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 am:   23.02.16

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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W a n d e r b e r i c h t e  -  S p a n i e n

 

 

Inhaltsverzeichnis:      Frühsommer in den Hochpyrenäen - 

                               Weitwandern im französisch-spanischen

                               Grenzgebirge

                               Von Harald Meth

 

                                     Weitwandern in Spanien: Die Ruta de la Plata

                                      Von Prof. Dr. Georg Rückriem

 

                                  •   Königswege zwischen Drachenbäumen

                                      und Höllenschlünden

                                      Wandern wird auf La Palma zur Bergtour zwischen

                                      Nebelwald und Lavawüste

                                      Von Dr. Roland H. Knauer

 

                                  •   Die Pyrenäen auf Spanisch

                                      Von Hans Diem

 

                                  •   Pyrenäendurchquerung - vom Mittelmeer zum Atlantik

                                      Bericht von einer Fernwanderung vom Juni bis August 2010

                                      Von Harald Vielhaber

 

                                  •   Wanderungen auf küstenahen Pfaden rund um Ibiza

                                      Von Hans Losse

 

 

Frühsommer in den Hochpyrenäen

Weitwandern im französich-spanischen Grenzgebirge

 

Von Harald Meth

 

 

Traumwetter

 

Tag um Tag Sonne und Wärme, eine sagenhafte Fernsicht, azurblauer Himmel über schneegesprenkelten felsigen Hochlagen und Gipfeln, davor das frische Grün der Wälder und Matten und die Farbenpracht der sich entfaltenden Blüten. Der Sommerbeginn des Jahres 2001 in den französischen Zentralpyrenäen war wirklich märchenhaft. Weitwandern „de luxe“ sozusagen.

 

Bis Juli währte dieser Traum aus klarer Luft, Sonne und hohen Temperaturen, bevor, just mit dem Wechsel nach Spanien, ein erheblich instabileres Wetter einsetzte und eindringlich in Erinnerung rief, dass einem Hochgebirge von dreieinhalbtausend Meter Gipfelhöhe und Weitwanderpassagen bis nahe an die Dreitausender-Grenze immer mit der nötigen Vorsicht zu begegnen ist.

 

Unwetter

 

Im zauberhaften spanischen Estós-Tal mit Wiesen voll blühender, vierzig Zentimeter hoher blauer Iris und noch höherem Gelben Enzian wollte ich einmal mein Zelt aufstellen am plätschernden Bach. Der Tag war grau, und ich ging weiter zur frustrierend vollen Berghütte. Nachts kam das Gewitter. Stundenlang donnerten Regen- und Hagelfluten gegen das Blechdach, und vorbei war es für den Rest meiner Wanderung mit der Blumenpracht. Bachquerungen erwiesen sich in den nächsten zwei Tagen als gefährliche Abenteuer. Die Fluten rissen Straßenbrücken hinweg. Und wo ich heute wäre, hätte ich jenen paradiesischen Übernachtungsplatz gewählt, weiß der Himmel.

 

Nicht für Anfänger

 

Aber auch bei Schönwetter erfordern die Pyrenäenpfade beiderseits der Grenze bisweilen eine gewisse Vorsicht. Altschnee an den hohen Pässen - auch auf dem insgesamt weniger anspruchsvollen französischen GR 10 – lassen es angeraten erscheinen, im Frühsommer Grödel mitzuführen. Auf dem spanischen GR 11 gibt es einzelne ausgesetzte Passagen und leichte Kletterstellen, die ängstlichen Naturen Unbehagen bereiten könnten. Wirklich schwierig sind beide Wege nicht, wenn die Kondition stimmt. Wer sich am Zugang zum Ordesa-Nationalpark nach mehr als 1000 Höhenmetern Aufstieg noch konzentrieren kann, wenn eine weitere Steilstufe oder ein exponiertes Wegstück dies erfordern, wird den Weg meistern.

 

Wegführung

 

Zumeist verläuft die etwa dreieinhalbwöchige Runde über aussichtsreiche Bergpfade und Wanderwege in freier Natur oder nutzt Forst- und Almwege. Asphaltstrecken sind die Ausnahme. Besonders in Frankreich wurde im Lauf der Jahre jede Möglichkeit genutzt, zugewachsene Wiesenwege oder eine alte Mulattiere wieder gangbar zu machen, um Teerstraßen zu vermeiden.

 

Ganz so ideal ist die Situation in Spanien nicht, doch sind unschöne Straßen-märsche auch hier selten. Man hat in den Naturparks in den letzten Jahren das Fußwegenetz erweitert und das kommt dem Weitwanderer zugute. Karten und Führer vermerken diese Verbesserungen aber bisher nur zum Teil.

 

Besser markiert ist zweifellos der französische GR 10, doch wird man bei einiger Erfahrung auch auf dem spanischen GR 11 keine ernsteren Orientierungsprobleme haben.

 

Hütten, Herbergen, Hotels - und Zelt

 

Es gibt viele Berghütten in den Hochpyrenäen. Dennoch kann es bereits Ende Juni/Anfang Juli zu Übernachtungs-Engpässen in Gebieten wie Gavarnie oder Ordesa kommen. Auch ist immer, besonders in Spanien, damit zu rechnen, dass große Kinder- und Jugendgruppen ein Refugio füllen. Man melde sich lieber an. An den weniger hoch gelegenen Wegstrecken existieren in Frankreich auf Wanderer spezialisierte sogenannte Gîtes d’Etapes, die Ende Juni allerdings manchmal noch einen ziemlich verlassenen Eindruck machen. Besser also auch hier telefonieren.

 

Wer Lager gerne meidet, hat durchaus Chancen ein Hotel zu finden, das dem Wanderer zumindest zu Beginn der Sommersaison auf Nachfrage seinen günstigen Halbpensionspreis einräumt. Ferienhotels bieten oft mehr für’s Geld als spezielle Wanderherbergen und sind mir auch atmosphärisch eine willkommene Abwechslung zum Vagabundenleben, das man sonst so auf Weitwanderungen, vor allem mit dem Zelt, führt.

 

Natürlich wird nicht jeder seine eigene Behausung mitschleppen wollen. Aber meine Erfahrung ist, dass sich das Erleben der durchwanderten Landschaft intensiviert, baut man am Abend sein Zelt in den Almregionen auf. Erlaubt ist das Biwakieren, beachtet man bestimmte Regeln, zumeist auch in den National- und Naturparks. Ein lauschiges Plätzchen mit Wasser fand sich eigentlich immer - jedes auf seine Weise einzig.

 

Landschaftsbilder

 

Rote Felsgipfel am Col du Somport, die symmetrische Pyramide des Pic du Midi d’Ossau, die gewaltige Nordwand des Vignemale, der riesige Hochgebirgskessel von Gavarnie, die bizarre Canyon-Landschaft des spanischen Ordesa-Nationalpark - die Farb- und Formenvielfalt der Bergformationen, die einen in den Pyrenäen auf engem Raum erwarten, ist enorm. Idyllische Bergseen, wie der Lac d’Ayous (Pic du Midi) oder der Lac d’Aumar (Neouvielle), und stille Wald- und Wiesentäler erweitern das Landschafts-Spektrum zusätzlich. Ein abwechslungsreicheres Weitwandergebiet lässt sich kaum denken.

 

Almleben - Tierleben

 

Ihren Beitrag zum eben Gesagten liefert auch die traditionsreiche Almwirtschaft - nicht nur wegen ihrer wunderbaren Kuh- , Ziegen- und vor allem Schafskäse. Auch die Hirten selbst können die Pyrenäen zu einem besonderen Ort für den Wanderer machen. Man begegnet sonnengebräunten Menschen mit klaren offenen Augen, die aussehen, als wären sie direkt einem touristischen Werbeprospekt entsprungen: Zigarette im Mundwinkel, Baskenmütze schief auf dem Kopf und neben sich ihre drollig aussehenden struppigen Hunde – könnte man nur mehr Französisch und Spanisch.

 

Von besonderem Reiz natürlich auch die Begegnung mit Tieren in freier Natur. Murmeltier, Fuchs, Gämse und Steinbock, dazu Vögel aller Größen bis hin zum mächtigen Bartgeier habe ich gesehen – und einmal, in der Dämmerung, einen Rothirsch mit Gefolge. Unvergesslich, wie sein gewaltiges Geweih sich immer weiter über einen Kamm am Rande der Waldgrenze in den Himmel hob, bevor der Körper sichtbar wurde und das Tier schließlich in seiner ganzen majestätischen Größe den Wiesenhang herabgefedert kam.

 

Wer ein Plätzchen mit seinem Zelt besetzt, das nachts sonst den Tieren allein gehört, kann allerdings auch Unvergessliches anderer Art erleben. So zeltete ich einmal in einem großen Hügelrund, in dem offenbar zwei weiße Pyrenäenhunde, größer als Bernhardiner, des Nachts regelmäßig Streife gehen. Ich hatte kaum das Zelt aufgebaut, da trabte an mir ziemlich betrübt ein Fuchs vorbei. Seinen Gemütszustand so richtig nachvollziehen konnte ich aber erst, als die zwei Riesen nach stundenlanger lautstarker Nachtwanderung bei meinem Zelt angelangt waren und intensiv darüber berieten, was mit mir zu tun sei.

 

Thermalbäder

 

Ebenfalls ein Erlebnis, wenn auch ganz anderer Art, ist die Begegnung mit den Thermal-Kurorten am Weg. Leider gerät deren spezifische Atmosphäre aber zunehmend unter die (Auto-)Räder.

 

Am schlimmsten verwüstet hat der touristische Ungeist das einst so stille aragonesische Balneario de Panticosa. Massenweiser Tagestourismus belebt den Ort so sehr, dass bereits dem letzten Bäcker und dem letzten Lebensmittelgeschäft zugunsten von Touristenramsch der Garaus gemacht ist. Die alten Großhotels wirken zwar immer noch so unfreundlich und unzeitgemäß wie früher, gestalten jedoch zum Ausgleich hierfür neuerdings ihre Preise für den Einzelreisenden überaus ‚modern’.

 

Aber auch die großen französischen Thermalbäder gehen mit der Zeit. Im noblen Cauteret umsäuseln den Gast aus öffentlichen Lautsprechern weichgespülte Klänge, die das Gefühl vermitteln, die heimischen Großstadt-Kaufhäuser erst gar nicht verlassen zu haben. Andererseits sind Cauteret und, mit Abstrichen, Bagnères-de-Luchon wegen ihrer dekorativen Kurhotels und Thermen immer noch recht angenehme und sehenswerte Orte.

 

Frisch geduscht und gesättigt dem touristischen Treiben der Welt bei Bier, Wein, Kaffee oder Pastis von der „terrasse“ zuzuschauen, nach bier-, wein- und kaffeelosen Tagen mit Zelt, ist gar kein so übles Gefühl und bringt eine zusätzliche Farbe in die ohnehin so reiche Palette einer Weitwanderung in den Hochpyrenäen. Wer mag, kann hier außerdem für einen Tag in die Kurgast-Rolle schlüpfen und seine strapazierten Wanderglieder mit Massagen, Fango und Heilwasser verwöhnen lassen, bevor er sich wieder ins Weitwander-Abenteuer stürzt.

 

Dörfer und Städtchen

 

Ebenfalls lohnen würde sich ein Ruhetag in Luz St. Sauveur, Thermal- und Ferienort in einem, mit mittelalterlichem Siedlungskern und berühmter romanischer Wehrkirche. Aber auch die kleinen spanischen Fremdenverkehrsorte Benasque, Bielsa, Torla und Sallént de Gállego besitzen historische Zentren und eine einladende Atmosphäre. Zudem lässt sich hier preisgünstig tafeln. Das für Spanien typische dreigängige Menu del Dia, Wein inklusive, ist schon für unglaubliche 15 bis 20 Mark zu haben. Und wie es schmeckt, wenn man zu Fuß und mit Rucksack in den Bergen unterwegs ist, brauch ich Euch ja nicht zu sagen.

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 14 - August 2004

 

 

Weitwandern in Spanien: Die Ruta de la Plata

 

Von Prof. Dr. Georg Rückriem

 

I. Die „Wirbelsäule Iberiens“

 

Daß die Urform des Weitwanderns die Pilgerreise ist, gilt nicht nur, aber in besonderem Maße für Spanien. Schließlich sind die verschiedenen jahrhundertealten Jakobswege, die die Fußpilger aus allen europäischen Ländern zum Grab des Apostels Jacobus in Santiago de Compostela führten, die historisch bedeutendsten Wanderrouten Europas und in vielerlei Hinsicht die Vorläufer der heutigen Europäischen Fernwanderwege.

 

Vor allem in Spanien wurde das Pilgerwesen im Laufe der Zeit zu einem Motor der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung und die Pilgerwege zum Transmissionsriemen der Zivilisation“(1) . Befestigte Wege und Brücken, Herbergen und Hospitäler entstanden, Handwerk, Handel und ‚touristische’ Dienstleistungen entwickelten sich entlang der Pilgerrouten. Aus unbedeutenden Dörfern wurden bedeutende Städte.

 

Seit etwa der 60er Jahre hat der Jakobuskult und das mit ihm verbundene Pilgerwesen einen neuen Aufschwung genommen. Durch die ungewöhnliche Koalition aus katholischen Institutionen, Wandervereinen, regionalen Tourismusverbänden und internationalen Organisationen (UNESCO, Europarat) erhielt der Jakobuskult eine enorme Dynamik: 1987 erklärte der Europarat die Pilgerwege nach Compostela zur ersten ‚Europäischen Kulturstrasse’ und 1993 nahm die UNESCO den nordspanischen Camino francés – Hauptweg vor allem der europäischen Pilger von Frankreich bis Nord- und Osteuropa – als Ganzes in ihre Liste des Weltkulturerbes auf.(

 

(1) Pablo Nadal, La Ruta de La Plata a Pie y en Bicicleta, Madrid 2/2004, S. 8.

(2) Vgl. Peter Knost, Die 1200jährige Geschichte der Jakobswege. In: Berliner Bergsteiger, 56 (2005) 3, 6-8.

 

Vermöge der damit verbundenen erheblichen Finanzmittel ist seither die Infrastruktur speziell auf diesem Weg erheblich ausgebaut worden, so dass heute auf dem Weg von Roncesvalle bis Santiago ein dichtes Netz von preiswerten bzw. kostenlosen Pilgerherbergen (Refugios) existiert, die das Wandern erheblich vereinfachen. Folgerichtig sind in den letzten Jahren die Zahlen der Wanderer rasant angestiegen. Waren es 1985 noch rund 2.500, so stieg (im Heiligen Jahr!) 2004 die Gesamtzahl der Fußwanderer( auf rund 180.000 Pilger. Sicherlich wird sich dieser Anstieg bereits in diesem Jahr wieder normalisieren und auf ca 80 - 90.000 Pilger zurückgehen, aber selbst das sind noch große Zahlen. So wundert es nicht, dass sich das Wanderinteresse auch anderen Gebieten zuwendet, und da es überwiegend nichtspanische Wanderer sind, die nach Alternativen suchen,( richtet sich die Aufmerksamkeit auf die anderen traditionellen Pilgerwege wie z.B. die ziemlich genau 1.000 km lange Ruta de la Plata vom Süden Spaniens durch Andalusien, Extremadura, Kastilien und Asturien nach Santiago, auf die im folgenden ausführlicher eingegangen werden soll.( Wer mit langen und einsamen Etappen umgehen kann, abwechslungsreiche und gelegentlich rauhe Landschaften liebt, Abenteuer und einfachste Unterkünfte nicht scheut, dem sei vor allem dieser Wanderweg sehr empfohlen.

 

(3) Nicht gerechnet die zahlreichen Touristen aus den z.B. von Kirchengemeinden, Volkshochschulen oder Kulturinstitutionen organisierten Alternativreisen, die ihren Bus gelegentlich für kurze Wanderungen verlassen.

 

(4) Über die zahlreichen und schönen Möglichkeiten, die wegen fehlender Informationen bislang nur spanischen Wanderern zugänglich sind, informiert seit einem Jahr - in spani- scher Sprache - eine eigene Zeitschrift: CAMINAR. Senderismo y naturaleza. Prames, S.A., Zaragoza. ISSN 1697-2112. Wegen ihres unschätzbaren Wertes für alle, die gerne in Spanien wandern wollen, soll diese Zeitschrift in einem eigenen Beitrag rezensiert werden. Vgl. zum Thema „Wandern in Spanien“ vor allem den „Guía de Senderos del Estado Espanol“, 5. Auflage 2005, hrsg. vom Comité Estatal de Senderismo de la Federación Espanola de Deportes de Montana y Escalada (F.E.D.M.E.). (C/Floridablanca, 84. 08015 Barcelona. E-mail: fedme@fedme.es. Website: www.fedme.es.) Vgl. aber auch den von der FEDME herausgegebenen und jährlich aktualisierten „Registro General de Senderos“, letzte Auflage 2002-2003. Er enthält sämtliche - existierende, im Bau begriffene und geplante - Spanien durchquerende Europawege, GR (Gran Recorrido), PR (Pequeno Recorrido), SL (Senderos Locales) sowie deren Varianten, sämtliche Adressen der regio nalen FEDME-Organisationen, eine Bibliografie der verfügbaren Wanderführer, eine Karte der GR in ganz Spanien sowie eine Karte der Europawege durch Spanien.

 

(5) Auf den Camino francés (vgl. M. Kasper, Outdoor Handbuch 23, 7. Aufl. 2004) muß nicht mehr gesondert hingewiesen werden. Die einschlägigen Führer und die zahlreichen publizierten Pilgerberichte (von den inzwischen unüberschaubaren Interneteinträgen ganz abgesehen) sind in der Regel bekannt bzw. über den Zentgraf Verlag, einem Spezialverlag für Jakobus-Literatur (siehe www.jacobuspilger-zentgraf.de), leicht zugänglich. Aber auch der Conrad Stein Verlag publiziert zahlreiche Bücher über Jakobswege, vor allem Führer – zumeist von Michael Kasper – für alle Nebenwege und Varianten. Vgl. Outdoor Handbuch Nr 71 „Der Küstenweg“, Nr. 141 „Der Camino Primitivo“, Nr. 149 „Der Tunnelweg von San Adrián“.

 

Bei meiner eigenen Vorbereitung für die Wanderung auf diesem Weg traf ich zufällig in einem der inzwischen zahlreichen spanischen Führer auf eine so ungewöhnliche Einführung, dass ich sofort fasziniert war. Ich gebe sie hier in meiner Übersetzung wieder:(6)

 

Die Handlung versetzt uns an einen unbestimmten Ort zwischen Mérida und Cáceres. Ein Ölhändler hält an einer Service-Station. Während sein Fahrzeug in der Garage überprüft und in Stand gebracht wird, trinkt er im Restaurant ein Glas Wein und reserviert ein Zimmer, um ein wenig zu schlafen. Gestützt auf die Bartheke, beobachtet er durch das Fenster zwei Polizisten, die den starken Verkehr bewachen; neben ihnen markiert ein Kilometerstein die Entfernung bis zum nächsten Ort: 22 Kilometer. Es regnet heftig, aber das gewölbte Profil der Strasse entwässert die Rinnsale in zwei Abwasserkanäle, die parallel zur Strasse verlaufen und so vermeiden, dass sich das Wasser auf dem Fahrweg staut. Während unser Ölhändler seine Rechnung bezahlt, betritt eine Gruppe von Arbeitern unter dem Kommando eines Ingenieurs das Lokal. Sie kommen, um die beschädigte Leitplanke in einer Kurve der Paßstrasse zu reparieren und verlangen nachdrücklich ihr Frühstück, ehe sie wieder an ihre Arbeit zurückkehren.

(6) Nadal, La Ruta de La Plata a Pie, a.a.O., S. 8. Übersetzung G.R.

 

Der Autor rekonstruiert hier zwar eine alltägliche Szene, die jedoch dadurch gänzlich ungewöhnlich wird, dass sie sich etwa im Jahre 60 unserer Zeitrechnung abspielt: Spanien ist eine römische Provinz und die Strasse, auf der sich die Szene abspielt, ist die Ruta de la Plata, damals eine gepflasterte Chaussee von 500 Kilometern Länge, die die römischen Städte Emerita Augusta (Mérida) und Asturica (Astorga) verbindet. Die Service-Station ist einer der Einrichtungen im Verlauf der Straße, die zur Unterstützung der Reisenden vorgesehen und mit Ställen für den Pferdewechsel sowie mit Militärstützpunkten und Gasthäusern für Unterkunft und Verpflegung ausgerüstet waren.

 

Die Strasse repräsentierte damit einen erstaunlichen Grad an Zivilisation, der sich nicht nur mehr als 400 Jahre hindurch erhielt, sondern darüber hinaus die Sprache, die Kultur und vor allem das Strassennetz Spaniens prägte. Es scheint daher durchaus kein Ausdruck von übertriebenem Nationalstolz zu sein, wenn ein Spanier die Ruta de la Plata als „die Wirbelsäule Iberiens“ bzw. „die Achse“ bezeichnet, „die zugleich die Romanisierung Spaniens, die Arabisierung des Nordostens der Halbinsel, die Reconquista der Extremadura und Andalusiens und die Reise der maurischen Christen aus dem Süden zum Grab des Apostels Santiago ermöglichte.“

 

Ich war verblüfft. Es war also eine ehemalige römische Chaussee aus glatten Steinplatten, die heute – 2000 Jahre nach ihrem Bau – einen der grössten spanischen Wanderwege darstellt. Und tatsächlich, trotz der Vernachlässigung und des erlittenen Raubbaus kommt die alte römische Chaussee streckenweise immer noch zum Vorschein und erinnert die modernen Wanderer daran, wie man in den Anfängen unserer Zivilisation reiste.

 

Die Ruta de la Plata von heute aber ist, wie der Camino francés vielleicht vor 25 Jahren war: wild und einsam, überreichlich ausgestattet mit Einsamkeit und weiten Naturräumen, aber arm an Infrastruktur. Der von mir herangezogene spanische Führer warnt daher zu Recht: „Wer den Camino francés kennt, sollte von diesem anderen Jakobsweg aus dem Süden nicht dieselben Bequemlichkeiten erwarten, die im Rahmen der millionenschweren Kampagnen eines jeden Jakobus-Jubiläums über die traditionelle Route ausgegossen werden. Etappen von 30 Kilometern und länger, ohne Ortschaften oder Wasser, sehr einfache Übernachtungen auf dem Fußboden eines Gemeinderaumes, Provinzhauptstädte ohne einen einzigen gelben Pfeil, der beim Durchqueren helfen könnte, sind die Regel auf der Ruta de la Plata des 21. Jahrhunderts.“ Aber er beschreibt diese Eigenheiten keineswegs als Warnung oder gar Abschreckung.

 

Ich kann ihm vielmehr nach meiner abgeschlossenen Wanderung durchaus zustimmen, wenn er meint, sie seien vielmehr „für den wahren Wanderer und authentischen Pilger nicht nur keine Hemmungen, sondern eigentlicher Anreiz.“ Vielleicht mutet der abschließende Satz der Einführung etwas romantisch an; für mich war er jedenfalls ungemein motivierend: „Die Ruta de la Plata, die hartnäckig Überlebende aus Jahrhunderten des Vergessens und der fehlenden Aufmerksamkeit der Verantwortlichen, bewahrt in ihren verwitterten Steinplatten noch den reinen Geist des Abenteuers.“

 

Zur Geschichte.

 

Schon diese kurze Charakterisierung, die mir klarmachte, dass die Ruta de la Plata mehr als 2000 Jahre alt, also erheblich älter als der Camino francés ist, machte mich neugierig. Nun wollte ich genauer wissen, auf welchen Weg ich mich da begeben wollte. Wiederum fand ich in einem spanischen Führer eine kurze Zusammenfassung der Geschichte der Ruta de la Plata, die ich hier in teils wörtlicher, teils paraphrasierter Form wiedergebe, weil ich keine andere Darstellung gefunden habe, die in vergleichbarer Weise sachliche Kompetenz und verständliche Sprache in so gelungener Form miteinander verbindet und zugleich ein sehr lebendiges Bild vermittelt von den mächtigen Interessen, in die dieser Weg eingebunden und den heftigen geschichtlichen Veränderungen, denen er unterworfen war.(

 

Zunächst galt es, den tatsächlichen Verlauf des Weges zu klären, denn die Ruta de la Plata ist nicht identisch mit der Nationalstrasse 630, obwohl das Ministerium für Entwicklung sie so bezeichnet. Obwohl einige Autoren hartnäckig darauf bestehen, die Reichweite der Ruta de la Plata bis nach Sevilla im Süden und bis Gijón im Norden auszuweiten, sind die römischen Dokumente unbezweifelbar: Die Chaussee Nr. 24, die wir heute als Vía de la Plata kennen, hieß ursprünglich Iter ab Emerita ad Asturicam (Weg zwischen Mérida und Astorga) und begann bei jener extremenischen Stadt, der Hauptstadt der römischen Provinz Lusitanien, die im Jahr 25 vor Christus durch Augustus gegründet wurde, um die ausgedienten („emeritierten“) Legionäre vor den Cantabrern und Asturern zu schützen. Von dieser bedeutenden Enklave, bekannt als das spanische Rom, gingen viele andere Chausseen aus, unter anderem nach Hispalis (Sevilla), nach Corduba (Córdoba), nach Toletum (Toledo) oder nach Olisipo (Lisboa). Die Ruta de la Plata führte durch Cáceres, Salamanca und Zamora und endete ohne jeden Zweifel in Asturica Augusta (Astorga), dem römischen Lager, das mit der Bewachung der kriegerischen Cantabrer und Asturer beauftragt war, die zwar der Herrschaft Roms unterworfen worden, aber immer noch von dem Wunsch beseelt waren, das Joch der Invasoren abzuschütteln.

 

Allerdings ist der Name nicht unumstritten. Jedenfalls tauchen in den verschiedenen Wanderführern unterschiedliche Bezeichnungen auf. Da die variierenden Namen aber auch mit variierenden Routen verbunden wurden, war Klarheit über die korrekte Bezeichnung dringend geboten.

 

(7) Ebd., S. 8 – 19.

 

In keinem der alten Dokumente erscheint die Chaussee als ‘de la Plata‘. Lange Zeit hindurch dachte man zwar, dieser Gattungsname sei von dem kostbaren Metall [Plata = Silber] abgeleitet, das in den asturischen und leonesischen Minen gewonnen und auf diesem Weg nach Mérida und Sevilla transportiert wurde. Heute ist aber klar, dass der Name der Chaussee nichts mit dem silberhaltigen Erz zu tun hat. Vielmehr stammt er aus einer sehr viel späteren Zeit. Als die Mauren in Spanien einfielen, befand sich die Chaussee trotz ihrer jahrhundertelangen Vernachlässigung noch in gutem Zustand. Daher benutzten die Invasoren sie für ihren Einmarsch in den Norden und nannten sie B’lata, was Gepflasterter Weg bedeutet, um sie von anderen zweitrangigen Wegen aus lediglich gestampfter Erde zu unterscheiden. Die Hispanisierung dieses arabischen Namens führte zu der heutigen Bezeichnung.

 

Es ist aber klar, dass die Geschichte des Namens und die Geschichte des Weges nicht identisch sind, vielmehr liegen die Ursprünge sogar noch vor der Römerzeit. Es ist folgerichtig zu vermuten, dass die einheimischen Stämme bei ihren Wanderungen zwischen dem Norden und dem Süden schon einen der Ruta de la Plata vergleichbaren Weg benutzten, längst bevor die Römer Iberien ansteuerten. Der Korridor von Béjar oder der Paß Los Castaños waren natürliche Übergänge, die von Tieren schon genutzt wurden, um im Sommer von den ausgetrockneten extremenischen Steppen zu den saftigen Weiden der Cordillera cantabrica zu wechseln, lange ehe der Mensch auf zwei Füßen ging.

 

Viele dieser als rutas trashumancias,( cañadas oder vias pecuarias bezeichneten Viehtriften wurden und werden z.T. noch heute von der Viehwirtschaft aus demselben Grund genutzt, aus dem sie ursprünglich von den Wildtierherden hervorgebracht wurden. Nachdem sie lange Zeit hindurch völlig vernachlässigt und teilweise auch überbaut worden sind, erinnert man sich ihrer heute als einmalige und unersetzliche Wanderwege, schützt sie durch entsprechende Gesetze und baut sie als willkommene Möglichkeiten der Förderung des Tourismus auf.(

 

(8) Transhumanz, von spanisch „trashumar“ = auf die Weide bringen. Traditionelle saisonbedingte Fern- oder Wanderviehwirtschaft. Vgl. www.euronatur.org/ transhumanz01.htm.

