Durch die Böhmische Schweiz auf dem EB/E3

Beitragsseiten

Von Obstknödeln, Bushaltestellen und „hot and fruity“

Mitgliederwanderung 2013: 150 km auf dem EB in Tschechien von Hrensko (Böhmische Schweiz) nach Bily Potok (Isergebirge)

13 Menschen, die sich durch den Verein kennen, 13 Menschen, die das Weitwandern miteinander verbindet, machen sich gemeinsam auf den Weg. Doch werden sie sich in dieser Wander-Urlaubs-Woche verstehen? Schon an dieser Stelle sei gesagt: Ja, und wie!

Und: Wir hatten riesigen Glück: Wir haben die Woche zwischen dem Hochwasser und der großen Hitze erwischt ...

Beide Wanderleiter, Carsten und ich, waren voller Vorfreude, unseren Mitgliedern ein traumhaftes Wanderparadies zu zeigen. Für die meisten Mitwanderer war Tschechien völliges Neuland. Und wie einige später gestanden, waren sie nicht ganz ohne Vorbehalte aufgebrochen. Verabschiedet haben sie sich von Tschechien eine Woche später nur sehr schweren Herzens.

Staunen ob der wundervollen Natur war fast durchgängig angesagt bei unserer Tour. Ebenso Genuss – auch, oder vor allem der der leckeren tschechischen Küche (unser Tipp: Obstknödel!) – und natürlich Lachen. Wie es so ist, wenn eine Gruppe längere Zeit zusammen unterwegs ist – rasch gibt es herzerfrischende Running-Gags: Nachdem am ersten Wandertag dringend eine Bushaltestelle gesucht wurde – vor allem von Friedhelm, blieb künftig keine mehr ungesehen. Stets erschallte der Ruf: Wann fährt der nächste Bus? So wurde Friedhelm zum Bushaltestellen-Liebhaber.

Fuhr kein Bus – den wir auch gar nicht wollten J - kam stets die Frage: Wie weit ist es noch ... bis zur nächsten Pause, ... zum nächsten Ort, ... zum Ziel? Nachdem zufälliger Weise einige Male hintereinander  3,5 km angesagt bzw. angezeigt worden war, wanderten wir künftig nur noch diese Entfernung – egal wie weit J.

Und Helmi erhielt einen neuen Namen: Nach dem Genuss eines 100 Prozent aus einem chemischen Labor stammenden  Getränks „hot and fruity“, das Helmi nur durch meine Unterstützung – und auch dann nur auf Umwegen erhielt, was ihn nicht wirklich amüsierte, war er dann so hocherfreut und des Lobgesanges ob des köstlichen Getränks nicht mehr zu bremsen, dass er fortan „hot and fruity“ hieß. Doch zurück zur Wanderung.

Der Start der einwöchigen Tour hatte wegen des Hochwassers verändert werden müssen, denn eine Anreise über die Sächsische Schweiz –wie geplant per Bahn ab Königstein - war noch immer nicht möglich. Doch das brachte unserer Gruppe letztendlich einen Einstieg in die Böhmische Schweiz, wie er wohl selten erlebt werden kann: völlig einsam!

Nachdem wir – nun eben doch mit drei Autos - über Zittau (Wo sich Hans noch rasch einen Backenzahn ziehen ließ) zu unserem ersten Hotel „Vysoka Lipa“ gereist waren, machten wir uns sofort auf die Socken – rückwärts quasi. Denn was als Strecke geplant war, musste nun als Rundwanderweg gelaufen werden: 20+ statt der geplanten 10 km am Anreisetag. Die Runde hatte zur Mitgliederversammlung auf dem Programm gestanden: Durch die Wilde und die Edmundsklamm über das Hochwasser-gesperrte Hrensko hoch hinauf zum Prebischtor, der größten natürlichen Sandsteinbrücke Europas. Auf dem Rückweg schüttete Petrus über uns aus, was er noch nicht zum Hochwasser beigesteuert hatte – und das war eine ganze Menge. Aber dieser Regen brachte einen herrlichen Regenbogen über dem Panorama der Böhmischen Schweiz. Was für ein Start!

