Menschen auf dem Eifelsteig - eine Nachbetrachtung
von Lutz Heidemann
Wenn man wandert, beachtet man in erster Linie den Weg: wohin tritt man, wie geht es weiter und beobachtet, was man am Weg so sieht: viel Landschaft, einzelne Aussichten, Orte, die man durchqueren muss, hervorstechende Gebäude. Doch auch mit einzelnen Menschen kommt ein Wanderer zusammen, in erster Linie mit Gastgebern und beim Einkehren zwischendurch, auch flüchtige Begegnungen prägen sich manchmal ein. Einige Menschen, denen man begegnet ist, machen neugierig, nach persönlichen Umständen zu fragen. Manchmal ist es nur eine gewisse Sprachfärbung und dann erfährt man in Stichworten eine außergewöhnliche Biografie: „Geboren und aufgewachsen in St. Petersburg, über eine Anzeige einen Ehepartner in der Eifel gefunden“. Die Kellnerin Teresa, die uns woanders freundlich bediente, wurde in Danzig geboren und wuchs in Stettin auf. Andererseits trafen wir auf sehr bodenständige Menschen. „Ja, die Mühle nebenan hat der Familie meines Mannes schon seit Generationen gehört“ oder „Die Ausflugswirtschaft betreibt die Familie seit dem 19. Jahrhundert“.
Welche Menschen haben schon in der Eifel gelebt oder dort Spuren hinterlassen? In einem kleinen Museum gab es das Skelett eines riesigen Germanen; zum Vergleich waren Durchschnittsgrößen von Römern und Hunnen angegeben worden. Uns schien das ein bißchen „getürkt“. In Manderscheid waren unsere freundlichen Hotel-Gastgeber ein Ehepaar aus Yorkshire. Seit drei Jahren betreiben sie das Hotel im Stadtzentrum. Dunkelhäutige Menschen in Autokennzeichen aus der Eifel sahen wir öfter; vermutlich waren es US-Angehörige vom nahen Militärflugplatz. Dann hörte ich, wie zwei junge Männer, die mir entgegenkamen, sich arabisch unterhielten. Auf meinen Gruß reagierten sie erst erstaunt, dann erfreut. Es waren Bürgerkriegsflüchtlinge aus Hama und Latakia, syrische Städte, die ich kannte, was sie sehr freute. Ob das Eifeldorf, wo sie jetzt untergebracht waren, ihre neue Heimat wird? Ob ihnen jemand gesagt hat, dass in der im Mittelalter zur Ruine gewordenen Porta Nigra über so viele Jahre ein syrischer Einsiedler gelebt hat, dass später daraus eine Kirche wurde?
Kurz vor Trier verläuft der Eifelsteig auf gleicher Trasse wie ein Jakobsweg; viele Wanderer scheinen dort vorbeizukommen. Fragt uns eine Frau: „Wandern Sie auch bis Chile?“, „nur bis Trier“ antworten wir. Es dauert einige Sekunden, bis mir der Groschen fiel: sie hatte Santiago di Compostela mit Santiago di Chile in einen Topf geworfen. So klein ist die Welt in manchen Köpfen.