 

(9) Vgl. dazu Carlos Ferris Gil, Las vías pecuarias y los caminos tradicionales. CAMINAR, 2004, no 4, p. 108-109. Siehe auch Manuel Rodríguez Pascual: “La Trashumancia. Cultura, cañadas y viajes”. Edilesa 2001. Inzwischen erscheinen aber auch Wanderfüh- rer für diese Wege, so z.B. Teresa Casquel, Vías pecuarias. La Serrania del Turia. GR 37. Centro Excursionista de Valencia. 2003. Siehe auch: GR 9. Cañada Real de los Toros. Navarra – Guipuzkoa. Prames. 2003

 

Gelegentlich kommt es dabei jedoch zu harten Konflikten. Als vor wenigen Jahren die Schafzüchter mit Unterstützung durch die Fundación Global Nature(10) um ihre historisch verbrieften Rechte kämpften, trieben sie ihre riesigen Herden vier Jahre lang über zwei der wichtigsten Strecken, die Ruta de la Plata und die Cañada Leonesa, durchquerten dabei diejenigen Stadtteile von Madrid, die auf dem Territorium einer ruta trashumancia liegen und blockierten so den Verkehr über mehr als einen Tag.

 

(10) Vgl. www.fundacionglobalnature.org

 

Auch die Ruta de la Plata folgt an zahlreichen Stellen direkt solchen Transhumanz-Korridoren, die ich nach dieser Vorinformation unschwer an ihrer Breite – 20 bis 50 Meter – erkannte. Gelegentlich traf ich an den uralten Rastplätzen des Viehtriebs sogar auf die – heute meist jedoch verfallenen – Rasthäuser der Viehhirten, machte hier ebenfalls meine Pause und sah mich träumend, wie sie damals von Abertausenden von Rindern und Schafen umgeben waren. Nachdem aber die Menschen die Herden einmal domestiziert hatten, brauchten sie nur ihren Routen zu folgen, um Wanderwege anzulegen. Seit dem dritten Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung nutzten vetonische, asturische, vacceanische und lusitanische Volksstämme diese natürlichen Pässe für ihre wirtschaftlichen oder kriegerischen Wanderungen vom Norden in den Süden. Über den Grad der Ausgestaltung, den die Route in jenen entfernten Epochen annahm, weiß man nur wenig. Sicher ist nur, dass die Ruta de la Plata bereits im 1. Jahrhundert vor Christus konsolidiert war und eine intensive wirtschaftliche Aktivität zwischen dem Tal des Guadalquivir und den asturischen Bergen ermöglichte.

 

Aber erst die Ankunft der römischen Legionen, die sich die von den unterworfenen Stämmen erworbenen Geländekenntnisse aneigneten, gab den Startschuß für das gewaltige Vorhaben, Spanien mit einem ganzen Netz von festen Strassen zu überziehen. Die erste dauerhaft gepflasterte Strasse in der Extremadura erscheint um das Jahr 139 vor Christus, als Quintus Servilius Cepión den lusitanischen Häuptling Viriato besiegte und ein Militärlager in der Nähe des gegenwärtigen Casar de Cáceres begründete, das er Castra Servilia nannte. Dieses Lager verteidigte die Nordgrenze gegen die lusitanischen Angriffe, weswegen es mit der römischen Etappe durch eine Strasse verbunden wurde, die den Transport der Truppen, den Rückzug der Verwundeten und die Proviant- bzw. Waffenlieferungen erleichtern sollte. Dies war die Keimzelle der Vía de la Plata.

 

Aber die römische Chaussee, die wir heute kennen, ist erst das Werk des Römischen Reiches. Nachdem die cantabrischen und asturischen Stämme endlich unterworfen worden waren, wurde ganz Spanien zu einer römischen Provinz. Mit dem Frieden kam die Romanisierung und die Verwaltung des neuen Staates. Augustus, seit 25 vor Christus Kaiser von Rom, gründete Mérida mit den ausgedienten Soldaten zahlreicher Legionen und baute in Astorga ein wichtiges vorgeschobenes Militärlager aus, um die immer noch gefährlichen Bergstämme zu kontrollieren. Gleichzeitig entwarf er einen Straßenplan, der bis in die Gegenwart der ehrgeizigste aller Planungen in Spanien ist. Seine Chausseen verbanden Cartago Nova (Cartagena) und Gades (Cadíz) an der Küste sowie Caesar Augusta (Zaragoza), Legio (León) und Asturica (Astorga) im Tal des Ebro. Von Cartago Nova aus führte eine andere wichtige Strasse nach Corduba (Córdoba) und Hispalis (Sevilla). Andere kleinere Strassen durchquerten das Landesinnere über Toletum (Toledo).

 

Um den Kreis durch den Osten der Halbinsel zu schließen, begann Augustus den Bau der anderen imperialen Chaussee, die die cantabrische Front von Astorga mit der Etappe in Mérida verband. Man begann den Strassenbau mit der Konstruktion der ersten Brücke über den Albarregas in Mérida. Die Pflasterung reichte zunächst nur bis zum Tajo, wo die Chaussee in eine Strasse aus gestampfter Erde überging. Die Nachfolger des Augustus, Tiberius, Vespasian und Nero, verlängerten die Pflasterung bis Salamanca. Aber es waren erst die beiden Herrscher spanischer Herkunft, Trajan und Adrian, die sie vollendeten, ihr die Form gaben, die wir heute kennen, und die einige der grossartigen Brücken schufen, wie z.B. die von Alconetar über den Tajo und die von Salamanca über den Tormes. Bis zum 3. Jahrhundert war die Chaussee vollendet und verband nun die cantabrischen Pässe mit den Häfen des Mittelmeers und des Atlantik.

 

Die herrliche Brücke über den Albarregas in Mérida und die beeindruckende über den Tormes in Salamanca existieren in ihrer anscheinend unerschütterbaren Statik bis heute, während die berühmte Brücke über den Tajo bedauerlicherweise in dem See untergegangen ist, zu dem der Tajo in unseren Zeiten aufgestaut wurde. Aber ich traf unterwegs an vielen unerwarteten Stellen immer wieder auf die Spuren der römischen Strasse: auf kleinere, immer noch intakte Brücken über Bäche, aber auch auf größere, die zwar einen Fluß überqueren, aber abseits der modernen Strasse scheinbar völlig nutzlos in der Landschaft stehen; aber auch auf Straßenstücke, die man auszugraben begonnen hatte, so daß man ihren Aufbau nachvollziehen konnte; auf Meilensteine mit unbekannten Entfernungsangaben und solche, die offenbar unvollendet an Ort und Stelle ihrer Herstellung liegen gelassen wurden; auf die erste aller je gebauten Talsperren, deren Wasser auf dem schon teilweise verfallenen, jetzt aber wenigstens am Rande der Stadt wieder rekonstruierten Aquädukt nach Mérida geführt wurde und deren erstaunliche Ingenieurkunst ich nicht hoch genug bewundern konnte.

 

Woher aber hatte man diese Detailinformationen? Aus welcher Quelle konnte man schöpfen? Und was weiß man an Einzelheiten? Die reichlichen Informationen über dieses Wunder der öffentlichen Ingenieurkunst, die bis auf unsere Tage gekommen sind, lassen sich zurückführen auf eine römische Strassenkarte, die im 3. Jahrhundert angefertigt wurde und unter dem Namen Itinerario de Antonino bekannt ist. Von diesem Dokument haben sich Kopien aus dem 7. und dem 12. Jahrhundert erhalten, die es trotz großer Unterschiede zwischen ihnen doch erlauben, die Trasse der imperialen Chaussee fast auf den Meter genau zu rekonstruieren. Sie begann in Mérida an der Brücke über den Albarregas neben dem Aquädukt de los Milagros, verlief über eine Länge von 465 Kilometer bis Astorga und verfügte über Aufenthaltsorte und Service-Stationen nach jeweils 20 bis 25 römischen Meilen (1 Meile = 1.480 m), deren Meilensteine (millionarios), große Granitsäulen, zum Teil heute noch auf ihrem Platz stehen. Diese Tankstellen der klassischen Zeit - ein weiterer grosser Beitrag der römischen Zivilisation zur Erhaltung, Sicherheit und Verbesserung der Strassen - besaßen Gebäude mit Lagerhallen für Pferde und Futter, an denen die Reisenden ihre Reittiere zum Tränken abgaben oder die ermüdeten durch frische Tiere ersetzten. Sie verfügten sogar über einen Service de jumentarii et carrucarri, d. h. man konnte Pferde und Kutschen mieten. Es gab Hotels und Restaurants und, natürlich, Militärstationen zu ihrem Schutz. Der Itinerario nennt 13 solcher Hauptstationen zwischen Mérida und Astorga; aber wir dürfen annehmen, dass im Laufe der Zeit weitere kleinere Stationen entstanden. Viele von ihnen sind inzwischen vollständig identifiziert worden; sie bildeten die Keimzellen grosser Städte wie Salamanca, Cáceres oder Zamora. Die genauen Koordinaten der anderen Stationen zu lokalisieren, war bisher nicht möglich, zum Teil auch weil ihre Reste unter heute unbewohnten Orten wie z.B. Cáparra oder Caelionicco begraben liegen. Auf jeden Fall reichte die mit glatten Steinplatten gepflasterte Chaussee nur bis Salamanca, wo sie auf die Provinzgrenze zwischen Lusitanien und Tarragonien traf. Von dort bis Astorga bestand sie aus einer Strasse aus gestampfter Erde, von der kaum Spuren geblieben sein können, zumal das Gebiet weniger stark bewohnt und romanisiert war als der Süden, und die imperialen Einrichtungen lediglich für das Militär oder die Bergwerke interessant waren.

 

Cáparra ist heute fast völlig ausgegraben. Ein am Rande dieser alten versunkenen Station errichtetes Museum informiert in vielen Einzelheiten über das Leben zu den Zeiten der Römer. Wenn man, wie ich, Cáparra am Ende einer der beiden 40 km langen Etappen endlich erreicht hat und erschöpft im Schlafsack unter dem erhalten gebliebenen Torbogen über die alte Chaussee in den Schlaf fällt, kann man nur mit Neid und Bewunderung von den Bequemlichkeiten träumen, die die damaligen Wanderer genießen konnten.

 

Der Zerfall des Römischen Imperiums beendete zwar die Versorgung und Erhaltung des Strassennetzes. Aber anders als viele andere Strassen hatte der Iter ab Emerita ad Asturicam noch eine lange Geschichte vor sich. Denn es gab noch mehr als 1.500 Jahre später keinen Ersatz für die alte römische Strasse zur Verbindung des Südens und Nordens mit dem Westen der Halbinsel. Und zahlreiche der alten Brücken müssen noch heute die tägliche Last der schweren Fahrzeuge ertragen. Die nächste Invasorenwelle erreichte die Halbinsel im Jahr 711 von Algeciras aus. Die arabischen Heere des Kalifen überquerten die Meeresenge und drangen mit einer ungewöhnlichen Schnelligkeit in die Halbinsel ein. Sie nutzten dabei die Schwäche der verfeindeten Fraktionen der Westgoten, aber vor allem das von den Römern hinterlassene Straßennetz.

 

In diesem Sinne diente das, was von der Ruta de la Plata mit ihren Brücken und Bergpässen noch existierte, gewissermaßen wie eine vierspurige Autobahn ohne Zoll für ihren Vormarsch in den Norden. Als der arabische General Tarik nach der Schlacht von Guadalete über die Vía de la Plata nach Norden vorrückte, war er äußerst beeindruckt von den Dimensionen der Brücke von Alconétar über den Tajo.( Er blieb nicht der einzige Kriegsmann, der die Vía de la Plata nutzte. Während mehr als 500 Jahren nutzten die verfeindeten Christen und Sarazenen die verwitterten römischen Steine, um sich wechselweise Schläge zu versetzen in dem ständigen Hin und Her der Grenzen, die sie in dem einen Jahr an den Tajo und im nächsten Jahr an den Duero verlegten.

 

(11) Vgl. Sendín Blázquez, Vía de la Plata. Geschichte, Mythos, Legende.

 

Um das Jahr 995 brach Almansor mit einem mächtigen Heer in Córdoba auf, betrat den Weg nach Norden in Mérida und widmete sich während eines mehrere Jahre dauernden Feldzuges mit Hingabe der Zerstörung jeder Kirche oder christlichen Niederlassung, die in die Reichweite seines Schwerts geriet: Salamanca, Zamora, Astorga. Am 11. August 997 kam er nach Santiago de Compostela, zerstörte die Stadt und nahm die Glocken der Kathedrale auf den Schultern christlicher Gefangener in der Absicht mit, daraus Lampen für die Mezquita von Córdoba zu machen. Viele Jahre später, nach der Rückeroberung der gesamten Halbinsel, sah die alte Chaussee Iter ab Emerita ad Asturicam die unversehrten Glocken in einem religiösen und historischen Akt der Sühneleistung nach Santiago zurückkehren.

 

Die Überquerung des Tajo bildet noch heute den kritischen Punkt der Wanderung. Es gibt nur eine einzige Möglichkeit, den Tajo zu passieren. Da die alte Römerbrücke in den Fluten des Stausees verschwunden ist, konzentriert sich der gesamte, zunehmend wachsende Nord-Süd-Verkehr in einem unaufhörlichen, donnernden Strom von 40-Tonnern auf die neu erbaute Brücke und lässt für die Wanderer während der längeren Strecke lediglich Raum auf dem 1,50 Meter breiten Randstreifen. Ich habe mir die Zeit der zermürbenden Stunden auf diesem Weg mit der wechselnden Vorstellung vertrieben, in den Kolonnen der römischen Heere oder den maurischen Horden des Kalifen, gewissermaßen in Sandalen

oder mit Turban zu marschieren. Und wo am anderen Ufer früher ein Hostal dem müden Wanderer die Möglichkeit bot, diese elend lange Etappe zu unterbrechen, heute aber ein verrostetes Schild die Aufgabe des Betreibers verkündet, habe ich versucht, meine Enttäuschung und meinen Frust mit Gedanken an die früheren christlichen Gefangenen zu erleichtern, die ihre Glocken auf ihren Schultern wieder nach Hause brachten.

 

Die Entdeckung des Apostelgrabs des Heiligen Jakob in einem entlegenen Ort in Galicien um das Jahr 813 und der Beginn der Pilgerfahrten nach Compostela reaktivierten auch die Nutzung der Ruta de la Plata. Zunächst waren es die Mozáraber, d.h. die Christen aus den muselmanischen Gebieten bzw. die Flüchtlinge, die in die kürzlich rückeroberten christlichen Gebiete zurückkehrten, später, nach Abschluß der Reconquista, die Einwohner aus dem gesamten Süden der Halbinsel, die sich auf die verwitterten römischen Steinplatten begaben, um in den Norden zu gelangen, diesmal auf der Suche nach dem Jakobsmythos. Aus diesem Grund wird die Ruta de la Plata als Ganze in vielen Publikationen als Camino Mozárabe bezeichnet.(12)

 

(12) Vgl. z.B. Maribel Outeiriño: "El Camino Mozárabe a Santiago - Prolongación de la Vía de la Plata". Ourense 1999. Vor allem in deutschen Führern wird diese Bezeichnung oft nur für die von Zamora über Ourense führende Variante verwendet.

 

Die Pilger aus dem Süden benutzten die Ruta de la Plata, um sich in Astorga den Pilgern auf dem Camino francés anzuschließen. Obwohl in Granja de Moreruela (Zamora) eine Abzweigung beginnt, die über Vérin bzw. Laza und Ourense nach Santiago führt, darf man annehmen, dass die Mehrheit der Pilger wegen der Bedeutung und der Tradition der Pilgerherbergen in Benavente und La Bañeza die Fortsetzung nach Astorga bevorzugte. Außerdem war der Camino francés, der von den Pyrenäen über Pamplona, Burgos und León kam, sehr viel sicherer als die Variante über Ourense und mit mehr Infrastrukturen für die Pilger versehen und daher nicht umsonst Jahrhunderte hindurch die Hauptroute der Pilger.

 

Da ich den Camino francés schon kannte, habe ich die Variante über Laza und Ourense gewählt. Ich erinnere mich an viele verlassene Dörfer, an große Armut in den übrigen, an eine beeindruckende Architektur mit schweren Granitsteinen, an karge und abwechslungsreiche Landschaften, an lange Anstiege und einsame Wege, an weite Kastanienwälder mit reifen Früchten, an anhaltenden Regen und überflutete steile Fußsteige, an die überraschenden und heftigen Proteste der Dorfbewohner, die ihrem Bischof die Auslieferung ihrer lokalen antiquarischen Schätze verweigerten; an die überwältigende Gastfreundschaft und ungekünstelte Freundlichkeit der wenigen verbliebenen Mönche in der riesigen Klosteranlage von Oseira; an die willkommenen Thermalquellen in Ourense, in denen ich versuchte, meine aufgeriebenen Füße und müden Beine für die letzten Etappen bis Santiago wieder fit zu machen und schließlich an die unendliche Erleichterung, als ich nach einer langen und nassen Etappe in Ponte Ulla nach Überquerung des Flusses in dem Restaurant hinter der Brücke das letzte Zimmer für die letzte Übernachtung vor Santiago erhielt. Bis auf die Durchquerung des öden Industrievorortes von Ourense habe ich dieses Teilstück als das schönste des Weges in Erinnerung.

 

Jenseits aller landschaftlichen Schönheiten beeindruckte mich die Ruta de la Plata aber vor allem durch ihre Geschichte als – wie die Spanier sagen – „Transmissionsriemen“ der römischen, christlichen, westgotischen, jüdischen und arabischen Kulturen, deren Spuren sich dem Informierten unterwegs überall erschließen. Für Tomás Alvarez, Autor eines weiteren spanischen Führers, „ist dieser Weg der größte archäologische Schatz Spaniens“.(

 

(13) Tomás Alvarez, Guía de la Via de la Plata. Pueblo a Pueblo. Edicion Lobo Sapiens.

 

II. Reiseberichte

 

Anders als im Falle des Camino francés( gibt es über die Ruta de la Plata keine historischen Zeugnisse christlicher Pilger. Die – zahlreichen – existierenden Wegbeschreibungen oder Wanderberichte sind allesamt jüngeren Datums. Konkrete und lebendige Beschreibungen der individuellen Erfahrungen von Wanderern auf diesem Wege kann man dem Internet entnehmen.( Ich ergänze diese Berichte lediglich an solchen Stellen, an denen meine eigenen Erfahrungen abweichen.

 

Zum Unterschied der beiden Wege und zur Eigentümlichkeit der Ruta de la Plata

 

Gelegentlich wird die Atmosphäre der beiden Wege als verschieden bezeichnet. Das trifft in gewisser Hinsicht zu, in anderer Hinsicht aber durchaus nicht. Zutreffend wäre der Eindruck von geschlosseneren Naturräumen der von der Ruta de la Plata durchzogenen Provinzen, entsprechend von größerer Einsamkeit und Ursprünglichkeit der Landschaft trotz der fast durchgängigen Parallelisierung des Weges mit einer Nationalstraße (630), von einer – trotzdem oder vielleicht auch deshalb – immer noch deutlich weniger entwickelten Infrastruktur des Weges und von einer im Vergleich weniger perfekten Markierung. Zutreffend wäre der Eindruck von Unterschiedlichkeit aber mehr noch mit Bezug auf die stärkere historische Prägung der Ruta de la Plata durch die verschiedenen Kulturen, die römische und arabische zumal. Alle Wege, erst recht so alte, haben die Infrastruktur ihrer Sozialräume geprägt – ihre Kultur, Wirtschaft, Gastronomie usw. –, aber vor allem haben das die kulturell unterschiedlichen Wanderströme. Und da eben macht sich die erheblich längere Geschichte der Ruta de la Plata geltend.

 

(14) Vgl. z.B. Klaus Herbers. Der Jakobsweg. Mit einem mittelalterlichen Pilgerführer unter wegs nach Santiago de Compostela. Narr Verlag, 7. Auflage 2001 und die von Herbers erwähnte Literatur.

 

(15) Mit Hilfe von „Google“ findet man unter dem Stichwort „Via de la Plata“ viele Einträge. Die besten von ihnen werden im Anhang aufgelistet.

 

Auf der anderen Seite steht diesen Unterschieden das für beide Wege vergleichbare Resultat des engen Verhältnis von Kultur und begrenzten Ressourcen gegenüber. Beide Wege überwinden weite Distanzen und karge Naturräume. Die Wanderströme auf solchen Wegen sind auf die Toleranz, Versorgung und Unterstützung durch die Bewohner strukturell angewiesen, so wie diese auf die Mittel der Wanderer. Schutzbauten, Unterkünfte, medizinische Versorgung, Ernährungswirtschaft und Transportmöglichkeiten gehören zu den zwingenden strukturellen Notwendigkeiten solcher traditionell verankerten Wanderströme. Zwar sind sie kulturell unterschiedlich veranlasst und legitimiert, aber individuell immer auf die gleiche Weise emotional begründet in der Freundlichkeit und Gastfreundschaft der Bewohner. Wer auf solchen alten Wegen wandert, der bewegt sich auf vor langer Zeit kulturell etablierten Bahnen, trifft auf uralte kommunikative Traditionen, die im kollektiven Bewusstsein der Bewohner verankert sind, weil sich die Wanderströme zwar verändern, aber nie abreißen. Daß Wanderer sprachunkundig sind und daher eines besonderen Entgegenkommens bedürfen, ist also normal. Der Wanderer auf den Pilgerrouten aber bewegt sich zusätzlich – ob er es weiß oder nicht – in der kulturell fest etablierten Rolle des „Pilgers“. Er unterscheidet sich vom Wanderer durch sein religiös motiviertes Ziel, das selbst in der allgemeinen Kultur einen hohen Stellenwert genießt und dem Pilger Unterstützung und Gastfreundschaft „garantiert“. Das „Credential“ ist der äußere „Ausweis“ dieser Tatsache und ihre institutionalisierte Absicherung und zugleich die Bestätigung dafür, dass sein Besitzer sich der Rolle bewusst ist, in der er sich bewegt.

 

Dies kann als das übereinstimmende Charakteristikum und in gewisser Hinsicht die gemeinsame „Atmosphäre“ aller alten spanischen Pilgerstrassen betrachtet werden. Wer solche Wege geht, sollte sich daher dieser Tatsache bewußt sein. Er sollte um die besonderen historischen Hintergründe der Kultur wissen, von der er profitiert: Aber er sollte vor allem bedenken, dass jeder, der diese Wege geht, dazu beiträgt, die Kultur und Tradition der Pilgerwege vor dem Aussterben zu schützen. Dies gilt vor allem für die Ruta de la Plata, weil gerade in den von ihr durchquerten Provinzen das Verhältnis von Kultur und begrenzten Ressourcen durch die neue Autobahn zur Zeit dramatisch verändert wird.

 

Zur Weiterentwicklung des Weges

 

Ich bin 2001 von Granada bis Plasencia (abgebrochen wegen des plötzlichen Wintereinbruchs und des hohen Schnees in den kastilischen Bergen) und 2003 von Sevilla bis Santiago gegangen. Ich kann bestätigen, dass sich die Wege und ihre Infrastruktur in dieser Zeit deutlich verändert, nicht aber dass sie sich in allen Fällen positiv entwickelt haben. Der mit Entwicklungshilfe-Mitteln finanzierte Autobahnbau, der die N 630 entlasten soll, wirkt sich auf die Ökologie wie die Sozialstruktur der überwiegend agrarwirtschaftlich bestimmten Gebiete teilweise katastrophal aus und zwingt auch den ursprünglichen Weg auf neue, aber nicht immer schönere Trassen. Andererseits wirkt sich die Entdeckung der Ruta de la Plata für den Tourismus auf die Ursprünglichkeit des Weges nicht immer und überall positiv aus.

 

Zur Frequentierung

 

Die Statistik belegt überzeugend, wie wenig die Ruta de la Plata immer noch begangen wird. So stieg die Gesamtzahl zwar von 200 Pilgern im Jahr 1985 auf 9.309 Pilger im Heiligen Jahr 2004; jedoch sind das immer noch nur 6,8% aller in Santiago ankommenden Pilger. Davon abgesehen variieren die Zahlen je nach Jahreszeit erheblich. Ich habe im April bzw. im Oktober jeweils nur eine Handvoll Pilger getroffen. Aus den Gästebüchern der Herbergen kann man aber entnehmen, dass die Zahlen in den Monaten April bis September deutlich zunehmen. Die Gesamtzahl zersplittert sich unterwegs jedoch stark, wenn man sie auf die unterschiedlichen Zuwege (von Algeciras, Cádiz oder Huelva nach Sevilla bzw. von Granada, Malaga oder Almería über Córdoba nach Mérida) bzw. auf die unterschiedlichen Endstrecken (über Astorga nach Santiago oder von Zamora über Ourense oder von Salamanca über Braganza nach Santiago) verteilt, so dass man selbst in den Hauptwandermonaten durchaus damit rechnen kann, zeitweise einsam zu wandern.

 

Zur „Bequemlichkeit“ des Weges

 

Es trifft zu, dass sich die Infrastruktur in den letzten Jahren wesentlich verbessert hat. Andererseits hatten im Jahr 2003 einige Hostals zugemacht, die in den Führern noch als offen notiert waren, Herbergen waren angekündigt, aber noch nicht eröffnet und die Öffnungszeiten zahlreicher Bars beschränkten sich auf die Saisonzeiten von Mai bis September. Die „Bequemlichkeit“ des Via de la Plata war jedenfalls 2003 noch mit der Bequemlichkeit des Camino francés, den ich 1996 gegangen bin, nicht annähernd zu vergleichen. Auch 2003 war ich bei der Suche nach Übernachtungsmöglichkeiten zuweilen immer noch auf die lokale Polizei oder den Pfarrer angewiesen. In einigen Unterkünften gab es überhaupt keine Betten, von anderen Bequemlichkeiten abgesehen. Vor allem wenn man im Frühjahr oder im Spätherbst geht, vermisst man die warme Dusche, die Heizung oder die Möglichkeit, seine Wäsche zu trocknen, mitunter doch schmerzlich. Natürlich kann man zuweilen auf Hostals ausweichen – aber eben nur dann wenn es welche gibt, und das ist auf dem Via de la Plata nicht überall der Fall.

 

Zur Markierung

 

Die Qualität der Markierung unterschied sich je nach durchquerter Provinz erheblich. 2003 war sie im Unterschied zu früher zwar deutlich verbessert worden, wies aber trotzdem an vielen Stellen (vor allem in Andalusien auf der Strecke von Granada nach Mérida) unangenehme Lücken auf, die wohl jahreszeitlich bedingt waren (umgestürzte Steine, abgeholzte Bäume, zugewachsene Markierungen am Wegesrand usw.). Zwischen 2001 und 2004 ist der Weg um Zamora durch den Autobahnbau streckenweise völlig zerstört worden, und die Ausweichstrecken waren 2003 nur provisorisch markiert. Teilweise fehlte die Markierung völlig. Das soll sich neueren Berichten zufolge inzwischen aber geändert haben.

 

Zum Zustand

 

Normales Wetter vorausgesetzt, sind die Wege in einem guten Zustand. Bei Regenwetter können sie natürlich schlammig und schwer begehbar sein. Nach anhaltendem Regen – im Oktober ! – hatten sich Rinnsale in kleine Flüsse und die Fußsteige in den Bergen in Bäche verwandelt, und einmal musste ich sogar die Stiefel ausziehen, um barfuß durch kniehoch überflutete Wege zu waten. Im April lag der Schnee in den kastilischen Bergen bis zu 80 cm hoch. Im Mai 2005 gab es Schnee sogar in Madrid. Dann sind die Markierungen mitunter natürlich nur schwer zu finden. Das sind gewiß Ausnahmen, mit denen aber gerechnet werden muß.

 

Menschen unterwegs

 

In der Extremadura und dem südlichen Kastilien trifft man unterwegs tatsächlich nur wenige Menschen. Es gibt lange, einsame Etappen. Zahlreiche Dörfer sind teilweise, einige vollständig verlassen und menschenleer. Aber wie immer unter solchen harten Bedingungen sind die Menschen besonders hilfsbereit, anrührend freundlich und gelegentlich überwältigend gastfreundlich, auch wenn man kein Spanisch spricht, obwohl wenigstens geringe Sprachkenntnisse natürlich den Kontakt erleichtern. Ich habe zahlreiche Beispiele einer Gastlichkeit erlebt, wie man sie in unserem Lande schon seit einiger Zeit nicht mehr kennt.

 

Zur Qualität der Herbergen

 

Es sind in der Regel sehr einfache Unterkünfte, meist mit Doppelstockbetten, kleinem Sanitärbereich und Küche oder Aufenthaltsraum. Die Qualität variiert jedoch enorm. Nicht immer gibt es Betten oder Wolldecken. Es empfiehlt sich daher dringend, einen Schlafsack und auch eine Isomatte mitzunehmen, weil man gelegentlich zwar in einem geschlossenen Raum, aber auf Tischen oder auf dem blanken Fußboden schlafen muß. Manchmal gibt es nur die bloße Übernachtungsmöglichkeit. Dann fehlt die Küche bzw. die Möglichkeit, sich etwas zum Essen zuzubereiten oder die warme Dusche oder sogar die Möglichkeit, nasse Textilien oder Schuhe zu trocknen. In einigen Dörfern gibt es keine Bar und keine Gelegenheit, Nahrungsmittel zu kaufen. In den meisten Fällen findet sich auf Nachfrage jedoch eine Alternative. Wo sie können, helfen die Menschen immer.