Und es sollte immer weiter so gehen mit großartigen oder spannenden Eindrücken. Am nächsten Morgen brach etwa die Hälfte der Gruppe vor dem Frühstück mit mir auf – zu einem nahe gelegen Tal. Es lag nicht auf unserer Strecke, ich hatte es aber zeigen wollen: die Dolský mlýn (Die Mühle) in der Ferdinandsklamm. Die romantische Ruine der ehemaligen Mühle am Flüsschen Kamenice (Kamnitz) wird gern als Filmkulisse verwendet. So ist sie vor allem aus dem Märchen "Die stolze Prinzessin" bekannt. Wir sieben stolperten an diesem Morgen mitten hinein in eine neue Filmkulisse für „Die Pilgerin“. Es war so echt, dass wir einige Zeit brauchten, um das wirklich zu begreifen – und bis dahin spielten wir recht fröhlich Marktfrau, Fischer-Ehepaar ... Welch ein Erlebnis auf nüchternen Magen.

Nach dem Frühstück dann ging es „wirklich“ los mit unserer Weitwanderung. Die Autos ließen wir für die Woche am Hotel.

Die Wanderung führte durch sehr vielgestaltige Landschaften: Von den Elbsandsteingebilden der Sächsischen und Böhmischen Schweiz mit ihren bizarren Formen, tiefen Tälern und hohen Aussichtsgelegenheiten durch das Lausitzer Gebirge mit seiner Vulkankegeln (und Eiszeitrelikten wie dem Alpenstrudelwurm) bis ins liebliche Isergebirge.

Herrliche Aussicht boten schon am ersten Tag der Wanderung u. a. Šaunštejn (Hohenleipaer Raubschloss), eine Felsenburg bei Vysoká Lípa (Hohenleipa), der Rudolfuv kámen (Rudolfstein), die Vilemínina stena (Wilhelminenwand) und der Mariina skála (Marienfels) bei Jetrichovice (Dittersbach).

Später ging es durch das Tal Pavlínino údolí (Paulinengrund), ein etwa 3,5 km langes canyonartiges Tal, das der Chribská Kamenice-Bach in den Kreidesandsteinen zwischen Studený (Kaltenbach), Rynartice und Jetrichovice (Dittersbach) gebildet hat. Langsam laufen die Sandsteinfelsen aus ... Den ersten Wanderern geht ob des stetigen Aus- und Abwärtslaufens die Puste aus – der Studenec (736 m), ein charakteristischer kegelförmiger Basaltberg, bleibt heute unerklommen ... Unser Ziel, das Hotel Permon, erreichten wir pünktlich zur Abendbrotzeit.

Am nächsten Morgen die Überraschung für Friedhelm: 3,5 Kilometer Asphalt zurück zum Wanderweg ersparten wir unseren Füßen und fahren zunächst Bus. Auf breiten Forstwegen, später auf schmalen Waldpfaden geht es bis zur Bahnstation Jedlova – hier scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Der Bahnvorsteher lässt uns bereitwillig die historische Technik bestaunen und fotografieren. Weiter geht´s dann  hinauf  zur  Burg Tolštejn (Tollenstein). Sie ist eine der bedeutsamsten mittelalterlichen Burgen Nordböhmens. Hier stärken wir uns und genießen die weite Sicht, bevor es über den Luž (Lausche, 793 m) – schon bekannt durch die Mitgliederversammlungs-Wanderung – Horní Svetlá (Oberlichtenwalde) - unserem nächsten Etappenziel – entgegen geht. Wenige 100 Meter zuvor jedoch kommen wir an der Luž-Baude nicht vorbei: Obstknödel gibt es hier ... Kindskopfgroß und unbeschreiblich lecker.

