hauptstadt der Häduer

Ein Vogel in der Auvergne

Margeride, die nette Truppe und die Perlenkette am Lot

Stoppelfelder, Sonnenblumen und die große Angst vor den Zeichen des Himmels

Bettwanzen und Berge in Sicht

Ich bin dann mal rüber

 

Spanien

Mit Zug und Mähdrescher durch die Meseta

Tag und Nacht dem großen Fest entgegen

Santiago? No Santiago! Fatima?? Si, Fatima !!

Spanien/ Portugal

Intermezzo am Meer

 

 

Portugal

Das Ziel ist der Weg

Im Bann des Tejo zum Abschiedsfest

Pinienwälder und endloseweiße Strände

Nah an der Wüste – Die Rote Vicentina

 

Jedes Kapitel beginnt mit einer Auflistung der Ortschaften, durch die die Etappe führt und welche Teilabschnitte des E3 dabei genutzt worden sind – die tatsächlich gewählte Route weicht auch immer mal wieder vom E3 ab. Eine Zusammenstellung von Sehenswürdigkeiten am Wegesrand rundet diesen Einleitungsabschnitt jeweils ab. Daran schließt sich dann in der Ich-Form der eigentliche Bericht zu jeder Tagesetappe an.

So viel zu Aufbau und Gliederung des Buches. Aber eine Rezension, die es dabei bewenden ließe, würde ihm nicht gerecht. „Ein Jahr lang hatte ich mein Sabbatical und meine Wanderung vorbereitet…... Ich hatte die Route recherchiert, Besichtigungen geplant, Rucksäcke und Schuhe getestet und vieles mehr. Doch am Ende sind es die nicht planbaren Erlebnisse, die uns zum Staunen bringen. Es sind die Begegnungen mit anderen Menschen und unsere eigenen Reflexionen, die für unser Leben wertvoll werden.“ (S. 6) Dieser Auszug aus dem Vorwort macht schon deutlich, dieses Buch ist kein Wanderführer im herkömmlichen Sinne sondern eher so etwas wie eine Hommage an das Weitwandern und was es mit denjenigen machen kann, die sich auf ein solches Vorhaben einlassen. Und dabei muss es kein halbes Jahr dauern, es reichen auch zwei Wochen. Um dieser Dimension des Buches zumindest in Ansätzen gerecht zu werden, möchte ich im Folgenden einfach einige Zitate aneinanderreihen, die ich, selbst begeisterter Weitwanderer, danach ausgewählt habe, welche Schlaglichter sie auf das Faszinosum „Weitwandern“, werfen, wie ich es auch immer wieder erlebe, zumal wenn man auch noch in anderen Ländern unterwegs ist.

 

II Ausgewählte Textstellen[1]

„Meine Familie hatte mich im Dreiländereck Deutschland-Frankreich-Luxemburg zur Moselbrücke 50 gebracht. … Erst jetzt, schon auf der Brücke stehend, schienen alle die Gedanken an den Abschied und an den Beginn der Reise endlich zuzulassen….Dann wurde der Gang über die Brücke Richtung Westen zu einem Weg in eine neue Freiheit, in eine Welt, die für die nächsten Monate mein Leben sein sollte. Am Ende der Brücke drehte ich mich um und warf einen Blick zurück. Sie waren gegangen und ich war alleine.“

„Die Haut in meinem Gesicht war durch Sonne und Wind aufgerissen und mein T-Shirt war durch die Rucksackgurte durchlöchert. Kurzum, mein Gesamterscheinungsbild und mein Zustand hatten sich in nur neun Tagen gravierend verändert.“

„Wieder einmal war ich froh, wie alles gekommen war und dass ich einfach alles auf mich zukommen ließ. Die Unsicherheit darüber, wo ich übernachten würde und wie alles weitergehen würde, bescherte mir sehr anstrengende Zeiten aber eben auch großartige Momente……Ich spürte, dass ich den Menschen, denen ich begegnete, vertrauen konnte. Und mir selbst. Es würde schon irgendwie werden.“

„Nach mehr als drei Stunden intensiver Waldarbeit erreiche ich das nächste Dorf. Es ist etwa vier Straßenkilometer von meiner letzten Schlafstätte entfernt. Ich kann es kaum glauben. Zum ersten Mal auf dieser Reise bin ich genervt. Weg oder Straße? überlege ich nun bei jeder Wahlmöglichkeit.“