 

In vielen Orten gibt es mittlerweile auch Privatunterkünfte und Hostals. Das galt noch 2003 aber nur für größere Orte, nicht unbedingt für die vielen kleinen Dörfer. Es empfiehlt sich daher, sich bei der Planung im Internet nach den neuesten Informationen der spanischen Jakobsgesellschaften zu erkundigen.( In aller Regel braucht man einen Pilgerausweis, ein „Credencial“, in das man sich auch die lokalen Anwesenheitsstempel setzen lässt, mit deren Hilfe man in Santiago die tatsächlich durchgeführte Pilgerreise nachweisen muß und die offizielle Urkunde erwerben kann. Abgesehen davon, dass diese Stempel auch eine schöne Erinnerung darstellen, sind sie als offizielle Bestätigung des Pilgerstatus vor allem im Verkehr mit Behörden oft sehr von Nutzen.

 

(16) Die Website der Amigos del Camino de Santiago de Sevilla lässt keine Wünsche offen und ist perfekt, mit der einzigen Ausnahme ihrer Sprache: www.viaplata.org. Vgl. aber auch www.jakobus-info.de/unser_weg/camino6.htm. Hier findet man außer umfassenden Informationen auch die neuesten Berichte (Stand 2004!) und unter   Wir pilgern auf dem Jakobusweg auch die letzten Korrekturen des Führers von Michael Kasper.

 

Eine ausführliche Link-Liste findet man unter www.jakobus-info.de/compostela/94.htm

 

Preise

 

Die Preise für ein Doppelzimmer liegen in der Regel zwischen 25 und 35 €. In den Städten hat man aber Glück, wenn man mit solchen Preisen davon kommt. Und wenn man nicht vorbestellt hat, sind die preiswerteren Zimmer in der Regel weg. Das ging mir – jedenfalls 2003 – sogar in der Vor- bzw. Nachsaison (April bzw. Oktober) so. Dabei kann man sich auf die Auskünfte der Wanderführer durchaus nicht immer verlassen, die zuweilen bereits im Erscheinungsjahr überholt sind, da ihre Informationen bestenfalls aus dem Vorjahr stammen.

 

Zur Länge der Etappen

 

Die Etappen sind sehr unterschiedlich. Auch 2004 waren noch 2 Etappen von etwa 40 km zu bewältigen, weil es unterwegs keinerlei Übernachtungsmöglichkeit gab. Sicherlich wird sich das in den kommenden Jahren verbessern und man wird weitere Unterkünfte einrichtet, so daß man die Länge der Etappen flexibel nach den individuellen Bedürfnissen einrichten kann. Ich habe aber auch Wanderer getroffen, die die langen Etappen dadurch bewältigten, dass sie (noch im Oktober!) mit Isomatte und Schlafsack im Freien übernachteten. Je nach Jahreszeit geht das durchaus auch ohne Zelt.

 

 

III. Wanderführer(

1. Deutsche Führer(

 

Michael Kasper: „Jakobsweg. Via de la Plata.“

Conrad Stein Verlag. 2. Auflage 2005. Outdoor-Handbuch Band 116. 224 Seiten ISBN 3-89392-516-3

 

Das Buch beschreibt sowohl die Route von Sevilla über Astorga nach Santiago als auch die Variante von Granja de Moreruela über Ourense nach Santiago. Der in Nordspanien lebende Verfasser ist wohl der beste Kenner der verschiedenen Jakobswege. Seine Führer sind nicht nur im Format leicht und handlich, sondern auch informativ und praktisch, was das Kartenmaterial und die den Wanderer interessierenden Hinweise auf Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten betrifft. Es ist ein kompletter Führer, der seine Aktualität (soweit das überhaupt möglich ist) durch die schnelle Folge der Neuauflagen sichert.

 

(17) Nicht alle Führer kann ich aus eigener Kenntnis beschreiben. In einigen Fällen übernehme ich die Beurteilungen aus dem Internet.

 

(18) Weiterführende Literatur zu verschiedenen Aspekten: Manuel Rodríguez Pascual: “La Trashumancia. Cultura, cañadas y viajes. Edilesa 2001; Brussati, Apropos Caceres. Eine poetische Reise in die Extremadura. Böhlau 2001

 

2. Spanische Führer

 

"La Vía de la Plata. Guía del Camino Mozárabe de Santiago"

Verfaßt von der Asociación de Amigos del Camino de Santiago Via de la Plata. Hrsg. von der Disputación de Sevilla. Sevilla 2/2001. 175 Seiten. Ringbindung. ISBN 84-931176-1-7

 

Erhältlich über die Website der Asociación oder per e-mail für 11 €. Auf der Website findet man auch die Namen der Buchhandlungen in Málaga, Sevilla, Salamanca, Madrid und in Belgien, in denen man das Buch direkt bestellen kann, als auch eine Inhaltsangabe des Buches.

 

Der Führer beschreibt den Weg von Sevilla bis Santiago über Laza, Vilar de Barrio und Ourense, Etappe für Etappe, als auch den Abzweig zum Camino Francés von Granja de Moreruela nach Astorga. Darüber hinaus findet man Links zu den letzten Veränderungen des Weges oder seiner Infrastruktur, die in der letzten Ausgabe noch nicht berücksichtigt werden konnten. Es ist ein kompletter Führer und bis heute der einzige, der sich dem vollständigen Wegverlauf des Camino Mozárabe widmet. Die neue Ausgabe ist für Anfang 2006 angekündigt.

 

Luis Antonio Miguel Quintales: "Ruta del Camino Fonseca. De Salamanca a Santiago de Compostela"

Hrsg. von Amarú. 2002.

 

Dieser Führer beschäftigt sich mit dem Teil des Vía de la Plata, der von Salamanca über Sanabria, Laza und Ourense nach Santiago führt. Er befriedigt alle Wünsche nach Information sowohl der Wanderer als auch der Radfahrer. Er enthält eine gute allgemeine Einführung, eine Beschreibung jeder einzelnen Etappe, Karten, Pläne und Beschreibungen der historischen und kulturellen Schätze jeder Stadt, topografische Profile, Entfernungsangaben, Hinweise auf Service-Einrichtungen in jedem Ort sowie eine Übersicht aller Hinweise für Pilger in jeder Etappe. Für diesen Wegverlauf ist er der beste aller verfügbaren Führer. Obwohl wegen der Fülle an Informationen nicht gerade der leichteste, lohnt er jedoch die Mühe, ihn mitzuschleppen. Weitere Informationen findet man in der Website des Verfassers.

 

Paco Nadal: "La Vía de la Plata a pie y en bicicleta". Von Mérida über Astorga nach Santiago.

Editorial El País – Aguilar. 2000. Ediciones El Pais. Madrid, 2/ 2004. 193 S. Ringbindung. ISBN 84-03-59537-9

 

Dieser Führer beschreibt die Route von Mérida nach Santiago über Astorga. Das bedeutet, wer in Sevilla starten will oder die Variante über Ourense gehen möchte, der muß noch einen anderen Führer hinzuziehen und außerdem die nicht benötigten Seiten herausnehmen. Auf jeden Fall ist es ein guter Führer, mit dem einzigen Nachteil seines nicht unerheblichen Gewichts, jedoch versehen mit sehr guten Karten, Fotografien und Kommentaren zu allen kulturellen und historischen Aspekten der Ortschaften, die man durchquert. Die Informationen über die in jedem Ort zur Verfügung stehenden Dienstleistungen beanspruchen erschöpfend zu sein, bleiben jedoch gelegentlich unvollständig, so daß man zusätzlich die entsprechenden Informationen berücksichtigen sollte, die im Internet unter der Adresse der Asociación de Amigos del Camino de Santiago Via de la Plata erreichbar sind. In unklaren Situationen sind seine Beschreibungen nicht immer optimal.

 

Juan Francisco Cerezo: "La Ruta de la Plata. Camino Mozárabe de Santiago. De Sevilla a Santiago. En coche, en bicicleta, a pie, en BTT. Arquitectura. Paisaje. Historia. Arte".

Sua Edizioak. Bilbao, 2/1999. 136 S. Gebunden. ISBN 84-8216-031-1

 

Dieser Führer deckt die vollständige Route von Sevilla nach Santiago über Sanabria und Orense ab. Er ist eine gelungene Mischung von interessanter und gut bebilderter Reportage und praktischem Wanderführer: Er enthält einfache Karten und spezielle Etappenbeschreibungen für Fußpilger, Radfahrer und Autofahrer, die allerdings nicht immer sehr hilfreich sind und den Wanderer gelegentlich recht orientierungslos lassen. Was ihn für Fußpilger vielleicht attraktiv machen kann, sind die beigefügten Höhenprofile für jede Etappe.

 

Maribel Outeiriño: "El Camino Mozárabe a Santiago - Prolongación de la Vía de la Plata"

Asociación Amigos de la Via de la Plata de Ourense. Ourense 1999. ISBN 84-605-8742-8.

 

Dieser Führer beginnt in Puebla de Sanabria, am Ufer des größten Gletschersees in Spanien im Norden der Provinz Zamora und endet in Santiago. Obwohl er nicht gerade viele Details über den Weg bietet (wohl aber über das, was man unterwegs sehen kann) und obwohl die Entfernungsangaben nicht immer korrekt sind, kann er eine gute Alternative für die Wanderer sein, die diese Variante gehen wollen. Er enthält viele Fotografien, eine Fülle von nützlichen Telefonnummern, einige etwas schematische Kartenskizzen, die mehr oder weniger hilfreich sind, die Route den Straßen und Dörfern zuzuordnen, sowie Hinweise auf die örtlichen Dienstleistungen. Er ist gut redigiert und sehr leicht.

 

Tomás Alvarez: “Guía de la Via de la Plata. Pueblo a pueblo.”

Edición Lobo Sapiens

 

3. Englische Führer

 

Alison Raju: "The Camino Mozárabe or Vía de la Plata, Part A, Seville to Santiago". "The Camino Mozárabe or Vía de la Plata, Part B, Granada to Mérida"

50 bzw. 48 Seiten, verfaßt im Auftrag der "Confraternity of Saint James" zuletzt redigiert 2004.

 

Diese englische Gesellschaft (Asociación de Amigos del Camino de Santiago del Reino Unido) cofinanzierte die Herberge „Gaucelmo“ in Rabanal am Camino francés und organisiert die Hospitaleros und gibt Wanderführer für sämtliche Jakobswege in Spanien und Frankreich heraus wie z.B.: "Finisterre" (4 £); "Le Puy to the Pyrenees" (5 £); "Paris to the Pyrenees"; (5 £); "Vézelay to the Pyrenees" (4 £); "Arles to Puente la Reina" (7,50 £). Natürlich gibt es auch einen Führer für den Camino Francés sowie Führer die Varianten der Caminos del Norte (über Gijón, über Tineo und Lugo sowie durch den Tunnel von San Adrián), für die Wege von Madrid nach Sahagún, den Camino Inglés und den Camino Portugués.

 

Alle diese Führer werden ständig durch die eintreffenden Informationen anderer Pilger ergänzt, die die Wege gehen. Sie sind daher eine sehr gute Option für jeden, der Englisch liest und eine gute Ergänzung für jeden anderen Führer, zumal sie sehr leicht sind. Ihre Stärke ist die lückenlose, Schritt-für-Schritt-Beschreibung des Weges sowie die aktuelle Auflistung sämtlicher Herbergen und anderen Unterkünfte. Aber sie enthalten auch zahlreiche kulturelle und historische Informationen, speziell zu den speziellen Jakobustraditionen der jeweiligen Orte. Ihre Karten sind allerdings sehr schematische, von Hand gezeichnete Skizzen.

Auf der website der CSJ findet man eine vollständige Liste der verfügbaren Veröffentlichungen und ihrer aktuellen Preise. Unter office@csj.org.uk kann man auch online bestellen oder man benutzt den Postweg: Marion Marples, Secretary, Confraternity of Saint James. 27, Blackfriars Road, London, SE1 8NY, Reino Unido. Tel: (+44) (0) 20 7928 9988. Fax: (+44) (0) 20 7928 284

 

Alison Raju: "The way of St. James. Via de la Plata"

Cicerone Press 2/2002. 224 Seiten

 

Dieser Führer deckt die gesamte Route von Sevilla bis Santiago ab und beschreibt im Anhang auch noch den Weg bis Finisterre. Er ist das Nonplusultra an Genauigkeit und Vollständigkeit der Wegbeschreibung (auch für Radfahrer), aber auch was die aktuellen Informationen über die örtlichen Dienstleistungen jedes Dorfes sowie die für Pilger wichtigen bzw. interessanten kulturellen und historischen Aspekte betrifft. Ich habe die Verfasserin, die die Wege der verschiedenen Varianten jährlich abgeht und aktualisiert, im Jahr 2003 begleitet und miterlebt, wie sie alle Veränderungen registrierte. Man kann das handliche und leichte Buch online bestellen unter Barrabes.com.

 

Ben Cole/Bethan Davies: „Walking the Via de la Plata. The Camino de Santiago from Seville to Santiago de Compostela and to Finisterre.“

Pili Pala Press. Vancouver BC 2004

 

John Briesley: „A Pilgrim’s Guide to the Camino Portugués.”

Findhorn Press 2005. ISBN 1-84409-055-8

 

4. Postadressen

 

Buchhandlung

Einschlägige Literatur (also nicht nur Wanderführer) über alle Aspekte der Jakobswege findet man in der Spezialbuchhandlung von:

 

Manfred Zentgraf, In den Böden 38, 97332 Volkach

Tel.: 09381-4492, Fax: 09381-6260

e-mail: Jakobuspilger.Zentgraf@t-online.de

Website: www.jakobspilgerwege.de oder www.jakobuspilger-zentgraf.de

 

Deutsche Jakobusgesellschaften

Es gibt in Deutschland zwölf Jakobus-Gesellschaften; weitere Angaben bei M. Zentgraf, www.jakobus-gesellschaften.de

 

Spanische Jakobsgesellschaft

Die für die Ruta de la Plata wichtigste Gesellschaft:

Amigos del Camino de Santiago de Sevilla

Paraiso de Santa Eufemia

41940 Tomares (Sevilla)

www.viaplata.org

 

5. Wichtige und interessante Links

 

· Über den Stand der Wanderführer-Literatur informiert: www.caminoguides.com

· Die aktuellste, umfassendste und informativste (allerdings spanische!) Seite findet man unter:

Godesalco.com - Las otras rutas jacobeas. Sie deckt den Weg über Astorga und über Ourense ab, enthält Berichte bis Februar/März 2005 (!) sowie zahlreiche weiterführende Links und bietet spezielle Services wie z.B. ein individuell abrufbares „Etapometer“ in englischer Sprache. Sie wird dankenswerterweise wenigstens in Auszügen ins Deutsche übersetzt von Raimund Joos unter: www.via-de-la-plata.de.

· Von den zahlreichen spanischen Websites ist die in jeder Hinsicht perfekte Homepage der Amigos del Camino de Santiago de Sevilla unbedingt zu empfehlen: www.viaplata.org.

· Für eine individuelle Recherche prüfe man die unter www.jakobus-info.de/compostela/94.htm erreichbare ausführliche Link-Liste. Hier trifft man auch auf zahlreiche Pilgerberichte.

 Gute deutschsprachige Seiten sind: www.jakobus-info.de/unser_weg/camino6.htm – hier findet man außer umfassen den Informationen auch neuere Berichte (Stand 2004!) – bzw. Wir pilgern auf dem Jakobusweg. Diese Seite enthält die letzten Korrekturen des Führers von Michael Kasper!

 

 Aktuell und informativ sind auch folgende Sites:

www.rutadelaplata.com,

Jakobspilger und Jakobswege in Süddeutschland,

www.via-de-la-plata.de (Stand 2002!)

 

Wichtige bzw. interessante Hinweise konnte ich entnehmen bei:

www.turismocastillayleon.com sowie bei www.quiarte.com.

 

Alle Links waren bis 1. Mai 2005 noch aktiv.

 

Aktuelle schriftliche Informationen erhält man - gegen eine Spende für die Herberge Grimaldo auf der Ruta de la Plata - bei: Hildegard Frohn, Nelkenstr. 126, 41066 Mönchengladbach

 

Fotos: Prof. Dr. Rückriem

 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 17 - August 2005

 

 

Königswege zwischen Drachenbäumen und Höllenschlünden

Wandern wird auf La Pallma zur Bergtour zwischen Nebelwald

und Lavawüste

 

Von Dr. Roland H. Knauer

 

Die roten Früchte der Opuntien leuchten am Rand des schmalen Weges aus holprigen Basaltsteinen. Mandelbäume öffnen erste zartrosa Blüten. Und dann steht er vor dem La Palma-Touristen, sein erster Drachenbaum. Narben übersäen den sonst glatten, klobigen Stamm, der sich in fünf oder sechs Metern Höhe in eine buschige Krone mit riesigen, lanzenförmigen Blättern verzweigt. Aus einem Stumpf wachsen ein paar Meter weiter vielleicht zwanzig dieser glatten Stämme, vereinigen sich hoch über den Köpfen zu einer mächtigen Krone. Irgendwie ähnelt sie dem Kamm eines Drachens aus längst vergangenen Sagen und gibt dem nur auf den Kanaren wachsenden Baum seinen Namen.

 

Die Zeit scheint auf der Insel im Nordwesten der Kanaren ohnehin irgendwann zwischen der Kreidezeit der Dinosaurier und dem ausgehenden Mittelalter stehen geblieben zu sein. Unter den urtümlichen Drachenbäumen ducken sich rote Ziegeldächer, auf denen nur Solarzellen die Neuzeit verraten. Uralte Trockenmauern aus riesigen Bruchsteinen stützen kleine Terrassen, die Bauern irgendwann nach dem Verschwinden der Dinosaurier aufgeschüttet haben. Der holprige Weg entlang dieser winzigen Gärten voller Mandel- oder Orangenbäume verrät auch, dass der Bau der Terrassen spätestens Ende des 19. Jahrhunderts abgeschlossen war: Das damals erfundene Auto hat auf den kaum zwei Meter breiten Wegen einfach keine Chance. Nur ein Maultier bewältigt die engen Serpentinen, in denen sich der Camino Real zu der Brandung hinab zu winden scheint, die tief unten an die Felsenküste donnert. Die Wanderer des 21. Jahrhunderts laufen gern auf diesen alten Wegen unter Drachenbäumen, auf denen seit dem Jahr 2001 sogar Markierungen der Inselbehörden dafür sorgen, dass sich niemand mehr verirrt.

 

Seit Jahrhunderten verbinden diese Königswege – so heißt „Camino Real“ auf Deutsch - die wenigen Dörfer im dünn besiedelten Norden von La Palma miteinander. Jede Falte des Hanges ausnutzend kurvt der Camino Real hinunter in das dunkle Grün der subtropischen Vegetation eines Barranco. So nennen die Palmeros die Schluchten, die das ablaufende Wasser der häufigen Regen an der Nordküste von La Palma in die Flanken des gerade einmal zwei Millionen Jahre alten Vulkans gräbt. Während die anderen Kanareninseln die geographische Nähe zur Sahara mit extremer Niederschlagsarmut büßen, haben die trockenen, aus Nordost wehenden Passatwinde einiges Wasser aus dem Meer aufgenommen, bis sie westlichste Insel der Kanaren erreichen. Dort zwingen die hohen Berge die Luft zum Aufsteigen, sie kühlt ab, Wolken bilden sich, Regen fällt.

 

Vor allem im Nordosten La Palmas hängen die Wolken fast immer an den Hängen, die überall steil aus dem Meer aufsteigen. In den engen Schluchten wächst dort noch ein richtiger Dschungel, wie er einst weite Teile der Insel überzogen hat. Lorbeerwald nennen Botaniker diese Vegetation, die von vier verschiedenen Lorbeerbaum-Arten dominiert wird. Dazwischen drängen sich einzelne Erdbeerbäume und manchmal auch ein Gagelbaum. Übermannsgroße Farne hängen von den roten Tuff-Felsen, Efeu klimmt an den Lorbeerbäumen empor. Eigentlich passt ein solcher Lorbeerwald besser in das vor eineinhalb Millionen Jahren zu Ende gegangene Zeitalter des Tertiär als in die Gegenwart – vielleicht fühlt sich der Wanderer deshalb wie in einem Märchenwald, wenn er durch die drückende Luft des Biosphärenreservates Los Tilos läuft.

 

Gesäumt von Opuntien, Papageienblumen und meterhohen Weihnachtssternen windet sich der Camino Real nur wenige Kilometer weiter am Meer entlang. Allerdings fallen die bis zu 2400 Meter hohen Bergflanken so steil in den Atlantik, dass der Pfad sich in Höhen zwischen zweihundert und sechshundert Meter immer hoch über dem Meer bewegt. Jede Küstenwanderung wird so zur Bergtour.

 

Die Palmeros genannten Einwohner der Insel haben sich auf die Ansprüche der Wanderer eingestellt, in der Caldera gibt es sogar spezielle Taxis für Wanderer. Caldera heißt das riesige Innere eines zwei Millionen Jahre alten Vulkankegels, aus dem die Fluten der Regenfälle aus den Passatwolken das Gestein ausgeräumt haben. Heute fallen die Felswände fast senkrecht aus 2400 Metern Höhe in den achthundert Meter über dem Meer liegenden Kessel. Nur nach Westen öffnet sich die enge Angustias-Schlucht, durch die der einzige Fluss La Palmas zum Atlantik strömt. Auf einer Piste, die eher einem Bachbett als einem Fahrweg gleicht, tasten sich ängstliche Mietwagenfahrer vorsichtig in diese Schlucht hinunter. Seltsamerweise überstehen die meisten Autos die nur im ersten Gang bewältigbare Tortur problemlos.

 

In der Angustias-Schlucht warten dann geländegängige Taxis, um die Wanderer auf der anderen Seite des Flusses wieder in die Höhe zum Ausgangspunkt einer Sieben-Stunden-Wanderung fahren. Auf einer herrlichen Aussichtsplattform in elfhundert Metern Höhe endet die Piste. Steil fallen rötliche Wände von zackigen Gipfeln zum dunklen Grün der Kiefern am Grund der Caldera hinunter. Die Verwaltung des Caldera-Nationalparks hat einen bequemen Weg angelegt, der zwischen riesigen Kanarenkiefern in die Tiefe führt.

 

Dreißig Zentimeter lang sind die spitzen Nadeln dieser Bäume. Auf der dicken Schicht abgefallener Nadeln schwebt der Wanderer fast talwärts. Der Steig umrundet einige Barrancos, führt um einen langen Kamm herum. Selbst hier haben die Palmeros Trockenmauern und längst verwilderte Terrassen gebaut. Der Pfad windet sich zwischen schwarz-rissigen Kanarenkiefern immer weiter in die Tiefe, plötzlich kräht ein Hahn. Mitten in der Caldera liegt ein Hof, den man nur auf Schusters Rappen, mit dem Maultier oder dem Helikopter erreichen kann. Gleich dahinter schäumt das Wasser des Rio Taburiente über mächtige Felsblöcke. In einem weiten Schotterfeld aalen sich Bikini- und Badehosen-Träger in der Sonne, die selten genug in die meist Wolken-umhüllte Caldera scheint. Kleine Almwiesen unter fast lotrechten roten Felswänden, in deren Risse sich Kanarenkiefern hoch über dem Talboden krallen, verführen zum Faulenzen.

 

Zu lange aber sollte der Wanderer hier nicht rasten, noch liegt ein knapp vierstündiger Weg durch die Schlucht zurück zum Auto vor ihm. Verfehlen kann man den Weg nicht, deshalb gibt es hier im Gegensatz zu praktisch allen anderen Regionen La Palmas keine Markierung. Deutliche Trittspuren führen im Bachbett abwärts, immer wieder muss der Wanderer auf Steinen im Wasser balancierend den rauschenden Fluss überqueren. Nur gut, dass die Palmeros bei Dos Aguas das meiste Wasser durch Stollen in der Caldera-Wand zu ihren Feldern leiten. Da bleibt für den Bach selbst wenig Wasser übrig, in das der Wanderer hinein fallen könnte.

 

Wer in der Caldera war, möchte natürlich auch einmal auf dem Rand hoch oben wandern. Nichts einfacher als das, eine Straße führt bis zum höchsten Gipfel, von dort führt ein Pfad für Schwindelfreie ein ganzes Stück weit um die Caldera herum. Steil fallen die rotbraunen Wände in die Tiefe, auf lockerem Lavagrus droht Unvorsichtigen das Ausgleiten und der Sturz in den Abgrund. Obendrein ist der enge Weg bei gutem Wetter ähnlich bevölkert wie die Uferpromenade eines deutschen Ausflugsees an einem sonnigen Pfingstsonntag. Grund genug, diesen Weg zu meiden und das Auto acht Kilometer weiter und fünfhundert Höhenmeter tiefer im dichten Kiefernwald stehen zu lassen. Zwar zeigen Wegweiser und Markierungen steil in die Höhe, aber spätestens der Blick dreihundert Meter höher vom Rand der Caldera in die Schlucht entschädigt für die Mühen des keuchenden Hochstapfens.

 

Von diesem Pico de la Nieve genannten Gipfel am Kraterrand führt ein bequemer Weg um die Caldera herum, den auch nicht Schwindelfreie ohne größere Probleme bewältigen können. Und die Aussicht auf die roten Vulkanwände ist mindestens so beeindruckend wie von der Völkerwanderungsstrecke auf der anderen Caldera-Seite. Wenn dann noch Wolken im Krater wabern, gebänderter rotschwarzer Stein über diese Zuckerwatte in die helle Sonne der Subtropen empor sticht, klicken die Kameras der wenigen Wanderer hier oben wie im Stakkato. Der Blick zurück zeigt an solchen Tagen ein Wolkenmeer, aus dem weiter im Süden ein breiter Bergrücken wie der Buckel eines gestrandeten Wals ragt – die Cumbre Vieja, über die der vielleicht spektakulärste Wanderweg der Insel führt.

 

Dort verrät manchmal ein stechender Geruch nach Schwefel, wie jung dieser Bergrücken wirklich ist. Der schwarze Sand des Wanderweges endet plötzlich an einer Abbruchkante, hinter der Nebel aufsteigt. Nur ab und zu gibt der wabernde Dunst den Blick in die Tiefe frei: Schwarze, gelbe und rote Wände fallen an drei Seiten rund hundertundfünfzig Meter in die Tiefe, enden auf einem Oval mit vielleicht hundert Metern Durchmesser. Das kann nur ein junger Vulkankrater sein, taucht längst verflogenes Wissens aus dem Geo-Unterricht an der Schule wieder auf.

 

1971 ist auf La Palma das letzte Mal ein Vulkan ausgebrochen, ein riesiger Lavastrom wälzte sich zum Atlantik. Das war am Südende der Insel, weiter im Norden gab es 1949 einen verheerenden Ausbruch aus dem Krater Hoyo Negro, an dem der Weg über den schwarzen Lavasand so abrupt endet. Auch der Krater des Duraznero ein paar hundert Meter weiter spie damals Lava aus. Heute ist sie zu einem bizarren Feld aus schwarzen Lavablöcken erstarrt, zwischen denen gezackte Linien Risse nachzeichnen, die beim Erkalten des glutflüssigen Materials vor einem halben Jahrhundert erstanden. Eine Landschaft wie aus Dante’s Inferno umgibt den Wanderer. Kein Wunder, nennen Geophysiker diesen 25 Kilometer langen Gebirgszug im Süden La Palmas doch die aktivste Vulkanzone der Welt mit sieben Ausbrüchen in einem halben Jahrtausend. Mitten durch diese Zone führt der Pfad hinauf auf den Deseada-Gipfel mit seinen vom Schwefel gelb gefärbten Flanken und der herrlichen Rundumsicht bei klarem Wetter.

 

Vom 1949 Meter hohen Gipfel sieht man in alle vier Himmelsrichtungen das Meer. Im Südwesten schaut der 3700 Meter hohe Teide auf Teneriffa herüber, im Süden erkennt man La Gomera, im Südwesten zeigt sich schemenhaft El Hierro. Erst hier oben merkt man, wie klein dieses La Palma doch eigentlich ist. 45 Kilometer lang und an der breitesten Stelle 28 Kilometer breit. Und doch verbergen sich auf diesem Eiland so viele verschiedene Landschaften, die schon manchen Faulenzen-am-Strand-Urlauber zum begeisterten Wanderer bekehrt haben.

 

 

 

 

 

 

Informationen zu Wanderungen auf der grünsten der Kanaren-Inseln liefert

„La Palma“ aus dem Michael Müller Verlag in Erlangen.

 

Karten organisiert zum Beispiel der auf solche Dinge spezialisierte Versandbuchhandel Schrieb (Schwieberdingerstr. 10/2, 71706 Markgröningen, karten.schrieb@t-online.de).