Von der hübschen Pension „Ceska Chalupa“ können wir schon eines der Ziele des nächsten Tages sehen: den Hvozd (Hochwald, 749 m). Markant ist die breit gelagerte sattelförmige Gestalt. Mitten darüber verläuft die Staatsgrenze zwischen Deutschland und Tschechien. Wegen seiner guten Aussicht trägt der Berg auch den Beinamen Aussichtsturm des Zittauer Gebirges. Nach einer leckeren

Waldmeisterbrause geht er weiter, dem nächsten spannenden Ziel entgegen: dem Sokol (Falkenberg). Er ist wegen seiner Kegelform einer der markantesten Berge des Lausitzer Gebirges (592,5 m). Auf dem Gipfel befinden sich die geringen Überreste der Burg Starý Falkenburk (Alte Falkenburg). Die Betonung liegt hierbei auf „gering“, eigentlich gab es dort nichts zu sehen – nicht mal eine Weitsicht J. Weiter ging es nach Petrovice, das uns etwas enttäuschte: Hier hatte die Einkehr geschlossen, auf die wir uns gefreut hatten. Dafür ging es nun nochmal richtig kräftig bergan! Vorbei am  Loupežnický vrch (Raubschlossberg, 539 m) führte ein herrlicher Hohlweg dann hinunter in den Kaisergrund (Krasny dul) . Dann die Überraschung des Tages: Wir hatten keine Unterkunft direkt am Weg gefunden, sondern nur in Jitrava. Also: Augen auf, wir müssen den roten EB/E3 verlassen und auf grün abbiegen ... dachten wir! Der EB/E3 ist hier verlegt worden und führt an den eindrucksvollen Bílé kameny (Weiße Steine oder auch Elefantensteine, eine unter Naturschutz stehende Kreidesandsteinformation) vorbei – direkt hinein nach Jitrava, wo wir im Hotel „Hostinec u Podkovy“ (Hotel zum Hufeisen) erwartet werden. Luxus pur. Lars schlägt zu und genießt eine Massage.

Gut erholt und ebenso gestärkt geht es nun gen Liberec. Den Abstecher über den grünen Velky Vapenny macht nur die Hälfte der Truppe ... Lustwandeln eben – jedem wie es ihm gefällt. Auf den Kameny zieht es sogar nur noch Ilka, Lutz und mich. Aber nun grüßt von gar nicht mehr so fern der Jested, der utopisch anmutende Aussichtsturm. Schweißtriefend erreichen wir ihn, pausieren kurz, bevor wir mit der Seilbahn hinab fahren und dann mit der Straßenbahn ins Liberecer Zentrum. Unsere Unterkünfte sind mitten in der verkehrsberuhigten Altstadt: für Pärchen geht´s ins Hotel „Radnice“, Einzelreisende wohnen gleich nebenan in der Residence „Salvia“.

Dann gibt es eine kurze, aber intensive Stadtführung durch Lutz. Am Anfang geht es natürlich in das so bekannte Jugendstilhotel Praha! Wir genießen das nächtliche, städtische Treiben und freuen und auf die Ruhe der kommenden zwei Tage.

Bevor aber wieder unsere Füße gefragt sind, fahren wir Bahn – nach Frydlant. Außer  Lutz. Der reist ab. Da waren´s nur noch 12.

Das Städtchen Frydlant liegt zwar etwas abseits des EB/E3, jedoch ist die Strecke von Liberec zur Smedava sehr asphaltlastig. So machen wir einen kleinen Umweg, besichtigen die Burg Frydlant und marschieren dann hinein ins Isergebirge – bis Heinice. Hier darf nochmal 3,5 km Bähnchen gefahren werden (Ehe wir mit dem Fahrkartenautomanen klar kommen, müssen wir schon aussteigen ... wie haben zwar etwas „gezogen“ ... aber was?), bevor uns die letzten 3,5 km bergan zur Bartlova-Bouda führen. Auf der Terrasse sitzen wir im Schein der untergehenden Sonne und genießen den Blick ins weite Tal und auf die Felsen.

Und schon ist der da, der letzte Tag unserer Wanderwoche. Katrin und Lars reisen ab ... Da waren´s nur noch zehn. Und die hielten durch, auch wenn es der letzte Tag nochmal in sich hatte: Hinab geht es gen Heinice – über den Wasserfall hoch hinauf zum Gipfelhopping mit herrlichen Aussichten auch auf die Bartlova Bouda – und dann haben wir ihn weder: den Anschluss zum EB/E3. Grund zur Freude und zur Pause auf der Smedava. Noch einmal schlemmen wir Obstknödel und ziehen dann über Predel und Palicnik (Wo wir das „geheime“ Gipfelbuch-Versteck für Wanderer unseres Wirtes finden und uns am Inhalt laben) zurück zur Bartlova-Bouda. Zünftig mit einem Becherovka beenden wir unsere Wanderzeit.