„Ziemlich erschöpft und etwas verzweifelt lasse ich mich auf dem Friedhof neben dem Wasserhahn nieder. Wie wunderbar ist kaltes Wasser.“

„Gut gestärkt trifft man andere Entscheidungen als mit leerem Magen.“

„Die vielfach in der Öffentlichkeit kommunizierte Annahme, es gäbe für eine Fernwanderung ein Rezept, wie diese erfolgreich zu machen sei, teile ich nicht. Jeder Mensch, der eine Reise, auch eine lange Wanderung unternehmen möchte, muss individuell überlegen und entscheiden, wie er das tun möchte, was er mitnimmt und was das Richtige für ihn persönlich ist. Diese Vorbereitung und die damit einhergehenden Entscheidungen sind bereits Teil der Reise. Man sollte sich diesen Teil nicht nehmen oder durch Andere bestimmen lassen.“

„Ich habe keine Angst, es geht schon weiter. All das Grübeln des Alltags entfällt, es kommt alles irgendwie – und das ist gut.“

„Meine Füße berühren den Boden nicht mehr. Ich spüre meine Beine nicht mehr. Ich spüre nur noch Glück…...Ich war ein Vogel. Für ein paar Stunden.“

„Wesentliches hat sich in den letzten Wochen vom Unwesentlichen getrennt. Mehr als meine sieben Kilogramm Gepäck brauche ich nicht. Mein Kopf ist völlig frei von jeglichem Ballast. Wasser und Essen. Ich denke kaum noch an etwas anderes.“

„Es waren die Grundgedanken des Unterwegsseins und der Fortbewegung aus eigener Kraft, die mich so sehr in den Bann zogen. Hinzu kam die Idee des völkerverbindenden Netzes in Europa, lange bevor es die Europäische Union gab…..Was ich in den vergangenen elf Wochen an Hilfsbereitschaft, Gastfreundschaft und Miteinander erlebt hatte, war wohl genau das, was die Europäische Wandervereinigung mit dem Grundgedanken der Fernwanderwege vor etwa 50 Jahren verfolgt hatte. Und es war so viel mehr, als ich es mir hätte vorstellen können.“

„In Sekundenschnelle gingen mir all die Strapazen und Glücksmomente durch den Kopf und nun blickte ich auf den Atlantik. Ich war mit eigener Kraft bis zum Atlantik gelaufen. Es war einfach überwältigend.“

„Am 3. Oktober kurz nach 12:00 Uhr stehe ich am Cabo de Sao Vincente und schaue aufs Meer. Hinüber Richtung Afrika. Hinüber nach Marokko und weiter. Das wäre es…. Ich spüre, dass es kein besonderer Moment ist, für Emotionen ist hier kaum Platz. Zuviel Betrieb. Ich habe die ganz großen Momente meiner Reise bereits erlebt…… Dann gehe ich die obligatorische „letzte Bratwurst vor Amerika“ essen und erhalte ein Zertifikat dafür.“

 

Ich hoffe, diese ausgewählten Zitate, auch wenn aus dem Zusammenhang gerissen, vermitteln einen ersten Eindruck, wie die Autorin der Faszination des Weitwanderns auf die Spur kommt und ihr erliegt. Ich kann nur die Lektüre des gesamten Buches empfehlen und wünsche ihm zahlreiche Leserinnen und Leser, die sich durch Sabine Gätner ermuntert fühlen, vor die Tür zu gehen und sich auf den Weg zu machen. Das muss, wie gesagt nicht so ein Ehrfurcht einflößendes Projekt sein, wie hier beschrieben; schon ein Woche reicht, um selbst diese Faszination des Weitwanderns zu spüren.

 

[1] Es handelt sich bei dem folgenden Text ausschließlich um Zitate aus dem rezensierten Buch. Um der Lesbarkeit willen habe ich daher auf eine korrekte Zitierweise verzichtet.

Sabine Gärtner legt hier ein Reisebuch vor, das von einer Weitwanderung durch fünf Länder bis zum südwestlichsten Ende des europäischen Festlandes erzählt, 4500 km in fast sechs Monaten.

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