 

Alpine Kenntnisse benötigt niemand auf La Palma, nur schwindelfrei sollte man mancherorts sein. Und ein wenig Kondition sollte in der normalen Wanderausrüstung und –kleidung stecken, damit man nicht gleich nach der ersten Barranco schlapp macht.

 

Beste Wanderzeit bieten die Monate März bis Juni, in denen klare Sicht häufiger als zu anderen Jahreszeiten ist.

 

Billiger kommt die Wanderreise, wenn man pauschal bucht. Einen Mietwagen benötigt man auf jeden Fall, auch ihn erhält man pauschal billiger.

 

Die Unterkunft sollte nach Möglichkeit im Zentrum der Insel liegen, da die Anfahrten auf den kurvigen Straßen ziemlich lange dauern.

Fotos: Dr. Roland H. Knauer

 

 

Erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 17 - August 2005

 

 

Die Pyrenäen auf Spanisch

 

Von Hans Diem

 

 

Hans Diem und Evelyn Gebhardt aus Garmisch-Partenkirchen gingen zum 2. und 3. Mal längs über die Pyrenäen auf der spanischen Seite. Im Jahr 2000 auf der Route GR 11 von Llancá am Mittelmeer nach Irún am Atlantik in 35 Tagen auf 735 km Bergwegen mit 38.745 Hm Aufstieg. Im Jahr 2001 wiederholten sie den alpinen Mittelteil und machten Abstecher zu 14 hohen Gipfeln in 28 Tagen auf 494 km Bergwegen mit 31.105 Hm Aufstieg.

 

 

2.6. bis 6.7.2000

 

Ab Llancá am Mittelmeer gingen wir in der Provinz Catalunya genüsslich meist auf Fahrwegen durch einsames Waldgebirge mit kleinen Dörfern und verlassenen Bauernhöfen, vorbei an gefassten Quellen und alten Einsiedlerkirchen, stiegen täglich etwas höher hinauf und standen am 8. Tag auf dem Col de Tirapits 2790 m. Eine Sturmfront mit Regen und Schnee vertrieb uns von diesem höchsten Punkt des GR 11, es folgten fünf nasse Tage. Ab Andorra war das Wetter wieder schön, vom Pic de Pedrosa 2942 m hatten wir gute Rundumsicht. Wieder in Catalunya zogen wir durch belebte Bergdörfer, stiefelten begeistert über 2000 m hohe Colls und badeten oft im größten Bergseengebiet der Pyrenäen.

 

Am Straßentunnel bei Vielha begann die Provinz Aragon, gleich stand der Pico de Aneto 3404 m am Weg in Regenwolken gehüllt. Einen Vormittag haben wir abgewartet, sind dann bei Wetterbesserung sofort in der Südflanke auf Schnee und Fels aufgestiegen zu diesem höchsten Gipfel der Pyrenäen. Der Höhensturm riss die Wolken in Fetzen, dadurch waren immerhin Ausschnitte der Umgebung zu sehen. Das mächtige Posetsmassiv umrundeten wir mit Respekt, abends zeigte sich der zweithöchste Gipfel der Pyrenäen schön im Abendrot. Den schwierigsten Teil des GR 11, die steile Flanke zum Coll de Anisclo sind wir abends noch aufgestiegen, haben unterwegs gut geduscht in einem Wasserfall. Der Coll war mit Zelten besetzt, doch im Abstieg fanden wir unseren guten Zeltplatz, der bewährte sich bei nächtlichem Gewitter mit Hagel. Es folgte die Berglandschaft um den Monte Perdido, den dritthöchsten, da waren wir restlos begeistert. Dazu der Abstieg durch den fantastischen Canon von Ordesa. Unser Ziel war der GR 11 in 35 Tagen bis zur Atlantikküste, wir haben unsere Gipfelgelüste aufgeschoben und sind weiter gezogen in Talschlüssen mit Gumpenbächen, Bergseen und vielen Gämsen zu hohen Scharten, vorbei an Steilfelsen in Urgestein, Granit und Kalk, über Hochweiden mit Pferden, Kühen oder Schafen, beobachtet von Adlern und Geiern. Der Ezkaurre 2047 m war der letzte Felsberg, mit ihm begann die Provinz Navarra und das schöne Baskenland. Im Wald- und Wiesengebirge lagen belebte Dörfer, leider standen da viele Schießstände für die Vogeljagd. Vom letzten Hügel einen Juchzer über Irun hinweg zum Atlantik hinaus geschickt und unsere spanische Pyrenäen-Überschreitung war sozusagen im Kasten.

 

16.6. bis 13.7.2001

 

Bei Puigcerdá sind wir aus dem Zug gestiegen und gleich auf über 2000 m Höhe aufgestiegen. Nach eiskalten Nächten war tagsüber schönstes Wetter, den Weg kannten wir vom letzten Jahr, für die Abstecher auf die Vormittag-Gipfel ließen wir das Zelt stehen, für die Nachmittag-Gipfel deponierten wir übrige Ausrüstung im Gelände. So stiegen wir genüsslich auf schöne und hohe Berge am Weg, oft mit den Steigeisen im festen Firn, das erfrischende Bad danach war garantiert. Nach sieben Gipfeln am Weg standen wir diesmal am frühen Morgen und bei gutem Wetter auf dem Pico de Aneto 3404 m. Es folgte eine tolle Überschreitung des prächtigen Posets-Massives 3369 m bei bestem Wetter. Mit vielen Gipfelwünschen gingen wir auf den Monte Perdido zu, den dritthöchsten. Unser Zelt stand gut im Kreise seiner Trabanten, doch leider setzte ein schauriges Sauwetter ein. 15 Stunden lang wechselten ununterbrochen Regen, Gewitter, Hagelschauer, Platzregen. Am Morgen danach war das Land weiß von Hagelkörnern, massenhaft Wasser wälzte sich tosend aus allen Flanken. Für diese Gipfelparade wollen wir mit viel Zeit wieder kommen, sagten wir uns, stiegen bei Hochwasser durch den Cannon von Ordesa ab ins Dorf Torla und warteten hier zwei Tage lang auf Wetterbesserung. Den Paradeberg Balaitous 3151 m schafften wir im 2. Versuch, da war die Freude war groß. Wir wechselten nach Frankreich und konnten am letzten Tag noch den bekannten Felsberg Pic du Midi d'Ossau 2884 m erklimmen bei guter Rundumsicht. Pyrenäen olá, wir kommen wieder!

 

 

Pyrenäendurchquerung – vom Mittelmeer zum Atlantik

Bericht von einer Fernwanderung vom Juni bis August 2010

Von Harald Vielhaber

 

Im Sommer 2010 habe ich die seit vielen Jahren ersehnte Pyrenäendurchquerung komplett an einem Stück durch 4 spanische Provinzen erwandert. 48 Tage, 784 km und 38.000 Höhenmeter später sowie um 5 kg Lebendgewicht leichter erstatte ich Bericht.

 

1. Los Pireneos

Los Pireneos, les Pyrénées, die Pyrenäen: was ist das, wie soll man das beschreiben? Das geht eigentlich nicht (Pyrenäen muss man erleben), ich versuche es trotzdem. Für den Geografen sind die Pyrenäen das Grenzgebirge welches Iberien von Frankreich trennt, wobei die politische Grenze auch meistens mit dem Höhenkamm übereinstimmt. Für den Meteorologen sind die Pyrenäen eine Wetterscheide: wenn es auf der Nordseite regnet hat man auf der Südseite häufig Sonne und umgekehrt. Am westlichen Ende herrschen grüne Landschaften vor (hier regnen sich die Wolken vom Atlantik kommend ab), am östlichen Ende ist das Klima mediterran und sehr trocken.

 

Für den Historiker sind die Pyrenäen seit Jahrhunderten ein Rückzugsraum und Fluchtburg gegen Krieg und Verfolgung: im Mittelalter als natürliches Bollwerk gegen die Mauren oder als Rückzugsgebiet für die Katharer gegen die römische Inquisition, später als Fluchtweg im spanischen Bürgerkrieg vor Francos Truppen und wenig später in umgekehrter Richtung aus dem besetzten Nazi-Frankreich. Kulturell ist der Kamm stets eine Grenze geblieben, auch wenn es teilweise uralte Abkommen zwischen Dörfern und Tälern beidseits der Grenzen gibt. Nur für kurze Zeit hat mal in Aragon ein Königreich bestanden, welches Gebiete auf beiden Seiten des Gebirges umfasste.

 

Für den Geologen sind die Pyrenäen ein sehr altes Gebirge, viel älter als z.B. die Auffaltung der Alpen. Entsprechend millionenfache Jahre länger wurden die Berge und Täler geformt von Eis, Wind und Wetter, den Landschaftsgärtnern der Natur. So findet man hier beeindruckende Canyons wie sonst nur in den USA, Europas größtes Karstgebiet mit Höhlenlabyrinthen von über 1000m Tiefe (bei Arette-la-Pierre-Saint-Martin), Felsformationen aus schwarzem Granit, rotem Basalt und weißem Muschelkalk, mitunter sogar alles dies in nur einer einzigen Tagesetappe. Die Pyrenäen zählen laut offizieller Statistik 129 Hauptgipfel mit über 3000m Höhe, davon ist der 3.404m hohe der Pico d’Aneto im Maladetta-Massiv der höchste. Anders als im Schulatlas dargestellt bestehen die Pyrenäen nicht aus einem geradlinigem Grenzkamm sondern aus einer verwirrenden Menge an Hörnern, Jochs, Rücken, Sätteln, Ebenen, Schluchten und Tälern – und vielen klaren blauen Seen am Wegesrand.

 

Für den Naturliebhaber bieten die Pyrenäen eine einzigartige Tier- und Pflanzenwelt: Gänsegeier, Bartgeier, Adler, Gämsen, Murmeltiere, endemische Arten wie der Pyrenäenbär (leider nur noch eine Handvoll) oder die grüne Eidechse im Anisclo Canyon gibt es hier. Für mich als Nordeuropäer gehören die Gänsegeier zu den eindrucksvollsten Lebewesen hier, ca. 4.500 Paare sollen in dem Gebirge hausen. Weil tote Tiere in Spanien meist liegen bleiben finden die Geier leichter Nahrung als in den Alpen. Über 100 km entfernen sich Gänsegeier von ihren Horsten auf der Suche nach Aas. Auch die Botanik bietet ihre Attraktionen: zahlreiche Orchideen (wie z.B. Knabenkraut oder Türkenbund), wilde Tulpen, blauer und gelber Enzian, das schöne Edelweiß, Kakteen, dichte Buchenwälder und natürlich die hier bis in 2.400m Höhe anzutreffende typische Pyrenäenkiefer.

 

Für den Weitwanderer sind die Pyrenäen dies alles zusammen: ein Gesamtkunstwerk aus Wäldern, Wiesen, grünen Hügeln und schroffen Bergen, lebendiger Schafwirtschaft, unberührter Natur und vielen magischen Orten. Das milde südliche Klima lädt zum Baden in den zahlreichen Bergseen und Bächen ein. Bei schlechtem Wetter und flexibler Planung kann man auf die andere Seite wechseln. Man kann tagelang wandern ohne eine Straße zu queren. Umso mehr freut man sich dann auf das nächste Dorf oder Städtchen um bei regionalem Wein und abwechslungsreicher Küche die Seele baumeln zu lassen. Man beachte dabei, dass es auf der französischen Seite in den Restaurants ein Mittagsmenü von 12:00 bis 14:00 Uhr gibt, auf der spanischen hingegen von 14:00 – 16:00 Uhr.

 

Besonders reizvoll ist auch, dass man beim Weitwandern vom Mittelmeer bis zum Atlantik ganz unterschiedliche Natur- und Kulturräume durchstreift, teils mit eigener Sprache wie Baskenland oder Katalonien, was die Traversierung zu einem spannenden Erlebnis macht. Wenn man dann auf einem Gipfel steht, unten im Tal wilde Pferde grasen, und über einem still und ohne Flügelschlag die großen Greifvögel kreisen, dann fühlt man sich unvermittelt wie in einen alten Karl-May-Film versetzt und erwartet jeden Moment dass Winnetou oder Old Shatterhand auftauchen. Andere mag dieses „Unter Geiern“-Gefühl an ihr Büro daheim erinnern J.

Ein Warnhinweis sei daher angebracht: Vorsicht, die Pyrenäen können süchtig machen ! Wer einmal hier war kommt gerne wieder.

 

2. Der Weg ist das Ziel

Hat man sich trotz des Warnhinweises entschlossen, die Pyrenäentraversierung zu wagen, so stellen sich dem Wanderer zuerst die folgenden drei Grundfragen:

      - wo starte ich, im Osten oder in Westen ?

      - welchen Weg nehme ich ?

      - mit oder ohne Zelt ?

Wir werden zunächst die möglichen Alternativen beschreiben und dann auf diese drei elementaren Fragen zurückkommen.

 

Gleich 3 Routen durchqueren die in Luftlinie 430 km lange Sierra: Auf der französischen Seite der „Chemin de Grande Randonnée 10“, kurz „GR10“, im Süden als spanisches Pendant „La Senda“ oder auch „Camino de Gran Recorrido 11“, kurz „GR11“, und dazwischen verläuft die noch wildere „Haute Route Pyrénéenne“ (HRP) welche den höchsten Bergen und Kämmen folgt.

 

Erwähnt sei auch noch das zweibändige Werk des Schweizers François Meienberg „Zu Fuss durch die Pyrenäen“ mit einem eigenen Routenvorschlag in 72 Etappen. Für diese Variante die auch die Vorgebirge mit einbezieht benötigt man mehr als 2-3 Monate, die anderen Wege kommen mit 6-7 Wochen aus. Ich beschränke mich hier auf die drei „Klassiker“ GR10, GR11 und HRP (die neue Variante von F. Meienberg kenne ich nicht).

 

 

2.1 Der GR 10

Der GR10 ist der älteste der Pyrenäenwege, rot-weiß markiert und immer auf der französischen Nordseite. Er startet am Atlantik in Hendaye und führt in West-Ost-Richtung über zahlreiche Pässe und Täler nach Banyuls am Mittelmeer. Der GR10 ist so angelegt, dass man nach einer Tagesetappe auf eine bewartete Unterkunft trifft (Hütte, Gite oder Hotel). Die Route ist beschrieben abschnittsweise in französischen Topo-Guides der FFRP (Fédération de Randonnée Pedestre), derzeit vergriffen und nur gebraucht erhältlich. Der GR10 kann natürlich auch in Gegenrichtung gegangen werden. Die Topo-Guides sind detailliert, mit farbigen Kartenausschnitten, Gehzeiten, Informationen zur Logistik und tabellarischen Übersichten (diese auch zur Gegenrichtung). Leider braucht man 4 solche Führer für die gesamte Strecke.

 

2.2 Der GR 11

Die spanische Seite wurde zu Francos Zeiten systematisch entvölkert weil dem Diktator die Bergregion suspekt war. In den 70er Jahren traf man dort nur auf Guardia Civil, Schmuggler und vereinzelte Schäfer, aber nicht auf Wanderer, es gab ja auch kein Kartenmaterial. Nach Francos Tod und der Ausbildung des heutigen föderalen Systems mit regionalen Regierungen wurde in den Tourismus investiert und seit 1986 „La Senda“ als Pyrenäendurchquerung auf spanischer Seite angelegt, ebenfalls rot-weiß markiert so wie der ältere Bruder im Norden. Der GR11 ist in Theorie auch so angelegt, dass man nach einer Tagesetappe auf eine Unterkunft trifft. In Theorie deshalb, weil die dünnere Besiedlung hierfür einige extrem lange Etappen (10-12h) erzwingt und man außerdem unbewartete Unterkünfte von fraglicher Qualität mit einbeziehen muss. Also ein Schlafsack und ein Biwaksack sind hier unentbehrlich, ein Zelt sei empfohlen um nicht auf Mammut-Etappen oder auf heruntergekommene Unterkünfte angewiesen zu sein.

 

 

 

 

Der GR11 führt gegenläufig von Ost nach West, startet am Cap de Creus wo sich die Pyrenäen aus dem Mittelmeer erheben und endet am Cabo Higier (Feigencap) in Fuenterrabia bei Irun. Der GR11 führt durch wildere Gegenden als der GR10, weil der Süden größtenteils erst ca. 100 Jahre später als der Norden touristisch erschlossen wurde. Auch für den GR11 gibt es einen Tourenführer in französischer Sprache in ähnlicher Aufmachung wie die GR10 Topo-Guides, mit Kartenausschnitten und der Beschreibung in der Richtung Ost-West in 40 Etappen (die Gegenrichtung geht natürlich auch).

 

Es gibt auch noch einen Outdoor Führer [5] in deutscher Sprache zum GR11, von dem ich aber abrate weil seine Informationen von schlechter Qualität und manchmal schlichtweg falsch sind. So startet der Outdoor Führer mit einer 41km-Etappe (was wirklich zu Fuß nicht zu schaffen ist) mit der Begründung, dass man unterwegs kein Wasser fände. Blödsinn, mindestens 3 Ortschaften liegen auf dieser Etappe wo selbst im trockenen Hochsommer Menschen leben die Wasser trinken, und einige Quellen gibt es obendrein. Die Beschreibung geht hier über insgesamt 48 Etappen.

 

2.3 Die HRP

Anders als die beiden GR’s ist die Haute Route (Hohe Route) nicht im Gelände markiert sondern nur in den IGN-Karten eingezeichnet, sowie im zugehörigen Führer von Georges Véron (1933-2005) beschrieben. Die HRP folgt diversen markierten Wegen aber auch nicht markierten bzw. nur mit Steinmännchen markierten Wegabschnitten. Für die HRP braucht man also unbedingt den Führer von G. Véron, welcher auch ins Englische übersetzt wurde („Pyrenees – High Level Route“). Für die HRP ist ein Zelt unverzichtbar weil sie sich am Gelände orientiert und nicht an der Erreichbarkeit von Ortschaften. Die HRP geht wie der GR10 in West-Ost-Richtung, startet wie der GR10 in Hendaye und endet in Banyuls bei 41 Tagesetappen und geht gleichermaßen durch französisches wie spanisches Gebiet. Auf der HRP bin ich meine ersten Pyrenäenetappen vor ca. 25 Jahren gegangen, gelegentliches Verlaufen inklusive. Die HRP ist die wildeste der drei Varianten und führt vornehmlich durch das Hochgebirge, sodass man für Einkäufe oder Verpflegung die Route gelegentlich verlassen muss.

 

2.4 Zelten oder Unterkunft

Wer es gerne einsam und wild hat wird den GR11 oder die Haute Route vorziehen. Die Einsamkeit hat aber seinen Preis: die Logistik ist komplizierter weil Unterkünfte in manchen Teilen selten sind. Eine Pyrenäendurchquerung ist daher mit Zelt zu empfehlen. Nur so kann man sein Nachtlager an den schönsten Orten aufschlagen und ist vollkommen unabhängig.

 

Das wilde Zelten ist in den Bergen üblich und fast überall erlaubt. In den Nationalparks oder direkt bei Hütten gibt es einschränkende Regelungen zu beachten. Nur im Aigues-Tortes Park ist das Zelten komplett untersagt, hier lässt man sich also besser nicht erwischen. In den anderen Parks ist das Zelten an bestimmte Regeln geknüpft (z.B. darf meistens das Zelt nur nachts stehen und muss am morgen abgebaut sein, oder es muss mindestens 1h von der nächsten Straße entfernt sein, oder ab 1.800m Höhe stehen). Genaueres entnehme man den Hinweisschildern am Eingang zum jeweiligen Park. In Hüttennähe ist meistens ein Mindestabstand zur Hütte vorgeschrieben oder ein bestimmtes Areal zum Zelten ausgewiesen, ganz selten ist es verboten oder das Gelände ungeeignet.

 

Man beachte auch, dass man in der Regel mehr Höhenmeter gehen muss wenn man zum Übernachten abends ins Tal absteigen muss und am Morgen wieder hinauf auf den Grat. Klar, dass man ein Zelt zwar auch tragen muss, dann aber solche Umwege nicht in Kauf zu nehmen braucht. Wer näher an der Zivilisation bleiben möchte der sollte den GR10 nehmen, hier kann man auf ein Zelt verzichten.

 

2.5 Die Entscheidung

Jetzt liegen die Informationen auf dem Tisch und jeder mag für sich seinen Weg und die richtige Wanderrichtung und Ausstattung bestimmen. Ich selbst habe mich für den GR11 in der Ost-West-Richtung entschieden und dabei das Zelt mitgenommen.

 

Meine Gründe hierfür: Erstens der Start im Frühsommer (Mitte Juni). Im Juni ist es am Mittelmeer noch nicht so heiß und viele Quellen sprudeln noch, anders als im Hoch- oder Spätsommer. Ich fand es daher komfortabler am Mittelmeer zu starten und dann im Hochsommer am Atlantik anzukommen als umgekehrt. Zweitens war dann als Weg der GR11 die natürliche Wahl, zumal ich den wilderen Süden und die regionale Küche auf der spanischen Seite liebe. Und deshalb habe ich drittens das Zelt dann mitgenommen um unabhängig von Unterkünften zu sein und dafür lieber woanders Gewicht gespart.

 

3. Die Reisevorbereitung

Ein wichtiger Teil des Vergnügens ist die mentale Vorbereitung der Reise. Seit Jahresanfang stand das Projekt fest, Mitwanderer für Teile der Strecke gab es auch schon, die freien Tage sind beantragt, jetzt kommt die Detailplanung.

 

Aus meinen früheren (kürzeren) Aufenthalten in den verschiedenen Regionen der Pyrenäen hatte ich Kartenmaterial für fast 80% der Strecke, den „La Senda“-Führer ebenfalls. Diesen habe ich mir für die Reise fotokopiert quasi als Abreißblock, sodass man die gerade aktuelle Tages-Beschreibung praktisch in der Tasche dabei haben und nachher entsorgen konnte. Auch so wurde der Rucksack täglich leichter.

 

Peter aus Hilden kommt für 30 Tage mit, Beatrice aus Zürich stößt dann 10 Tage später ebenfalls dazu für 20 Tage. Die letzten 2½ Wochen bin ich dann alleine unterwegs.

 

Dann kann die eigentliche Detailplanung beginnen: anhand des Führers und der Karten wird eine Etappenplanung erstellt, Pausentage inklusive. Die Logistik am Wegesrand (Einkaufsmöglichkeiten, Transport, Restaurants) wird festgehalten, soweit bekannt.

 

Als letzte Vorbereitung habe ich mit meinen Mitwanderern die Packliste abgestimmt. Der Rucksack darf – ohne Proviant – maximal 15 kg nicht überschreiten, denn Wasser und Proviant kommen ja auch noch dazu. Jedes Kilo mehr tut einem später leid !

 

4. Der Wegverlauf

Am 16. Juni ist es soweit: Peter und ich besteigen in Weeze am Niederrhein den Flieger von Ryan Air nach Girona. Von dort nehmen wir den Zug nach Figueres, und weiter den Bus bis nach Cadaques. Erst abends kommen wir an, denn die meiste Zeit mussten wir auf die Anschlüsse warten. Am nächsten Morgen wollen wir hier starten.

Die Wanderbeschreibung habe ich in 8 regionale Abschnitte unterteilt und dabei meine Erlebnisse zusammengefasst. Für Details siehe tabellarische Übersicht am Ende.

 

4.1 Vom Mittelmeer (Cadaques) bis nach Albanya

17.06.-22.06.2010 (5½ Tage, 115 km) – Die Bucht von Roses

Wir sind in Catalunya (Katalonien), weshalb wir hier mit französisch oder englisch besser weiter kommen als mit spanisch. Die Katalonier sind stolz auf ihre eigene Kultur und Sprache und legen großen Wert darauf, dass man bei ihnen nicht in Spanien ist. Wer hier einen „spanischen Wein“ bestellt ist unten durch. Bekannte Katalanen sind die Maler Juan Miro und Salvatore Dali, oder der Architekt Antonio Gaudi, nach dessen Plänen immer noch an einer Kathedrale in Barcelona gebaut wird. Der GR11 startet am Cap de Creus, dem östlichsten Punkt der Pyrenäen (noch weiter östlich gibt es nur noch Wasser). Dorthin gelangt man nur per Auto oder eben zu Fuß, daher beginnen wir unsere Wanderung gemütlich etwas südlich davon in Cadaques, dem Heimatort von „el maestro“ Salvatore Dali. Seine Villa ist heute ein Museum welches zu besichtigen ist. Die letzten Tage hat es geregnet, aber der Wettergott hat uns lieb und schenkt uns zum Start Sonne mit einzelnen Wolken. Es gibt einen Weg die Küste entlang, dem wir folgen, und nach einem ersten Bad im Mittelmeer erreichen wir zur Mittagspause das Cap de Creus. Hier nehmen wir am Fuße des Leuchtturms zunächst einige Tapas und dann die Markierung des GR11 auf. Es geht durch ein von Wind und Trockenheit geprägtes Naturschutzgebiet mit teilweise mannshohen Kakteen (einige blühen gerade), und immer wieder neuen Ausblicken auf blaue felsenumrandete Buchten.

 

In El-Port-de-la-Selva, einem kleinen Fischer- und Badeort, übernachten wir in einer Pension. Der offizielle GR11 führt von hier aus 480m hinauf zur Abtei von San Pedro de Rodes (die Touristen kommen mit dem Auto hinauf), und dann wieder hinunter zum Küstenort Llanes. Diesen Blödsinn machen wir nicht mit, sondern folgen bis Llanes dem Küstenwanderweg GR92, und erreichen so am späten Vormittag den Ort. Hier machen wir unsere Einkäufe, denn die nächsten Geschäfte sehen wir erst in 2-3 Tagen.

 

Wir verlassen das Meer und wandern durch Weinberge, Olivenhaine und Korkeichenwälder, in denen das Sonnenlicht silbrig schimmert und die Stämme teils nackt sind. Die abgeschnittene Korkrinde stapelt sich am Wegesrand. Wir kommen in einen kleinen Ort und folgen von dort einem asphaltierten Weg für ca. 6 km bis zur imposanten Klosterruine Sant-Quirc-de-Colera. Hier begegnen wir einem netten französischen Frührentner-Paar, die ebenfalls den GR11 gehen und die wir in den nächsten Tagen noch öfter antreffen werden. Sie zeigen uns etwas oberhalb der Ruine die Quelle zur Klosteranlage, ein wunderschöner Platz mit Aussicht wo wir auch das Zelt aufschlagen. Am nächsten Morgen geht es dann nach weiteren 6 km Asphalt aufwärts bis zum Schloss von Requesens wo wir in einem nahegelegenen Bauernhof ein Abendessen und Zeltgelegenheit bekommen. Wir sind jetzt 500m hoch, der GR11 folgt in einem großen Halbkreisbogen der Bucht von Roses. Immer wieder bekommen wir so Ausblicke auf das Mittelmeer.

 

Überraschung am nächsten Morgen: das Wetter hat gewechselt, es hat stark abgekühlt mit sehr stürmischem Wind und Wolken. Es geht weiter bergauf bis auf 780 m Höhe. Hier weht der Wind mit solcher Kraft von der Seite, dass wir auf dem Kamm wie Betrunkene einen Zickzackkurs gehen, weil der Wind uns immer wieder mit seinen Böen um 1 Meter zur Seite wirft. Es ist zum Glück nicht ausgesetzt sonst wäre es sehr gefährlich, aber trotzdem ist es anstrengend bis wir weiter unten im Wald geschützt vom Wind wieder normal weiterlaufen können. Wir erreichen La Jonquera an der grenzüberschreitenden Nationalstraße und machen bei einem Mittagsmenü eine Pause. Hier treffen wir die beiden Franzosen, der Wind hatte die Frau zu Boden geworfen, sie haben genug für heute und bleiben da.

 

Abends sind wir in einem kleinen aber sehr hübschen Weiler La Vajol und nehmen in der einzigen Kneipe erstmal eine Erfrischung in Form eines frisch gezapften Estrella zu uns. Wir fragen den Wirt nach einem geeigneten Zeltplatz in Ortsnähe und er beschreibt uns etwas von einem Font. Wir finden diesen Ort, es ist eine Quelle (katalanisch: „font“) mit ehemaliger Waschanlage am Ortsrand und Wiese. Die Aussicht auf die Bucht von Roses und das Meer, welches am Abend dunkel von den Lichtern der Küstenorte umrandet wird, ist atemberaubend. Auch wieder ein sehr schöner Schlafplatz; bisher hatten wir mit unseren Übernachtungen Glück und allen Komfort, insbesondere Wasser. Am Morgen geht es nach einem Frühstück im Ort weiter geht es durch den Wald, mal Korkeichen, mal Kastanien, und vorbei an Gedenktafeln zum spanischen Bürgerkrieg. Wir lernen dass in einem unscheinbaren Gebäude am Wegesrand die Kriegskasse der Revolution versteckt gewesen war, und wie viele zigtausend Schicksale der Bürgerkrieg über die Pyrenäen nach Frankreich verschlagen hat auf der Flucht vor Francos Miliz.