Rund 150 Kilometer sind wir zusammen gegangen, hatten wunderbare Touren, tolle  Gespräche, viel Ruhe und noch mehr Genuss. Mir hat es gefallen – dort mit Euch auf dem EB/E3 unterwegs gewesen zu sein!

Hier der gesamte Bericht, geschrieben täglich von einem anderen Wandersmann bzw einer Wandersfrau oder Wanderspärchen:

Wege und Ziele

nr66apr24Ausgabe 66, April 2024
nr65nov23Ausgabe 65, November 2023
nr64apr23Ausgabe 64, April 2023
nr63nov22Ausgabe 63, November 2022
nr62april22Ausgabe 62, April 2022
nr61nov21Ausgabe 61, November 2021
nr60apr21Ausgabe 60, April 2021
nr59dez20Ausgabe 59, Dezember 2020
nr58dez19sonderSonderbeilage, Dezember 2019
nr58dez19Ausgabe 58, Dezember 2019
nr57mai19Ausgabe 57, Mai 2019
nr56nov18Ausgabe 56, November 2018
nr55mai18Ausgabe 55, Mai 2018
nr54dez17Ausgabe 54, Dezember 2017
nr53aug17Ausgabe 53, August 2017
nr52apr17Ausgabe 52, April 2017
nr51dez16Ausgabe 51, Dezember 2016
nr50aug16Ausgabe 50, August 2016
nr49apr16Ausgabe 49, April 2016
nr48dez15Ausgabe 48, Dezember 2015
nr47aug15Ausgabe 47, August 2015
nr46apr15Ausgabe 46, April 2015
nr45dez14Ausgabe 45, Dezember 2014
nr44aug14Ausgabe 44, August 2014
nr43apr14Ausgabe 43, April 2014
nr42dez13Ausgabe 42, Dezember 2013
nr41aug13Ausgabe 41, August 2013
nr40apr13Ausgabe 40, April 2013
nr39dez12Ausgabe 39, Dezember 2012
nr38aug12Ausgabe 38, August 2012
nr37apr12Ausgabe 37, April 2012
nr36dez11Ausgabe 36, Dezember 2011
nr35aug11Ausgabe 35, August 2011
nr34apr11Ausgabe 34, April 2011
nr33dez10Ausgabe 33, Dezember 2010
nr32aug10Ausgabe 32, August 2010
nr31apr10Ausgabe 31, April 2010
nr30dez09Ausgabe 30, Dezember 2009
nr29aug09Ausgabe 29, August 2009
nr28apr09Ausgabe 28, April 2009
nr27dez08Ausgabe 27, Dezember 2008
nr26aug08Ausgabe 26, August 2008
nr25apr08Ausgabe 25, April 2008
nr24dez07Ausgabe 24, Dezember 2007
nr23aug07Ausgabe 23, August 2007
nr22apr07Ausgabe 22, April 2007
nr21dez06Ausgabe 21, Dezember 2006
nr20aug06Ausgabe 20, August 2006
nr19apr06Ausgabe 19, April 2006
nr18dez05Ausgabe 18, Dezember 2005
nr17aug05Ausgabe 17, August 2005
nr16apr05Ausgabe 16, April 2005
nr15dez04Ausgabe 15, Dezember 2004
nr14aug04Ausgabe 14, August 2004
nr13apr04Ausgabe 13, April 2004
nr12dez03Ausgabe 12, Dezember 2003
nr11aug03Ausgabe 11, August 2003
nr10apr03Ausgabe 10, April 2003
nr09dez02Ausgabe 09, Dezember 2002
nr08okt02Ausgabe 08, Oktober 2002
Zur Bereitsstellung unserer Dienste verwenden wir Cookies. Wenn Sie nicht damit einverstanden sind, dass Cookies auf Ihrem Rechner gespeichert werden, können Sie dies ablehnen. Möglicherweise werden dann unsere Dienste nicht im vollem Umfang funktionstüchtig sein.