 

Bald streifen wir den Ort Massanet-de-Cabrenys und folgen weiter dem gut markierten Weg durch immer dichtere Wälder. Plötzlich tut sich mitten im Wald etwas Blaues auf: es ist ein Swimming Pool neben einem Restaurant, der „Moli d’en Robert“, eine ehemalige Mühle und kleines Paradies mitten in der Einsamkeit. Eine Staubpiste führt hierher für motorisierte Gäste, die es aber zu dieser Jahreszeit anscheinend noch nicht gibt. Wir baden im Pool und essen sehr gut zu Mittag, begleitet von eisgekühltem Rosé. Danach brauchen wir ein Nickerchen auf der Wiese, bevor wir unseren Weg fortsetzen.

 

Unser geplantes Etappenziel Albanya erreichen wir dadurch nicht mehr. Macht nichts, wir haben ja das Zelt und kampieren kurz vor Albanya bei einer alten fledermaus-bevölkerten Kapelle (Cerbonils), unser erster Zeltplatz ohne Wasser. Am nächsten Morgen erreichen wir dann Albanya, hier hätte es einen Campingplatz gehabt. Mit Albanya verlassen wir definitiv die Bucht von Roses und den mediterranen Teil des GR11. Gut, dass wir nicht auf den Outdoor-Führer gehört haben, der diesen ersten Teil des GR11 als uninteressant abkanzelt und den Start in Albanya empfiehlt. Ab jetzt werden wir das Mittelmeer nicht mehr sehen, hier beginnen die „richtigen“ Berge.

 

4.2 Von Albanya zur Hochebene der Cerdanya (Puigcerda)

22.06.-27.06.2010 (5½  Tage, 106 km) – im Herzen Kataloniens

Von Albanya (250m) geht es zuerst über Asphalt dann auf einer Piste in der Sonne stetig bergauf. Zum Glück gibt es einen mit gelber Markierung bezeichneten Pfad der parallel und etwas steiler geht und dabei die vielen Kehren der Piste abschneidet. Auf 700m machen wir eine Pause am Bauernhof Can Nou bei Bier und Erdnüssen. Heute erreichen wir zum ersten Mal mehr als 1.000 Höhenmeter, bevor wir wieder absteigen müssen. Wir kommen in ein von Wasseradern durchzogenes Tal, und nach einem Bad zelten wir in St. Aniol d’Aguja, einer Wallfahrts-Kapelle mitten im Wald, mit Bach und sprudelnder Quelle.

 

Auch am nächsten Tag geht es auf und ab, und wir erreichen das Dörfchen Beget (auf katalanisch „Baget“), wo wir ein köstliches Mittagsmenü mitnehmen. Es ist eine sehr lange Etappe bis wir abends endlich in Mollo auf 1.180m Höhe ankommen. Wir leisten uns den Komfort des einzigen Hotels am Ort und erleben das Spektakel der Feiern des St. Juan. In der Nacht werden Feuerwerkskörper gezündet und Feuer entfacht, die Katalanen begrüßen den Sommer. Peter freut sich, dass er Wäsche waschen und dabei die Fußballweltmeisterschaft im Hotel-Fernseher verfolgen kann, ich nutze die Gelegenheit und mache die Besorgungen für die nächsten Tage (Brot, Wein und Käse).

 

Nach einem ausgezeichneten Frühstück geht es am nächsten Morgen dann ins Hochgebirge. Die Landschaft wird schroffer, mit waldfreien und aussichtsreichen Passagen zwischendurch. Zuletzt geht es stetig bergan an einem blumengesäumten Bachlauf entlang, bis wir abends in der Hütte Refugio de l’Ull-de-Ter ankommen. Jetzt sind wir schon auf 2.220 Metern über dem Meer. Wegen dem langen und späten Winter hat die Natur hier noch 1 bis 2 Monate Rückstand, sodass wir noch im Frühling sind und überall auf blühende Pracht treffen. Auch auf Schnee stoßen wir am nächsten Tag, wo wir zwei Pässe von 2.781m und 2.650m überschreiten, bevor wir Nuria, ein Heiligtum der Katalanen, erreichen.

 

Nuria ist ein alter Wallfahrtsort auf knapp 2.000 m Höhe, hier hat der heilige Gil gelebt und Wunder vollbracht. Heute ist es ein beliebtes Ausflugsziel, eine Zahnradbahn führt vom Tal her bequem hier hinauf, eine Hotelanlage; ein Freizeitpark und Skilifte vervollständigen das Bild. Man kann hier essen und einkaufen, vorwiegend Souvenirs, aber lauschig ist es nicht. Nach einer Pause ziehen wir daher weiter, verlassen dabei den offiziellen GR11, der entlang der Zahnradbahn nach Queralbes hinab führt, um auf einem Variantenweg in der Höhe bleibend direkt zur Font de l’Home Mort abzukürzen. Es ist eine Stelle mit ausreichend Wasser, wir bleiben hier für die Nacht.

 

Am nächsten Tag kaufen wir uns in Planoles leckere Erdbeeren und ein Picknick, welches wir dann weiter oben im Dörfchen Dorria verzehren wollen. Dabei überrascht uns ein Gewitter und wir verziehen uns unter das großzügige Vordach eines derzeit nicht bewohnten Hauses. Es gewittert ohne Pause, der Regen reißt nicht ab, und es wird später Nachmittag darüber. Auf einer überdachten Terrasse feiert eine Groß-Familie ein Fest, dort frage ich nach der nächsten Unterkunft, und werde hinunter ins Tal verwiesen. Mist, da kommen wir gerade her. Wir bekommen erstmal Kaffee, katalanischen Sekt, Kuchen und andere Reste des Mittagsmahls angeboten, kulturell umkränzt von katalanischen Seemannsliedern.

 

Dann beraten sie was sie mit uns machen sollen, und fragen, ob wir auch mit einer Jagdhütte ohne Wasser und ohne Komfort zufrieden wären. Natürlich sind wir das, und einer der anwesenden Familienoberhäupter begleitet uns ein Stück (in Sandalen), damit wir auch sicher den richtigen Weg finden. Bei nachlassendem Regen erreichen wir die Hütte und machen uns dort im Kamin ein wärmendes Feuer. Dann reißt der Himmel auf und wir nehmen die wunderschöne Umgebung war. Wir sind auf einer von blühendem Ginster bestandenen Wiese, auf 1.900m Höhe, Pferde grasen um die Hütte herum, in der Ferne verzieht sich das Gewitter in die Ebene. Jetzt sind wir nicht mehr weit von Puigcerda entfernt (sprich: Piktscherda), dem Hauptort der Hochebene Cerdanya, ca. 1.200 m hoch, die teils zu Frankreich und teils zu Katalonien gehört. Dort treffen wir am nächsten Tag zur Mittagszeit ein, beziehen unser Hotel, waschen unsere Sachen und machen uns fein. Denn heute Abend trifft hier mit dem Zug unsere Verstärkung ein, Beatrice aus Zürich, die frisches Schwarzbrot und Nachrichten aus der Heimat mitbringt. Bei Tapas und Wein feiern wir unser Wiedersehen.

 

 

 

 

 

 

 

 

4.3 Von der Cerdanya nach und durch Andorra

28.06.-03.07.2010 (6 Tage, 70 km) – ein Natur- und Steuerparadies in den Bergen

Von Puigcerda ginge der GR11 erstmal 6 km über Asphalt; das wollen wir nicht und nehmen uns ein Taxi nach Guils-de-Cerdanya, wo wir den GR11 aufnehmen zum Refugio de Malniu (2.138m). Kurz bevor wir ankommen fängt der Regen an, während wir in der Hütte picknicken gewittert es dann weiter. In der Nähe gibt es einen wunderschönen See, den ich nach dem Gewitter auf mich wirken lasse. Diese Nacht verbringen wir zusammen in der Hütte, die außer uns nur noch 2 andere Wanderer als Gäste hat.

 

Am nächsten Tag geht es an einsamen Tälern und Seen entlang bis zu einem Pass (Port Can Colomer, 2.670m), wo wir auf ein Problem treffen: eine etwa 10m hohe Schneewächte versperrt uns den Weg. Durch steiles Gelände müssen wir um diese herum klettern, um den Pass zu erreichen. Das kostet Zeit und Nerven, und wir erreichen das Tal mit der unbewarteten Nothütte Capana Barracadet erst am späten Mittag. Wir picknicken, dann steigen wir einem wilden Bach entlang bis auf 2.300 m Höhe, wo wir zwischen Pyrenäenkiefern in einer von vielen Bächen durchzogenen Ebene die Zelte aufschlagen. Das Gewitter kommt wieder pünktlich, danach kochen wir unser Abendessen und gehen müde und zufrieden schlafen.

 

Am nächsten Tag erreichen wir nach kurzem Aufstieg, diesmal schneefrei, das Fürstentum Andorra, den einzigen Staat der Welt wo Katalanisch Amtssprache ist. Andorra wurde im Mittelalter nach einem Erbstreit gleichzeitig dem Bischof von Seu d’Urgell und dem Fürsten von Foix als Vasall unterstellt (Foix ging später durch Rechtsnachfolge an den französischen König bzw. heute den Präsidenten über). Dadurch hat Andorra seit 1278 als Souverän die politischen Wirren der Jahrhunderte überstanden, weil es zwei feindlichen Herren gleichzeitig unterstand. Bis in die 90er Jahre hat Andorra noch als Feudalstaat bestanden, regiert vom Hohen Rat der Täler; eine moderne Verfassung, Parteien und Wahlen gibt es erst seit 1993.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Durch das wilde Valle Madriu mit blühender Blumenpracht steigen wir ab nach Encamp, einem Ort an der durch Andorra führenden Hauptstraße. Auf dem Campingplatz schlagen wir für 2 Tage unser Lager auf, denn der nächste Tag ist als Ruhetag fest eingeplant. Den brauchen wir auch, Beatrice hat einen Rollnagel (ein Zehennagel bohrt sich ins Fleisch), so kann sie nicht weiterlaufen Wir nehmen den Bus zum Hauptort Andorra-la-Vella und suchen einen Arzt auf. Überhaupt, Andorra ist ein Kuriosum, es hat mit 80.000 nur halb so viele Einwohner wie meine Heimatstadt Neuss, aber ein besser funktionierendes Bussystem, welches einen für 1 € in jedes der Täler fährt, und dies im 20 Minuten-Takt. Das schafft Neuss nicht, dafür ist das Busfahren daheim teurer. In Andorra-la-Vella gibt es alles: ich kann einen zweiten Chip und Akku für meine Digitalkamera kaufen (damit es bis zum Ende der Tour reicht), Beatrice findet einen Arzt der ihr den problematischen Zehennagel teilweise wegoperiert und 2 Tage Wander-Ruhe verordnet, Peter sucht ein Postamt auf, um ein paar nicht mehr benötigte Utensilien nach Hause zu expedieren.

 

 

 

 

Andorra hat eine uralte Tradition des Schmuggels (die moderne Form benützt das Bankgeheimnis): alles ist hier mit 4% MwSt. so gut wie steuerfrei, weshalb es hier hauptsächlich Zigaretten und Alkohol zu kaufen gibt für die aus Frankreich oder Spanien anreisenden Touristen. Es gibt zwar den Euro, aber Andorra ist kein EU-Mitglied, dafür Steueroase ohne Abkommen zur Auslieferung von Bankdaten oder Steuerflüchtlingen nach Deutschland. Daher kann sich Andorra so einiges leisten: man sieht überall ausufernde Bautätigkeit, die beste Infrastruktur der gesamten Pyrenäen, sogar eine Müllabfuhr per Helikopter für die zahlreichen unbewarteten Hütten (diese übrigens stets in gutem Zustand). Für den Weitwanderer ist Andorra keine große Sache: in 2-3 Tagen hat man es durchquert, egal in welcher Richtung. Abends gibt es ein Gratiskonzert mit katalanischer Volksmusik unter freiem Himmel im Dorfzentrum von Encamp. Wunderschöne Gesänge, teils auch sehr schöne Stimmen aus dem mitsingenden Publikum, ein ergreifendes Erlebnis.

 

 

 

 

 

Am nächsten Morgen erklimmen Peter und ich einen Pass, und wir treffen ein Tal weiter auf einem Campingplatz bei Ordino wieder auf Beatrice, die den Tälerbus dorthin genommen hat und uns schon erwartet. Auch am nächsten Tag machen wir es wieder so, gegen Mittag treffen wir uns in Arinsal, einem Skiort auf 1.460m Höhe. Da der operierte Zeh Probleme macht, entscheidet sich Beatrice, sich in Andorra weiter behandeln zu lassen. Wir verabreden uns für 5 Tagen später und einige Täler weiter in Espot, dem Tor zum Nationalpark Aigues-Tortes, wo man mit Fernbussen gut hinkommt. Wir bleiben per Handy und SMS in Kontakt. Nach einem feinen Abschiedsessen in Arinsal steigen Peter und ich auf zur Coma Pedrosa Hütte (2.260m), Beatrice nimmt den Bus zurück ins Haupttal.

 

4.4 Von Andorra in den Nationalpark Aigues Tortes

04.07.-09.07.2010 (6 Tage, 94 km) -  eine Seenlandschaft in 2.000m Höhe

Am nächsten Morgen müssen wir einige Schneehindernisse überwinden auf dem Weg zum 2.757m hohen Port Balau, dem Pass der uns aus Andorra hinausführen wird. Aber bevor wir das tun, besteigen wir noch die Coma Pedrosa, die direkt am Pass liegt und mit 2.942m Höhe der höchste Gipfel von Andorra ist. Wir schauen hinab in die andorranischen Täler, dicht bebaut bis zugebaut, und auf der anderen Seite nach Katalonien wo kein Dorf, kein Haus steht, sondern Natur und Einsamkeit pur herrscht. Erstaunlich was ein funktionierendes Bankgeheimnis oder (nahezu) steuerfreies Konsumieren aus unserer Vogelperspektive für einen Unterschied machen kann.

 

Wir verlassen Andorra und sind wieder in Katalonien, im wunderschönen und einsamen Vall Ferrera, geprägt von mäandernden Bächen, grünen Wiesen, Hängen voll von blühendem Rhododendron, weiter unten dann von dichtem Wald.

 

Erst am Abend erreichen wir ein Dorf, Areu, wo wir auf dem Campingplatz unser Lager aufschlagen und dank der spanischen Essenszeiten auch nach 21:00 Uhr im Dorfrestaurant noch ein feines Menü bekommen. Eine Wanderin treffen wir dort wieder, wir haben sie auf dem Weg schon das eine oder andere Mal seit Puigcerda gesehen, und erfahren heute Abend, dass sie Jana heißt und aus Tschechien kommt. Auch sie ist nicht das erste Mal in den Pyrenäen, wie gesagt, die Pyrenäen haben Suchtpotential. Sie hat viel Zeit und will nach dem GR11 noch weiter laufen bis nach Santiago de Compostella.

 

Am nächsten Morgen brechen wir früh auf, erreichen am Nachmittag das Dorf Tavascan und dann abends den Weiler Lleret, wo es ein Gite geben soll. Gibt es auch, hat aber zu, also campieren wir in der Umgebung. Ein Schäfer kommt mit seiner Herde vorbei und bietet uns etwas von seinen Erdbeeren an, die er unterwegs geerntet hat. Wir kommen ins Gespräch: er ist aus Barcelona hier eingewandert und heute der einzige verbliebene Schäfer im Dorf.

 

Per SMS wissen wir inzwischen dass Beatrice bei einer Podologin war, die ihr den Zeh mit weniger invasiven Mitteln als der Doktor wieder in Ordnung bringen konnte. Wir verabreden uns schon für den nächsten Tag in la Guingeta d’Aneu. Um dorthin zu gelangen, müssen wir eine recht lange Etappe machen: mittags sind wir in Estaon, einem fast verlassenen Dorf. Hier ist niemand mehr außer einer Architektin aus Barcelona, welche im Sommer hier arbeitet und für den Bürgermeister das Gite verwaltet. Von ihr bekommen wir ein leckeres Mittagessen. Dann müssen wir noch 1.000m ansteigen um den Mont Caubo zu überwinden, erreichen dann das malerische aber verlassene Dorf Dorve mit toller Quelle, und steigen weiter ab nach La Guingeta d’Aneu.

 

Kurz vor dem Ortseingang erwartet uns Loreley auf einem Felsen am Wegesrand. Es ist Beatrice, und sie hat schon alles abgemacht: den Campingplatz, den Aperitif und den Tisch zum Abendessen. Am nächsten Tag geht es dann frühmorgens gemeinsam weiter nach Espot, wo wir mittags eintreffen und einen halben Tag Pause machen. In Espot können wir in einer Bar das Spiel Spanien gegen Deutschland verfolgen, was nur bei den Touristen auf Interesse stößt und kaum bei den Einheimischen: was geht es die Katalonen an wenn Spanien spielt („hoffentlich verlieren die“). Pech für die Katalanen: Spanien gewinnt (und wird später im Finale Weltmeister).

 

Aber kommen wir zu den wirklichen Attraktionen des Lebens: am nächsten Morgen brechen wir auf zum Frühstück im Dorf und dann zum See von Sant Maurici, einem beliebten Ausflugsziel im Nationalpark Aigues Tortes. Hier nehmen wir uns Zeit für einen Aperitif (seit Andorra haben wir Pastis dabei), und bewundern das Schauspiel, wie sich die Doppelgipfel der Sant Maurici Berge im gleichnamigen See spiegeln.

 

In diesem Nationalpark reihen sich Seen an Seen, alle über 2.000m hoch, es ist so wie ich mir Kanada vorstelle: eine Landschaft geprägt von Wäldern und Seen und mäandernden Bächen. Hier ist das Zelten streng verboten, also müssen wir weiter und schlagen etwa 6 oder 7 Seen später an einem weiteren See und Bach knapp außerhalb der Nationalparkgrenze unsere Zelte auf. Unser Bad im See nimmt ein schnelles Ende, weil plötzlich ein Gewitter naht. Am nächsten Morgen geht es weiter durch den Park, zunächst zum Frühstück ins Refugio Colomers, und einige Seen später zum übernachten – nach dem unvermeidlichen Bad im See – ins Refugio Restanca. Ab hier verlassen wir den Nationalpark Aigues-Tortes.

 

 

4.5 vom Aigues Tortes Nationalpark in den Ordessa Nationalpark

10.07.-17.07.2010 (8 Tage, 104 km) – von Katalonien nach Aragon

Es geht zunächst aufwärts über den Pass Port de Rius und dann hinunter ins Tal von Vielha. Im Hospital de Vielha, einem Refugio an der grenzüberschreitenden Nationalstraße, erbetteln wir uns ein Mittagsmenü (eigentlich hatten sie mittags geschlossen), und gehen dann weiter das Tal hinunter durch Wald bis zum tiefsten Punkt, einem Stausee an der Straße auf 1.430m Höhe. Hier verlassen wir Katalonien und betreten die Provinz Aragon, gehen durch schattigen Wald stetig bergan einem reißenden Bergbach entlang. An einem Picknickplatz schlagen wir unser Nachtlager auf und gehen früh schlafen, denn für den nächsten Tag stehen wieder hohe Berge auf dem Programm.

 

Wir steigen auf über mehrere Pässe zum Lago de Vallibierna (2.475m), teilweise mit langen Strecken durch Schneefelder. Weiter können wir nicht, denn schon wieder kommt ein Gewitter auf. Wir ziehen uns in eine Art Höhle zurück, und schlagen nach dem Gewitter unsere Zelte auf. Es ist wunderschön hier oben, mit dem See und den vielen Bächen, dem Vallibierna in den Wolken.

 

Am nächsten Morgen müssen wir weiter – teilweise wieder durch Schneefelder – zum Vallibierna-Pass (2.710m). Hier sind wir in Gesellschaft so einiger 3000er Gipfel, und der Aneto, mit 3.404m der höchste von allen, ist ganz in der Nähe. Über Schneefelder gleiten wir abwärts, klettern um einen See herum und wandern ab ins Tal zum Campingplatz Ixeia bei Benasque. Auf der Piste hinab ins Tal waren schwere Baumaschinen im Einsatz, denn das Gewitter vom Vorabend hat wohl so einiges angerichtet am Weg. In Benasque gehen wir einkaufen, essen, Karten verschicken. Es ist ein touristischer Ort am Ende vom Tal und fast dem Ende der Straße. Zum Glück, denn seit Jahrzehnten gibt es Bestrebungen die Straße durch einen Tunnel nach Frankreich fortzusetzen, was Naturschützer und lokale Bürger und sicher auch der Geldmangel erfolgreich verhindern konnten. So bleibt uns ein sehr schönes Tal als Sackgasse und Naturpark weiter erhalten.

 

Am nächsten Tag biegen wir ab ins Valle Estos, einem Tal in Ost-West-Richtung, dem wir sanft ansteigend über viele Wiesen mit Orchideen folgen. Einmal sichten wir sogar den seltenen Frauenschuh. Oberhalb des Refugio d’Estos zelten wir in einer von Bachläufen durchzogene Senke (die willkommene Einladung zum Baden). Nach dieser malerischen Kulisse kommen wir am nächsten Tag am Poseto vorbei, nach dem Vallibierna einem weiteren mächtigen 3000er Gipfel. Wir befinden uns im Regionalpark Maladetta-Poseto, wo wir vorbei an verblühten wilden Tulpen vorbei zur Viados-Hütte absteigen, um dort ein Mittagessen und den hausgemachten Patxaran Schnaps zu genießen (der wird auf Basis von Schlehen und weiteren Zutaten hergestellt).

 

 

Am nächsten Mittag und einige Pässe weiter sind wir in Bielsa, dem Tor zum ältesten Nationalpark der Pyrenäen, dem 1918 gegründeten Ordesa-Park. Wir essen etwas, machen unsere Besorgungen für die nächsten Tage und nehmen dann ein Taxi in den 15 km entfernten Circo de Pineta. Hier ist Ende der Straße, gebaut wurde sie für eine alte Luxusherberge, dem Parador Nacional de Pineta. 1.000m hoch ragen die Felswände des Kessels um uns herum in die Höhe, Wasserfälle stürzen aus großer Höhe hinunter. Jetzt wird es spannend, denn diese hohen Wände müssen wir überwinden, wenn wir von hier in den Park gelangen wollen. Das braucht Kraft, daher gönnen wir uns erstmal ein raffiniertes Abendessen im Parador, sicher der kulinarische Höhepunkt unserer gesamten Tour. Am Nachbartisch begrüßen uns die beiden Franzosen die wir schon am zweiten Tag am Mittelmeer getroffen hatten. Wir verabschieden uns von Ihnen, denn sie brechen die Tour hier ab, es gibt ein Problem daheim.

 

Im Morgengrauen brechen wir dann auf, und am frühen Nachmittag haben wir die 1.200 Höhenmeter zum Anisclo-Pass geschafft. Es ging teilweise steil und ausgesetzt bergauf, an einigen Stellen musste man Hand anlegen (Klettern 1. bis 2. Grad). Auf der anderen Seite erwarten uns atemberaubende Einblicke in den Anisclo-Canyon, bewaldet, eng und schluchtig. Einen Bachlauf entlang steigen wir über mehrere Terrassen abwärts ins Tal. Bei einem Wasserfall dieses Baches baden und zelten wir dann mitten in einer Wiese voller Edelweiß. Auch wilde Tulpen hatte es hier wieder, man sieht noch die verblühten Reste davon.

 

Der nächste Morgen begrüßt uns leider grau, die Sonne ist weg, die Wolken sind zurück. Es bleibt zwar trocken, aber mangels Sonne lassen wir den eigentlich geplanten Pausen- und Badetag ausfallen und steigen ab nach Fon Blanca, einem magischen Ort mit mehreren zusammentreffenden Wasserläufen, steigen von dort wieder an zum Collado Goriz, und nehmen auf der Goriz-Hütte ein Mittagessen ein. Die Goriz-Hütte ist der Ausgangspunkt für die (auch für Wanderer mögliche) Besteigung des Monte Perdido, mit 3.355m der dritthöchste Pyrenäengipfel. Ich erkundige mich in der Hütte: eine Besteigung ist dieses Jahr nur mit Steigeisen möglich wegen des immer noch vorhandenen Eises. Also steigen wir ab in den Ordesa Canyon, den ich zum ersten mal mit gelben Hängen wegen des noch blühenden Ginsters erlebe. Der Ordesa Canyon ist das Herzstück des Parks: hier hat das Wasser eine einzigartige Landschaft geschaffen, mit Wasserfällen, steilen Felswänden und Schluchten. Schon oft war ich hier, und jedes Mal bin ich von dieser Natur überwältigt. Hier wird vom Ort Torla aus der Zugang zum Park reglementiert über ein System von Nationalpark-Bussen, die nur so lange Besucher in den Park transportieren, bis das Maximal-Soll erreicht ist. Morgens stehen die Menschen bei gutem Wetter in Torla Schlange für den Bus. Wir profitieren von dem System und lassen uns am Ende des Canyons von einem Nationalparkbus nach Torla kutschieren. Hier verlässt uns Peter, der weiter reist Richtung Zaragoza, wo sein Flieger zurück nach Düsseldorf abgeht. Beatrice bleibt noch einen Tag länger, den wir gemeinsam in Torla genießen. Dann zieht auch sie weiter zum Mittelmeer, wo sie mit Sohn und der Schwester einen Badeurlaub gebucht hat. Ab hier beginnt der letzte Abschnitt der Traversierung, ohne meine beiden Mitstreiter.

 

 

4.6 von Torla nach Isaba

19.07.-23.07.2010 (5 Tage, 78 km) – von Aragon nach Navarra

Am späten Vormittag verabschiede ich mich von Beatrice, sie steigt in den Bus Richtung Süden, und ich nehme zu Fuß den Weg Richtung Norden zurück in die Berge. Mein Rucksack kommt mir jetzt so leicht vor, denn Peter und Beatrice haben alles mitgenommen was ich für das letzte Stück nicht benötige. Zügig steige ich bergan entlang des Flusslaufs, der mich von Torla nach San Nicolas de Bujaruelo führt.

 

Am Ende einer Staubpiste gibt es hier eine Hütte, einen Campingplatz, sowie eine alte Kapelle und eine römische Brücke über den Fluss. Nach einer Erfrischung im Fluss und dann in der Hütte folge ich weiter dem Wasser und zelte schließlich in 1.800m Höhe am Bachufer. Es ist ein anderes Wandergefühl, so ohne menschliche Gesellschaft. Man muss sich zwar nicht mehr abstimmen und kann daher Pausen machen oder weiterlaufen wie man gerade lustig ist, aber man hat auch niemanden mit dem man die schönen oder auch schwierigen Momente teilen kann, oder der einem beim Essen gegenübersitzt und dem man sich mitteilen kann.

 

Am Morgen geht es weiter bergauf, immer begleitet von Wasserläufen und Seen. Mittags steige ich ab nach Balneario de Panticosa, früher ein schöner alter Kurort, seit einigen Jahren leider Dauerbaustelle. Ein Investor hat den ganzen Ort gekauft und gestaltet ihn nach seinen eigenen Vorstellungen um. Wanderer kommen darin wohl nicht vor, denn die früher vorhandenen Einkaufsmöglichkeiten und selbst die Bar wurden geschlossen. Stehen geblieben ist das alte Grand Hotel (ebenfalls geschlossen), umgeben von modernen neueren luxuriösen Anlagen. Zum Glück ist das alte Refugio „Casa de Piedra“ noch da, dort bekomme ich immerhin eine warme Mahlzeit. Vor mir liegen noch zwei hohe und steile Pässe, der Cuelleo d’infierno (2.721m) und der Collado Tebarray (2.782m), und daher erkundige ich mich beim Hüttenwart, ob diese schneefrei bzw. gefahrlos passierbar seien. Er antwortet mir, dass es noch sehr viel Schnee gäbe und die Passage nicht ungefährlich sei, dass er Leute habe umkehren sehen, aber auch solche, welche ohne Steigeisen da durch gegangen seien.

 

Ich konsultiere die Karte und entscheide mich, die Stelle über den Cuello Panticosa (2.540m) und einen kleinen Schlenker durch Frankreich über den Col des Faches (2.664m) zu umgehen. Ich zelte unterhalb des ersten Passes am Ufer des Stausees von Bachimania. Auf dem Col des Faches liegt noch viel Schnee vom letzten Winter, aber die Schneefelder sind nicht steil, sodass ich am nächsten Morgen hier gut durchkomme. Am späten Nachmittag mache ich halt im modernen Refugio de Respumoso, der Himmel ist schon wieder voller schwarzer Wolken. Ich sage ja, zuerst zu einem frisch gezapftem San Miguel, und später zu einer Übernachtung. Abends geht das Gewitter dann los und hält die ganze Nacht über an.

 

Beim Frühstück regnet es noch immer in Strömen. Als gegen 09:00 Uhr der Regen kurz stoppt entscheide ich mich zum Aufbruch, zum nächsten Ort im Tal sind es schließlich nur 3 Stunden. Vor der Hütte erwartet mich die erste Überraschung: aus dem kleinen Rinnsal, welches ich gestern noch mühelos mit einem Schritt überquert hatte, ist ein reißender Bach geworden. Gut 2 Meter breit wälzt er sich über die Wiese. Ich nehme Anlauf, springe und bekomme zum ersten Mal heute nasse Füße. So wird es beim Abstieg noch öfter kommen, der Weg wird immer wieder von überquellenden Bächen versperrt. Zu allem Überfluss geht das Gewitter wieder los, vor und hinter mir blitzt und donnert es. Ich beflügele meinen Schritt talwärts, da stoße ich auf ein ernstes Hindernis: ein Bachlauf, in normalen Zeiten vielleicht 3 Meter breit und mit einer an Stahlseilen verankerten Metallbrücke als Querungshilfe versehen. Jetzt stellt es sich so dar: der Bach ist ein reißender Strom, ein Baum liegt verkeilt vor der Brücke, und diese wird von Wellen überspült und beginnt und endet außerdem mitten im Fluss. Blitz und Donner machen gerade Pause, ich stelle mich unter einen Baum und betrachte das Schauspiel des ungebändigten Wassers eine Weile. Die Wellen, welche die Brücke um ca. 50 cm überspülen, kommen in fast regelmäßigen Schüben. Zum Glück hat die Brücke ein Geländer, an dem man sich halten kann. Ich will nicht zurück zur Hütte und fasse mir ein Herz: nach einem Wellenschub stürme ich auf die Brücke, zwänge mich durch die Zweige des gestrandeten Baumes und gelange ans rettende Ufer. Nach den Füßen ist jetzt auch die Hose nass, egal, jetzt will ich nur noch in den Ort, den ich nach weiteren, weniger dramatischen, Querungen erreiche. Ich suche eine Pension auf, breite alles im Heizungsraum zum trocknen aus, kaufe mir ein Picknick und halte erstmal Siesta. Später trifft eine Seilschaft hier ein. Man schaut mich entgeistert an, und fragt wie ich denn hier sein könne, ich sei gestern doch auch auf Respumoso gewesen. Sie erzählen dass sie sich am Seil gesichert unter Zuhilfenahme von Baumstämmen über diesen reißenden Bach gebracht haben. Ich frage warum sie nicht die Brücke genommen haben. „Welche Brücke?“. Die Brücke lag irgendwo tiefer im Gelände, sie hatte dem Druck des Wassers und des Baumes nicht länger widerstanden. Ich danke meinem Schutzengel und gehe abends auf ein Konzert mit den „Inti Illimani historico“. In Sallent-de-Gallego ist jedes Jahr im Juli ein internationales Folklore Musikfestival.

 

Am nächsten Morgen strahlt die Sonne, meine Sachen sind wieder trocken, und nach einem gemütlichen Frühstück in der netten Pension geht es weiter. Ich bin jetzt froh, dass die ganz hohen Berge hinter mir liegen, ich muss nur noch über den Col de Izas (2.230m), Schneefelder sind da nicht mehr zu erwarten. Auf der anderen Seite empfängt mich eine milde Landschaft aus Wiesen übersät mit blühenden Lilien, Bachläufen, weiter unten mit auch Wald. Am Abend erreiche ich Canfranc.

 

Dieser Ort hat eine spezielle Sehenswürdigkeit, nämlich den größten Bahnhof Europas. Größe bezieht sich sicher nicht auf die Zugfrequenz, denn es fährt nur 2 mal täglich eine kleine Bahn talwärts, sondern auf das Bahnhofsgebäude selbst: es ist ein 250m langer Koloss, leider im Verfall begriffen. In Anwesenheit des spanischen Königs Alfonso XIII. wurde Canfranc Estacion am 18. Juli 1928 auf der neuen Strecke Madrid-Paris eingeweiht. Im Jahre 1970 wurde dann auf der französischen Seite nach einem Zugunglück mit Brückenschaden die Strecke unterbrochen und seitdem stillgelegt. Canfranc ist dadurch das Ende Strecke, an einem Dorf mit vielleicht 100 Häusern, und entwickelt sich forthin zum Geisterbahnhof, auch „Titanic der Pyrenäen“ genannt. Wenn man durch die Absperrung klettert, kann man im Inneren noch die opulente Stuckdecke bewundern. Wirklich schade, dass man dieses einst Völker verbindende Monument seit Jahren verkommen lässt.

 

4.7 von Canfranc nach Roncevalles

24.07.-29.07.2010 (6 Tage, 115 km) – Vom Hochgebirge ins grüne Navarra

Ich nutze den Bahnhof Canfranc und mache am nächsten Morgen einen Abstecher nach Jaca, dem Hauptort der Provinz. Mittags geht es mit dem Bus zurück, und ich steige noch auf bis zum Ibon d’Estanes (1.780m), wo ich bade und zelte. Seit dem heftigen Gewitter bei Sallent de Gallego hat es merklich abgekühlt, ein kalter Wind weht von Norden, aber es bleibt noch sonnig und trocken. Durch ein langes, wunderschönes Tal, welches der Rio Aragon mäandernd durchzieht, geht es stracks weiter gen Westen Richtung Mittelmeer. Nach Überwindung des Col de Piedraficha gelange ich ins nächste Tal und dort schließlich zum Camping Zuriza, sehr zu empfehlen und schön gelegen am Ende einer kleinen Straße. Hier ist es einsam, trotzdem gibt es alles: einen kleinen Laden, ein Restaurant, schattige Zeltplätze und warme Duschen.

 

Ich verlasse die Provinz Aragon und betrete Navarra. Hier spricht man bereits baskisch, und die Bewohner fühlen sich auch als Basken, denn nach ihrem Selbstverständnis ist Baskenland überall dort, wo baskisch gesprochen wird (Euskal Herria). Wahrscheinlich wollten die Macher des modernen Spaniens das Baskenland als Region nicht zu stark werden lassen und haben deshalb eigens die Provinz Navarra geschaffen und so vom Baskenland abgetrennt. Das baskische Volk und ihre Sprache sind so alt, dass die Ursprünge sich im Dunkel der Zeit verlieren, es gibt keine gemeinsamen Wurzeln mit dem indogermanischen Sprachraum. So antwortete einst ein Baske, vor dem sich ein stolzer französischer Marquis mit seinem langen Stammbaum von Ahnen brüstete: „Wir, Monsieur, wir stammen überhaupt nicht ab“.

 

Vor dem Mittelmeer ist noch ein imposantes Hindernis zu überwinden: der 2.050m hohe Pic Ezkaurri, ein steiles unwegsames Kalkstein-Ungetüm. Beim Abstieg muss man für leichte Kletterpassagen wieder Hand anlegen. Man kann den Ezkaurri auch umgehen (ist ausgeschildert), wenn man auf die tolle Aussicht dort oben oder auf die Kletterei verzichten möchte.

 

Ich komme nach Isaba, wo ich in einem Gite den Schlafsaal beziehe. Zufällig ist gerade Dorffest, und eine baskische Kapelle zieht musizierend umher. So wie auch die Katalanen haben die Basken Blasinstrumente, die ich so nirgendwo sonst gesehen habe, und deren Namen ich nicht kenne. Sie geben etwas schräge Töne ab, in etwa vergleichbar mit der Schweizer Guggemusik an Fastnacht. Am Abend wohne ich dem Kinderteil des Festprogramms bei,

                                                                                                        denn das Erwachsenenprogramm beginnt erst um

                                                                                                         24:00 Uhr.

 

Inzwischen teile ich den Gite mit einem jungen Mann aus Israel, der den GR11 in Gegenrichtung begeht. Nach gemeinsamen Frühstück trennen sich unsere Wege: er nach Osten, ich nach Westen. Die Berge und die Täler sind jetzt tiefer, begrünter, mit Weiden und Mischwald aus Buchen und Eichen. Unterwegs begegne ich einem jungen Wildschwein, welches sich mitten auf dem Weg zur Siesta hingelegt hatte und murrend abzieht, als ich mich nähere. Ich erreiche den Ort Ochagavia, wieder ein malerisches Dorf mit allem was man braucht. Ab hier hat man kürzlich die Wegführung des GR11 geändert, es ist noch nicht in den Führern erwähnt, dafür gibt es eine große Infotafel. Der offizielle Weg führt jetzt über das Plateau weiter, anstatt in den Wald von Iraty einzutauchen, dem größten zusammenhängenden Buchenbestand Europas.

 

Welchen Weg soll ich nun weiter gehen, den alten oder den neuen? Ich mache meine Entscheidung vom Wetter abhängig. Wenn die Sonne scheint, dann werde ich den kühlenden Schatten des Iraty-Waldes suchen. Wenn es aber wolkig ist und regnet, dann habe ich auf dem Plateau keine Fernsicht und werde im Wald von Iraty besser gegen Wind und Regen geschützt sein. Also Iraty.

 

Nach Ochagavia kommt zuerst das Santuario de Muskilda, ein magischer Ort mit alter Quelle und toller Aussicht. Von dort geht es überwiegend schattenlos weiter auf die Abodi Oeste (1.495m). Hier verlasse ich den neuen GR11 und tauche in den Wald von Iraty ein. Bei den Casas de Iraty, einem Infostand und Picknickplatz mitten im Wald, spricht mich eine junge Frau mit Rucksack an: ob ich auch den GR11 gehe. Sie ist Polin und geht den GR11 in Gegenrichtung. Wir tauschen Informationen über die weitere Wegführung aus. Ein junges Paar, welches mit Baby am Nachbartisch picknickt, fragt uns beide dann, ob wir Hunger hätten. Sie haben ihr leckeres Picknick nicht aufgegessen, und so machen wir uns dankbar über die Salate, die Koteletts und den Käse her. Wir trennen uns, und ich gehe weiter durch den Wald bis zum (verlassenen) Forsthaus von Iraty, nur wenige Meter vom Stausee entfernt. Neben dem Gebäude gibt es eine Nothütte für Wanderer, in gutem Zustand, und eine Quelle. Hier bleibe ich für die Nacht.

 

Am nächsten Morgen ist der Himmel mit Wolken verhangen und grau, ich schaue dass ich weiterkomme. Kurz vor dem Pass (jetzt nur noch um die 1.000m hoch) beginnt der Regen, leicht und nieselnd wie daheim im Rheinland. Er wird für den ganzen Tag mein ständiger Begleiter bleiben, mit kurzen Pausen zwischendurch. Ich picknicke in einer solchen Regenpause an der Fabrica de Orbaiceta, einer ehemaligen militärisch geschützten Munitionsfabrik aus dem letzten Jahrhundert, und gelange dann über neu angelegte Variantenwege am Ende des Tages nach Roncevalles am Jakobsweg. Noch bevor ich dort eintreffe stoße ich auf Pilger, offenbar mit familiärem Zusammenhang: der Mann vorneweg, die Frau in Begleitung ihrer Mutter ca. 100m dahinter. Noch bevor ich sie zu sehen bekam, waren sie schon eine akustische Störung: ich hörte lautstarkes Schimpfen, so als wären sie im heimischen Wohnzimmer.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Roncevalles ist ein traditionsreicher Ort am Jakobsweg, seit über 1000 Jahren werden hier die Pilger beherbergt. Der Ort ist auch bekannt dafür, dass hier im Jahre 778 der Ritter Roland auf dem Rückweg vom Feldzug Karls des Großen gegen die Sarazenen in einen baskischen Hinterhalt geraten ist, wobei er sein Leben lassen musste. Zuvor jedoch, der Sage nach, hat er sein magisches Schwert Durandart in die Ferne geschleudert, damit der Feind es nicht bekommt, und dieses habe die berühmte Rolandsbresche in das Massiv geschlagen (geografisch ist das ein 2.807m hoher Zugang von Gavarnie in Frankreich nach Spanien in den Ordessa Nationalpark). In Roncevalles gibt es einen uralten Orden (er betreibt die Pilgerherberge), ein Museum, eine Kirche und 2 Hotels. Ich meide die Pilgerherberge und suche gleich das Hotel auf. Peter und ich hatten in der Vergangenheit schon so unsere Erfahrungen mit der Herberge gemacht, und ich wollte mich nicht wieder einem Verhör durch den Pfarrer unterziehen, der jeden prüft, ob er denn auch ein (r)echter Pilger sei.

 

 

 

 

 

 

4.8 von Roncevalles zum Cabo Higuier (Feigencap) am Atlantik

30.07.-03.08.2010 (5 Tage, 102 km) – Ab ans Meer und hinein !

Dass es im Baskenland (und Navarra) oft regnet, ist normal, denn hier schlagen die vom Atlantik kommenden Wolken ihr Wasser ab. Die Landschaft ist daher immer grün und feucht, die Landwirtschaft floriert. Wenn es wärmer wäre würden hier sicher Regenwälder wachsen. Ausnahmsweise habe ich am nächsten Tag trockenes Wetter. Ich setze meinen Weg fort zum nur 2km entfernten Burguete, wo ich frühstücke und meine Vorräte auffrische. Ich folge meiner alten Wegbeschreibung des GR11, welche zunächst mit dem Jakobsweg parallel geht. Ich werde immer wieder von Mountainbike-Pilgern mit Gepäck überholt, welche mir im Vorbeifahren ein „Buen Camino“ zuraunen und dann in die Pedale treten. Ich finde nur alte verblasste GR-Markierungen, und der laut Karte vorhandene GR11-Abzweig vom Jakobsweg ist nicht markiert und obendrein mit Stacheldraht versperrt. Ich verlasse mich auf meine Beschreibung und nehme den Abzweig trotzdem, ich will nicht noch bis Santiago de Compostella laufen, jedenfalls nicht in diesem Jahr. Prompt verlaufe ich mich im Wald, finde schließlich einen breiten Weg, den ich auf der Karte identifizieren kann als GR11, und folge diesem. Was ich nicht wusste, war, dass man ab Burguete erneut die Wegführung geändert hatte, anscheinend wollte man Jakobspilger und GR11-Wanderer voneinander trennen. Nach diversen Irrwegen komme ich zum Refugio de Sorogain, welches definitiv wieder am GR11 liegt und leider ebenso definitiv aus nicht näher ersichtlichen Gründen für unbestimmte Zeit geschlossen hat. Stattdessen gab es einen Infostand der Region, die fürs Wandern warb, was mich leider nicht satt machen kann. Zum Glück habe ich seit Burguete genügend Vorräte und picknicke stattdessen. Etwas weiter kommt ein sehr schönes Seitental wo ich meine Wäsche im Bach wasche, Siesta halte und die Nacht verbringe. Zwei Luxemburger ziehen vorbei, in Gegenrichtung auf dem GR11 unterwegs. Ich beschließe, eine Statistik zu führen: wir haben bis jetzt als Nationen Tschechien, Israel, Spanien, Frankreich, Polen, Deutschland, Holland und Luxemburg. Die Mehrzahl ist alleine unterwegs, am zweithäufigsten sind Gruppen zu zweit.

 

Auch am nächsten Tag bleibt es trocken, aber die Wolken häufen sich wieder. Es kommt eine recht lange Etappe, unterwegs begegne ich zunächst einem Engländer und dann einer Gruppe von ca. 40 Geiern, welche die Lufthoheit über eine große Schafherde ausüben. Sie kreisen darüber oder hocken darum herum, jeder Vogel beeindruckend groß wie ein Schäferhund. Die Geier warten geduldig, ihre Zeit wird kommen. Irgendwoher wissen sie, dass die Tage eines Schäfchens der Herde anscheinend angezählt sind.

 

Am Abend nehme ich in Elizondo, einem schon größeren Ort mit allem was man braucht, ein Zimmer in einer Pension. Hier zieht eine Musikgruppe durch die Straßen, die so etwas spielt wie baskischen Jazz und eine tolle Stimmung verbreiten. Der nächste Tag beginnt mit Nebel. Die Wolken sind bis nach unten gesunken, alles ist feucht, die Sicht eingeschränkt. Es ist unheimlich wie in einem Herr-der-Ringe-Szenario, ich steige durch mannshohe Farnwiesen an und gelange an ein Törchen mit einer Inschrift, die vor Schießübungen warnt. Einen Umweg gibt es nicht, also gehe ich weiter und hoffe dabei, dass ich im Nebel eine schlechte Zielscheibe abgebe. Etwas später lüftet sich der Nebel, und tatsächlich höre ich es dann in der Ferne knallen. Ich danke meinem Schutzengel und setze meinen Weg durch allerlei stacheliges Gestrüpp, Ginster, Frankraut und schließlich Wald fort.

 

Regentropfen sammeln sich malerisch in Spinnennetzen, zwischendurch nieselt es immer wieder, es ist wie daheim im Rheinland. Ab dem Spätnachmittag halte ich nach einer Bleibe für die Nacht Ausschau, denn im Regen möchte ich mein Zelt nicht aufstellen: zwei Herbergen an Straßen die ich kreuze sind geschlossen. Am Col de Lizarietta hat eine Bar/Tienda offen: ich bestelle ein Bier und warte bis die Bar schließt und die Besitzer ins Tal fahren.

 

 

Dann inspiziere ich das leerstehende ehemalige Zollgebäude gegenüber und schlage drinnen meine Matratze auf. Ich bin gerade fertig mit meinem Abendmahl, da schrecke ich hoch, denn aus der Dunkelheit höre ich Schritte, jemand geht mit Bestimmtheit und einer Taschenlampe auf das Gebäude zu. Als die Person mich durch die Scheibe sieht, erschrickt sie ebenso wie ich, es ist eine junge Wandersfrau, ganz alleine unterwegs. Mit einer Geste lade ich sie ein, auch hineinzukommen. Ich erkläre ihr, dass dies das Zollgebäude sei, und ich deshalb den Personalausweis zu sehen begehre, und ob sie Waren anzumelden habe. Sie ist des Französischen nur bedingt mächtig und versteht meinen Scherz nicht. Ich erfahre sie ist Slowakin und auf dem GR11 ein Stück unterwegs, so zum sehen, ohne großen Plan. Sie ist praktisch veranlagt, denn schon hat sie ihr Zelt zum Trocknen ausgebreitet. Es regnet die ganze Nacht, ich bin froh über das schützende Dach des Zollhauses.

 

Am nächsten Morgen ist es erstmal trocken und ich gehe weiter Richtung Küste. Am späten Vormittag komme ich nach Vera-de-Bidasao, hier ist offenbar gerade das Stadtfest. Ich frühstücke, kaufe ein und strebe dann den übrigen Menschen in Festtracht nach, um zu sehen was abgeht. Auf dem Rathausplatz wird pünktlich um 12:00 Uhr mit Kanonenschüssen das Fest eröffnet. 3 Meter hohe Riesenpuppen in denen Menschen stecken, sogenannte „Gigantes“, tanzen auf dem Platz, und Cava und Wein fließen in Strömen. Am Rathaus hängen baskische Fahnen und Transparente mit Parolen auf baskisch (wir sind immer noch in Navarra wohlgemerkt). Sie zeigen eine Faust die eine Landkarte zerquetscht, diese sieht aus wie die Provinz Navarra. Ich frage einen biertrinkenden Festteilnehmer, ob er mir übersetzen könne was dort steht. Er druckst herum und behauptet, er verstünde es selbst nicht. Ich frage den nächsten, dieser meint das sei politisch und ohne Belang. Ich werde neugierig und frage weiter, bis einer es mir so erklärt: dies bedeute in etwa, dass die Zentralregierung schlecht wirtschafte und deshalb den Druck auf das Baskenland erhöhe. Das kommt mir bekannt vor, nur dass selbst im Rheinland kein Bürgermeister es wagen würde, so etwas über die Bundesregierung am Rathaus auszuhängen - außer vielleicht an Karneval. Jetzt ziehen die Musikgruppen mit den Gigantes durch die Straßen, und ich versuche in einer Tapas-Bar noch etwas Essbares zu bekommen. Es gibt nur Kalamares, fettige Tintenfischringe, die ich mit reichlich Bier hinunterspüle. Es hilft nichts, von nun an wird mich ein rumorender Magen bis zum Meer verfolgen, das nicht mehr weit weg ist.

 

Hinter Vera-de-Bidasao beginnt auch das offizielle Baskenland, die Provinz Pais Vascos. Einige Auf- und Abstiege und mehrere Regenschauer weiter suche ich nach einem Schlafplatz. Ich finde eine Nothütte und mehrere ganz neue Picknicktische (weitere sind noch im Bau), und ich bin entsetzt darüber wozu Menschen fähig sind. Diese Nothütte ist total unbrauchbar gemacht worden, vermutlich wegen der nahe gelegenen Straße, denn hier kann man allenfalls stehend in den Exkrementen diverser Spezies ein Gewitter überdauern, mehr nicht. Bevor man weitere Picknickstellen ausbaut muss eine öffentliche Toilette her, soviel ist klar.

 

Ich ziehe weiter, das ist mein Glück, denn plötzlich tut sich ein unverbaubarer Ausblick auf: ich blicke auf das Meer hinunter, auf die Bucht von Hendaye, und auf das nahe gelegene Irun. Hier schlage ich sofort mein Zelt auf, es ist mit jetzt egal, dass es immer wieder durch vorübergehende Schauern nass wird, denn ich habe vor der untergehenden Sonne und später mit nächtlicher Beleuchtung durch die Küstenorte mein Ziel der letzten Wochen plötzlich direkt vor Augen, ein Anblick der mich fast besoffen macht.

 

Am nächsten Morgen steige ich ab nach Irun. Hier verliert sich bald die Markierung in der Stadt, und am Mittag bin ich tatsächlich am Ziel, dem Feigencap als westlichsten Punkt der Pyrenäen. Ein Bad im Meer und ein feines Fischessen schließen die Tour ab, auch wenn die Erlebnisse dieser Reise noch lange nachwirken werden.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

5. Nützliche Informationen

 

5.1 Führer, Literatur, Karten, Weblinks

 

[1] FFRP Topo-Guides GR 10, 4 Führer für den ganzen Weg.

Kurzkritik: Bester Führer für GR10, in Französisch, komplett mit Kartenauschnitten.

 

[2] Jean-François Rodriguez: „La Senda – Grande Traversée des Pyrénées espagnoles

par le GR 11“, Rando Editions, 2009.

Kurzkritik: Bester Führer, in Französisch, komplett mit farbigen Kartenauschnitten.

 

[3] Georges Véron: „Haute Route Pyrénéenne“, Rando Editions, 2007.

Kurzkritik: Kompetenter Führer, in Französisch, mit Kartenauschnitten.

 

[4] François Meienberg „Zu Fuss durch die Pyrenäen“, Rotpunkt-Verlag, Zürich

 

[5] Hartmut Stahn: „Pyrenäenweg GR11 - Outdoor Reihe, Conrad Sein Verlag
Kurzkritik: Einziger Führer in Deutscher Sprache, leider lückenhaft und ohne Karten.

 

[6] IGN Kartenserie 1/50.000 zu den Pyrenäen

 

[7] Kurt Tucholsky: „Ein Pyrenäenbuch“, Berlin 1927.

 

[8] Andorra: siehe z.B. http://de.wikipedia.org/wiki/Andorra

 

[9] Canfranc:  Baunetz Woche 212
www.canfranc.de und www.canfranc.ch

 

5.2 Anreise

Die Pyrenäen sind an folgenden Punkten mit der Bahn & Bus erreichbar:

·            Bahnhöfe von Hendaye & Irun am Atlantik

·            Bahnhof Canfranc (von spanischer Seite aus, von Frankreich gibt es einen Bus)

·            Bahnhof Lourdes (weiter mit dem Bus nach Luz-St-Sauveur und Gavarnie)

·            Bahnhöfe La-Tour-de-Carol und Puigcerda (5km auseinander) in der Cerdanya

·            Bahnhöfe Banyuls und Llanes am Mittelmeer

Flughäfen gibt es auf französischer Seite in Bordeaux, Toulouse und Perpignan. In Spanien in Zaragossa, Girona und Barcelona.

Auf spanischer Seite gibt es in so manche Dörfer Busse. Informationen findet man auf der Website der Busunternehmen, z.B. bei www.alosa.com.

 

5.3 Klima

Auch im Sommer muss mit teilweise heftigen Gewittern einsclißelich Hagel gerechnet werden. Die Temperaturen können je nach Wetter und Tages-/Nacht-Zeit zwischen Null und 30 Grad variieren.

 

6. Tabellarische Etappenübersicht

 

2.7.

 -> Coll d'Ordino (1.980m) -> Abzweig 1.360m -> Ordino(R,G,Ho,B) -> La Cortinada (R,Ho,B,C; 1.320m)

C,Ho,R

12

5h00

1.050

950

3.7.

 -> Arans (R,Ho,B; 1.360m) -> Coll (1.965m) -> Arinsal (R,Ho,G,B; 1.460m) -> Col Coma Pedrosa (2.230m) -> Ref. Coma Pedrosa (H, 2.260m)

Ho,R,G,H

10

6h30

1.460

550

4.7.

 -> Estany Negre (2.629m) -> Port Balau (2.757m) -> Ref. Montfort (A, 2.517m) -> Aguas Tortes -> Pla de la Selva (1.700m) -> Areu (Ho,C,G,R; 1.225m)

C,Ho,R,G

14

6h30

600

1.150

5.7.

 -> Bordes Costuix (Q, 1.700m) -> Coll de Tudela (2.243m) -> Boldis Sobira (Q, 1.480m) -> Tavascan (Ho,G,R; 1.120m) -> Lleret (H,1.400m)

Ho,R,G

28

8h15

1.000

1.700

6.7.

  -> Coll (1.820m) -> Bordes Nibros (1.480m) -> Estaon (H;1237m) -> Caubo (2.207m) ->Dorve (Q;1.380m) -> La Guingeta d'Aneu (R,Ho,C,B; 940m)

R,Ho,C,B

20

9h30

1.860

1.920

7.7.

 -> Jou (1.306m) -> 2km Asphalt -> Estais (Q;1.430m) -> Espot (Ho,C,G,R; 1.320m);        ----1/2 Tag Pause für Espot ----

C,Ho,R,G

10

3h30

590

200

8.7.

 -> Estany de Sant Maurici (1.910m) -> Port de Ratera (2.534m) -> Estany Obago (2.236m) -> Rio (2.180m)

 -

12

5h30

1.260

450

9.7.

 -> Ref. De Colomers (H, 2.100m) -> Port de Caldes (2.570m) -> Port de Crestada (2.470m) -> Ref. Restanca (H,2010m)

H

10

5h30

500

700

10.7.

 -> Port de Rius (2.320m) -> Hospice de Vielha (H,1.630m) -> Ref. Conangles (H,1.550m) -> Stausee (1.430m) -> Picknicktisch (1.650m)

H

14

6h15

450

700

11.7.

 -> Anglios (A,2.220m) -> Col (2.520m) -> Lac de Vallibierna (2.475m)

 -

9

4h30

1.000

50

12.7.

 -> Col de Vallibierna (2.710m) -> Puente de Coronas (A;1.980m) -> Camping Ixeia (C,R;1.280m) <-> Ausflug nach Benasque (Ho,G,R,B; 1.100m) 

Ho,C,R,G,B

15

6h00

300

1.500

13.7.

 -> Ca. Ste Anna (A, 1.500m) -> Ref. d'Estos (H; 1.890m) -> Seitental (2.120m)

H

14

4h30

660

750

14.7.

 -> Port de Gistain (2.590m) -> Ref. de Viados (H; 1.760m) -> Els Plans (C;1.550m) -> Q -> Bordes Licierte (A;1.760m)

H

13

5h00

800

940

15.7.

 -> Las Collas (1.850m) -> Paso los Caballos (2.326m) -> Centrale -> Parzan (1.145m) -> Bielsa (G,R,Ho) (Taxi) -> Circo de Pineta (Ho,R,C; 1.290m)

Ho,G,R,B

16

6h00

800

1.415

16.7.

 -> Wasserfall -> Abzweig Faxa Tormosa (1.850m)  -> Collado Anisclo (2.440m) -> Wasserfall (1.900m)

 -

7

6h00

1.200

600

17.7.

 -> Fon Blanca (A; 1.600m) -> Col (2.329m) -> Ref. Goriz (H;2.160m) -> Circo Soaso (1.760m) -> Ordessa (R;1.300m) -(Bus)-> Torla (R,G,Ho,C,B; 980m)

Ho,R,G,C,B

16

7h00

730

1.650

18.7.

    ----- Pause für Harald und Beatrice, Rückreise für Peter --------- (Rückreise Beatrice am Mo Mittag)

 

0

0

0

0

19.7.

 -> Puente (920m) -> P. los Navarros (1.060m) -> Camping -> San Nicolas de Bujaruelo (C,H;1.338m) -> Cab. d'Ordiso (A;1.580m) -> Cab. (A;1.800m)

H,C

20

5h00

920

100

20.7.

 -> Col de Brazato (2.550m) -> Embalso de B. (2.360m) -> Balneario de Panticosa (H,Ho,R,G,B; 1.640m) -> Embalso Bachimania (A; 2.210m)

Ho,H,R,B

16

6h30

1.490

910

21.7.

 -> Cuello Panticosa (2.540m) -> Lac des Faches (2.400m) -> Col des Faches (2.664m) -> Campo Plano -> Ref. De Respumoso (H;2.200m)

H

12

5h30

600

780

22.7.

 -> Sallent de Gallego (Ho,R,G,B;1.300m) -> Lanuza (Musikfestival)

Ho,G,R,B

10

3h00

0

900

23.7.

 -> Formigal (1.500m) -> Mittelstation (1.860m) -> Col de Izas (2.230m) -> Cab. d'Iseriras (A;1.620m) -> Canfranc Estacion (Ho,R,G,E; 1.140m)

Ho,R,G,C,E

20

7h15

970

1.130

24.7.

 -> Ausflug(E) nach JACA (G,Ho,R;E) -Bus-> Candanchu (Ho,H,R,B;1.550m) -> Col de Causiat (1.630m) -> Ibon d'Estanes (1.780m)

Ho,H,R,B

12

8h00

850

760

25.7.

 -> Col 1.900m -> Port l'Escale (1.665m) -> La Mina (A;1.250m) -> Col Piedraficha (1.960m) -> Taxeras (A;1.410m) -> Zuriza (C,G,R;1.230m)

C,H,R

17

8h00

850

760

26.7.

 -> Collado Arguibiela (1.400m) -> Col d'Abizondo (1.640m) -> Pic Ezkaurri (2.050m) -> Ibon Ezkaurri (1.680m) -> Col (1.690m) -> Isaba (Ho,R,G,H; 820m)

Ho,R,G,H

17

7h30

1.070

1.480

27.7.

 -> Ermita Idoya -> Col (1.365m) -> Col del Cabezo de Barangada (1.330m) -> Zopotrea (1.300m) -> Ochagavia (Ho,C,R,G,B;780m)

Ho,C,R,G,B

23

6h00

700

740

28.7.

 -> Santuario de Muskilda (1.010m) -> Borda de Botin -> Las Alforjas (A;1.430m) -> Abodi Oeste (1.496m) -> Casas de Irati (860m) -> Ref. Forestal (A,840m)

 -

19

6h30

650

570

29.7.

 -> Puente (A;825m) -> Collado Morate (1.060m)  -> Collado d'Orion (970m) -> Fabrica de Orbaiceta (Q;840m) ->GRT8 - GRT7 -> Roncevalles(Ho,R;950m)

R,Ho

27

8h00

650

500

30.7.

 -> Burguete(Ho,G,R;898m) -> Mendiaundi (1.216m) -> Vall Erro / Ref. De Sorogain (840m) -> Valle d'Odia (900m)              ----- 1/2 Tag Pause ------

Ho,G,R

14

4h30

360

360

31.7.

 -> l'Iturrumburru (1.300m) -> Col de Urkiaga (912m) -> Abri (1.100m) -> Col de Bustalmorro (1.180m) -> Col 940m -> Col 960m -> Elizondo (Ho,R,G,B;200m)

Ho,R,G,B

25

8h00

800

1.325

1.8.

 -> C. d'Inaberri (795m) -> Col d'Esquisaroy (518m) -> C. Palomeras (R;610m) -> Col de Nabarlatz (477m) -> Col Lizarrieta (R;441m)

 -

22

7h30

1.200

950

2.8.

 -> Vera de Bidasao (Ho,R,G,B;60m) -> Col 417m -> Ola-Berri (R; 220m) -> Col d'Urgain (500m) -> Collado Erlaitz (A;460m)

Ho,R,G,B

27

8h30

800

750

3.8.

 -> Irun (Ho,R,G,C,B;0m) -> Fuenterrabia (Ho,R,G,C,B;20m) -> Cabo Higuier (R,C; 0m)

Ho,R,G,C,B

14

4h30

60

500

 

 

 

 

 

 

 

 

Legende:  H=bewirtschaftete Hütte oder Gite; G=Geschäfte; C=Campingplatz; R=Restaurant; oG=ohne Gepäck

 

 

 

 

 

 

                          Ho=Hotel, B=Bustransfer,  E=Eisenbahn Bhf, Q=Quelle, A=Abrigo (Nothütte,Unterstand)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Gehzeit: reine Gehzeit mit Leichtgepäck (lt. Führer), ohne Pausen usw.   -   Ausflüge / Sehenswürdigkeiten kursiv

 

 

 

 

 

 

Fotos: Harald Vielhaber

 

1. Teil erschienen in "Wege und Ziele" Zeitschrift des Vereins

Netzwerk Weitwandern e.V. Ausgabe 35 - August 2011

 

 

Wanderungen auf küstenahen Pfaden rund um Ibiza

 

 Von Hans Losse

 

Ibiza war bis 1950 eine arme Insel, deren Bewohner von der Landwirtschaft und Fischerei lebten. Die ersten Besucher waren Künstler und Literaten. Später entdeckten die Hippies die magische Insel. Es folgten die Reichen und Schönen. Auch Pauschaltouristen kamen nach der Eröffnung des Flughafens (1958) auf kleine aber feine Baleareninsel. Seit 1987 wird auf Ibiza auch gewandert. Zahlreiche Wanderungen habe ich in den drei Auflagen meines im Sunflower Verlag, London erschienenen Führers beschrieben. Die meisten Tagestouren verlaufen ganz oder in Teilstücken auf Küstenpfaden. Um eine komplette Rundwanderung um die Insel zu erhalten, habe ich die letzten noch fehlenden Abschnitte im Frühjahr 2011 erkundet. Die Gesamtlänge dieses Küstenweges beträgt ca. 241 km.

 

Wer die Wanderungen nachgehen möchte, sollte sich auf der kleinen Insel morgens zum Ausgangspunkt fahren und am Nachmittag wieder abholen lassen. Man kann auch ein Taxi für die An- und Rückfahrten bestellen  -  für die Rückfahrt am besten per Handy. Bei vier Personen ist der Preis nicht höher als der Busfahrschein. Busverbindungen gibt es nur in wenigen Fällen. Man sollte vielleicht nicht unbedingt den Ehrgeiz haben, alle Etappen der Reihe nach abzuwandern. Man kann sich durchaus einige Etappen in der Nähe seines Aufenthaltsortes oder Etappen mit geringen Anforderungen herauspicken. Wer dennoch die Inselumwanderung in einem Guss mit Übernachtungen an den Etappen gehen möchte, kann in folgenden Orten übernachten: Santa Eularia, Es Cana, Can Jordi, Es Figueral, Cala de Sant Vicent, Portinatx, Port de Sant Miguel, Sant Antoni, Cala Moli, Cala Vedella, Es Cubells, Sa Canal, Eivissa, Talamanca, Cala Llonga. Problematisch sind allerdings die Öffnungszeiten der Hotels in den Wandermonaten Oktober bis April. Hierzu muss man unbedingt die Auskünfte aus dem Internet einholen. Wer keinen Fahrer mit Mietwagen hat, dem möchte ich die beiden preiswerten Übernachtungsmöglichkeiten in Santa Eularia (Sa Rota und Buenvista Hostel) und die An- und Rückfahrt per Taxi zu viert empfehlen.

 

Die Etappenlängen sind bewusst kurz gehalten, um auch dem wenig geübten Wanderer die Inselumrundung per pedes zu ermöglichen.  Unerfahrene und wenig trainierte Wanderer sollten allerdings lieber einige von Rolf Hürten und mir in unseren Büchern (s. u.) beschriebene Wanderungen unternehmen, bevor sie sich auf das Abenteuer einer Inselumrundung einlassen. Erfahrene und starke Wanderer schaffen dagegen zwei oder manchmal auch drei Etappen an einem Tag. Die Insel mit Biwaksack, Schlafsack und vollem Gepäck zu umwandern, ist natürlich auch möglich. Dies ist aber wohl jungen und abenteuerlustigen Weitwanderern vorbehalten. Das freie Zelten ist auf der Insel wg. der Waldbrandgefahr verboten. Wasser muss mitgeführt und täglich ergänzt werden; es gibt keine Brunnen am Meer. Waschen kann man sich im Meer. Und man darf natürlich wegen der Waldbrandgefahr kein Feuer machen. Die Beschreibungen der Etappen sind nicht so ausführlich wie in der Wanderliteratur (Hürten, Losse, s. u.). Sie setzen eine gewisse Erfahrung im eigenständigen Wandern voraus.

 

Zur Ausrüstung im Tagesrucksack sollten die genaue Karte des neunblättrigen Kartenwerks Mapa Topográfico de Espagna (1:25000), ein Kompass und ein Handy gehören. Die Kompass-Karte No 239 (1:50000) leistet aber auch gute Dienste. Das neunblättrige Kartenwerk erhält man z. B. bei Vorbestellung in der internationalen Buchhandlung Libro Azul in Santa Gertrudis (www.libro-azul-ibiza.com). Die Kompass-Karte hat die Buchhandlung vorrätig. Wer noch etwas küstennähere Varianten sucht, sollte ein GPS-Gerät dabei haben. Es gibt durchaus noch Wege, die noch dichter an der Küste verlaufen, die aber im Laufe der Zeit zugewachsen sind oder über Privatbesitz führen. An einigen Stellen habe ich die UTM-Koordinaten angegeben. Wer ein GPS-Gerät dabei hat, hat also einige zusätzliche Orientierungspunkte. Der Anzeigegenauigkeit von einem Meter steht die Messungenauigkeit von zehn Metern gegenüber. Die Satelliten fliegen schnell. Die letzten zwei Ziffern können also durchaus variieren.

 

Eine einheitliche Markierung für den hier beschriebenen Wanderweg gibt es natürlich noch nicht. Es gibt aber verschiedene Markierungen, da ja seit 1987 auf Ibiza gewandert wird. Vor der Motorisierung wurden die Wege der Einheimischen mit roten Punkten markiert; diese Markierungen findet man kaum noch. Mit blauen gleichschenkligen Dreiecken hat der 2010 verstorbene Wanderfreund Rolf Hürten zahlreiche Wege markiert. Grüne oder grün-weiße Wegzeichen (Striche oder Dreiecke) stammen vom lokalen Wanderverein Ibizacaminante. In der Gemeinde San Juan stehen Holzpfosten mit Zielen und Kilometerangaben an den Wanderwegen. Gelegentlich findet man auch gelbe und ältere blaue Markierungen, deren Ursprung mir noch unbekannt ist. Gut markiert sind die Fahrradrouten, die aber auch von Wanderern genutzt werden können. Eine Trennung von Rad- und Wanderwegen ist auf Ibiza nicht erforderlich. Die Anzahl der Anhänger dieser beiden schönen Sportarten ist auf der Insel noch gering. Es gibt auf Ibiza aber schon drei Wandergruppen: Die Ibizacaminante, ein Verein mit ca. 60 Mitgliedern, die sich regelmäßig zu Wanderungen treffen. Dann eine deutschsprachige Wandergruppe, die von dem Schweizer Josef Zimmermann geführt wird. Die Veranstaltungen werden im Magazin Ibiza HEUTE monatlich angekündigt. Schließlich treffen sich englischsprachige Residents auch regelmäßig zu gemeinsamen Touren.

 

Das Netz von Wanderwegen wächst ständig. Leider sind die Markierungen nicht einheitlich. Obsolet sind die um 1990 errichteten Pfähle der Falkenrouten. Die Wege, an denen sie stehen, sind heute überwiegend asphaltiert und meist Bestandteil von Radwegen geworden. Eine gedruckte Übersicht über alle mit hohem finanziellem Aufwand seinerzeit errichteten Falkenrouten gibt es vermutlich nicht mehr. Ich habe damals dringend von dem teuren Vorhaben abgeraten.  

Wertvolle Tipps zu den Wanderungen verdanke ich meinem Schweizer Wanderfreund Leo Inäbnit, der sich ebenfalls seit vielen Jahren um die Wanderrouten auf Ibiza bemüht. Leo arbeitet mit mir an weiteren möglichst noch küstennäheren Pfaden unserer Inselumrundung.

 

Wanderliteratur gibt es auf Ibiza seit 1989. Vergriffen und nur noch antiquarisch erhältlich sind die ersten beiden 1989 und 1995 erschienenen Auflagen meines bei Sunflower Books, London auf deutsch, englisch und spanisch veröffentlichten Buches "Landschaften auf Ibiza und Formentera". Aktuell ist die 2007 nur auf englisch erschienene Ausgabe "Ibiza and Formentera  -  car tours, cycle tours and walks", ISBN 978-1-85691-330-0. Restbestände der älteren Auflagen gibt es noch vereinzelt in einigen Buchhandlungen auf der Insel. Vergriffen sind ebenfalls die bei Ibiza HEUTE um 2000 erschienenen drei Wanderheftchen "Ibiza Wanderführer" meines verstorbenem Wanderfreundes Rolf Hürten. Sein Band "Ibiza  -  37 Wanderungen" aus dem letzten Lebensjahr des Autors (2010) ist natürlich hochaktuell (ISBN 84-607-4227-2). Noch im Handel ist auch das im Bergverlag Rother 2003 erschienene Buch "Ibiza und Formentera  -  Die schönsten Tal- und Höhenwanderungen". Bei diesem Titel handelt es sich allerdings um ein Plagiat der zweiten 1995 erschienenen Auflage meines Führers. Es ist etwas überholt aber noch brauchbar. Für Wanderer ebenfalls gut geeignet sind die Mountainbike-Fahrradrouten "IBIZA BIKE AREA". Diese von Ibiza Travel 2008 herausgegebene Loseblattsammlung ist kostenlos bei den Informationsbüros erhältlich.

 

Dann gibt es noch eine weitere von der Gemeinde Santa Eularia herausgegebene Loseblattsammlung von 12 Radrouten. Die mit dem hohen Schwierigkeitsgrad bezeichneten Touren für Mountainbiker sind für den Wanderer auch gut zu nutzen.

Und schließlich ist die Gemeinde San Juan dabei, die Wanderwege in exzellenter Weise zu markieren und zu beschreiben. An quadratischen Holzpfählen sind Ziel, Weglänge und Gehzeit angegeben. Flyer mit allen Routen können unter  www.santjoandelabritja.com  kostenlos heruntergeladen werden.

 

Von den allgemeinen Führern über Ibiza erscheint mir der von Thomas Schröder im Michael Müller Verlag erschienene Titel "Ibiza und Formentera" am geeignetsten.

 

Nach diesem langen Vorspann nun endlich zu der Inselumrundung per pedes:

 

1. Etappe  Von Santa Eularia nach Es Canar (Karten 799-I und 773-III)

Diese kurze Etappe (ca.7 km) ist kaum mehr als ein etwas längerer Spaziergang.

 

In etwa zwei Stunden wandert man von einem Küstenort zum nächsten. Am östlichen Ende der Promenade zweigt man bei der Werftanlage und dem Hotel Estaques zum Meer ab. Durch ein Parkgelände steigt man auf einem steinigen Küstenpfad zu einem Betonweg an. Auf der anderen Seite des 33 m hohen Hügels geht es steil zur Hotelanlage Sol Ibiza hinab. Man kann auf der Meerseite des Hotels vorbeigehen. Danach führt der Pfad durch weitere Hotelanlagen hindurch oder an ihnen meerseitig vorbei. Danach werden mehrere Buchten passiert: Playa Niu Blau, Cala Pada, Cala Martina. Vor der in den Wintermonaten geschlossenen Anlage Punta Arabi biegt man vor den Villen nach links zur Straße. Durch den Ort wandert man bis zur Busstation bzw. Taxenstand.

 

2. Etappe  Von Es Canar zur Cala Mastella (Karte 773-III)

Diese ebenfalls kurze Etappe (ca.6 km) führt über die Buchten Cala Nova und Cala Llenya. Gelegentlich müssen Hotels, Villen und Appartementanlagen landseitig umgangen werden.

 

Von der Cala Llenya steigt man eine Treppe zur Feriensiedlung Can Jordi hinauf. Zur Wanderzeit von Oktober bis April ist es aber sehr ruhig hier. Die Anlagen sind dann unbewohnt. Von Can Jordi wandert man auf einem asphaltierten Weg zur fjordähnlich eingeschnittenen Bucht Cala Mastella. Das berühmte Fischrestaurant ist im Winter geschlossen.

 

3. Etappe  Von der Cala Mastella zur Platja des Figueral (Karte 773-III)

Diese etwas längere Wanderung (ca.12 km) führt leider landseitig um den Puig d'en Mestra und die Serra des Llamp herum. Hier auch einen möglichst küstennahen Pfad zu kreieren, bleibt ein Fernziel.

 

Von der Cala Mastella wandert man auf dem asphaltierten aber kaum befahrenen Weg zur Cala Boix. Es gibt auch einen abenteuerlichen Küstenpfad über die Felsklippen, der aber vor einem Privatgrundstück auch auf den asphaltierten Weg führt. Von der Cala Boix folgt man teilweise der Radroute 5. Sie wurde von der Gemeinde Santa Eularia gut markiert. Vor der Bucht Pou des Lleó machen wir aber einen Abstecher nach Osten zum Torre d'en Valls. Und vom Torre d'en Valls gehen wir entweder auf demselben Weg zurück oder wir folgen dem etwas abenteuerlichen Küstenpfad zum Pou des Lleó, wo wir uns der Radroute 5 wieder anschließen. Der Küstenpfad erfordert etwas Trittsicherheit, er führt an einem sehr schönen Torbogen am Klippenrand vorbei. Hier befand sich einst ein Brunnen, der sich jedoch nach einem Einbruch des Küstengesteins mit Salzwasser füllte. Hinter dem Caló Roig biegt der Rad- und Wanderweg leider landeinwärts nach Westen. Nach Durchquerung der zur Wanderzeit einsamen Hotelanlagen erreichen wir den schönen Strand von Es Figueral.

 

4. Etappe  Von Es Figueral nach Cala San Vicente (Karte 773-III)

Auch diese Wanderung zählt mit ca. 12 km Länge und fast 300 Höhenmetern zu den etwas anspruchsvolleren Touren der Inselumrundung.

 

Vom Strand Platja des Figueral steigt man zunächst ein paar Meter zu einem Fahrweg an, der in nordwestlicher Richtung an der markanten Säule Paller des Camp vorbeiführt. Der Weg biegt bald nach Westen und führt auf die PM-810. Diese noch gar nicht so alte Straße verbindet San Carlos mit Cala San Vicente. Ihr zu folgen, wäre zwar küstennah aber langweilig und aufgrund der zahlreichen Kurven nicht ungefährlich. Wir wählen daher den Pfad über die fast 300 Meter hohe Bergkette. Diesen uralten Pfad habe ich 1987 nach mehrtägigem Suchen entdeckt. Der Einstieg ist nicht ganz einfach zu finden. Wir folgen der PM-810 achthundert Meter (von KM 16,1 bis KM 15,3) nach links in südöstlicher Richtung. Ein Schild weist hier auf Can Mateu hin (UTM 0376754 und 4323823). Hier verlassen wir die Straße auf einem Feldweg nach rechts in nördlicher Richtung. Ganz kurz darauf biegen wir in südwestlicher Richtung nach links (UTM 0376745 und 4323905). Über eine Kreuzung (UTM 0376524 und 4323835) geht es dann in Richtung WNW weiter. Bei der nächsten Einmündung halten wir uns links Richtung SW. Wir folgen dem Weg ein kleines Stück nach SW. Dann sind wir beim Einstieg, der mit dem blauen Hürten-Pfeil markiert ist. Es geht ein Stück nach NW, später nach N. Auf der Karte endet der Weg zwischen den Anwesen Es Vildo und Can Joan. Er führt aber weiter. Folgen Sie den blauen Pfeilen bis zum Ziel Cala San Vicente. In der Wanderliteratur (Losse, Hürten) ist der Weg von San Carlos aus beschrieben. Mein Schweizer Wanderfreund Leo Inäbnit empfiehlt einen andern Übergang über die Sierra de sa Mala Costa, den ich aber noch nicht kenne: Auf der PM 810 gehen wir in nördlicher Richtung ca. 250 m nach rechts bis zu dem Stein mit der Bezeichnung  „en canto del rio“. Hier verlassen wir die Asphaltstraße in Richtung WNW nach links. Wir durchqueren kurz darauf eine kleine Feriensiedlung und setzen unsere Wanderung ansteigend zunächst in nördlicher und später in westlicher Richtung fort. Wir kommen an den beiden Fincas Cas Vildo und Can Xic vorbei. Nach Passieren eines ebenen Wegstücks haben wir den höchsten Punkt der Kette erreicht. Etwas westlich vom Puig de s’Aguila (285 m) treffen auf den markierten Weg (blaue Hürten-Pfeile) und folgen ihm nach Cala San Vicente. Der Pfad ist auf der Karte eingezeichnet.   

 

5. Etappe  Von Cala San Vicente zur Hochebene Can Joan des Pla (Karten 773-III und 773-I)

Diese ca. 12 km lange Etappe führt den Wanderer zunächst auf die Höhe der Villensiedlung Punta Grossa (155 m) und anschiließend an die traumhafte menschenleere Nordküste der Insel.

 

Vom Parkplatz Cala San Vicente führt der asphaltierte Weg zunächst auf der südöstlichen Seite der Punta Grossa steil hinauf. Bei den großen Steinen auf der Höhe sollte man der mit roten Pfosten markierten Falkenroute noch ein Stück folgen, um die traumhaften Ausblicke von der Höhe zu genießen. Dann geht es zu den großen Steinen zurück. Der Abstieg erfolgt auf der Nordseite der Punta Grossa. Dieser Weg ist nur teilweise asphaltiert. Beim Abstieg sollte man den kleinen nicht markierten Pfad nicht verpassen (UTM 0378691 und 4326610). Er zweigt nach rechts ab und trifft vor dem Eingang zu der Ferienanlage Alle Dins auf die Aspaltstraße zu dieser einsamen Urbanisation. Auf der anderen Seite führt dann gegenüber der Rezeption der markierte Wanderpfad in den Wald hinein (UTM 0378805 und 4326757).

 

Der steinige gelb markierte Pfad quert den Torrente an seinem oberen Ende. Nach rechts hat man bald einen Blick auf den nicht mehr zugänglichen Leuchtturm Punta Grossa. Wir kommen bald an eine wichtige Abzweigung: Der Hürten-Pfeil zeigt hier in beide Richtungen. Der Weg in Richtung Meer ist verfallen. Wir ignorieren den mit einem roten Pfeil nach links bergan führenden Weg und gehen geradeaus weiter (UTM 0378762 und 4327605). Durch eine kleine Schlucht gelangen wir zu einer verfallenen Steinhütte. Hier können wir kurz zu einem Aussichtspunkt mit Blick auf das Meer abzweigen. Der Abstieg in die Bucht Aigua Dolca (Cala des Jonc) ist aber sehr steil. Wir gehen von der Steinhütte leicht absteigend geradeaus weiter  -  parallel zur Küste. Venda de Cas Rierons heißt dieser Küstenabschnitt. Das Gelände wird flach, und wir gelangen auf eine Halbinsel mit den vorgelagerten Inseln S'Escullet und Ses Formiges. Von der Bucht Cala d'en Buscar steigen wir in südwestlicher Richtung zur Hochebene Pla de ses Formigues an. Der Anstieg ist mit blauen Hürten-Pfeilen markiert. Das verfallene Haus (UTM 0376829 und 4327618) eignet sich gut zur Vereinbarung des Treffpunktes zur Abholung. Vorher kann man noch der nahen Höhle Es Cuieram einen Besuch abstatten. Der Weg ist ausgeschildert. Hier wurden 1907 Votivbilder der Göttin Tanit gefunden. Der Weg zu der Höhle war vermutlich der Pfad unseres Anstiegs von der Bucht Cala d'es Buscar, wo die Schiffe der Karthager wahrscheinlich geankert haben.

 

6. Etappe  Von der Hochebene Can Joan des Pla bis zum Abzweig vor Sant Vicent de sa Cala (Karten 773-I und 773-III)

Diese nur ca. 8 km lange Wanderung führt uns zu grandiosen Aussichtstspunkten über die Nordküste.

 

Wir beginnen die Etappe an dem verfallenen Haus auf der Hochebene Can Joan des Pla (UTM 0376829 und 4327618). Ein grün markierter auf der Karte nur teilweise eingezeichneter Weg zweigt hier in nordwestlicher Richtung ab. Ein rotes P ist eine weitere Markierung. Bei einer verlassenen Finca führt der Pfad durch die Lücke in einer Steinmauer (UTM 0376577 und 4328048). Im weiteren Anstieg erblicken wir bald den Leuchtturm von Portinatx. Kurz darauf verbreitert sich der Pfad zu einem Fahrweg. Bei zwei  Bäumen (UTM 0375815 und 4327876) erfolgt nach rechts der Anstieg zum 303 m hohen Talaia de sa Cala (Talaia de Sant Vicent). In Gipfelnähe ist Vorsicht geboten. Das Gelände fällt senkrecht nach NW ab.

 

Wir steigen nach Erreichen des Gipfels wieder zu dem Fahrweg ab und folgen ihm nach W. Bald sind wir bei dem Anwesen Casa Nelly. Wir steigen weiter zu dem asphaltierten Weg ab, der von Sant Vincent zur Bucht Port de ses Caletes führt. Diesem Weg folgen wir dann nach links in Richtung San Vicent. In einer Linkskurve des aspaltierten Weges etwa ein Kilometer vor Sant Vicent zweigt nach rechts ein markierter Wanderpfad ab.  Auf einem quadratischen Holzpfahl finden sich Wegweiser mit Kilometer- und Zeitangabe zu den Zielen San Juan und Portinatx. Hier endet die 6. Etappe. Man kann natürlich bis Sant Vicent weiterwandern, um sich dort in dem Lokal oder vor der Kirche abholen zu lassen.

 

7. Etappe  Vom Abzweig hinter Sant Vicent zur Cala d'en Serra

(Karten 773-III und 773-I)

Diese ca. 10 km lange Etappe führt überwiegend durch ein Waldgebiet, das im Mai 2011 weitgehend abgebrannt ist. Wir lassen uns von Sant Vicent noch etwa einen weiteren Kilometer in Richtung Port de ses Caletes fahren. Dort zweigt in einer Rechtskurve der Straße nach links der markierte Pfad ab. Hier beginnt die Wanderung. Sie führt bald an dem maurischen Brunnen Pou des Baladre vorbei. Bei der wenig später folgenden markierten Verzweigung halten wir uns rechts in Richtung Portinatx. Der linke Pfad führt nach San Juan. Wir folgen stets dem gut markierten Pfad. Er mündet schließlich auf den asphaltierten Weg, der von San Juan nach Portinatx verläuft (UTM 0373268 und 4328863). Ihm folgen wir nach rechts. Nach einiger Zeit zweigt ein schlechter asphaltieter Weg nach NO ab (UTM 0373060 und 4329573). Nach einer Rechtsbiegung verläut er nach O. Er endet oberhalb der Bauruine eines ehemals geplanten Hotels. Hier endet auch die 7. Etappe.

 

Man kann auch direkt an die Cala d'en Serra wandern: Bevor der gut markierte Pfad den asphaltierten Weg erreicht, zweigt von ihm an der Position UTM 0373850 und 4329325 ein Pfad nach Norden zur Cala den Serra ab. Im Flyer der Gemeinde San Juan ist dieser Pfad enthalten.

 

 

 

8. Etappe  Von der Cala d'en Serra nach Portinatx (Karte 773-I)

 

Diese nur ca. 5 km lange Etappe hat es in sich. Der mit blauen Dreiecken markierte Weg ist nicht immer leicht zu finden. Verlaufen kann man sich aber praktisch nicht, zur Rechten hat man ja stets die Steilküste in nicht allzu großer Entfernung.

 

Über San Juan oder Portinatx lassen wir uns zur Cala d'en Serra fahren. Welchen der beiden ca. 10 m voneinander entfernten Pfade man vom Einstiegsplateu aus wählt, ist beliebig. Nach 50 Metern treffen sie zusammmen. Der Pfad führt immer einmal wieder dicht an die Abbruchkante heran. Es ist also Vorsicht geboten. Man wandert übrigens in Gegenrichtung der blauen Pfeile. Rolf Hürten hat den Pfad von Portinatx aus beschrieben. Bald wendet sich der Pfad von der nördlichen in die westliche Richtung auf den Leuchtturm Far de Portinatx zu. Neben den blauen Hürten-Pfeilen findet man gelegentlich auch kleine Steinpyramiden. Hinter drei Steinpyramiden geht es steil zur Küste hinab. Eine leichte markierte Kletterstelle muss bewältigt werden (UTM 0373942 und 4330549). Wenn man aus dem Barranco herausgestiegen ist, wird der Weg wieder einfacher. Bald erblickt man den Leuchtturm durch die Bäume. Vom Leuchtturm gibt es auch einen Weg zur Straße. Er führt an einer alten Finca vorbei über das Privatgrundstück Can Galera 31. Die kleinen kläffenden Hunde sind nicht gefährlich. Und die Besitzer sind freundlich. Diesen Abstecher sollte man aber nur unternehmen, wenn man die hübsche alte Finca sehen und fotografieren möchte. Der Hauptweg führt an der Steilküste in Richtung WSW weiter nach Portinatx.

 

Am kleinen Sandstrand Es Portixol endet die 8. Etappe. PKWs können bis hierher fahren.

 

9. Etappe  Von Portinatx zur Cala Xarraca (Karte 773-I)

Diese ca. 6 km lange Etappe führt zunächst durch den Ferienort Portinatx, der zur Wanderzeit aber so gut wie wie ausgestorben ist.

 

Von der Bucht Es Portixol geht es zunächst die Hauptstraße hinauf. Zum Strand am Port de Portinatx steigt man die Treppe hinab. Dann schlägt man sich auf Küstenpfaden, Wegen und Straßen durch die Hotelanlagen zum Torre de Portinatx durch. Grüne und rote Pfosten der Falkenroute finden sich hier noch. Der 1987 noch begehbare abenteuerliche Küstenpfad zur Cala Xucla ist heute leider durch den Hotel Club Vista Bahia verbaut. Vom Torre de Portinatx geht man daher zunächst an die Hauptstraße C-733. Auf der rechten Seite der Hauptstraße führt ein Wanderweg bis zum Abstieg zur Cala Xucla (hinter dem Restaurant Can Loqui). Von dort führt eine Falkenroute (rote Metallpfähle) über die Halbinsel Rencli am gleichnamigen Restaurant vorbei und später über eine steile Treppe hinunter zur Cala Xarraca, wo man sich abholen läßt. Das Restaurant ist zur Wanderzeit leider geschlossen. An der Hauptstraße befindet sich auch eine Bushaltestelle; der Bus fährt aber selten.

 

10. Etappe  Von der Cala Xarraca zum Strand von Benirras (Karten 773-I und 772-II)

Diese ca. 16 km lange Wanderung führt heute durch eine vom Waldbrand 2010  heimgesuchte Küstenregion. Erst 2040 wird der Küstenstrich wieder bewaldet sein wie zuvor. Man hat aber jetzt weite Fernblicke über den Küstenverlauf. Interessant sind die antiken Bienenstöcke, die früher im Wald verborgen waren.

 

Von der Cala Xarraca steigt man zunächst auf die 73 m hohe Halbinsel Xarraca hinauf. Der Küstenpfad führt über die fotogene Höhle Cove de Llevant. Nach Umrundung des höchsten Punktes (Steinsäule) geht es auf der Westseite der Halbinsel wieder nach Süden, später nach Westen. Der asphaltierte Fahrweg endet an der Position UTM 0368 926 und 4328454. Auf einem guten Schotterweg folgen wir der zauberhaften Küste auf der Route 4 (UTM 0367460 und 4329110) bis zur Calo de s‘Illa. Lohnenswert ist auch ein Abstecher zur Halbinsel Illa den Calders. In der Bucht beginnt erst westwärts, dann südwärts ein schmaler Pfad zur Benirras. Der breite Hauptweg führt an einem inzwischen vielleicht nicht mehr vorhandenen Schrottauto (UTM 0367097 und 4328315) vorbei.Von der Passhöhe blickt man auf Benirras, Na Xamena, San Miguel und den Torre des Molar - sämtlich Stationen unserer Küstenwanderung um die Insel. Bei einem roten Pfeil (UTM 0367143 und 4327460) halten wir uns rechts und gelangen bald an die ehemals von Pinienwäldern eingerahmte schöne Bucht Benirras.

 

11. Etappe  Von Benirras nach Na Xamena (Karten 772-II und 772-IV)

Auf dieser ca. 10 km langen Wanderung sind etliche Höhenmeter zu überwinden.

 

Vom Benirras Strand gehen wir ein Stück auf der Straße  landeinwärts und zweigen dann auf einem asphaltierten Weg nach Port San Miguel ab. Diese im Sommer stärker befahrene Straße ist im Winter nahezu autofrei. An diesem Asphaltweg liegt auch die Tropfsteinhöhle Cova de Can Marca. Sie kann besichtigt werden, wenn sie geöffnet hat. Bei der Einmündung des asphaltierten Weges in die Hauptstraße gehen wir in Port de Sant Miquel nach rechts in Richtung Meer. Wer das asphaltierte Stück vermeiden möchte, kann auch kurz nach der Benirras Bucht nach links auf die Route 5 abzweigen und auf ihr etwas weniger küstennah Port de Sant Miguel erreichen. Den Verlauf der Route kann man dem kostenlosen Flyer der Gemeinde San Juan entnehmen. In Port San Miguel beginnt am Meer ein mit blauen Hürten-Dreiecken markierter Pfad zum Torre des Molar. Von hier aus geht es ein kleines Stück zurück und dann in westlicher Richtung auf einem mit quadratischen Holzpfählen markierten Pfad nach Na Xamena. Das letzte Stück verläuft auf dem asphaltierten Fahrweg. Bevor Sie sich vor dem Luxushotel "Hacienda" abholen lassen, sollten Sie zu dem 233 m hohen Punkt im Norden wandern, um die herrlichen Ausblicke in alle Richtungen zu genießen.

 

12. Etappe  Von Na Xamena an die Cala d'Albarca (Karte 772-IV)

Diese  ca. 10 km lange Wanderung stellt hohe Anforderungen, weil recht große Höhenunterschiede zu überwinden sind. Die Route ist mit verschiedenen Wegzeichen gut markiert.

 

Vom Hotel "Hacienda" geht es zunächst nach Südwesten an die steile Bucht Cala Na Xamena heran. Die Markierungen sind zunächst die quadratischen Holzpfähle. Es gibt immer wieder grandiose Ausblicke. Wir folgen dem Wegweiser nach Portixol. Ein lohnender Abstecher führt zur Finca Publica de Can Cosmae. Von der Höhe überblickt man den gesamten Norden der Insel (UTM 0363587 und 4326334). Dann geht es weiter zu den Villen am Adlerfelsen (Penyal de s'Aguila).  Bei der Verzweigung wählen wir den Rechtsabzeig nach Portixol (UTM 0363081 und 4326478). Links geht es nach San Miguel. Von dem Felsplateau hat man einen schönen Blick auf Na Xamena mit den Hotel "Hacienda". Die Wegmarkierungen sind hier ein grüner Punkt und das blaue Hürten-Dreieck. Bald erreicht man die ersten Villen. Auf dem jetzt breiten Weg steigen wir ein Stück in Richtung Meer ab. An einer hohen Mauer (UTM 0362458 und 4326463) zweigt nach links der Weg nach Portixol ab  -  markiert duch den grünen Punkt und das blaue Hürten-Dreieck. An gefährlichen Stellen ist der Weg nach rechts durch Draht gesichert. Wir gelangen in die Bucht Portixol mit ihren 21 Bootsschuppen. Nach einer Pause steigen wir in südöstlicher Richtung auf dem mit dem blauen Hürten-Pfeil markierten Pfad an. Bald kommen wir zu einem Dreschplatz (UTM 0361349 und 4326126). Wir folgen weiter der blauen Markierung. An einer Stelle (UTM 0361072 und 4325784) führt die blaue Markierung sowohl nach links als auch nach rechts weiter. Wir folgen der neueren Markierung nach rechts. Nach einem ebenen Stück geht es über eine Felsplatte steil nach oben. Vorbei an einer Steinhütte. Der steile Anstieg endet auf einem in Ost-West-Richtung verlaufenden Schotterweg. Wir halten uns links und kommen auf einen größeren Weg, von dem in der ersten Rechtskurve der Weg zur Cala Aubarca abzweigt (UTM 0360841 und 4325676).

 

Der Weg ist später durch große rote Pfeile und Steinmänner markiert. Von einer Passhöhe blickt man bereits in die Cala Albarca hinein (UTM 0360565 und 4325650). Von hier steigen wir zum Parkplatz an der Cala Albarca ab. Der Pfad verbreitert sich bald zu einem Fahrweg (UTM 0360442 und 4325351). Hier führt auch ein Weg zu einer Anbauterrasse hinauf, den wir ignorieren. Vom Parkplatz (UTM 0360101 und 4324985) gehen wir noch knapp zwei Kilometer in überwiegend südlicher Richtung, bis wir auf den asphaltierten Fahrweg stoßen (UTM 0359825 und 4324075). Wir können dem Fahrer auch in Richtung San Mateu entgegengehen und vielleicht gemeinsam bei Can Cires einkehren.

 

13. Etappe Von der Cala Albarca zur Penya Esbarrada (Karte 772-IV)

Diese nur ca. 6 km lange Wanderung verläuft überwiegend durch Pinienwald. An der Steilküste gibt es gelegentlich spektakuläre Ausblicke. Die Wanderung noch etwas küstennäher über die Halbinsel Moro des Cap und die Punta des ses Torretes zu führen, bleibt ein Fernziel. Die alten zugewachsenen Pfade müssten dazu aber wieder freigeschnitten werden. Man kann lediglich einen Abstecher auf die Halbinsel unternehmen und die einzigartigen Ausblicke vom Cap des Mossons und vom Cap d’Albarca genießen.

 

Wir beginnen die Wanderung am Abzweig des Lehmweges zur Cala Albarca (UTM 0359825 und 4324075). Wir folgen dem kaum befahrenen asphaltierten Weg, der um die Ebene Plana d’Albarca herumführt, in nördlicher Richtung. Jetzt kommt es darauf an, den richtigen Abzweig nach rechts von diesem asphaltierten Weg zu finden. Er liegt an der Position UTM 0359252 und 4324079. Hier weist auch ein Schild darauf hin, dass wir uns in der Gemeinde Sant Antoni befinden. Darunter steht ein Wegweiser zum Camp Vell, dem 401 m hohen Berg an der Nordküste. So nebenbei kann man die Erhebung auf dieser Wanderung noch mitnehmen. Folgen Sie der Beschilderung, und finden Sie mit Karte, Kompass und GPS den Anschluss an die Küstenwanderung!

 

Wir folgen ein ganzes Stück der Radroute 9. Der ansteigende Weg führt bald an einer ehemals bedeutenden Köhlerstätte vorbei. Hohe alte Mauern aus vergangenen Jahrhunderten säumen das Areal. Bei einem großen blauen Stein kommen wir an eine Verzweigung (UTM 0357996 und 4324476). Wir wählen den nach rechts ansteigenden Weg. Die Radroute 9 führt geradeaus weiter. Eine Schranke mit dem Schild „camino sans salida“ wird ignoriert. Bei der nächsten Verzweigung halten wir uns rechts. Der Weg geradeaus endet vor einer Villa. Wir kommen an einem hölzernen Wachturm (UTM 0357831 und 4324920) vorbei. Im unteren Teil der Anlage zelten gelegentlich junge Leute, weil sie dort gegen Regen geschützt sind.  Schließlich gelangen wir auf einen größeren Platz von dem ein Pfad zu dem Aussichtspunkt am Klippenrand führt (UTM 0357052 und 4324674). Wir blicken tief in die Cala Sardina hinab. Nach der Rückkehr auf den breiten Weg folgen wir der grünen Markierung auf dem Cami des Camp Vell nach Süden. An einem Kalkbrennofen (UTM 0357088 und 4324375)  führt der Weg vorbei. Vor einer Finca schließt sich von links die Radroute 9 wieder an. Schließlich mündet unser Weg auf den asphaltierten Weg, der von Santa Agnes an die Steilküste Penya Esbarrada führt. Diesem Weg folgen wir nach rechts bis zu einem Restaurant am Klippenrand. Hier endet die Etappe. Auch wenn das Restaurant nicht geöffnet hat, warten wir hier auf die PKW-Abholung bzw. das Taxi. Man kann natürlich auch dem asphaltierten Weg nach links zum malerischen Ort Santa Agnes folgen und bei Can Comi die beste Tortilla der Welt verzehren.

 

14. Etappe  Von der Penya Esbarrada zur Cala Salada (Karte 772-IV)

Diese ca. 12 km lange Wanderung enthält in ihrem ersten Teil das schönste und abenteuerlichste Wegstück, das die Insel zu bieten hat. In meinem Buch ist die Wanderung als walk 13 und bei Rolf Hürten als Wanderung 7 genauestens beschrieben. Deshalb und weil der Pfad gut markiert ist (blauer Hürten-Pfeil) begnüge ich mich hier mit einer Kurzbeschreibung.

 

Ein paar Meter nördlich vom Restaurant Puerte del cielo geht es zunächst in westlicher später in südwestlicher Richtung recht steil bergab. Der Pfad verlangt gleich am Anfang Trittsicherheit und später auch Schwindelfreiheit. Wir folgen den Markierungen abwärts bis zu einer verfallenen Finca aus der arabischen Epoche. Hier empfiehlt sich eine Rast. Sie haben märchenhafte Ausblicke auf den durchbrochenen Felsen Ses Margalides im Meer und auf die Felswände, die an die Dolomiten erinnern. Unterhalb des tiefsten Punktes der Wanderung befindet sich noch eine mächtige Steinmauer und eine Quelle. Die ehemaligen Anbauterrassen sind jedoch zugewachsen. Der Weg hinüber nach Corral d’en Guillem ist leider verfallen und ebenfalls zugewachsen. Ihn wiederherzustellen, wäre eine große Aufgabe.

 

Der Anstieg ist ebenfalls markiert. Nach gut zwei Stunden sind Sie wieder auf dem asphaltierten Weg nur dreihundert Meter vom Einstieg entfernt.

 

Das nächste Ziel ist der 258 m hohe Puig Nono. Ich bin den Weg vor Jahren in umgekehrter Richtung gegangen. Er war etwas zugewachsen, weshalb ich ihn auch nicht als Wanderweg in mein Buch aufgenommen habe. Inzwischen soll er aber gut begehbar sein. Hier wartet also ein kleines Abenteuer auf Sie.

 

Der Abstieg vom Puig Nono über Ses Fontanelles ist problemlos. Man kann hier noch einen kurzen Abstecher zu den prähistorischen Wandmalereien machen. Von der Cala Salada führt eine Asphaltstraße nach Sant Antoni.

 

15. Etappe  Von der Cala Salada nach Sant Antoni  (Karte 772-IV und 798-I)

Diese ca. 8 km lange Wanderung ist eher gemütlich. Sie verläuft beständig am Meer mit schönen Ausblicken auf die der Küste vorgelagerten Inseln. Genau beschrieben ist die Wanderung in umgekehrter Richtung als walk 12 in meinem Buch. Etwas schwierig zu finden ist höchstens der Einstieg.

 

Die Etappe beginnt mit einer Treppe am Restaurant. Sie führt zu einem Tennisplatz hinauf. Der Weg ist aber von Rolf Hürten gut in Gegenrichtung markiert und in seinem Buch als Wanderung 6 ebenfalls genau beschrieben. Am Hafen von Sant Antoni endet diese erholsame Etappe.

 

16. Etappe  Von Sant Antoni zur Cala Tarida ( Karte 798-I)

Diese ca. 15 km lange Wanderung in flachem Gelände führt zunächst durch die Hochburgen des sommerlichen Ibiza-Tourismus. In den Wandermonaten Oktober bis April sind die Hotels aber überwiegend geschlossen. Die Promenaden sind menschenleer. Bis zur Bucht Port es Torrent führt der Weg durch bebautes Gebiet. An den meisten Anlagen kann man aber meerseitig vorbeigehen. Eine verlässliche und genaue Wegbeschreibung ist wegen sich ständig ändernder Besitzverhältnisse nicht möglich. Suchen Sie bitte stets den möglichst küstennahen Weg!

 

Auf dem Weg vom Port des Torrent zur Cala Bassa ist die Bebauung geringer.  Die Etappe führt an dem gut erhaltenen Turm Torre d’en Rovira und an der malerischen Bucht Cala Conte vorbei. Man hat einen schönen Blick auf die vorgelagerten Inseln Conejera und Isla d’en Bosc.

 

Von der Vala Bassa bis zur Ferienanlage Puig des Delfi finden Sie einen guten Küstenpfad. Die beiden Halbinseln Cap de Bassa und Es Farallons sollten Sie voll ausgehen und nicht abkürzen! In dem flachen Gelände kann man auf Pfadspuren mit gutem Schuhwerk erlebnisreiche eigene Wege finden. Der Hauptweg an der Küste ist mit dem blauen Hürten-Pfeil markiert. Durch die Ferienanlage Puig des Delfi gelangt man an die Cala Codolar. Auf dem Weg über die Cala Llentia und Cala Corral zur Cala Tarida muss das eine oder andere Grundstück landseitig umgangen werden. Wünschenswert wäre hier ein Küstenpfad, der an allen Villen auf der Meerseite vorbeiführt, wie es das Gesetz über das Wegerecht vorschreibt.

 

17. Etappe  Von der Cala Tarida zur Cala d’Hort  (Karte 798-I und 798-III)

Südlich der Cala Tarida wird das Gelände wieder steiler. Der Küstenpfad ist hier nicht markiert. Gelegentlich muss man auf dieser ca. 10 km langen Wanderung auf die zur Wanderzeit so gut wie nicht befahrenen Küstenstraße ausweichen. An den Buchten Cala Moli, Clot des Lamt und Caló d’en Real gibt es auch wieder Bebauungen.

 

An der Cala Vedella führt die Straße direkt am Strand vorbei. Die Erhebung Puig Pelat (185 m) meerseitig zu umgehen, ist mir noch nicht gelungen. Und einen Weg über den Torrent Cala Carbo und über die südlich dieses Tals gelegene Ebene Plana de Cala Truja habe ich bisher noch nicht gefunden.

 

Bis zum Abzweig zum Fischrestaurant folgen wir daher der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Asphaltstraße. Dann gehen wir ein Stück auf dem Schotterweg, der zum Fischrestaurant oberhalb der Cala d’Hort führt. Hier steigen wir auf Treppen zum Meer ab, passieren die Fischerbootschuppen und gelangen schließlich zur asphaltierten Zufahrtstraße zur Cala d’Hort.   Dort wartet vielleicht schon der Fahrer auf uns. Das schöne Restaurant ist zur Wanderzeit leider geschlossen.

 

18. Etappe  Von der Cala d’Hort nach Es Cubells (Karte 798-III)

Für diese nur ca. 12 km lange Wanderung benötigt man einen ganzen Tag, wenn man den Abstieg zum Atlantis genannten ehemaligen Steinbruch und die Besteigung des 414 m hohen Puig de Cala Llentrisca nicht auslässt.

 

Von der Cala d’Hort steigen wir das erste sehr steile Stück (Busse können es nicht befahren) auf der Straße hinauf. Oben zweigt ein mit dem blauen Hürten-Pfeil markierter Pfad nach rechts von der Straße ab. Ihm folgen wir bis zu dem Plateau mit dem berühmten Blick auf den 382 m hohen Felsen Es Vedra. Von hier steigen wir auf einem Pfad zum Piratenturm Torre des Savinar hinauf. Um das Postkartenfoto vom dem Turm mit der Es Vedra im Hintergrund schießen zu können, müssen wir noch etwas höher auf den 241 m hohen Hügel steigen. Der Abstieg erfolgt in Kehren in nordöstlicher Richtung zu einem Plateau. Von hier geht es sehr steil nach Süden zum Steinbruch Sa Pedra d’es Savinar. Den Abstieg sollte man an der westlichen Felswand bewältigen. Zum Aufstieg von diesem ehemaligen Kultplatz der Hippies sollte man den etwas weiter östlich gelegenen Pfad wählen. Wir gehen zur Asphaltstraße zurück und folgen ihr ein Stück in östlicher Richtung. In einer Linkskurve der Asphaltstraße (etwa bei UTM 0348100 und 430550) zweigen wir auf einem Fahrweg nach rechts in südöstlicher Richtung ab. Von diesem Fahrweg zweigt nach rechts ein nicht deutlicher Pfad zum Puig de Cala Llentrisca (414 m) ab. Auf dem Gipfel steht eine Steinsäule. Ich habe den Anstieg in meinem Buch nicht beschrieben, weil einige Wanderer den im oberen Verlauf etwas zugewachsenen Pfad als unzumutbar empfinden könnten. Von dem Gipfel blickt man auf die etwas niedrigere Es Vedra hinunter  -  einer der schönsten Ausblicke auf Ibiza. Bis zum Fahrweg steigen wir auf demselben Pfad wieder ab. Dann folgen wir dem Fahrweg nach rechts. Er verläuft in vielen Kehren in der Hauptrichtung nach Süden. Von diesem Fahrweg zweigt nach links ein Pfad zur Cala Llentrisca ab  -  etwa an der Position UTM 0348200 und 4303000. Auf ihm steigen wir zur Cala Llentrisca ab. Asphaltiert ist der Weg nach Es Cubells von den Häusern bei Salt d‘en Sit. Nach Es Cubells sind es von hier etwa noch drei Kilometer.

 

19. Etappe  Von Es Cubells zur Cala Jondal  (Karten 798-III und 798-IV)

 

Die in der Luftlinie nur ca. vier Kilometer entfernte Cala Jondal ist nicht leicht zu erreichen, da die Täler hier alle in nord-südlicher Richtung verlaufen. Wir wandern daher die ca. 8 km lange Strecke teilweise auf asphaltierten Fahrwegen, die zur Wanderzeit aber so gut wie nicht befahren sind. Diese Etappe wandert man am besten nach der genauen Karte: Von Es Cubells ein Stück auf der Straße nach N. Dann auf einem Feldweg nach Can Mestre. Anschießend auf der Straße bis Can Joan des Graner. Auf Feldwegen dann weiter über die Anwesen Ca na Pepa d’en Xio und Can Canto in südlicher Richtung zur Cala Jondal. Die beiden schönen Restaurants an der Küste haben zur Wanderzeit leider geschlossen.

 

20. Etappe  Von der Cala Jondal nach Sa Canal  (Karte 798-IV)

Diese ca. 12 km lange Wanderung hat einen Hügel am Anfang und erfordert das Erklimmen einer Reihe von Höhen am Schluss.

 

Vom Restaurant an der Platja des Jondal steigen wir den 160 m hohen Puig Jondal hinauf. Wir überschreiten die Anhöhe und steigen zu den Fischerhütten von Sa Caleta ab. Hier landeten einst die Karthager und bauten die ersten Siedlungen. Auch Verteidigungsanlagen aus dem Spanischen Bürgerkrieg stehen hier. Ein kleines Stück gehen wir auf der direkt am Meer verlaufenden Straße. Dann biegen wir nach rechts zur Codolarküste ab. Am Kopfende der Landbahn des Flughafens und an den Salinen geht es anschließend vorbei. Beim Restaurant Cap des Falco beginnt der Anstieg zum Puig Falco (119 m) und einigen weiteren Hügeln ähnlicher Höhe. Es ist Vorsicht geboten. Nach rechts geht es über hundert Meter senkrecht hinunter. Nach Überschreitung des letzten Gipfels (das markante Cap des Falco, 112 m) geht es steil hinab. Die genaue Karte enthält das letzte Stück des Abstiegs leider nicht mehr  -  wohl aber die Kompasss-Karte. An der Bucht Sa Olla trifft man auf die blaue Hürten-Markierung. Sie führt uns durch die Salzverladestation zu dem Restaurant Can Macia am Beginn des Salinas-Strandes.

 

21. Etappe  Von Can Macia zum Beginn des Strandes Platja d’en Bossa (Karte 798-IV)

Diese ca. 12 km lange Wanderung ist als walk 3 in meinem Buch in Gegenrichtung beschrieben.

 

Von Can Macia gehen wir am Salinas Strand bis zum Torre de ses Portes (auf der genauen Karte nicht mehr enthalten). Dann folgen wir dem mit blauen Dreiecken, roten und grünen Punkten markierten Weg entlang der Platja des Cavallet und anschießend über mehrere Hügel zum Torre de Sal Rossa. Auf dem Parkplatz vor den Hotelanlagen treffen wir unseren Fahrer.

 

22. Etappe  Von der Platja Bossa zur Cala Talmanca (Karte 798-IV)

Diese ca. 11 km lange Wanderung führt durch die bebauten Abschnitte der Inselhauptstadt. Bleiben Sie immer in Meeresnähe: am Strand, auf Promenaden und Straßen! Sie können auf dieser Wanderung auch die Altstadt Dalt Vila und den davor gelegenen Küstenabschnitt Es Soto durchwandern.

 

Ein langes Stück können Sie am Strand von Paltja Bossa gehen. Eine Promenade schließt sich an. In Ses Figueretes treten Sie in die Felsküste von Es Soto ein. Durch einen Tunnelgang gelangen Sie in die Altstadt, die Sie zum Hafen hin wieder verlassen. Am Yachthafen wandern Sie auf einer schönen Promenade. Die Halbinsel Illa Grossa mit ihren Bunkeranlagen aus dem Spanischen Bürgerkrieg sollten Sie auch noch umwandern, bevor Sie die Etappe in der Bar Flotante am Talamanca Strand beenden.

 

23. Etappe  Von der Cala Talamanca zur Bucht Sol d’en Serra (Karten 798-IV, 798-II und 799-1)

Auf dieser ca. 10 km langen Etappe brauchte man früher nur die Villensiedlung Roca Llisa landseitig zu umgehen. Jetzt ist leider auch das Wegstück zur Platja Estanyol verbaut. Diese wunderschöne Etappe ganz am Meer begehbar zu machen, bleibt ein Fernziel.

 

Wandern Sie von der Bar Flotante den langen Talamanca-Strand entlang. Für Fußgänger hat man einen Steg aus Bohlenbrettern gebaut. Nach dem Ende des Talamanca-Strandes wandern Sie nach Osten weiter zum eindrucksvollen Cap Martinet. Hinter der Cala Roja müssen Sie leider den Küstenpfad nach links verlassen, um einige neu erbaute Villen landseitig zu umgehen. Sie wandern ansteigend durch das Villengebiet am Puig Manya. Über eine Treppe geht es dann auf den Fahrweg hinunter, der zur Platja de Estanyol führt. Über eine 68 m hohe Anhöhe kommen Sie dann an die Cala Espart . Diese fjordartig eingeschnittene Bucht liegt unmittelbar vor der Villensiedlung Roca Llisa. Links von einem Barranco geht es dann zum Eingang der Siedlung hinauf. Sie lassen die Villen rechts liegen und gehen in nordöstlicher Richtung zu dem Abzweig, der Sie dann in südöstlicher Richtung zur Cala Oliviera hinunter führt.

 

An dieser schönen kleinen Bucht empfiehlt sich eine Rast. Der blau markierte gelegentlich leicht zugewachsene Weg (diesmal nicht die Hürten-Markierung sondern eine ältere) führt an den Anhöhen Puig den’Andreu (185 m) und Puig des Moltons (165 m) vorbei hinunter zur Bucht Sol d‘en Serra.

 

24. Etappe  Von der Bucht Sol d‘en Serra nach Santa Eularia (Karte 799-1)

Diese letzte ca. 10 km lange Wanderung beschließt die Inselumrundung.

 

Von der Bucht sol d‘en Serra gehen Sie den schmalen nicht ganz ungefährlichen Pfad an der Abbruchkante zum Castellar I (184 m) hinauf. Nach einem kurzen Abstieg in eine Senke steigen Sie zum Castellar II (220 m) hinauf. Hier wird derzeit eine punische Siedlung ausgegraben. Vom Castellar II steigen Sie in nordöstlicher Richtung ab. Der Pfad mündet bald auf einen Weg, der in Serpentinen nach Cala Llonga hinabführt.

 

Von der Cala Llonga steigen Sie zunächst zu einem Fahrweg an, der zu höher gelegenen Villen führt. Am Ende des Fahrweges schließt sich ein markierter Wanderfpad an, der auf den Puig Marina (206 m) führt. Die Weg soll durch Moto Cross Fahrer beschädigt sein, wie mir mitgeteilt wurde. Vielleicht sind die Schäden ja zwischenzeitlich behoben. Vom Puig Marina geht es wieder abwärts in Richtung Cala Blanca. Einen Abstecher durch den Tunnel zur steinigen Cala Blanca sollten Sie nicht versäumen. Dann gehen Sie ein kleines Stück in nordwestlicher Richtung zurück und steigen aus dem Tal heraus. Sie kommen dann auf den breiten Schotterweg, der der vor einer Villa an der Punta de sa Cova Blanca endet. Diesem Schotterweg folgen Sie in nördlicher Richtung bis Siesta. Halten Sie sich in Richtung Meer und folgen Sie den Pfählen der Falkenroute!  Nach der Überquerung des Riu Santa Eularia sind Sie wieder in dem Ort, an dem die Inselumrundung begonnen hat. 

 

Informationsstand: 11.10.2011

Für Hinweise auf Fehler wie für Ergänzungsvorschläge bin ich außerordentlich dankbar.

Hans Losse, Birkenweg 5, D21684 Agathenburg, Tel./Fax 04141-62975

losse.agathenburg@t-online.de

 

 

 

 

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